Wohn­gemeinschaft WG-Miet­vertrag – diese drei Varianten sollten Sie kennen

Wohn­gemeinschaft - WG-Miet­vertrag – diese drei Varianten sollten Sie kennen

Ohne Streit. Damit es harmo­nisch bleibt, sollten die Regeln für alle klar sein. Dabei hilft es, den WG-Miet­vertrag zu kennen. © Getty Images / Collection Mix: Subjects RF / Caia Image

Güns­tige Miete, neue Leute, schon möbliert – das Leben in einer Wohn­gemeinschaft hat Vorteile. Doch bei Miet­vertrag, Schäden und Auszug gibt es einiges zu beachten.

Den Schul­abschluss in der Tasche, den Studien- oder Ausbildungs­platz gesichert – als erste eigene Bleibe suchen sich Studierende und Auszubildende gern ein Zimmer in einer Wohn­gemeinschaft. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es ist oft güns­tiger als eine eigene Wohnung. Man braucht nicht gleich eine komplette Wohnungs­einrichtung, mietet vielleicht sogar ein möbliertes Zimmer. Kurzum: Das Zusammen­wohnen mit anderen hilft, mit Bafög oder kleinem Budget besser über die Runden zu kommen. Außerdem ist man nicht allein.

Doch beim Miet­vertrag heißt es aufpassen: Wer hat welche Rechte und Pflichten? Wer haftet für Schäden in der Wohnung? Darf man einfach ausziehen? Müssen alle kündigen? WG-Miet­verträge gibt es üblicher­weise in drei Varianten. Je nach Modell unterscheiden sich Kündigungs­schutz und Haftung. Stiftung Warentest erklärt die Hintergründe.

Das Wichtigste in Kürze

Mietmodell. Im Mietrecht gibt es keine eigene Regelung für Wohn­gemeinschaften. Es gibt aber drei gängige Grund­modelle für WG-Miet­verträge: Alle Mitbewohner stehen als Haupt­mieter im Miet­vertrag, es gibt einen Haupt- und mehrere Untermieter, oder jeder Bewohner ist Haupt­mieter seines Zimmers mit eigenem Miet­vertrag.

Kündigung. Damit es beim Auszug nicht zum Streit mit dem Vermieter kommt, legen Sie die Möglich­keit zum regel­mäßigen Mieter­wechsel am besten im Miet­vertrag fest.

Gut absichern. Eine private Haftpflichtversicherung ist unerläss­lich. Studierende oder Azubis sind oft noch über ihre Eltern mitversichert. Falls nicht: Schließen Sie unbe­dingt eine Haft­pflicht­versicherung ab. Für wert­volle Gegen­stände können Sie eine Hausrat- oder Fahrradversicherung in Betracht ziehen.

Variante 1: Alle sind Haupt­mieter

Stehen alle Mitbewohne­rinnen und Mitbewohner gleichberechtigt als Haupt­mieter im Vertrag, sind alle zusammen für die Wohnung und Miete verantwort­lich. Wer wie viel zahlt, können sie unter sich regeln. Das bedeutet auch: Zahlt ein Mitbewohner seine Miete zu spät oder gar nicht, kann der Vermieter den fehlenden Betrag von allen anderen Haupt­mietern fordern. Gleiches gilt für die Haftung für Schäden in der Wohnung.

Wer lang­fristig in der WG wohnen möchte, macht mit dieser Variante nichts falsch. Er oder sie genießt besseren Kündigungs­schutz als etwa bei einer Untermiete und kann sich mit allen Fragen und Problemen selbst direkt an den Vermieter wenden.

