
Vielen Arbeitnehmern ist nicht bewusst, dass sie ein Recht auf Bildungsurlaub haben. Die konkreten Regelungen sind indes von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. In zwei Bundesländern gibt es sogar überhaupt kein entsprechendes Gesetz. test.de erklärt, wer wann und wie lange Urlaub für die Bildung bekommt.
Für die Weiterbildung von der Arbeit freigestellt
Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub? Das wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Wo es ein entsprechendes Gesetz oder eine Verordnung gibt, haben Arbeitnehmer ein Recht darauf, für eine Weiterbildung von der Arbeit frei gestellt zu werden. In manchen Ländern gilt dies auch für Auszubildende, Behinderte oder Heimarbeiter. Nur in Bayern und Sachsen sind Arbeitnehmer auf die Kulanz ihres Arbeitgebers angewiesen. Dort gibt es nämlich keine gesetzliche Regelung.
Tipp: Verschaffen Sie sich einen schnellen Überblick über Ihre Ansprüche mit der interaktiven Karte zum Thema Bildungsurlaub im Weiterbildungsguide der Stiftung Warentest.
Entscheidend ist meist der Arbeitsort
Die Bezeichnung für die vom Staat gewährte Weiterbildungszeit variiert von Bundesland zu Bundesland: Mal heißt es „Bildungszeit“, mal „Bildungsfreistellung“ – oder eben „Bildungsurlaub“. Auch die Dauer ist unterschiedlich: Je nach Bundesland gibt es drei bis fünf Tage pro Jahr frei für die Weiterbildung. In einigen Ländern sind die Regelungen flexibler: Dort kann man innerhalb von zwei Jahren zehn Tage für die Bildung freinehmen. Ist die Wochenarbeitszeit regelmäßig länger oder kürzer als fünf Tage, vergrößert beziehungsweise verringert sich der Anspruch in der Regel entsprechend.
Wichtig: Ausschlaggebend für den Anspruch ist meist das Bundesland, in dem gearbeitet wird, nicht das, in dem sich der Wohnsitz befindet.
Weiterbildung in verschiedenen Bereichen möglich
Der Arbeitnehmer kann in den meisten Bundesländern seinen Bildungsurlaub für berufsbezogene und politische Themen nehmen. Eine berufliche Weiterbildung dient dazu, die schon vorhandenen beruflichen Kenntnisse zu vertiefen oder zu erweitern. Eine politische Weiterbildung soll den Teilnehmer dazu befähigen, seine Fähigkeiten und sein Wissen in Bezug auf Politik zu verbessern. So gelten in Nordrhein-Westfalen auch Fahrten zu NS-Gedenkstätten ausdrücklich als Bildungsurlaub. In manchen Bundesländern können Arbeitnehmer auch für die Qualifizierung zur Wahrnehmung einer ehrenamtlichen Tätigkeit Bildungsurlaub beantragen.
Den passenden Kurs selber finden
Was der Arbeitnehmer dann in seinem Bildungsurlaub lernen möchte, kann er weitgehend frei entscheiden. Einzige Bedingung: Die Weiterbildung muss in seinem Bundesland als Bildungsurlaubs-Maßnahme anerkannt sein. Solche Kurse lassen sich beispielsweise in bundesweiten oder landesspezifischen Weiterbildungsdatenbanken wie bildung.de oder hamburg.kursportal.info finden. Dort kann nach Bildungsurlaub gesucht werden. Zudem gibt es spezielle regionale und bundesweite Datenbanken, die sich auf „bildungsurlaubsfähige“ Weiterbildungsangebote spezialisiert haben. Auch die Seiten der örtlichen Volkshochschulen informieren über anerkannte Kurse.
Tipp: Wie Sie die für Sie passende Weiterbildung finden, erklären wir in unserem kostenlosen Leitfaden Kurse finden.
Während des Bildungsurlaubs zahlt der Arbeitgeber das Gehalt
Liegen keine zwingenden Ablehnungsgründe vor, muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern den Bildungsurlaub gewähren und in dieser Zeit das Gehalt weiter zahlen. In den meisten Bundesländern orientiert sich diese Zahlung am Bundesurlaubsgesetz. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ist das Entgelt für Feiertage maßgeblich. In Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland wird dagegen das normale Gehalt weitergezahlt. Für die eigentlichen Kosten der Fortbildung kommt der Arbeitnehmer selber auf. Es ist aber möglich sowohl vom Arbeitgeber als auch von Bund oder Land zusätzliche Förderungen zu erhalten.
Tipp: Welche Fördertöpfe es für Wissensdurstige gibt, steht in unserem kostenlosen Leitfaden Weiterbildung finanzieren.
Antrag rechtzeitig stellen
Je nach Bundesland muss der Arbeitnehmer den Antrag auf Bildungsurlaub zwischen vier und acht Wochen vor Beginn der Veranstaltung stellen, in der Regel schriftlich. Manche Bundesländer bieten dafür Formulare zum Download an, die der Arbeitnehmer nur noch ausfüllen muss. Lehrer und Sozialpädagogen im schulischen Bereich sowie Professoren und hauptberuflich selbstständig Lehrende können ihren Bildungsurlaub normalerweise nur während der unterrichtsfreien oder veranstaltungsfreien Zeit nehmen.
Chef darf Bildungsurlaub nicht einfach ablehnen
Den Bildungsurlaub ablehnen darf der Chef, wenn dringende betriebliche oder dienstliche Gründe dagegensprechen. Dies können beispielsweise Urlaubswünsche anderer Beschäftigter im Betrieb sein, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. In manchen Bundesländern gibt es zudem Sonderregelungen für Betriebe mit wenigen Mitarbeitern. Lehnt ein Arbeitgeber den Antrag auf Bildungsurlaub ab, muss er dies in den meisten Bundesländern innerhalb einer gesetzten Frist schriftlich begründen.
Tipp: Was darf der Chef ablehnen, was muss er erlauben? In unseren FAQ Recht auf Weiterbildung beantworten wir häufige Nutzerfragen zum Thema.
Unterschiedliche Regelungen je nach Bundesland
Auf den nächsten Seiten geben wir in kompakter Form Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema Bildungsurlaub:
- Welche Regelungen gelten in meinem Bundesland?
- Welches Bundesland bezuschusst den Arbeitgeber und macht damit die Weiterbildung der Mitarbeiter schmackhaft?
- Welche Sonderregelungen gibt es für bestimmte Mitarbeitergruppen?
- Wie sieht es mit der Lohnfortzahlung während der Weiterbildungsmaßnahme aus?
- Gibt es Mindestgrößen für Betriebe, damit ein Anspruch auf Bildungsurlaub besteht?