Miet­preisbremse Wie Sie sich gegen zu hohe Mieten wehren

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Miet­preisbremse - Wie Sie sich gegen zu hohe Mieten wehren

Die Miet­preisbremse gilt für zahlreiche Wohnungen vor allem in Ballungs­gebieten wie hier Berlin. © Getty Images PA

Die Miet­preisbremse funk­tioniert. test.de liefert eine Anleitung und eine Tabelle mit über 700 Fällen. Jetzt urteilte das Amts­gericht Hamburg spektakulär.

Wo die Miet­preisbremse gilt

Die Mietbremse ist bereits seit 1. Juni 2015 Gesetz. Sie gilt in Gemeinden und Städten, für die die Länder einen angespannten Wohnungs­markt fest­gestellt und eine Mietbrems­ver­ordnung erlassen haben. In den Ballungs­gebieten aller Bundes­länder außer Saar­land, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein gilt die Miet­preisbremse, in Nieder­sachsen allerdings erst für seit 1. Januar 2021 geschlossene Verträge, in Baden-Württem­berg seit 4. Juni 2020, in Hamburg seit dem 3. Juli 2018, in Brandenburg spätestens ab dem 4. April 2019, in Hessen seit dem 28. Juni 2019 und in Bayern seit dem 7. August 2019.

In diesen sechs Ländern hatten die Ministerien zwar schon vorher Mietbrems­ver­ordnungen erlassen, sie aber zunächst nicht korrekt begründet oder die Begründung nicht veröffent­licht. Die ursprüng­lich erlassenen Verordnungen waren daher unwirk­sam.

Miet­preisbremse - Wie Sie sich gegen zu hohe Mieten wehren

© Stiftung Warentest / René Reichelt

Für wen die Miet­preisbremse gilt – und was sie bringt

Die Bremse gilt für Mieter in Kommunen oder Städten mit angespanntem Wohnungs­markt, die ihren Wohnungs­miet­vertrag ab Inkraft­treten der jeweiligen Landes­ver­ordnung geschlossen haben. Ausnahme: Für erst­mals nach einer grund­legenden Sanierung vermietete oder nach Oktober 2014 erst­mals bezogene Wohnungen gibt es keine Miet­preisbremse. Für bis einschließ­lich 31. März 2020 abge­schlossene Verträge galt: Die Miet­preisbremse greift erst, wenn Mieter sich gegen­über ihrem Vermieter ausdrück­lich auf die Regeln berufen. Für später geschlossene Verträge zieht die Miet­preisbremse auch rück­wirkend. Mieter haben nach Vertrags­schluss 30 Monate Zeit für die Bremsung ihrer Miete.

Was die Miet­preisbremse bringt

Wenn die Miet­preisbrems-Regeln gelten, dürfen Vermieter nicht mehr als die orts­übliche Vergleichs­miete kassieren, wie Sie sich in der Regel aus dem Miet­preisspiegel für die jeweilige Stadt ergibt, zuzüglich 10 Prozent. Tatsäch­lich mussten Mieter in Ballungs­gebieten meist viel, viel mehr zahlen.

Miet­preisbremse – Gesetzes­verschärfungen

Vermieter. Für seit 1. April 2020 geschlossene Verträge gilt: Der Vermieter muss über­höhte Mieten auch dann erstatten, wenn der Mieter sich erst später meldet. Es reicht aus, wenn er sich inner­halb von 30 Monaten auf die Miet­preisbremse beruft. Der Vermieter muss zu Unrecht kassiertes Geld dann für den gesamten Zeitraum seit Vertrags­schluss heraus­geben. Für die Anwend­barkeit der neuen Regelung maßgeblich ist der Tag, an dem die Vertrags­ausfertigung mit der letzten Unter­schrift der anderen Vertrags­partei zugeht. Gibt es einen Termin, an dem alle Vertrags­partner persönlich den Vertrag unterzeichnen, dann gilt dieses Datum als Tag des Vertrags­schlusses.
Vermieter müssen bereits seit Januar 2019 bei Vertrags­schluss sagen, wenn sie sich auf eine Ausnahme von der Miet­preisbremse berufen wollen. Sie müssen offenlegen, ob sie sich wegen Modernisierung oder einer höheren Vormiete berechtigt sehen, mehr als 10 Prozent über Mietspiegel zu kassieren.