Hürden beim Mitbewohner­wechsel

Nicht so klar geregelt ist bei einem Gemein­schafts­vertrag der Aus- und Einzug von Mitbewohnern. Eine Berliner WG führte das 2022 bis vor den Bundes­gerichts­hof (BGH, Az. VIII ZR 304/21). In der WG mit sieben Haupt­mietern wollten vier aus dem Miet­vertrag raus, dafür sollten vier neue Haupt­mieter aufgenommen werden – das erlaubte der Vermieter nicht. Laut Bundes­gerichts­hof hängt der Anspruch auf einen Mieter­wechsel in WGs von den Bestimmungen des Miet­vertrags und den Umständen des Einzel­falls ab.

Generell könne dieser Anspruch nicht einfach aus jedem Miet­vertrag mit einer WG hergeleitet werden, selbst wenn der Vermieter vorherigen Mieter­wechseln zuge­stimmt hat. Das würde Vermieter zu stark benach­teiligen, denn sie wären quasi für immer an den Miet­vertrag gebunden, hieß es in der Urteils­begründung. Auch im Fall der Berliner WG zogen die Mieter den Kürzeren. Der Vermieter musste den Wechsel nicht erlauben.

Der Wohn­gemeinschaft blieb jedoch die Option, die Mitbewohner als Untermieter aufzunehmen. Können sich die Haupt­mieter die Wohnung sonst nicht mehr leisten, muss der Vermieter einer Unter­vermietung grund­sätzlich zustimmen.

Tipp: Wenn Sie schon beim Einzug absehen können, dass es zu häufigen Mieter­wechseln kommen wird, sollten Sie dafür im Miet­vertrag entsprechende Rege­lungen treffen. So vermeiden Sie später unnötigen Streit.

Variante 2: Ein Haupt­mieter, mehrere Untermieter

Bei dieser Variante schließt die Vermieterin mit nur einem WG-Bewohner, dem Haupt­mieter, einen Miet­vertrag ab. Alle weiteren Mitbewohner sind Untermieter und schulden ihm Miete und Kaution für ihr Zimmer. Der Haupt­mieter ist wiederum der Vermieterin gegen­über für die gesamte Miete verantwort­lich und haftet auch für Schäden, die seine Untermieter verursachen.

Möchte ein Untermieter aus der WG ausziehen, ist die Kündigung hier unkompliziert. Der Untermieter kann mit einer Frist von drei Monaten ordentlich kündigen, ohne damit den Haupt­miet­vertrag zu beein­flussen. Auch der Haupt­mieter kann dem Untermieter kündigen: bei „berechtigtem Interesse“ mit einer Frist von drei Monaten, ohne Grund mit sechs­monatiger Frist. Schlechter gestellt sind Untermieter möblierter Zimmer. Der Vermieter kann ohne Angabe von Gründen bis zum 15. eines Monats zum Monats­ende kündigen.

Über­nahme in den Miet­vertrag nicht garan­tiert

Der Haupt­mieter muss zur Untervermietung das Einverständnis des Vermieters einholen, und mit den Untermietern einen separaten Vertrag abschließen. Ablehnen darf der Vermieter die Unter­vermietung eines einzelnen Zimmers nur, wenn es einen berechtigten Grund dazu gibt. Ein allgemeines Verbot ist unzulässig. Will die Haupt­mieterin das Zimmer erneut unter­vermieten, nachdem der Untermieter ausgezogen ist, muss sie vom Vermieter erneut eine Genehmigung einholen, sofern keine generelle Erlaubnis vereinbart ist.

Etwas komplizierter wird es, wenn der Haupt­mieter auszieht, die Untermieter aber bleiben möchten. Sie sollten dann das Gespräch mit dem Vermieter suchen, denn endet der Haupt­miet­vertrag, endet auch die Untermiete. Im besten Fall kann einer der verbleibenden Untermieter die Wohnung als Haupt­mieter über­nehmen. Das letzte Wort hat aber der Vermieter.

