
© Benjamin Pritzkuleit
Die Stiftung Warentest hat 17 Kinderfahrradsitze getestet – 5 Modelle für vorne, 12 für hinten. Im Test: Fahrradsitze vom Baumarkt und von Markenherstellern wie Britax Römer, Hamax und Thule (Preise: 30 bis 150 Euro). Vier Sitze sind mangelhaft, darunter zwei weit verbreitete von Britax Römer: Die Anschnallgurte lassen sich zu leicht lösen. Erfreulich: Neun Fahrradsitze schneiden gut ab. Bei Frontsitzen wie Hecksitzen gibt es gute Modelle. Die Testsieger gehören zu den teureren Modellen.
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Testergebnisse für 17 Fahrradkindersitze 03/2018Liste der 17 getesteten Produkte
Für die Kleinsten: Fahrradsitz vorne
Sobald Kinder selbstständig sitzen können, dürfen sie auf dem Rad mitfahren, also etwa ab dem neunten Monat. Für solch kleine Passagiere eignen sich sogenannte Frontsitze, die vor dem Fahrer montiert werden. Mit so einem Fahrradsitz haben Eltern ihr Kind immer im Blick. Zusätzlich erhältliche Windschütze halten Fahrtwind ab. Wegen ihres günstigen Schwerpunkts wirken sich Vordersitze wenig auf die Fahrstabilität aus. Die Testfahrer kamen mit fast allen Sitzen zurecht.
Für Größere: Fahrradsitz hinten
Kinder mit einem Gewicht von mehr als 15 Kilogramm müssen nach hinten umziehen. Hier sitzen sie windgeschützter als vorn, verlieren jedoch den freien Blick in Fahrtrichtung. Hecksitze sind am Sitzrohr befestigt und federn an langen Befestigungsbügeln freischwebend über dem Gepäckträger. Die Fahrprüfung haben zwar alle Hecksitze im Test mit gut oder befriedigend bestanden, gegenüber den Frontsitzen haben sie jedoch einen Nachteil: Auch mit wenig lebhaften Sprösslingen können sie sich je nach Fahrbewegung und Straßenzustand aufschaukeln. Diese unerwünschte Pendelbewegung wirkt sich vor allem auf das Fahrverhalten von Rädern mit tiefem Durchstieg aus, etwa Damenrädern. Bei einigen Kindersitzen für hinten lässt sich die Rückenlehne in eine Ruheposition bringen; das verstärkt die Pendelbewegung zusätzlich.
Das bietet der Kinderfahrradsitz-Test
Testergebnisse. Unsere Tabelle zeigt Bewertungen für 17 Kinderfahrradsitze, darunter 5 Fahrradsitze für vorne und 12 Fahrradsitze für hinten. Neben wichtigen Markenherstellern wie Bobike, Britax Römer, Hamax und Thule haben wir auch Kindersitze aus dem Baumarkt getestet. Prüfpunkte waren: Fahren, Eignung für das Kind, Handhabung, Sicherheit, Haltbarkeit und Schadstoffe. Außer Konkurrenz haben wir noch den Bobike Classic Junior geprüft. Er ist bis 35 Kilogramm ausgelegt (Frontsitze: 15 Kilo; Hecksitze: 22 Kilo) und lässt sich auf dem Gepäckträger zusammenklappen, wenn er nicht gebraucht wird.
Kaufberatung. Wir erklären die Vor- und Nachteile von Front- und Hecksitzen und sagen, worauf Sie beim Kauf eines Kinderfahrradsitzes achten sollten.
Heft-Artikel. Wenn Sie den Test freischalten, erhalten Sie auch Zugriff auf das PDF zum aktuellen Testbericht aus test 3/2018.
Viel Kraft zum Schieben nötig
Beim Schieben zeigt sich ein weiterer Vorteil der Frontsitze gegenüber den Hecksitzen: Durch das geringere Gewicht und die Montage am Lenkerschaft sind sie einfacher gerade zu halten. Um beladene Rücksitze bergauf zu schieben, ist viel Kraft und eine zweite Hand am Sattel erforderlich, um das Rad aufrecht zu halten. Je weiter hinten der Sitz angebracht ist, desto leichter kippt das Rad um. Der Schwerpunkt der Hecksitze darf maximal zehn Zentimeter hinter der Hinterachse liegen. Um die Montage zu erleichtern, ist der Schwerpunkt auf allen geprüften Hecksitzen mit einem Kreuz gekennzeichnet.
Video: Kinderfahrradsitze im Test
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Schadstoffe, mangelhafte Verschlüsse, gebrochene Fußstützen: 4 Sitze versagen im Test, darunter 2 von Britax Römer.
