
Weiterbildung. Wer es schafft, Vorgesetzte vom Nutzen eines Lehrgangs zu überzeugen, hat bessere Chancen auf eine Zusage. © Getty Images / Westend61 / Rainer Berg
Was können Mitarbeiter tun, die eine Weiterbildung absolvieren möchten? Einen Anspruch darauf können Tarifverträge oder andere Vereinbarungen sichern. Weitere Regeln.
Alle Fragen im Überblick
- Habe ich gegenüber meinem Arbeitgeber ein Recht auf Weiterbildung?
- Habe ich Anspruch auf Bildungsurlaub?
- Kann ich auch an einer nicht anerkannten Weiterbildung teilnehmen?
- Kann mich der Chef verpflichten, mich nach einer Weiterbildung für eine bestimmte Zeit an den Betrieb zu binden?
- Ist es ratsam, mit meinem Arbeitgeber einen Weiterbildungsvertrag abzuschließen?
- Gibt es weitere Gründe, weswegen der Arbeitgeber Fortbildungskosten zurückfordern könnte?
Wenn der Mitarbeiter selbst eine Weiterbildung machen möchte
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Habe ich gegenüber meinem Arbeitgeber ein Recht auf Weiterbildung?
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Nein, das Gesetz räumt einem Arbeitnehmer keinen grundsätzlichen Anspruch auf Weiterbildung ein. Selbst dann nicht, wenn der Beschäftigte eine neue Aufgabe übernehmen soll. Ein Recht auf Weiterbildung kann ein Mitarbeiter allenfalls durch einen entsprechenden Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder einen individuellen Arbeitsvertrag haben. Die Details eines solchen Anspruchs können dabei sehr unterschiedlich sein. So können Verträge zum Beispiel das Recht auf eine bezahlte oder aber auch nur unbezahlte Freistellung von der Arbeit enthalten. Ebenso haben Mitarbeiter, die regelmäßig am Wochenende arbeiten und an einem Wochenendkurs teilnehmen möchten, keinen allgemeinen Anspruch darauf. Auch die Kostenbeteiligung des Arbeitgebers ist in individuellen Klauseln geregelt. Welche staatlichen Zuschüsse Beschäftigte dafür beantragen können, erfahren Sie in unserem Special Weiterbildung finanzieren.
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Habe ich Anspruch auf Bildungsurlaub?
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Ja. In fast allen Bundesländern gibt es Gesetze zum Bildungsurlaub, der auch Bildungszeit oder Bildungsfreistellung heißen kann. Das sind Tage, an denen der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern bezahlten Urlaub für eine Weiterbildung geben müssen. Nur in Bayern und Sachsen gibt es diese Regelungen nicht. In den anderen Ländern haben Arbeitnehmer meist Anspruch auf fünf Tage pro Jahr oder alle zwei Jahre auf zehn Tage Bildungsurlaub, und zwar zusätzlich zum normalen Urlaubsanspruch. Der Inhalt der Fortbildung muss nicht in unmittelbarem Bezug zur ausgeübten Tätigkeit stehen. Wichtig ist jedoch, dass der Kurs als Bildungsurlaub anerkannt ist. Eine Übersicht zu den Länder-Gesetzen und Links zu anerkannten Angeboten gibt es hier: Bildungsurlaub.
Achtung: Die Kosten für den Lehrgang während eines Bildungsurlaubes muss der Arbeitgeber nicht übernehmen.
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Kann ich auch an einer nicht anerkannten Weiterbildung teilnehmen?
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Ein solcher Anspruch kann sich nur aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder individuellem Arbeitsvertrag ergeben. Anerkannte Lehrgänge sollen bestimmte Qualitäts-Standards garantieren.
Tipp: Sprechen Sie mit Ihrem Chef über Ihre Weiterbildungswünsche und machen Sie ihm den Nutzen deutlich, den auch er davon vielleicht hat. So lässt sich vielleicht eine einvernehmliche Lösung finden.
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Kann mich der Chef verpflichten, mich nach einer Weiterbildung für eine bestimmte Zeit an den Betrieb zu binden?
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Ja, das kann er – aber nur wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. So müssen die Parteien hierüber vorab eine Vereinbarung getroffen haben, und der Arbeitnehmer muss für die Zeit der Fortbildung bezahlt freigestellt worden sein. Die Fortbildungsdauer sollte dabei in einem „angemessenen Verhältnis“ zur Dauer der Vertragsbindung des Mitarbeiters stehen. So könnte beispielsweise eine zweimonatige Fortbildungsfreistellung eine bis zu einjährige Vertragsbindung begründen. Ist die vom Arbeitgeber verlangte Vertragsbindung unangemessen lang, ist sie unwirksam. Mehr als fünf Jahre sind nicht möglich.
Hinweis: Gibt es keine Vertragsbindung, kann der Mitarbeiter jederzeit kündigen, ohne Rückzahlungsforderungen befürchten zu müssen. Wenn dem Mitarbeiter betriebsbedingt gekündigt wird, kann von ihm ebenfalls keine Rückzahlung der Weiterbildungskosten verlangt werden.
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Ist es ratsam, mit meinem Arbeitgeber einen Weiterbildungsvertrag abzuschließen?
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Für den Arbeitnehmer kann ein Vertrag sinnvoll sein, wenn für ihn die Gewährung einer längeren und kostspieligen Weiterbildung eine wichtige Voraussetzung ist, um bei seinem Arbeitgeber zu bleiben. Der Arbeitgeber wiederum kann darin festhalten, dass der Mitarbeiter die Kosten der Weiterbildung zurückzahlen muss, wenn er vor Ablauf einer vereinbarten Frist kündigt. Denn für ein Unternehmen ist es ärgerlich, wenn ein Mitarbeiter, in den es mit Weiterbildungen viel Zeit und Geld investiert hat, schon kurz darauf kündigt.