Variante 3: Jeder für sich

Es gibt auch WGs, in denen jeder Bewohner einen eigenen Miet­vertrag mit dem Vermieter abschließt. Das kommt oft bei der Zimmervermietung durch Wohnungs­unternehmen vor. Dann ist jeder Haupt­mieter seines Zimmers, man teilt sich die Gemein­schafts­flächen. Für die Bewohner hat es den Vorteil, dass ein Mieter­wechsel unkompliziert ist, und nicht ein Einzelner als Haupt­mieter einstehen muss.

Häufig werden solche WG-Zimmer möbliert vermietet. Das ist vor allem für Menschen attraktiv, die nur für einen begrenzten Zeitraum in der Stadt sind. Praktisch: Sie können einziehen, ohne sich um Dinge wie Möbel oder die Küchen­ausstattung zu kümmern. Oft sind solche WG-Zimmer aber relativ teuer. Die Mietpreisbremse gilt zwar auch auf möblierten Wohn­raum, aber Vermieter können für die Möbel einen Aufschlag berechnen. Wie hoch der sein darf, erklären wir im Beitrag Warum möbliertes Wohnen so teuer ist.

Wichtige Punkte im Miet­vertrag

Miet­parteien. Mieter und Vermieter müssen mit Namen und voll­ständiger Adresse im Vertrag stehen. Bei WGs müssen alle Haupt­mieter einge­tragen sein. Nur so sind sie vertraglich abge­sichert und haften gemein­sam für die Wohnung. Der Vermieter braucht für Änderungen im Miet­vertrag die Zustimmung aller Miete­rinnen und Mieter und muss bei Miet­erhöhungen alle informieren.

Miethöhe. Die monatliche Summe setzt sich aus der Kaltmiete und einer Voraus­zahlung beziehungs­weise einer Pauschale für die Betriebs­kosten zusammen. Gilt in der Stadt oder Gemeinde die Mietpreisbremse, darf die Kaltmiete in der Regel höchs­tens 10 Prozent über der orts­üblichen Vergleichs­miete liegen.

Wohnungs­größe. Die im Miet­vertrag angegebene Wohnfläche sollten Mieter über­prüfen. Balkons dürfen höchs­tens zur Hälfte zur Wohn­fläche gerechnet werden. Nutz­flächen wie Keller oder Garagen müssen im Miet­vertrag genannt sein, zählen aber nicht zur Wohn­fläche. Unterscheidet sich die tatsäch­liche Wohnungs­größe um mehr als 10 Prozent von der Angabe im Vertrag, kann die Miete im Verhältnis zur Abweichung gekürzt werden.

Kaution. Als Sicherheit verlangen Vermieter meist eine Kaution in Höhe von zwei bis drei Kaltmieten. Mieter können in bis zu drei Raten zahlen oder die Kaution als Bank­bürg­schaft hinterlegen. Das Geld müssen Vermieter auf einem eigenen Konto anlegen. Nach dem Auszug bekommen Mieter die Kaution verzinst zurück. Vermieter haben dafür aber drei bis sechs Monate Zeit.

Einkauf, Putz­plan und WG-Konto – Regeln helfen

Ist der Vertrag unter­schrieben, der Umzug geschafft und das neue WG-Zimmer einge­richtet, sollten Mitbewohner einige Grund­lagen für das Zusammenleben klären: Wer kümmert sich um die Internet­kosten und den Rundfunkbeitrag? Braucht die WG einen Putz­plan? Wer kauft und zahlt Putz­mittel, Mehl oder Glühbirnen? Für solche regel­mäßigen Ausgaben und Reparaturen ist es sinn­voll, eine Haus­halts­kasse oder ein Gemein­schafts­konto einzurichten, auf das jeder regel­mäßig Geld einzahlt.

Tipp: Güns­tige Gemein­schafts­konten zeigen wir in unserem Girokonto-Vergleich.

Anmelden nicht vergessen

Wer umzieht, muss das der Meldebehörde mitteilen. Dafür hat man zwei Wochen Zeit. Bei vielen Bürger­ämtern gibt es so schnell allerdings keine Termine. Dann reicht es, zunächst vorweisen zu können, dass man einen Termin vereinbart hat.

