
Mehr Sauna als Büro. Schulkinder bekommen hitzefrei, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dagegen nicht. © Adobe Stock / Sensvector, Stiftung Warentest (M)
Egal, wie dick die Luft im Büro wird: Hitzefrei gibt es für Angestellte nicht. Ab bestimmten Temperaturen muss der Arbeitgeber aber für Abkühlung sorgen.
Wenn die Temperaturen im Klassenzimmer über die 30-Grad-Marke klettern, werden Kinder und auch Jugendliche in Deutschland üblicherweise vom Schulunterricht erlöst – dasselbe dürften sich in den heißen Sommermonaten auch viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wünschen. Leider gibt es weder in Büros noch Geschäften, Lagerhallen oder Universitäten ein Recht auf Hitzefrei. Trotzdem müssen Firmen bei hohen Temperaturen in Arbeitsräumen Maßnahmen zum Schutz vor der Hitze ergreifen, zum Beispiel Sonnenschutz an den Fenstern anbringen.
Rechtliche Grundlage
Ganz allgemein müssen Chefs und Chefinnen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch dafür Sorge tragen, dass ihre Mitarbeitenden vor „Gefahren für Leben und Gesundheit“ geschützt sind. Konkreter fordert die Arbeitsstättenverordnung für Arbeitsräume, aber auch Kantinen, Sanitär- und Pausenräume eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ während der Nutzungszeiten.
Ab 26 Grad sind Maßnahmen nötig
Wann solch eine Temperaturgrenze überschritten ist, legt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in den „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ (ASR A3.5) fest:
Die Temperatur im Arbeitsraum sollte 26 °C nicht überschreiten, andernfalls soll der Arbeitgeber Maßnahmen zur Temperaturregulierung ergreifen. Liegt die Raumtemperatur bei mehr als 30 °C, muss die Firma sogar etwas dagegen unternehmen. Hilft das alles nichts und übersteigt die Temperatur 35 °C, ist der Raum laut BAuA nicht mehr zum Arbeiten geeignet. Was der Arbeitgeber dann zum Beispiel tun könnte: Regelmäßige Pausen in kühleren Räumen anbieten.
Hinweis: Diese Richtwerte gelten nicht, wenn für den Betriebsablauf spezielle raumklimatische Bedingungen nötig sind, etwa in Gärtnereien oder Stahlwerken.
Als sinnvolle betriebliche Hitzeschutzmaßnahmen nennt die BAuA beispielhaft:
- das Herunterlassen von Jalousien,
- die mögliche Verlegung der Arbeitszeit in die kühleren Morgenstunden,
- das Bereitstellen von kühlen Getränken,
- die Lockerung der Bekleidungsregeln (z.B. zeitweise Aufhebung der Krawattenpflicht) oder
- den Einsatz von Tisch-, Stand- oder Deckenventilatoren.
Selbst für Abkühlung sorgen
Darüber hinaus können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an heißen Tagen auch selbst kühlende Maßnahmen ergreifen: Sie können zum Beispiel mehr als üblich trinken (aber bitte keine eiskalten Getränke), auf schwere Kost verzichten und – wenn möglich – leichte, luftdurchlässige Kleidung tragen. Kaltes Wasser über die Handgelenke und Unterarme laufen zu lassen, kann kurzfristig für Abkühlung sorgen, und im Arbeitsraum sollten so wenige elektrische Geräte (Kopierer, Drucker) wie möglich eingeschaltet sein – denn auch sie strahlen Wärme aus. Wer mit einer Gleitzeit-Regelung arbeitet, kann die Arbeit nach Möglichkeit in die kühleren Morgen- und Abendstunden verlegen.
Arbeitsschutz: Auch UV-Strahlen sind gefährlich
Zum „Schutz vor Gefahren für die Gesundheit“ gehört auch der Schutz vor übermäßiger UV-Strahlung. Wer also im Freien arbeitet und regelmäßig Sonnenstrahlung ausgesetzt ist, sollte je nach Gefährdungslage durch seinen Arbeitgeber vor der UV-Strahlung geschützt werden. Wirksame Sonnenschutzmaßnahmen können zum Beispiel das Anbringen von Sonnensegeln, das Anbieten von Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor oder spezieller Schutzkleidung sein.
