Reichen 1100 Euro Monatsrente?
Eine Jahresrente von 13 190 Euro versicherten Kunden im Jahr 2020 im Schnitt in neu abgeschlossenen Verträgen für Berufsunfähigkeitsschutz. Das sind rund 1 100 Euro Monatsrente. Wird die versicherte Person berufsunfähig, sollte dieser Betrag ausreichen, um den aktuellen Lebensstandard zu halten. Dazu gehören auch gegebenenfalls Kreditraten für eine Immobilienfinanzierung oder Ausbildungskosten für Kinder. Ebenso können Krankenversicherungsbeiträge, Rücklagen für die Altersvorsorge und Steuern dazuzählen. Auch die Inflation müssen Versicherte im Auge behalten.
Tipp: Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung hat, sollte prüfen, ob die versicherte Rente für den Fall einer Berufsunfähigkeit ausreicht. Wir erklären, welche Möglichkeiten viele Verträge bieten, die Rente anzupassen.
Die Berufsunfähigkeitsrente kann mitwachsen
Viele Verträge bieten Optionen, die anfangs vereinbarte Rente bei Bedarf zu erhöhen:
- Beitragsdynamik
- Nachversicherungsgarantie, auch Anpassungsgarantie genannt
- Leistungsdynamik
- Verlängerung der Vertragslaufzeit nach Anhebung der Regelaltersgrenze
Rente erhöhen mit einer Beitragsdynamik
Beitragsdynamik heißt: Der Beitrag steigt jährlich um einen festgelegten Prozentsatz, zum Beispiel um 2, 3 oder 5 Prozent. Dadurch steigt auch die Rente automatisch, allerdings nicht proportional zu dem vereinbarten Prozentsatz. Abschluss- und Verwaltungskosten werden abgezogen.
Für eine Beitragsdynamik müssen sich Kundinnen und Kunden in der Regel direkt bei Vertragsschluss entscheiden. Eine spätere Hinzunahme ist ohne erneute Gesundheitsprüfung kaum möglich. Die Dynamik können Kunden in vorgegebenen Intervallen aussetzen oder kündigen.
Beispiel: Eine 20-jährige Studentin, die Berufsunfähigkeitsschutz mit 1 000 Euro Monatsrente abschließt und eine jährliche Beitragsdynamik von 3 Prozent vereinbart, würde nach 30 Jahren Vertragslaufzeit, also mit 50 Jahren, im Fall einer Berufsunfähigkeit eine monatliche Rente von rund 2 430 Euro bekommen.
BU-Rente sprunghaft durch Nachversicherungsgarantie erhöhen
Auf einen Schlag, zum Beispiel von 1 000 Euro auf 1 500 Euro oder auf 2 000 Euro können Kunden ihre Rente durch die Nachversicherungsgarantie gegen Mehrbeitrag erhöhen. In vielen Verträgen schlummern Nachversicherungsoptionen, ohne dass Versicherte es wissen. Es lohnt sich nachzuschauen. Unter dem Stichwort Nachversicherungsgarantie oder Anpassungsgarantie listen Versicherer die Optionen in den Versicherungsbedingungen auf.
Bei welchen Ereignissen eine Nachversicherung oft möglich ist
Typische Ereignisse und Anlässe, die es Kunden oft ermöglichen, ihre BU-Rente aufzustocken:
- Berufsstart nach Abschluss von Ausbildung oder Studium
- Geburt oder Adoption eines Kindes
- Gehaltserhöhung, zum Beispiel um mindestens 10 Prozent
- Heirat
- Ehescheidung
- Aufnahme eines Baukredits für eine selbst genutzte Immobilie
- Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, teils nur für Kammerberufe
- Abschluss einer Meisterprüfung
- Erhalt einer Prokura (handelsrechtliche Vollmacht)
Ohne Gesundheitsprüfung, teils ohne Risikoprüfung
Der große Vorteil der Nachversicherungsgarantie ist, dass in der Regel keine erneute Gesundheitsprüfung erfolgt. Fragen zu Vorerkrankungen, stationären Aufenthalten oder Psychotherapie spielen keine Rolle mehr. Eine andere Hürde kann es aber geben: die Risikoprüfung. Ein Teil der Versicherer prüft bei der Nachversicherungsgarantie erneut das Risikoprofil des Kunden. Zur Risikoprüfung gehören in der Regel:
- Beruf
- Hobby / Freizeitaktivitäten
- Rauchverhalten
- BMI (Body-Mass-Index), eine Formel zur Berechnung von Mehrgewicht
- Auslandsaufenthalte
Eine ungünstige Risikoprüfung kann dazu führen, dass der Versicherungsbeitrag verhältnismäßig teurer wird oder Kunden sogar einen Risikozuschlag zahlen müssen. Unter Umständen müssen Versicherte mit einem Leistungsausschluss rechnen.