Für viele Studierende und Azubis wird die WG nun zur Haupt­wohnung, da sich dort ihr Lebens­mittel­punkt befindet. Falls sie die Wochen­enden und Semester­ferien im Heimat­ort verbringen, können sie die WG auch als Zweitwohnung anmelden. Dann müssen sie aber in vielen Städten Zweit­wohnung­steuer zahlen. Von der Melde­pflicht ausgenommen ist, wer für weniger als sechs Monate umzieht.

Tipp: In manchen Städten und Gemeinden geht die Anmeldung auch online. Das erspart die Warte­zeit auf einen Termin und den Gang aufs Amt.

Wann sind WGs ein Haushalt, wann nicht?

Gilt eine Wohn­gemeinschaft als ein gemein­samer Haushalt? Das kommt darauf an, worum es geht. Bei der Rund­funk­gebühr gilt: eine Wohnung, ein Beitrag. Allerdings kann die Gebühr nur von einer Person gezahlt werden. Auseinander­rechnen muss die WG das unter sich. Wer Sozial­leistungen bekommt, kann sich von der Gebühr befreien lassen.

Nicht als ein Haushalt gewertet wird eine WG, wenn es um den Anspruch auf Bafög, Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) oder Wohngeld geht. Das liegt daran, dass die Bewohner nicht gemein­sam wirt­schaften. Damit ist es für den Bafög-Anspruch egal, ob die Mitbewohnerin besser verdient.

Bei den Eltern zu wohnen zählt nicht als WG

Das Einkommen der Mitbewohnerin ist egal? Da horchen alle Schlupf­loch-Fans auf. Aber nein: Mit den Eltern zusammen­wohnen zählt nicht als Wohn­gemeinschaft, sagt das Verwaltungs­gericht Baden-Württem­berg – zumindest nicht, wenn es ums Bafög geht (Az. 2 S 1152/24). Hintergrund: Die Höhe des Bafögs ist unterschiedlich, je nachdem ob Studierende im Haushalt der Eltern wohnen oder nicht. Für zu Hause wohnende Studierende beträgt die Wohn­pauschale 59 Euro im Monat, wenn sie auswärts wohnen, sind es 380 Euro.

Im baden-württem­bergischen Fall hatte ein Student, der mit seiner Mutter in einer Wohnung lebte, argumentiert, es würde sich dabei um eine WG handeln. Die Mutter konnte ihn finanziell nicht unterstützen, weil sie selbst Sozial­leistungen empfing. Sie teilten sich zwar die Wohnung, aber würden keinen gemein­samen Haushalt führen, argumentierte der Student. Darum forderte er er einen höheren Bafög-Satz. Das Gericht sah das anders: Mutter und Sohn bilden einen Haushalt. Mehr Bafög bekam der Student nicht.

Gegen Schäden absichern

Kaffee über den Laptop der Mitbewohnerin gekippt, Wasser­schäden beim Nach­barn verursacht oder Fliesen im Bad beschädigt– eine Privathaftpflichtversicherung ist unerläss­lich. Im Ernst­fall kommt sie sogar für Schäden in Millionenhöhe auf.

Die gute Nach­richt: Studierende und Azubis sind während ihrer ersten Ausbildung meist noch über die Haft­pflicht­police ihrer Eltern abge­sichert. Zur Erst­ausbildung zählen ein weiterführendes Master­studium, wenn es zeit­nah an den Bachelor anschließt, ein Fach­richtungs- oder Ausbildungs­wechsel, wenn noch kein Abschluss erlangt wurde.

Wer nicht mehr über seine Familie mitversichert ist, sollte eine eigene Police abschließen. Bei einem Neuabschluss darauf achten, dass Mietsach­schäden und der Verlust fremder Schlüssel, also der Haus- und Wohnungs­schlüssel, von der Police abge­deckt sind.