Kein Recht auf Hitzefrei
Selbst, wenn die Temperaturrichtwerte trotz aller Maßnahmen überschritten werden: Einfach nach Hause gehen dürfen Beschäftigte trotzdem nicht. Einen direkten Rechtsanspruch auf Hitzefrei oder klimatisierte Räume gibt es laut BAuA nämlich nicht. Wird es im Büro zu heiß, sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich bei ihren Vorgesetzten oder dem Betriebsrat nach Möglichkeiten für zusätzliche Maßnahmen oder einen Arbeitsortwechsel erkundigen.
Für schwangere Erwerbstätige gilt: Sorgt die Hitze laut Arzt-Attest für gesundheitliche Probleme, müssen sie in einem kühleren Raum beschäftigt oder für die Zeit der hohen Temperaturen sogar freigestellt werden. Das sieht das Mutterschutzgesetz vor.
Hitzefrei im Homeoffice? Fehlanzeige
Ist es zu Hause genauso heiß wie im Büro, kommt es für Heimarbeitende darauf an, wie genau die Homeoffice-Regelung ihres Unternehmens lautet. Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen fest eingerichteten Homeoffice-Arbeitsplatz haben, gilt das als Arbeitsstätte. Damit gelten für sie die gleichen Regelungen wie im Büro.
Anders ist es beim sogenannten mobilen Arbeiten. Dafür hat sich umgangssprachlich zwar ebenfalls der Begriff Homeoffice etabliert, rechtlich gesehen ist es aber etwas anderes. Hier bekommen Beschäftigte oft nur einen Laptop und die Erlaubnis, auch von außerhalb arbeiten zu dürfen. Damit gilt der heimische Küchentisch nicht als Arbeitsstätte, und es liegt auch nicht in der Verantwortung des Arbeitgebers, dass dort erträgliche Temperaturen herrschen. Arbeitnehmende müssen selbst dafür sorgen, dass sie trotz Hitze ihrer Arbeit nachgehen können.
Tipp: Eine Klimaanlage kann helfen. Wenn diese dann noch mit Solarstrom aus dem Balkonkraftwerk läuft, können Sie sich guten Gewissens abkühlen. Auch ein Sonnenschutz oder Rolläden sind gute Maßnahmen gegen Hitze in der Wohnung.
Wenn die Schule hitzefrei macht
Was tun, wenn der Nachwuchs sich über hitzefrei freuen darf, aber Mama und Papa arbeiten müssen? Wenn Arbeitnehmer keine andere Betreuungsmöglichkeit finden und die Kinder zu klein sind, um alleine zu bleiben, kann das grundsätzlich als Arbeitsverhinderung gelten, sagt der Deutsche Gewerkschaftsbund. Eltern dürfen also frühzeitig Feierabend machen. Sofern es im Arbeitsvertrag nicht anders geregelt ist, wird der Lohn weiter gezahlt.
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Kleine Richtigstellung: Die BAUA legt keine Technischen Regeln zum Arbeitsschutz fest. Diese werden vom ASTA (Ausschuss für Arbeitsstätten)am BMAS und letztendlich vom BMAS festgelegt. Der BAUA kommt eine koordinierende Funktion als Bundesanstalt zu.
Es ist doch ganz einfach. Lässt einem der Arbeitgeber über 30 oder gar über 35 Grad Celsius weiterarbeiten, geht man nach Rücksprache einfach. Die Abmahnung oder Kündigung im Wiederholungsfall riskiert man. Wer will den bei einem Arbeitgeber bleiben der so handelt?
Dass es dazu kaum Urteile gibt, mag auch daran liegen dass die meisten Arbeitgeber vernünftig sind und Abhilfe schaffen oder eben doch Hitzefrei geben (Überstundenabbau oder halt so freI) auch ohne Rechtsanspruch. Man muss bedenken dass es ja nur in den Fällen Urteile gibt, in denen das ganze eskaliert ist.