Maximalgewicht ist schnell erreicht
Es erfordert Übung und Konzentration, mit einem Kindersitz am Rad sicher durch den Verkehr zu fahren. Das gilt erst recht, wenn vorn und hinten gleichzeitig Kinder sitzen. Ratsam ist das nicht, auch wenn die Straßenverkehrsordnung es erlaubt. Ein solches Dreigestirn überschreitet möglicherweise auch das erlaubte Gesamtgewicht des Fahrrads, das üblicherweise bei 120 bis 130 Kilogramm liegt. Für solche Touren eignen sich Fahrradanhänger besser.
Helm senkt das Verletzungsrisiko
Egal, ob der Kinderfahrradsitz vorne oder hinten angebracht ist: Mitfahrende Kinder sollten immer einen Fahrradhelm tragen. Er senkt das Risiko von Kopfverletzungen. In den meisten Sitzen ist das problemlos möglich. In vier der geprüften Sitze fahren behelmte Knirpse jedoch mit abgeknickten Köpfen. Das ist nicht gerade hilfreich, um für den Kopfschutz zu begeistern.
Gute Kindersitze fürs Fahrrad ab 60 Euro
Neun Fahrradsitze aus unserem Test sind insgesamt gut: Sie sind sicher, robust und ordentlich zu fahren. Drei davon werden vor dem Fahrer montiert und eignen sich für Passagiere bis 15 Kilogramm. Mit den sechs anderen lassen sich Kinder mit bis zu 22 Kilogramm Gewicht im Rücken des Fahrers kutschieren. Ab 60 Euro sind die Favoriten zu haben.
Sicherheitsprobleme bei Römer-Fahrradsitzen
Vier Fahrradsitze bekommen nur die Note Mangelhaft, darunter die beiden weit verbreiteten Sitze von Britax Römer. Die Verschlüsse der Sitze Jockey Comfort und Jockey Relax lassen sich kinderleicht öffnen – ein unnötiges Sicherheitsrisiko. Um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten, verlangt die Prüfnorm für Kinderfahrradsitze, dass die Anschnallgurte entweder mit zwei separaten Handbewegungen zu öffnen sind oder mit einer Kraft von mindestens 40 Newton. Die Verschlüsse der beiden Kindersitze von Britax Römer lassen sich mit einem Griff und einer Kraft von etwa 20 Newton lösen. Knopf drücken, den Stecker ziehen – das schaffen selbst kleine Kinder. Eltern bemerken es möglicherweise nicht, da die Kindersitze hinter dem Fahrer montiert werden.
Jockey Comfort und Jockey Relax – erst gut, jetzt mangelhaft
Beim letzten Kinderfahrradsitz-Test nicht geprüft. Britax Römer verwendet die fragwürdigen Verschlüsse seit vielen Jahren – auch in den gleichnamigen Jockey-Sitzen, die im letzten Test von Fahrradsitzen für Kinder im Jahr 2007 geprüft wurden. Damals lagen weder Hinweise von Eltern vor noch hatten unsere „Test-Kinder“ im Prüflabor die Verschlüsse geöffnet. Die erforderliche Kraft zum Öffnen ermittelte die Stiftung Warentest damals nicht. Beide Jockeys schnitten damals im Test gut ab.
Auch im Nachtest waren die Verschlüsse unsicher. Im aktuellen Test sind beide Fahrradsitze mangelhaft. Die Stiftung Warentest informierte Britax Römer vorab über die Messergebnisse. Das Unternehmen legte daraufhin ein Gutachten vor, nach dem die beiden Jockey-Modelle die Norm einhalten. Darüber hinaus schickte Britax Römer einen internen Prüfbericht. Dieser wies darauf hin, dass bei den Messungen die Gurte vorgespannt waren, also „Zug“ auf den Gurten gewesen sei. Unsere Tester prüften daraufhin weitere Exemplare der Sitze, auch mit gespannten Gurten. Wieder ließen sich die Verschlüsse kinderleicht öffnen.
Britax Römer tauscht Verschlüsse nicht aus. Auf die Frage, ob verunsicherte Eltern Sitz oder Verschlüsse umtauschen können, antwortete das Unternehmen: „Falls ein Produkt beschädigt ist, tauschen wir es natürlich im Rahmen der normalen Garantie aus.“ Zu leicht zu öffnende Verschlüsse zählen jedoch nicht dazu. Das Risiko, das mit geöffneten Gurten einhergeht, lässt sich jedoch vermeiden. Das beweisen die anderen Kinderfahrradsitze im Test, die allesamt sehr sichere Gurte verwenden. Nach Einschätzung der Stiftung Warentest sollte das Unternehmen die Verschlüsse nachbessern.
Tipps für Britax-Besitzer. Besitzer eines solchen Kindersitzes sollten regelmäßig prüfen, ob der Gurt geschlossen ist und gegebenenfalls mit dem Kind darüber reden. Wer ganz sicher gehen will, sollte einen anderen Sitz nutzen.
