
Rund 1,5 Milliarden Euro im Jahr geben Patienten für Untersuchungen und Behandlungen aus, die die gesetzlichen Krankenkassen nicht übernehmen. Doch nicht alle dieser individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) sind medizinisch sinnvoll. Das Internetportal IGeL-Monitor vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen informiert über Nutzen und Schaden der Selbstzahlerleistungen.
Bislang nur 24 häufige IGeL-Leistungen bewertet
Wer sich als gesetzlich Krankenversicherter bei Migräne für Akupunktur entscheidet, muss diese aus eigener Tasche zahlen. Das gleiche gilt für Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke zur Früherkennung von Eierstockkrebs oder für eine Operation, die ungefährliches, aber nerviges Schnarchen verringern soll. Patienten können selten einschätzen, ob solche vom Arzt angebotenen oder gar empfohlenen Extraleistungen ihr Geld Wert sind, keinen Nutzen für sie haben oder im schlimmsten Fall sogar schaden können. Informieren können sich Patienten jetzt unter anderem auf dem vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen entwickelten Internetportal IGeL-Monitor. Von den mehreren hundert unterschiedlichen Untersuchungen und Behandlungen, die die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel nicht zahlen, bewertet das Internetportal bislang 24 häufige Angebote. Jeden Monat soll mindestens eine neue Bewertung hinzukommen.
Fazit: Viermal negativ, siebenmal „tendenziell negativ“
Für die Bewertung der IGeL-Angebote recherchiert ein Team aus Medizinern und anderen Experten der evidenzbasierten Medizin in medizinischen Datenbanken. Es wertet die Informationen daraus aus, wägt Nutzen und Schaden einer IGeL gegeneinander ab und zieht ein Gesamtfazit. Möglich sind fünf Bewertungsaussagen: Von „positiv“, „tendenziell positiv“ und „unklar“ bis „tendenziell negativ“ und „negativ“. In sieben von 24 Fällen fällt das Fazit „tendenziell negativ“ aus. In vier Fällen wiegt der Schaden laut den Wissenschaftlern sogar schwerer als der Nutzen: Ein negatives Urteil bekommen
- der Toxosplasmose-Test bei Schwangeren,
- die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke zur Krebsvorsorge,
- die Colon-Hydro-Therapie, eine spezielle Form der Darmspülung, und
- die Bestimmung von Immunglobulin G gegen Nahrungsmittel zur Klärung einer Nahrungsmittelallergie.
Auch die Stiftung Warentest bewertet häufige Früherkennungsuntersuchungen – unter anderem auch solche, die die Kassen nicht zahlen – und kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke zur Krebsvorsorge sowie zwei weitere Verfahren zur Früherkennung von Eierstockkrebs sind laut Stiftung Warentest nicht geeignet. Auch für den Toxosplasmose-Test bei Schwangeren fällt die Abwägung von Nutzen und Risiko negativ aus. Das Risiko des Tests selbst ist zwar sehr gering. Die Risiken, die ein positives Testergebnis nach sich ziehen kann, sind aber erhöht.
Nur zweimal lautet das Urteil „tendenziell positiv“
Mehrfach lautet das Fazit der Experten des IGeL-Monitors „unklar“ – zum Beispiel dann, wenn sich Nutzen und Schaden in etwa die Waage halten oder nicht ausreichend erforscht sind. Positiv ist bislang kein IGeL-Angebot bewertet, zwei sind aber zumindest „tendenziell positiv“: die Lichttherapie bei saisonaler Depression und die Akupunktur zu Migräneprophylaxe, die auch die Stiftung Warentest positiv bewertet, da sie die Häufigkeit von Migräneanfällen senkt.
In bestimmten Fällen zahlt die Kasse doch
Welche Untersuchungen und Behandlungen die gesetzlichen Krankenkassen zahlen, entscheidet übrigens der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Ihm gehören Vertreter der Krankenkassen, Ärzte und Krankenhäuser an. Patientenvertreter können an den Sitzungen des Ausschusses teilnehmen, haben jedoch kein Stimmrecht. Damit die gesetzlichen Krankenkasse eine neue Leistung bezahlt, muss der G-BA sie positiv bewertet haben und sie muss der Behandlung oder Früherkennung von Krankheiten dienen. Manche Leistungen zahlen die Kassen nicht generell zur Früherkennung, aber bei einem Krankheitsverdacht. Das gilt zum Beispiel für den so genannten PSA-Test: Zur Früherkennung ist er eine IGeL und beim IGeL-Monitor mit „tendenziell negativ“ bewertet. Besteht aber ein Verdacht auf Prostatakrebs, etwa wenn der Arzt eine Verdickung an der Prostata ertastet hat, bezahlt die Kasse den Test.