Tipp: Kunden sollten bei Vertragsschluss darauf achten, dass der Versicherer bei der Nachversicherungsgarantie nicht nur auf die Gesundheits-, sondern auch auf die Risikoprüfung verzichtet.
Altersgrenze und Fristen beachten
Die Nachversicherungsgarantie gilt nicht unbegrenzt. Oft können Kunden bis zum 50. Lebensjahr, manchmal nur bis zum 45. Lebensjahr die Rente aufstocken. Außerdem müssen sie Fristen beachten: In der Regel ist eine Aufstockung der Rente innerhalb einer Frist von 6 oder 12 Monaten nach dem Ereignis möglich.
Rentenhöhe ist kein Wunschkonzert
Die Versicherer genehmigen nicht jede gewünschte Erhöhung. Sie haben meist vertraglich Mindesterhöhungen und Obergrenzen festgelegt und prüfen, ob die Rentenerhöhung wirtschaftlich angemessen ist. Maßgebend ist das Einkommen. Eine Absicherung in Höhe von etwa 60 bis 80 Prozent des letzten Jahresbruttoeinkommens ist oft maximal möglich. Bei Selbstständigen bezieht sich die Grenze häufig auf den Durchschnitt des Gewinns vor Steuern der letzten drei Jahre.
Eine bereits erfolgte Erhöhung der Rente durch eine Beitragsdynamik und weitere Berufsunfähigkeitspolicen werden in die Berechnung einbezogen. Individuelle Vereinbarungen sind möglich.
Eine Leistungsdynamik garantiert Rentensteigerung
Leistungsdynamik bedeutet: Die Rente steigt, nachdem die versicherte Person berufsunfähig geworden sind. Kunden können diese Option bei vielen Versicherern bei Vertragsschluss vereinbaren. Ab Eintritt der Berufsunfähigkeit wird dann die monatliche Rente zum Beispiel regelmäßig um 1 oder 2 Prozent pro Jahr erhöht. Die Vereinbarung einer Leistungsdynamik macht eine Berufsunfähigkeitspolice teurer.
Vertragsverlängerung
Bei manchen Versicherern ist eine „Rentenerhöhung“ in Form einer Vertragsverlängerung möglich, wenn der Gesetzgeber die Regelaltersgrenze anhebt. Läuft der aktuelle Vertrag beispielsweise bis zum 67. Geburtstag, kann unter bestimmten Voraussetzungen die Laufzeit verlängert werden – etwa wenn die Rente ab 70 Jahren kommen sollte.
Beispielrechnungen und Faustregeln
Die Versicherungsexperten der Stiftung Warentest erklären im Artikel aus Finanztest 4/2019 anhand eines konkreten Fallbeispiels, wie viel von einer Berufsunfähigkeitsrente abgeht – und wie hoch eine solche Rente typischerweise sein sollte.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Question777: In Anbetracht dessen, dass niemand weiß, ob im Fall des Eintritts einer Berufsunfähigkeit überhaupt noch nebenbei gearbeitet werden kann, sollte die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente so gewählt werden, dass eine Aufrechterhaltung des Lebensstandards auch bei Eintritt einer Berufsunfähigkeit von 100 Prozent möglich erscheint. Von daher ist unser Tipp, die Höhe der Absicherung zu überprüfen und soweit möglich, diese entsprechend des Bedarfs anzupassen. Bei der Berechnung des Absicherungsbedarfs sind auch die Beiträge für die private Krankenversicherung mit einzubeziehen.