Zusatz­schutz für teure Stücke

Daneben kann sich eine gemein­same Hausratversicherung für eine WG lohnen, wenn sich hoch­wertige Gegen­stände ansammeln. Bei Brand, Einbruch oder Wasser­schäden sind Schäden an Möbeln, elektronischen Geräten oder Fahr­rädern, die sich in der Wohnung befinden, abge­deckt. Fahr­räder draußen müssen ausdrück­lich ange­schlossen werden.

Einige Versicherer bieten Tarife speziell für Wohn­gemeinschaften an. Alternativ kann eine Mieterin die Versicherung für alle abschließen und die Kosten intern aufteilen. Studierende und Azubis sollten prüfen, ob ihr Hausrat noch über die Eltern abge­sichert ist, etwa wenn sie noch keinen eigenen Hausstand haben.

Tipp: Wer nur sein hoch­wertiges Rad oder E-Bike schützen will, kann eine reine Fahrradversicherung abschließen. Viele Tarife leisten bei Diebstahl und Vandalismus, auch außer­halb von Wohnung und Keller.

Strom­vertrag: Haupt­mieter haftet, Mitbewohner nicht

Für manchen WG-Bewohner kommt das dicke Ende lange nach Auszug: eine unbe­zahlte Strom- oder Gasrechnung für die gesamte WG. Doch zahlen müssen nur Haupt­mieter.

Grund­versorgung. Wer in einer Wohnung ohne Liefer­vertrag Strom nutzt oder die Gasheizung einschaltet, wird zum Vertrags­partner des lokalen Grund­versorgers, wenn er keinen anderen Energieversorgungs­vertrag abge­schlossen hat. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs betraf das auch viele WGs, nachdem viele güns­tige Energieanbieter ihre Lieferungen stoppten, weil sie selbst für die Energie auf einmal mehr zahlen mussten, als ihre Kunden ihnen zahlten. Die Wohnungen fielen darauf­hin in die Grund­versorgung.

Haftung. Haupt­mieter müssen zahlen. Sie sind nicht nur dem Vermieter gegen­über verantwort­lich. Auch Energieversorger dürfen sich darauf ­verlassen, dass die Haupt­mieter einer Wohnung ihnen gegen­über gerade­stehen.

Mitbewohner. Erfahren Energieversorger etwa über das Einwohnermeldeamt von sons­tigen Bewohnern, dürfen sie diese nicht zur Kasse bitten. Bei Mitbewohnern ist mangels Zählern für einzelne Zimmer nicht davon auszugehen, dass sie einen Strom- oder Gasvertrag abschließen wollten. Deshalb haften sie nicht, urteilte der Bundes­gerichts­hof. Im verhandelten Fall hatte jeder Bewohner sein Zimmer einzeln von der ­Vermieterin gemietet. Für den Strom haftet daher allein die Vermieterin (Az. VIII ZR 300/23).

Rechts­streit. Wo Grund­versorger zu Unrecht die Bezahlung der Energierechnung fordern, dürfen Betroffene auf Kosten des Versorgers einen Rechts­anwalt einschalten, um sich gegen die Forderung zu verteidigen. Grund­versorger Vattenfall (Berlin und Hamburg) erkannte das bereits in einem Fall gegen­über dem Amts­gericht Hamburg an (Az. 26 C 511/24).

Interview: „Konflikte können Vertrauen bilden“

Wohn­gemeinschaft - WG-Miet­vertrag – diese drei Varianten sollten Sie kennen

Felix Schurer. Der Mediator hilft bei WG-Konflikten. © Laura Schulz, Stiftung Warentest (M)

Wie Bewohner mit zwischen­menschlichen Konflikten am besten umgehen, sagt WG-Mediator Felix Schurer.

Mit welchen Problemen haben WGs häufig zu kämpfen?

