Erkrankt ein Familienmitglied und benötigt Pflege oder wird plötzlich zum Pflegefall, kann der Arbeitnehmer dafür einen Tag Sonderurlaub nehmen. Auch zehn Tage kurzzeitige Pflege - zum Beispiel um eine dauerhafte Pflege zu organisieren - sind möglich, dann meist unbezahlt. Der Arbeitgeber kann ein ärztliches Attest verlangen, das bescheinigt, dass die betreffende Person die Hilfe des Angehörigen benötigt. So durfte ein Polizeibeamter wiederholt Sonderurlaub für die Aufnahme seiner schwerkranken Tochter in einem Kinderhospiz nehmen (Verwaltungsgericht Osnabrück 3 B 8/16).
Tipp: Umfassende Informationen zur Angehörigen-Pflege finden Sie auf unserer Themenseite Pflege von Angehörigen.
Das ist die Kurzzeitpflegezeit
Als nahe Angehörige gelten Großeltern, Eltern, Geschwister, Ehepartner, eingetragene Lebenspartner sowie Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Kinder, Schwiegerkinder, Enkelkinder zählen ebenso dazu wie Adoptiv- und Pflegekinder. Pflegezeit gibt es auch, um pflegebedürftige Kinder oder Geschwister des Ehepartners oder Lebensgefährten zu betreuen.
Wird das Gehalt während der Kurzzeitpflegezeit nicht weiterbezahlt, kann der Beschäftigte bei der Pflegekasse des Familienmitglieds einen Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld stellen, ebenfalls mit Attest. Abgedeckt werden 90 Prozent des Nettogehalts, der Höchstbetrag liegt bei 96,25 Euro pro Tag.
Das ist die Pflegezeit
Wer einen Angehörigen ab Pflegegrad 1 für eine längere Zeit pflegen möchte, kann dafür auch bis zu sechs Monate unbezahlten Sonderurlaub nehmen. Das gilt in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern. Die Pflegezeit muss bis spätestens zehn Tage vor Beginn schriftlich beantragt werden. Dafür muss der Beschäftigte einen Bescheid der Pflegekasse über den Pflegegrad des Betroffenen vorlegen. Der Arbeitgeber kann nicht Nein sagen. In der so genannten Pflegezeit genießt der Beschäftigte Kündigungsschutz. Er kann danach wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren.
Es ist auch möglich, während der Pflegezeit weniger Stunden zu arbeiten. Der Chef kann das nur ablehnen, wenn betriebliche Belange dagegen stehen. Um die Gehaltseinbußen zu kompensieren, kann das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen gewähren. Die Höhe liegt bei mindestens 50 Euro und maximal 50 Prozent des Nettogehalts.
Auf die Kranken- und Rentenversicherung achten
Wer in der sechsmonatigen Pflegezeit nicht arbeitet, muss sich um seine Krankenversicherung kümmern. Die läuft nicht automatisch weiter. Gesetzlich Krankenversicherte könnten sich in der Zeit beitragsfrei über die Familienversicherung des Ehepartners versichern. Alleinstehende versichern sich freiwillig bei der Krankenkasse, bekommen aber einen Zuschuss, der ihre Kosten deckt.
Einen Zuschuss für ihre Beiträge bekommen auch freiwillig Versicherte, die freiwillig versichert bleiben sowie privat Versicherte, die nicht von einer Familienversicherung profitieren können. Den Zuschuss zahlt die Pflegekasse oder die private Pflegeversicherung der Pflegeperson auf Antrag. Auch die Beiträge zur Rentenversicherung werden auf Antrag von der jeweiligen Pflegekasse übernommen - sofern mindestens 10 Stunden pro Woche gepflegt wird. Die Arbeitslosenversicherung läuft beitragsfrei weiter.
Das ist die Familienpflegezeit
Wer mehr Zeit für die Betreuung eines Angehörigen braucht, kann im Rahmen der Familienpflegezeit für maximal 24 Monate seine Arbeitszeit reduzieren. Eine Freistellung gibt es nicht. Die wöchentliche Arbeitszeit muss mindestens 15 Stunden betragen, der Antrag muss bis acht Wochen vor Beginn vorliegen und die Firma muss mehr als 25 Beschäftigte haben. Die Familienpflegezeit endet, wenn der Angehörige nicht mehr pflegebedürftig ist oder stationär gepflegt wird. Aber auch aus anderen Gründen kann der Pflegende vorzeitig auf die volle Stelle zurückkehren. Es ist möglich, von der Pflegezeit in die Familienpflegezeit zu wechseln. Der Antrag muss 3 Monate davor gestellt werden.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Buje1: Ist es für einen Arbeitnehmer unmöglich oder nicht zumutbar, zur Arbeit zu kommen, hat er nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Recht auf bezahlten Sonderurlaub. Der Arbeits- oder Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung können dieses Recht aber eingrenzen oder ausschließen. Ist in Ihrem Arbeitsvertrag festgelegt, dass Sie keinen Sonderurlaub im Todesfall naher Angehöriger haben, so gilt das, was im Arbeitsvertrag steht.
Hallo
Bei mir im Arbeitsvertrag ist der Sonderurlaub geregelt. So bekomme ich zB kein Sonderurlaub im Todesfall der Eltern. Was zählt für mich ?Das BGB oder der Arbeitsvertrag?
@fragerin: Die gesetzliche Grundlage zu unserer Aussage finden Sie in § 44a SGB XI i.V. mit §§ 3 und 7 Pflegezeitgesetz.
Einen Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung nach § 44a Abs. 3 SGB XI haben alle Beschäftigten, die für diesen Zeitraum weder Entgeltfortzahlung von der Arbeitgeberin, noch Kranken- oder Verletztengeld bekommen. Wer zum Kreis der Beschäftigten gehört, steht in § 7 Absatz 1 des Pflegezeitgesetzes. Das sind Arbeitnehmende, die pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung pflegen. Und die Aussage, dass zum Kreis der zu pflegenden Angehörigen auch Partner einer eheähnlichen gehören, steht wieder in § 7 Pflegezeitgesetz:
www.gesetze-im-internet.de/pflegezg/__7.html
www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__44a.html
(maa)
"Kurzzeitpflegezeit. Als nahe Angehörige gelten Großeltern, Eltern, Geschwister, Ehepartner, eingetragene Lebenspartner sowie Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft."
Verwirrenderweise wurde mir beim Anruf bei meiner zuständigen Pflegekasse mitgeteilt, unverheiratete Lebensgefährten wären nicht zur Beantragung der Kurzpflegezeit bzw. zum Bezug des Pflegeunterstützungsgeldes berechtigt. Falsch oder richtig???
@antimatter: Die Regelung des BGB § 616 findet generell Anwendung, kann aber vom Arbeitgeber ausgeschlossen werden. Schweigt der Arbeitgeber zu diesem Paragrafen, dann gilt, was im Gesetz steht. (AK)