Schadstoffe im Kindersitz, Fußstütze gebrochen
Zwei weitere Fahrradsitze fielen aus anderen Gründen durch: In Polster und Sitzschale des Bellelli Tiger Relax fanden die Tester polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die teilweise im Verdacht stehen, Krebs zu erzeugen. Beim Bobike Exclusive Mini brach die Fußstütze im Dauertest.
Kauf und Montage vom Fachhändler
Egal, ob Kinder vorn oder hinten Platz nehmen: Der Sitz muss zum Rad passen. An manche Modelle lassen sich Sitze kaum anbauen, etwa solche mit Schwanenhals- oder Karbonrahmen. Klassische Holland-, Touren- oder Sporträder bereiten meist keine Probleme, aber Schnellspanner, Bowdenzüge, ein gefedertes Hinterrad oder Rahmen mit dicken oder nicht runden Rohren können die Montage erschweren. Hinzu kommt, dass manchen Kinderfahrradsitzen kein Werkzeug beiliegt. Ohne Drehmomentschlüssel, der die Schraubkraft begrenzt, ist es schwierig, die Halterung korrekt zu befestigen. Sitzt sie zu locker, rutscht der Sitz. Ist sie zu fest, beschädigt sie womöglich den Rahmen.
Tipp: Nehmen Sie das Fahrrad mit, wenn Sie einen Kinderfahrradsitz kaufen wollen. Fachhändler können Sitze empfehlen und montieren.

Auf diese Punkte sollten Sie bei der Montage achten. © Stiftung Warentest

Nutzerkommentare, die vor dem 20. Februar 2018 gepostet wurden, beziehen sich noch auf die Vorgängeruntersuchung.
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Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Ich habe den Hamax Caress gekauft und ja, es ist ein cooler Kindersitz, insbesondere die Liegefunktion ist klasse. Allerdings möchte ich anregen, dass Stiftung Warentest den Service des Herstellers und die Haltbarkeit der Produkte stärker berücksichtigt. Die Fußriemen des Carress sind (bei wenig Nutzung und meist geschütztem Stellplatz) bereits nach ca. 1,5 Jahren durchgerissen (beide). Hamax bequemt sich auf Anfrage noch nicht einmal zu einer von Menschen geschriebenen Antwort sondern weist im Autoresponder salopp darauf hin, dass ich mich bezüglich Ersatzteilen doch bitte direkt an einen lokalen Händler wenden solle und dass ich keine Antwort von Hamax erhalten werde. Ziemlich unterirdisch. Das als Zubehör zu erwerbende Regencover war übrigens so knapp beschnitten, dass es die Sitzfläche nicht komplett abdeckte - und es war bereits nach weniger als einem Jahr stark zerschlissen (Risse im Stoff, Gummi komplett ausgeleiert). Insgesamt ziemlich schade und traurig für einen "Testsieger".
@Sonja_B: Vielen Dank für den Testwunsch, den gerne wir an das zuständige Untersuchungsteam weitergeleitet haben. Wie schnell diese Untersuchung realisiert werden kann, lässt sich derzeit nicht genau sagen. Auf jeden Fall sind Kinderfahrradsitze nun registriert.
Bitte führen Sie einen neuen Test mit Fahrradkindersitzen durch. Der letzte Test liegt schon über fünf Jahre zurück!
@Davidbzn: Der Fahrradsitz wurde im Test 3/2018 mit einem test-Qualitätsurteil Gut bewertet und war daher empfehlenswert. Die Schadstoffbelastung lag deutlich unter dem Grenzwert des Ökotex Standard 100 Kategorie 1 Baby und vom TÜV Rheinland Label (unter einem Drittel vom Grenzwert).
Hallo liebes Team von test.de,
in Bezug auf folgende Antwort vom 18.5.2021 "Schadstoffe im Hamax Caress C2
@MaxMustermann21: Wir fanden PAK’s im schwarzen Kunststoff der Schulterpolster. Die gefundene Summe an PAK’s lag im befriedigenden Bereich. Inwieweit das Polster sich in anderen Modellen und/oder Farben unterscheidet, können wir leider nicht sagen. (NL, Se)"
Können Sie eine Einschätzung geben, wie weit bei der Note 2,9 der PAK-Wert oberhalb des Grenze des GS-Zeichens liegt? Also ob er geringfügig darüber liegt oder sehr stark? Womöglich liegt der PAK-Gehalt auch innerhalb des Grenzwertes? Es ist als Verbraucher schwierig, da eine Einschätzung zu treffen, was hinnehmbar ist und was nicht. Bedeutet Note 2,9 bedenklich für die Gesundheit der Kinder? Auf der anderen Seite ist der Sitz Testsiege geworden...
Vielen Dank für eine Einordnung und freundliche Grüße, David