Mieter. Wer nach dem 1. April 2020 einen Miet­vertrag abge­schlossen hat oder noch abschließt, hat 30 Monate Zeit, sich auf die Miet­preisbremse zu berufen. Zu beachten: Nur wenn alle Parteien den Vertrag bei einem persönlichen Treffen unter­schreiben, ist sofort Vertrags­schluss. In allen anderen Fällen zählt der Zeit­punkt, an dem der letzte unter­schriebene Vertrag der Gegen­seite zugeht. Ist das am 1. April 2020 oder später, dann gilt bereits die neue verschärfte Miet­preisbremse. Bereits seit Januar 2019 müssen Mieter ihre Forderung nach einer Miet­preissenkung nicht mehr begründen. Es reicht aus, an den Vermieter zu schreiben: „Ich rüge die Verletzung der Miet­preisbremse“.

Wie Sie Ihre Miete bremsen

Bremsen mithilfe eines Rechts­dienst­leisters

Der einfachste und bequemste Weg zur Miet­preisbremse führt über den „Legal-Tech“-Anbieter Conny (früher: Wenigermiete.de): Alle erforderlichen Daten sind zügig und bequem einge­geben – und der Mieter erhält umge­hend Rück­meldung, wie viel Miet­ersparnis auf Grund­lage der Daten möglich ist. Wer das Unternehmen dann beauftragt, geht kein Risiko ein. Er muss nur zahlen, wenn die Miete tatsäch­lich sinkt. Die Rechts­experten der Stiftung Warentest haben das Angebot geprüft und für praktikabel und fair gehalten. Nur beim Daten­schutz gibt es Abstriche (siehe Conny: Mietpreisbremse per Inkasso durchsetzen). Der Bundes­gerichts­hof hat das Geschäfts­modell inzwischen bestätigt, nachdem einzelne Gerichte zuvor Verstöße gegen das Rechts­dienst­leistungs­gesetz sahen.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 27.11.2019
Aktenzeichen: VIII ZR 285/18
Weitere Einzel­heiten in der Pressemitteilung des Gerichts
Conny darf über die Erstattung über­zahlter Miete hinaus auch durch­setzen, dass Mieter in Zukunft nicht mehr als nach Miet­preisbremse zulässig zahlen müssen.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 19.01.2022
Aktenzeichen: VIII ZR 123/21

Selber bremsen – so gehts

Auch ohne Einschaltung eines Unter­nehmens ist die Miet­preisbremse möglich. Vier Schritte sind nötig.

1. Orts­übliche Vergleichs­miete ermitteln

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© Stiftung Warentest / René Reichelt

Die orts­übliche Vergleichs­miete zu ermitteln, ist mühsam, aber es geht an vielen Orten. Mietspiegel geben für eine bestimmte Sorte Wohnung meist eine Spanne an. Je nach Lage der Wohnung und den wohn­werterhöhenden oder -verringernden Merkmalen ergibt sich der exakte Betrag.

Mieter in Orten mit Online-Mietspiegel haben es leicht. Hier lässt sich die Vergleichs­miete bequem ermitteln. Wenn es für Ihren Wohn­ort einen Online-Mietspiegel gibt, finden Sie ihn mit der Such­phrase "online-mietspiegel" (ergänzt um den jeweiligen Wohn­ort) meist sofort.