Vielen Dank zunächst für die Beantwortung meiner Frage.
Ist das nicht in der Praxis dann ein recht grosses Problem oder konstruiere ich da etwas ?
Das würde ja bei einer entsprechenden Teilzeitbeschäftigung bedeuten, dass ich nur 6 Wochen lang die Lohnfortzahlung erhalten würde. Wenn nicht gleichzeitig auch eine volle oder teilweise Erwerbsminderung festgestellt wird, wäre das schon etwas wenig, zumal ja die PKV Beiträge davon zu leisten sind. Und ich habe schon den höchst möglichen Betrag bei der BU versichert. Würden Sie in einem solchen Fall zu einer Rückkehr in die GKV raten, sofern möglich (also unter 55 und nur BU Rente und keine EM-Rente) ?
@Question777: Eine Krankentagegeldversicherung ersetzt den Verdienstausfall bei langer Krankheit. Doch die Verträge enden in der Regel mit dem Eintritt einer Berufsunfähigkeit. In der Regel zahlen die Versicherer nur bei Vorliegen einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit:
www.test.de/Krankentagegeld-Nur-bei-kompletter-Arbeitsunfaehigkeit-4630734-0
Nur wenn die Bedingungen der privaten Krankenversicherung ausdrücklich regeln, dass auch bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit die Leistung fällig wird, können Berufsunfähigkeitsrentner mit Teilzeittätigkeit parallel Krankentagegeld bekommen.
Verstehe ich es eigentlich richtig, dass wenn ich als privat Krankenversicherte Leistungen aus der BU Rente in Anspruch nehmen würde, jedoch weiter arbeiten müsste (alleine wegen der KV-Beiträge) und meinen alten Job also weniger als 50% weiter ausüben würde, ich von der PKV bei einer länger als 6 Wochen dauernde Krankheit dann kein Krankengeld mehr bekommen würde für meine Teilzeittätigkeit, weil das Krankengeld ja wegen BU wegfällt oder mache ich hier einen Denkfehler? In der GKV wäre das doch keinesfalls so oder ?
@testPony: Eine Einbeziehung des Verhaltens der Anbieter im Versicherungsfall in eine Beurteilung wäre sicher sehr wünschenswert. Das gilt nicht nur für die Berufsunfähigkeitsversicherungen, sondern für alle Arten von Versicherungsverträgen. Allerdings ist es nicht möglich, das Regulierungsverhalten von Versicherern wissenschaftlich fundiert und belastbar zu bewerten und vergleichend darzustellen. Es gibt dafür keine vollständigen Zahlenwerke und die Versicherer selbst sind nicht verpflichtet, diese Zahlen offen zu legen. Da wir in unseren Untersuchungen wissenschaftliche Methoden anwenden, können wir das Regulierungsverhalten in der Bewertung des Tarifangebotes eines Versicherers insofern leider nicht berücksichtigten.
Leistungs- und Prozessquoten sowie Beschwerdestatistiken stellen immer nur eine Betrachtung der Vergangenheit dar, die keine Aussagekraft für die Zukunft hat. Viele Versicherte werden erst mit 50 plus berufsunfähig. Doch welche Unternehmenspolitik der Versicherer in 20 oder 30 Jahren verfolgt, stellt keine Leistungs- oder Prozessquote dar.
Priorität sollte die Wahl (sehr) guter Bedingungen haben. Was dem Versicherten vertraglich zusteht, kann er im Zweifel vor Gericht einfordern, ohne auf die Kulanz des Versicherers angewiesen zu sein. Und auch die sorgfältige Beantwortung der Gesundheitsfragen ist (sehr) wichtig, damit dem Versicherer nicht ermöglicht wird, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung (aufgrund falscher oder lückenhafter Angaben) zu widerrufen. Zum Thema der Leistung der Versicherer haben wir ein Special veröffentlicht:
www.test.de/Rente-bei-Berufsunfaehigkeit-Wann-Versicherer-wirklich-zahlen-5179611-0/.