@con2test: Sie haben Recht, wenn Sie schreiben, der AG muss die Raumtemperatur durch geeignete Maßnahmen unter 35 °C halten - eigentlich sogar unter 30 °C - aber das schreiben wir ja auch so (wir beziehen uns ja ebenfalls auf A3.5). Die BAuA sagt selbst, es gibt "keinen direkten Rechtsanspruch auf Hitzefrei". Das heißt nach unserer Auffassung, man darf auch bei Hitze nicht einfach aufhören zu arbeiten. Trotzdem muss der AG dann seine Fürsorgepflicht erfüllen und dafür sorgen, dass die betroffenen Räume als Arbeitsplatz geeignet sind - sonst kann es sicherlich auch rechtliche Konsequenzen geben. Die muss man aber geltend machen, sprich: klagen.
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) fordert im Anhang 3.5 für Arbeitsräume während der Nutzungsdauer eine ‚gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur‘. Ebenso ist ein wirksamer Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung vorgeschrieben. Diese grundlegenden Anforderungen werden in der Technischen Regel für Arbeitsstätten, ASR A3.5 Raumtemperatur, genauer gefasst. Danach soll die Lufttemperatur in Arbeits- und Sozialräumen +26 °C nicht überschreiten. Zudem findet sich hier für Außenlufttemperaturen von über +26 °C ein Stufenmodell mit zu beachtenden Bedingungen und geeigneten Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten. Trotz dieser Regelungen gibt es für Beschäftigte keinen direkten Rechtsanspruch etwa auf klimatisierte Räume oder Hitzefrei. Nach § 4 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber allerdings verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit vermieden wird und verbleibende Gefährdungen gering gehalten werden. https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis-kompakt/F14.html
Uns sind zwei Urteile bekannt, in denen Arbeitgeber dazu verurteilt wurden, Hitzeschutzmaßnahmen einzuleiten: Einmal musste der AG bei über 30°C die Aussetzung der Krawattenpflicht dulden (BAG, Az. 1 ABR 59/15) und in einem weiteren Fall musste die Arbeit für die Zeit der Temperaturüberschreitung in bestimmten Räumen eingestellt werden - hier herrschten allerdings besondere Umstände, es ging um eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung. (BVerwG, Az. 8 B 44.18). Wir haben bisher kein Urteil gefunden, dass es Arbeitnehmern erlaubt, bei Hitze einfach daheim zu bleiben. Das entspricht den von uns genannten Angaben der BAuA.
"übersteigt die Temperatur 35 °C, ist der Raum nicht mehr zum Arbeiten geeignet. Was der Arbeitgeber dann zum Beispiel tun könnte: Regelmäßige Pausen in kühleren Räumen anbieten."
Nein. Zum einen ist es dann rechtlich "unzumutbar" darin zu arbeiten und zweitens ändern regelmässige Pausen an der Temperatur nichts. Der AG ist verpflichtet, die Temperatur auf maximal 35° zu halten.
Und wenn er das nicht kann, dann kann ich von meinem Chef andere Arbeitszeiten oder einen anderen Arbeitsplatz verlangen. Und wenn das nicht geht, kann ich nach Rücksprache auch gehen.
Vielleicht meint ihr das mit eurem "direkten Rechtsanspruch gibt es nicht" oder dem Clickbaittitel vom umgangssprachlichen Hitzefrei.
Ihr hattet mal ein höheres Niveau als Boulevard. Man kann doch wohl die Umgangssprache in sachliche Worte fassen und auch die letzte rechtliche Konsequenz benennen. Oder nicht mehr?
Quelle: Technische Regel für Arbeitsstätten, A3.5
@antimatter: Wie bei allen Verpflichtungen, denen die Arbeitgeberin nicht nachkommt, müssen Arbeitnehmer ihre Rechte auf den bekannten Wegen geltend machen. Sie können sich direkt oder beim Betriebsrat / Personalrat beschweren. Führt das nicht zum Erfolg, ist zu überlegen, ob der Klageweg vor dem Arbeitsgericht in Frage kommt.