Hinweis: Nicht alle unten aufgeführten Mietspiegel haben bereits das Datum des aktuellen Jahres. Das macht aber nichts, denn Mietspiegel haben meist kein Ablaufdatum. Es gilt immer der letzte veröffent­lichte Mietspiegel, sofern der nicht über­altert ist. Das Bürgerliche Gesetz­buch sieht vor, dass Mietspiegel in der Regel nach zwei Jahren erneuert werden sollen.

Wichtig: Mieter sollten sich nicht abschre­cken lassen, wenn sie sich an einzelnen Punkten nicht sicher sind. Bevor es zum Rechts­streit kommt, müssen sie ohnehin zur Beratung zum Mieter­ver­ein oder Anwalt. Da lassen sich Fehler beim Ermitteln der Vergleichs­miete korrigieren.

2. Vergleichs­miete mal 1,1 rechnen

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Ganz leicht ist der zweite Schritt: Die höchst­zulässige Miete ergibt sich, wenn Mieter die Vergleichs­miete mal 1,1 rechnen. Das heißt: Zehn Prozent zur Vergleichs­miete addieren. Liegt die Vergleichs­miete also beispiels­weise bei 1 000 Euro, darf der Vermieter höchs­tens 1 100 Euro verlangen. Ist die geforderte Miete höher als der errechnete Betrag, greift die Bremse wahr­scheinlich.

3. Erstattung fordern

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© Stiftung Warentest / René Reichelt

Dritter Schritt beim Tritt auf die Miet­preisbremse ist ein Schreiben an den Vermieter. test.de liefert dafür ein Musterschreiben.

4. Rechts­beratung

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© Stiftung Warentest / René Reichelt

Egal ob und was der Vermieter antwortet: Am Ende sollte eine Rechts­beratung beim Mieter­ver­ein oder bei einem Miet­rechts­anwalt stehen. Die Experten können die Antwort des Vermieters genauer einordnen als Laien.

Ganz oft wird die Ansage des Vermieters zweifelhaft sein. Er wird sich daran orientiert haben, was andere Vermieter fordern und gar nicht darüber nachgedacht haben, wie viel er fordern darf. Und jetzt wird er oft nicht auf einen Teil der Miete verzichten wollen.

Die Rechts­beratung soll den Mieter befähigen zu entscheiden, ob er juristische Schritte einleiten will, sprich: Mieter­ver­ein, Rechts­anwalt oder Rechts­dienst­leister beauftragt, seine Rechte durch­zusetzen.

Kein Kostenrisiko mit Mieter­ver­ein oder Versicherung

Fein raus sind dann Mitglieder von Mieter­ver­einen und Rechts­schutz­versicherte, deren Police auch Miet­rechts­schutz enthält. Für sie ist der Rechts­streit kostenlos. Selbst­zahler müssen die Kosten des Verfahrens nur tragen, wenn das Gericht die Forderung am Ende für unbe­rechtigt hält. Steht ihnen die Hälfte der geforderten Miet­erstattung zu, haben sie die Hälfte der Kosten zu tragen. Setzen sie sich voll­ständig durch, müssen sie gar nichts zahlen. Der Vermieter hat dann alle Kosten zu tragen. Wie hoch die Kosten sind, richtet sich nach dem Streit­wert. Der besteht mindestens in der Miete, die der Vermieter erstatten muss, und in der Regel in der Miet­preis­über­höhung gerechnet auf 42 Monate.

Streit­wert

Prozess­kosten

Euro

200

420,36

1 000

682,60

1 500

944,86

2 000

1 207,10

3 000

1 567,56

5 000

2 288,46

10 000

4 090,70

15 000

4 794,10

20 000

5 497,50

30 000

6 400,46

Angegeben sind die typischen Verfahrens­kosten für einen Rechts­streit in erster Instanz (Gerichts­kosten und Anwalts­honorare einschließ­lich Verhand­lungs­gebühr und Umsatz­steuer; Reise­kosten, Zeugen­entschädigungen und Gutachterhonorare kommen gegebenenfalls noch hinzu).

