Insolvenz von Krankenkassen Das sollten Versicherte wissen

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Insolvenz von Krankenkassen - Das sollten Versicherte wissen

Medizi­nisch abge­sichert. Selbst wenn ihre Krankenkasse zahlungs­unfähig ist, werden Patienten weiter versorgt – dann springen die anderen Krankenkassen ein. © picture alliance / imageBROKER

Gerät eine Krankenkasse in finanzielle Schwierig­keiten, ist die Versorgung der Versicherten trotzdem nicht gefährdet. Wir zeigen, was eine Schließung bedeutet.

Aufsichts­behörde muss informiert werden

Die Krankenkassen sind dazu verpflichtet, eine drohende Zahlungs­unfähigkeit bei der zuständigen Aufsichts­behörde anzu­zeigen. Meist ist dies das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS). Bei Kassen, die nur in einem oder bis zu drei Bundes­ländern geöffnet sind, über­nehmen die Länder die Aufsicht.

Liquiditäts­engpass, kein Insolvenz­antrag

Zuletzt ist die BKK24 dieser Verpflichtung nachgekommen, als sie im August 2021 beim BAS nach eigenen Angaben „vorsorglich einen möglichen Liquiditäts­engpass“ ange­zeigt hat. Die bundes­weit tätige Krankenkasse betonte aber, es handle sich dabei nicht um einen Insolvenz­antrag.

Im Anschluss an so eine Selbst­anzeige prüft das BAS die Finanzsituation der entsprechenden Kasse und entscheidet, ob daraus Konsequenzen folgen und welche dies gegebenenfalls sein könnten.

Mögliche Konsequenzen

Höhere Beiträge. Eine Möglich­keit, die finanziellen Schwierig­keiten abzu­wenden, ist eine Erhöhung des Zusatz­beitrags. Diese Möglich­keit nutzte auch die BKK24. Sie erhöhte den Zusatz­beitrag – allerdings nicht dauer­haft, sondern wie angekündigt zeitlich begrenzt. Von September 2021 bis April 2022 betrug der Zusatz­beitrag 2,5 Prozent – statt vorher 1,0 Prozent. Seit Mai 2022 hat die Krankenkasse ihren Zusatz­beitrag auf 1,49 Prozent gesenkt. Die Versicherten zahlen seit Mai damit insgesamt nur noch einen Beitrags­satz von 16,09 Prozent statt bisher 17,1 Prozent. Damit ist die BKK24 nicht mehr die mit Abstand teuerste bundes­weit geöff­nete Krankenkasse. Sie gehört aber weiterhin zu den Krankenkassen, deren Beitrags­satz über dem durch­schnitt­lichen Zusatz­beitrags­satz von 1,3 Prozent (2022) liegt.

Weitere denk­bare Konsequenzen

Fusion. Sind die finanziellen Probleme größer, ist ein Zusammenschluss mit einer anderen Krankenkasse denk­bar.

Schließung. In letzter Konsequenz ist auch die Schließung der Kasse möglich – und zwar dann, wenn die Leistungs­fähig­keit der Kasse auf Dauer nicht mehr gewähr­leistet ist. In den vergangenen zehn Jahren ist dies nur zweimal passiert. Geschlossen wurden Ende 2011 zunächst die City BKK und wenig später auch die BKK für Heilberufe.

Was medizi­nisch notwendig ist, zahlt die Kasse weiterhin

Versicherte der BKK24 konnten jeder­zeit alle Kassen­leistungen uneinge­schränkt in Anspruch nehmen. Und zwar nicht nur die gesetzlich fest­gelegten Leistungen, sondern auch die umfang­reichen Zusatz­angebote der Krankenkasse. Dazu gehören etwa ein Zuschuss von 45 Euro zweimal pro Jahr für eine professionelle Zahn­reinigung beim Zahn­arzt der Wahl oder je 60 Euro pro Osteo­pathiebe­hand­lung sechs­mal im Jahr. Nach Angaben der BKK24 wurden die Extra­leistungen anders als erwartet nicht gekürzt, sondern sind jetzt sogar noch erweitert worden – in den Bereichen Bonus­programm und bei der Extra­vorsorge.

Mögliche Maßnahme: Kürzungen bei Extras

Soll eine Insolvenz abge­wendet werden, kann es generell sein, dass eine Kasse angebotene Extra­leistungen streicht oder Zuschüsse verringert.

Am Umfang der gesetzlichen Leistungen ändert sich ohnehin nichts: Arzt­besuche, Verordnungen und Therapien, die medizi­nisch notwendig sind, zahlt die Kasse weiterhin – Versicherte sind also immer versorgt.

Alle Kassen stehen in der Haftung

Generell gilt: Kann eine Krankenkasse die Ärzte und andere Leistungs­erbringer wie Krankenhäuser oder Reha­einrichtungen nicht mehr bezahlen, springen die anderen Krankenkassen ein. Das heißt: Behand­lungen werden bezahlt. Kein Arzt oder anderer Leistungs­erbringer darf zum Beispiel eine Therapie verweigern.

Last wird auf viele Schultern verteilt

Die Verteilung der Haftung ist Sache des GKV-Spitzen­verbands, der Interes­senvertretung der Krankenkassen in Deutsch­land. Bei der Verteilung werden sowohl die Größe der einzelnen Kassen nach der jeweiligen Zahl der Mitglieder als auch die finanzielle Leistungs­fähig­keit anhand der Höhe der vorhandenen Finanzre­serven berück­sichtigt.