Häufige Themen sind Ordnung und Sauber­keit, genau wie Laut­stärke, Besuch und der Streit um Lebens­mittel – das weiß ich auch aus eigener Erfahrung. Ich habe selbst mehr als zehn Jahre in verschiedenen WGs gelebt. Teils wiegen diese und andere Themen scheinbar sehr schwer. Jedoch geht es oft eigentlich um Zwischen­menschliches und darum, dass die Beziehungs­ebene gestört ist. Erst wenn die Menschen ausgesöhnt sind, können sie gute sachliche Rege­lungen treffen. Mitunter werden diese dann sogar über­flüssig.

Braucht jede WG feste Regeln, zum Beispiel einen Putz­plan?

Ganz klar nein. Es gibt WGs, in denen so etwas auch sehr gut ohne formelle Regeln funk­tioniert. Auch ist die Kommunikation darüber oft unzu­reichend: Der eine will dies, die andere das und von dort aus wollen beide direkt zur Lösung. So entstehen aber keine trag­fähigen Ansätze. Zentral ist der Weg über Bedürf­nisse: Was brauchst du, was brauche ich? Und: Wie können wir das konkret umsetzen?

Wie einige ich mich, wenn unsere Vorstel­lungen partout nicht zueinander passen?

Am besten gar nicht erst in eine WG ziehen, wenn die Grund­einstel­lungen nicht zueinander passen. Es macht lang­fristig vieles leichter, wenn man beispiels­weise von vorn­herein ein ähnliches Ordnungs- und Sauber­keits­empfinden hat. Dafür gibt es ja WG-Castings, in denen geprüft wird, inwieweit die Person zur WG-Kultur passt. Kommt es erst später zu Konflikten, ist ein Austausch zu diesen Fragen umso wichtiger.

Wie spreche ich Probleme an, ohne gleich zu streiten?

Jede Auseinander­setzung zu vermeiden, ist über­haupt nicht erstrebens­wert. Wir haben in der Gesell­schaft ein negatives Bild von Konflikten, wollen sie als ersten Impuls am liebsten unter den Teppich kehren. Konflikte können aber eine Wachstums­chance sein und das Vertrauen ineinander stärken. Wichtig ist, mit Uneinigkeit bewusst und konstruktiv umzu­gehen. Angriffe und Vorwürfe führen beim Gegen­über meist nur zu Widerstand. Statt­dessen sollte ich offenlegen, wie es mir mit der Situation geht, was für mich wichtig ist und was ich mir von meinem Gegen­über wünsche. Das ist besser annehm­bar als „Nie räumst du die Spül­maschine aus“. Auch der Zeit­punkt spielt eine Rolle: Auf keinen Fall solche Dinge zwischen Tür und Angel ansprechen. Idealer­weise richten WGs einen regel­mäßigen, festen Termin für solche Themen ein.

Wenn andere sich nicht auf Gespräche einlassen – hilft dann nur der Auszug?

Wenn bestimmte Bedürf­nisse fundamen­tal auseinander­gehen, kann der Auszug sinn­voll sein. Freund­schaften können sogar gerettet werden, wenn Menschen sich räumlich trennen, statt auf Gedeih und Verderb miteinander in einer WG zu verbleiben.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 12.09.2024 um 09:37 Uhr
    WG Zimmer

    @piperas: Die ist nicht der Ort für den Erhalt einer individuellen Rechtsberatung. Bitte wenden Sie sich an die Mieterberatung und legen Sie dort Ihren Mietvertrag sowie das Schreiben, in die geforderte Zahlung beschrieben ist, vor.

  • piperas am 11.09.2024 um 19:40 Uhr
    WG Zimmer

    Ich wohne in einer Gemeinschaftswohnung. Sie haben mir den Abzug in Rechnung gestellt, im Vertrag habe ich nichts unterschrieben. Kann ich ablehnen und nicht bezahlen?