Der Streit­wert für die höchste uns bekannte Miet­preisbremsung aus Berlin-Neukölln lag bei der üblichen Prozess­führung bei mindestens (42 * 782,11 Euro Mietdifferenz pro Monat =) 32 848,63 Euro und das Prozess­kostenrisiko für die erste Instanz bei 7 672,80 Euro.

Erfolg­reich die Miete gebremst? Schreiben Sie uns!

Die in Anzeigen für Wohnungen vor allem in Ballungs­gebieten geforderten Mieten liegen seit Jahren weit jenseits der Mietspiegel-Beträge. Kaum ein Vermieter hält sich an die gesetzliche Miet­grenze. Miet­preisbremsungen wie die von Finanztest-Mutmacherin Laura H. sind trotzdem selten. Immerhin: Zu über 700 Miet­preisbremsungen hat test.de die Daten. Fast alle Miet­preisbremsungen in der test.de-Tabelle gehen aufs Konto von Conny, wie der Rechts­dienst­leister Wenigermiete.de inzwischen heißt. Schreiben Sie unseren Mietrechts-Experten, wenn Sie erfolg­reich die Miete gebremst haben!

So profitieren Sie von der Miet­preisbremse

  • Bedingung. Sie haben einen neuen Miet­vertrag abge­schlossen und müssen verdächtig viel zahlen? Prüfen Sie, ob für Ihren Wohn­ort bei Vertrags­schluss eine Mietbrems­ver­ordnung gilt. Falls ja, können Sie die Miete vielleicht bremsen.
  • Start. Sprechen Sie die Miet­preisbremse vor Abschluss des Miet­vertrags nicht an. Wenn Sie Ihren Vertrag bereits vor 31. März 2020 abge­schlossen haben, sollten Sie so schnell wie möglich zur Sache kommen. Die Miet­preisbremse gilt für Sie erst ab dem Zeit­punkt, an dem Sie Ihre Rechte beim Vermieter geltend machen. Bei Vertrags­schluss ab 1. April 2020 haben Sie 30 Monate Zeit, sich auf die Miet­preisbremse zu berufen, und muss der Vermieter über­höhte Miete rück­wirkend ab Vertrags­schluss erstatten.
  • Anspruch. Die Miet­preisbremse soll Sie vor über­höhten Forderungen schützen. Es ist Ihr gutes Recht, sie in Anspruch zu nehmen, auch wenn Sie den Vertrag mit der hohen Miete unter­schrieben haben. Oft denken Vermieter gar nicht über die Zulässig­keit ihrer Forderung nach, sondern orientieren sich an den Preisen anderer.
  • Rechts­schutz. Wenn Sie Mitglied in einem Mieter­ver­ein sind, erhalten Sie von dort Unterstüt­zung bei der Miet­preisbremsung. Rechts­schutz­versicherungen zahlen, wenn auch Miet­streitig­keiten ausdrück­lich einge­schlossen sind. Ohne Kostenrisiko können Sie die Miet­preisbremse über den Inkasso-Dienst­leister Conny (früher: Wenigermiete.de) durch­setzen. Zahlen müssen Sie nur, wenn das Unternehmen Ihre Miete tatsäch­lich senkt.Sie zahlen dann die Ersparnis für fünf Monate als Provision.

BGH: Miet­preisbremse gilt oft trotz Modernisierung

Für Neubauten und umfassend modernisierte Wohnungen gilt die Miet­preisbremse nicht. Nach einem aktuellen Urteil des Bundes­gerichts­hofs (BGH) können sich Vermieter darauf allerdings viel seltener berufen als bislang vermutet. Nur wenn die Modernisierung dazu führt, dass Mieter eine wie neu gebaute Wohnung erhalten, recht­fertigt das eine Ausnahme von der Miet­preisbremse. Die die Vorgaben des BGH im Einzelnen:

  • Die modernisierte Wohnung muss einem Neubau entsprechen.
  • Der Vermieter hat mindestens ein Drittel des für einen Neubau erforderlichen Geldes investiert. Beträge, die ohnehin für Reparaturen nötig gewesen wären, sind abzu­ziehen.

Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 11.11.2020
Aktenzeichen: VIII ZR 369/18
Mieter­anwalt: Rechtsanwalt Christof Schramm, Berlin

Der Trick mit den Doppel­verträgen

Ein Verstoß gegen die Miet­preisbremse kann auch vorliegen, wenn die zunächst verlangte Miete korrekt ist. Wenn gleich bei Abschluss des Miet­vertrags vereinbart wird, dass die Miete später steigt und dann höher ist als nach den Miet­preisbrems­regeln zulässig, dann ist auch das rechts­widrig. Das hat das Land­gericht Berlin in einem Rechts­streit zwischen Groß­vermieter Deutsche Wohnen und Rechts­dienst­leister Conny entschieden (Az. 66 S 45/18). Der Vermieter hatte sich eine Zusatz­ver­einbarung unter­schreiben lassen, wonach ab zwei Monate nach Einzug rund 150 Euro monatlich zusätzlich zu zahlen waren. Mieter­verbände halten derartige Doppel­verträge für eine Masche, um die Miet­preisbremse zu umgehen.

Noch höhere Miete nur nach Sanierung

Der Trick mit den Doppel­verträgen wird vor allem von großen Wohnungs­unternehmen einge­setzt. Die Miet­erhöhung ist auch rechts­widrig, wenn der Miet­zuschlag in der Zusatz­ver­einbarung als Gegen­leistung für Bau- und Reno­vierungs­arbeiten dargestellt wird. Nur eine grund­legende Sanierung, die mindestens ein Drittel eines vergleich­baren Neubaus kostet, berechtigt den Vermieter dazu, die Miete jenseits der Miet­preisbremse zu erhöhen (siehe oben).

Keller sind Teil der Wohnung

Auch ein separater Vertrag für die Kellernut­zung ist unzu­lässig. Das sei eine unzu­lässige Umge­hung der Miet­preisbremse, entschieden das Amts­gericht Tempelhof-Kreuz­berg und das Land­gericht Berlin. Der Keller gehöre typischer­weise zur Wohnung. Die Richter rechneten deshalb die für Wohnung und Keller zu zahlende Miete zusammen und kürzten sie um rund 25 Prozent.
Amts­gericht Tempelhof-Kreuz­berg, Urteil vom 30.11.2021
Aktenzeichen: 13 C 119/21
Land­gericht Berlin, Beschluss vom 25.04.2022
Aktenzeichen: 66 S 10/22
Mieter­anwalt: Benjamin Hersch, Berlin

Mietrecht und Grund­gesetz: Die Miet­preisbremse vor dem Verfassungs­gericht

Verfassungs­mäßige Einschränkung des Eigentums­rechts

Es steht fest: Die Miet­preisbremse ist verfassungs­mäßig. Das hat das Bundes­verfassungs­gericht entschieden. Sie stelle eine verfassungs­mäßige Einschränkung des Eigentums dar. „Die Befugnis des Gesetz­gebers zur Inhalts- und Schranken­bestimmung geht (...) umso weiter, je mehr das Eigentums­objekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funk­tion steht. Das trifft auf die Miethöhen­regulierung in besonderem Maße zu. Eine Wohnung hat für den Einzelnen und dessen Familie eine hohe Bedeutung“, begründet das Gericht seine Entscheidung. Es wies die Beschwerde einer Vermieterin gegen die Verurteilung wegen über­höhter Mieten zurück.
Bundes­verfassungs­gericht, Beschluss vom 18.07.2019
Aktenzeichen: 1 BvR 1595/18