Neue Krankenkasse suchen

Allerdings müssen sich betroffene Mitglieder im Falle einer Schließung eine neue Krankenkasse suchen. Dabei müssen sie bestimmte Fristen einhalten:

  • Zeit­punkt der Schließung. Der Vorstand der Krankenkasse muss die Schließung öffent­lich bekannt machen, zum Beispiel im Bundes­anzeiger. Spätestens dann muss die Kasse auch ihre Versicherten und die Stellen, die Kranken­versicherungs­beiträge abführen (zum Beispiel Arbeit­geber, Renten­versicherungs­träger oder die Bundes­agentur für Arbeit) über die Schließung informieren.
  • Neue Kasse inner­halb Frist wählen. Sobald Pflichtversicherte über die Schließung der Kasse informiert sind, haben sie sechs Wochen Zeit, in eine andere Krankenkasse zu wechseln. Wenn sich ein Kassen­mitglied nicht recht­zeitig um eine neue Krankenkasse kümmert, meldet der Arbeit­geber, der Renten­versicherungs­träger oder die Bundes­agentur für Arbeit den Versicherten inner­halb von zwei Wochen bei der Kasse an, in der er vor der Mitgliedschaft in der geschlossenen Kasse versichert war. Ist diese Kasse nicht bekannt, sucht die entsprechende Stelle eine andere Kasse aus.
  • Freiwil­lig versicherte Mitglieder. Wer seine Beiträge selbst an die Kasse zahlt, etwa freiwil­lig versicherte Selbst­ständige, muss den Wechsel in eine andere Kasse selbst erklären. Versicherte haben ab dem Zeit­punkt der Schließung drei Monate Zeit, eine neue Kasse zu finden.
    Wichtig: Wer die Frist versäumt, kann sich nur noch privat krankenversichern.
  • Nach­rangige Versicherungs­pflicht. Es gilt immer eine nach­rangige Versicherungs­pflicht: Wird die neue Kasse nicht gleich zum Zeit­punkt der Schließung der alten gewählt, beginnt die neue Mitgliedschaft dennoch rück­wirkend einen Tag nach der Schließung. Ab diesem Tag müssen die Versicherten den neuen Beitrag zahlen - gegebenenfalls rück­wirkend.
  • Freie Kassen­wahl. Versicherte haben freie Kassen­wahl unter den allgemein geöff­neten Krankenkassen. Kein Versicherter darf von einer anderen Kasse abge­lehnt werden - selbst wenn er schon älter oder krank ist. Auch wer sich in einer laufenden Behand­lung befindet, kann zu jeder allgemein geöff­neten Krankenkasse wechseln. Die neue Mitglieds­bescheinigung müssen Versicherte umge­hend Arbeit­geber, Renten­versicherungs­träger oder der Bundes­agentur für Arbeit vorlegen.
  • Beiträge/Zusatz­beiträge. Versicherte müssen weiterhin ihren Kranken­versicherungs­beitrag zahlen, sonst besteht kein voll­ständiger Kranken­versicherungs­schutz. Solange sie noch in der alten Krankenkasse versichert sind, müssen sie auch den geforderten Zusatz­beitrag zahlen.
  • Laufende Behand­lungen. Laufende Behand­lungen während des Kassen­wechsels wie etwa eine Krank­schreibung oder eine Behand­lung im Kranken­haus, klären alte und neue Kasse unter­einander. Was sonst noch gilt, erfahren sie im Text zur Gesetzlichen Krankenversicherung.

Gerüchte begründen kein Sonderkündigungs­recht

Erhöht eine Kasse den Zusatz­beitrag, haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht. Die Kasse muss die Versicherten zudem in einem Schreiben auf den neuen Zusatz­beitrag und das Sonderkündigungs­recht hinweisen.

Wichtig:
Nur weil sich eine Kasse beim BAS selbst ange­zeigt hat oder es Gerüchte um eine drohende Insolvenz gibt, haben Versicherte noch kein Sonderkündigungs­recht. Wer bereits dann wechseln möchte, muss sich an die üblichen Regeln halten. Es gilt: Wer mindestens 12 Monate Mitglied in einer Kasse ist, kann ohne weiteres wechseln. Der Kündigungszeitraum beträgt zwei Monate zum Monats­ende.

Beiträge und Extras vergleichen

Wer sich aufgrund einer Insolvenz oder Schließung eine neue Krankenkasse suchen muss, sollte neben dem Beitrags­satz auch auf das Leistungs- und Service­angebot der neuen Kasse achten. Zwar sind etwa 95 Prozent aller Leistungen der Krankenkassen per Gesetz geregelt und daher einheitlich.

Von Früh­erkennung über Osteo­pathie bis Zahn­reinigung

Darüber hinaus können die Kassen aber Zusatz­leistungen anbieten, wie Zuschüsse zur Zahn­reinigung, Osteo­pathie oder Reiseimpfungen, Extraan­gebote zur Früh­erkennung, bestimmte Patientenschu­lungen oder Bonus­programme für gesund­heits­bewusstes Verhalten.

Krankenkassen­vergleich der Stiftung Warentest

Auch das kann sich finanziell lohnen. Unser Krankenkassentest hilft dabei: Er bietet für 71 Kassen detaillierte Informationen zum aktuellen Beitrag und den angebotenen Extras.

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