Länder dürfen Miete nicht deckeln

Von Ländern verhängte so genannte „Mieten­deckel“ sind allerdings verfassungs­widrig. Der Bundes­tag habe zur Miethöhe unter anderen die Mietbrems­regelungen ins Bürgerliche Gesetz­buch aufgenommen. Die Länder dürfen keine konkurrierenden Gesetze verabschieden, urteilte das Bundes­verfassungs­gericht. Einzel­heiten dazu in unserem Special Berliner Mietendeckel-Gesetz nichtig: Wann die Kündigung droht.
Bundes­verfassungs­gericht, Beschluss vom 25.03.2021
Aktenzeichen: 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20 und 2 BvL 5/20

Brems­versagen in zahlreichen Ländern

In Baden-Württem­berg, Bayern, Hamburg, Nieder­sachsen, Nord­rhein-West­falen und Brandenburg sollte die Miet­preisbremse eigentlich schon Jahre früher greifen. Doch die ursprüng­lichen Miet­preisbrems­ver­ordnungen in allen diesen Ländern waren nach einem Urteil des Bundes­gerichts­hofs von Anfang an nichtig. Entscheidender Fehler: Die Beamten in den Ministerien hatten darauf verzichtet, Begründungen für die Miet­preisbrems­ver­ordnungen im Gesetz­blatt zu veröffent­lichen.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 17.07.2019
Aktenzeichen: VIII ZR 130/18

Wo die Miet­preisbremse bereits gegriffen hat

In weit über 700 Fällen mussten Vermieter die Miete senken, nachdem sie zunächst mehr forderten, als ihnen zustand. Unsere Tabelle nennt die Fälle mit Post­leitzahl und Miet­ersparnis. Stolze 9 385,32 Euro sparen Mieter einer Wohnung in Berlin-Neukölln pro Jahr. 1 440 Euro kalt forderten private Vermieter monatlich. Die Mieter schalteten einen Rechts­anwalt ein. Doch die Vermieter weigerten sich weiterhin, die Miete zu senken und argumentierte, es handle sich der Sache nach um einen Neubau, für den die Miet­preisbremse nicht gelte. Das Land­gericht Berlin urteilte schließ­lich: Die Miet­preisbremse gilt. Bei der Immobilie handle es sich nicht um einen Neubau, allenfalls eine Sanierung sei erfolgt. Die geforderte Miete sei somit um 54 Prozent über­höht. Den Vermietern stehen nur 657,89 Euro monatlich zu.

Ähnlich erfolg­reich waren Mieter einer Wohnung in 22337 Hamburg (Ohls­dorf/Klein Borstel). Sie sollten laut des am 27. März 2019 geschlossenen Miet­vertrags 995 Euro für die gut 70 Quadrat­meter große Wohnung im Norden der Hanse­stadt zahlen. Nachdem sie Rechts­anwälte Herden, Krüger & Nelsen in Eims­büttel einge­schaltet und Klage erhoben hatten, urteilte das Amts­gericht Hamburg: Mehr als 487,07 Euro steht den Vermietern nicht zu. Die Vermieter müssen jetzt insgesamt 8 634,64 Euro über­zahlte Miete erstatten. Hinzu kommen noch Zinsen in Höhe von 4,12 Prozent bis zur Zahlung des Betrags.

Unsere Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Voll­ständig­keit. Wir haben aber bei allen wichtigen Mieter­schutz­verbänden, -anwälten und Prozess­finanzierern nachgefragt und nennen alle Fälle, zu den uns die notwendigen Daten vorliegen. Die Tabelle wird laufend aktualisiert. Per E-Mail-Formular können Sie uns Miet­preisbremse-Fälle bequem melden.

Angebote liegen oft über dem Niveau der Miet­preisbremse

Preise vergleich­barer Wohnungen mit Baujahr vor 2014 in zehn großen deutschen Städten laut aktueller Angebote und laut Mietspiegel: Mieten bis Mietspiegel plus 10 Prozent (grün) sind laut Miet­preisbremse erlaubt, darüber (lila) sind sie es oft nicht.

Miet­preisbremse - Wie Sie sich gegen zu hohe Mieten wehren

Quelle: Eigene Berechnungen, Daten: Empirica Regio; MietspiegelStand: 28. April 2021 © Stiftung Warentest

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 04.07.2022 um 08:20 Uhr
Mietpreisbremse in Hamburg durchgesetzt

@bird-cage: Vielen Dank für den Hinweis, das freut uns zu hören! Wenn Sie mögen, schicken Sie uns gern noch die weiteren Daten, die zur Eintragung Ihrer Mietpreisbremse in die Tabelle nötig sind: finanztest@stiftung-warentest.de

bird-cage am 01.07.2022 um 18:16 Uhr
Mietpreisbremse in Hamburg durchgesetzt

MhM Hamburg hat mir kompetent geholfen, die Höhe der Miete, die ich aufgrund der Mietpreisbremse zahle, erfolgreich anzufechten. Der Betrag, den ich einspare, einschließlich der Erstattung für die letzten 18 Monate, ist beträchtlich.

ne_sa am 10.02.2021 um 23:11 Uhr
Keine Lust mehr auf Vermieten

Liebes Test.de-Team, könnt ihr vielleicht eine Umfrage zur Meinung und ggf. geplanter Verhaltensänderung um Bezug auf Vermietung durchführen? Besonders die Punkte Instandhaltung, Modernisierung, Neuvermietung, Eigennutzung, Verkaufsinterrese wären spannend. Anekdote: in meinem Kreis habe ich einige Eigentümer, bei denen die Kosten schon höher sind, als es die verordnete Miete tragen könnte, und freie Wohnungen werden erst gar nicht mehr vermietet. Wenn solch ein Vermieter in dieser Kostensituation z.B dann sogar an Mieter mit Klagewut, Mietminderung, Nachbarschaftsstreit oder gar extremen Wohnungsverschleiss(Sachbeschädigung) gerät, kann das eine finanzielle Krise verursachen. Wo ist da noch die Motivation?

Profilbild test.de-Redakteur_Herrmann am 02.10.2020 um 14:56 Uhr
Re: Achtung vor den Konsequenzen

Zwischen Ihrer Mietpreisbremse und der Eigenbedarfskündigung einen Zusammenhang zu sehen, ist Spekulation. Ihr Vermieter würde das jedenfalls bestreiten. Richtig ist: Seine Rechte in Anspruch zu nehmen, begründet eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass auch die Gegenseite alle ihre Rechte ausschöpft. Darauf haben wir stets hingewiesen. Die Eigenbedarfskündigung ist für Mieter ein ärgerliches, aber bei Miete einer Wohnung von Privatleuten oder Personengesellschaften unvermeidliches Risiko, soweit die besondere Schutzfrist für Mieter nach Umwandlung einer Miet- zur Eigentumswohnung abgelaufen ist .

a_Fragen am 02.10.2020 um 13:46 Uhr
Achtung vor den Konsequenzen

Wir haben uns an alle beschriebenen Schritte genauestens gehalten und hatten 2 Monate nach Durchsetzung der Mietpreisbremse die Eigenbedarfskündigung im Briefkasten. Wenn auf dieses Risiko hingewiesen wird, dann wird meistens schnell argumentiert, dass die Hürden der Eigenbedarfskündigung hoch seien. Letztendlich ist eine simple, aber gut durchdachte Begründung jedoch genug, um Menschen aus ihrer Wohnung zu werfen. Auf den Mietverein, dem wir beigetreten sind, ist kein Verlass seitdem der Fall etwas komplexer geworden ist. Unter dem Strich haben wir nun über 7.000 EUR verloren. Daher mein Rat: Mietpreisbremse nur durchsetzen, wenn man nicht vor hat, dauerhaft in der Wohnung zu bleiben.