Wichtig in einem solchen Vertrag sind drei Punkte:
1. die Höhe der Fortbildungskosten, die der Mitarbeiter zurückzahlen muss, wenn er vor Ablauf der vereinbarten Frist kündigt,
2. die Länge dieser Frist und
3. die genauen Modalitäten der Rückzahlung.Die Höhe des Rückzahlungsbetrags mindert sich anteilig mit jedem Monat, den der Beschäftigte im Anschuss weiter im Betrieb tätig ist. Die Höhe der vom Arbeitgeber zurückverlangten Kosten muss außerdem in einem angemessenen Verhältnis zum Monatsgehalt stehen.
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Gibt es weitere Gründe, weswegen der Arbeitgeber Fortbildungskosten zurückfordern könnte?
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Ja, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung abbricht oder das Fortbildungsziel nicht erreicht. Das gilt aber nur, wenn diese Klauseln im Weiterbildungsvertrag festgehalten sind.
Tipp: In mehreren Bundesländern können Unternehmen Fördergelder für die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter beantragen. Sprechen Sie Ihren Chef darauf an! Außerdem können Betriebe über das Qualifizierungschancengesetz Unterstützung für die Weiterbildung vor allem gering qualifizierter Beschäftigter erhalten. Die Arbeitsagentur gibt dem Arbeitgeber einen Zuschuss zu den Lohnkosten (bei Menschen ohne Berufsabschluss bis zu 100 Prozent) und zu den Lehrgangskosten (bei Beschäftigten ab 45 Jahren oder Menschen mit Schwerbehinderung bis zu 100 Prozent). Kleine und mittlere Betriebe erhalten mehr Geld als große Firmen. Weitere Informationen dazu finden Sie im Special Weiterbildung finanzieren der Stiftung Warentest.
Wenn der Chef die Weiterbildung anbietet
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Kann mich mein Chef zu einer Weiterbildung zwingen?
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In der Regel ist der Mitarbeiter zunächst nur zu der im Arbeitsvertrag vereinbarten Leistung verpflichtet. Im Rahmen seines sogenannten Weisungsrechts kann der Arbeitgeber aber von ihm verlangen, an bestimmten Weiterbildungen teilzunehmen. Hier geht es besonders um Fortbildungen, die es dem Mitarbeiter überhaupt erst ermöglichen, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten auch künftig nachzukommen. Das kann der Fall sein, wenn sich sein Berufsbild aufgrund technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen wesentlich ändert. Finden diese Fortbildungen in der regulären Arbeitszeit statt, ist der Beschäftigte zur Teilnahme verpflichtet. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber den zeitlichen Rahmen der Fortbildung festlegen. Findet der Kurs am Wochenende statt, können Beschäftigte aber ablehnen, wenn ein wichtiger privater Grund (Taufe, Urlaub) dagegen spricht.
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Kann der Arbeitgeber von mir verlangen, dass ich auf eigene Kosten eine Weiterbildung mache?
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Nein, das kann er nicht. Nur wenn der Arbeitgeber die Kosten übernimmt, kann der Arbeitnehmer zur Teilnahme an einer Weiterbildung verpflichtet sein. Doch selbst wenn der Chef die Weiterbildung zahlt, kann es Fälle geben, in denen der Arbeitnehmer nicht zwingend zur Teilnahme verpflichtet ist. Steht die vorgesehene Fortbildung beispielsweise in keinerlei sachlichem Kontext zu seinen eigentlichen Arbeitsaufgaben, kann sich der Mitarbeiter verweigern.
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Kann mich der Arbeitgeber, wenn ich nur in Teilzeit oder befristet angestellt bin, von Weiterbildungsmaßnahmen ausschließen?
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Nein, das kann er im Allgemeinen nicht. Denn laut Teilzeit- und Befristungsgesetz muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass auch befristet oder in Teilzeit Beschäftigte an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen können – es sei denn, dringende betriebliche Gründe sprechen dagegen.
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- Vielen Arbeitnehmern ist nicht bewusst, dass sie ein Recht auf Bildungsurlaub haben. Die konkreten Regelungen sind von Bundesland zu Bundesland verschieden.
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- Hat ein Hartz-IV-Bezieher einen weiten Weg zur Arbeit, ist es zumutbar, dass er zehn Kilometer mit dem Rad fährt, wenn es keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt. Ein...
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- Sie haben den Weiterbildungsguide der Stiftung Warentest aufgerufen. Der Betrieb dieser Seite ist eingestellt. Der Weiterbildungsguide wurde vom Bundesministerium für...
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@der_farmsener: Handelt es sich um eine private Weiterbildungsmaßnahme, sind Arbeitnehmerinnen nicht verpflichtet, die Arbeitgeberin über eine Teilnahme zu informieren.
Auch die Krankenkasse muss nicht informiert werden.
Wichtig: Lassen Sie sich von der Ärztin bestätigen, dass die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme keinen negativen Einfluss auf den Heilungsprozess hat. (maa)
Ich arbeite in einer Pflegeeinrichtung. Vor drei Monaten habe ich mir die Hand gebrochen, der Heilungsprozess zieht sich etwas, ich bin seit dem krankgeschrieben und beziehe Krankengeld.
Ich möchte gerne einer Weiterbildung antreten zum Evaluator eben solcher Pflegeeinrichtungen. Solche Evaluationen finden nach bestandener Ausbildung nebenberuflich statt.
Die Ausbildung ist kostenfrei (für die erste selbständige Evaluation werde ich als Ausgleich nicht honoriert) und die Fortbildungsmodule finden während meiner Krankschreibung statt. Die Qualifikation steht auch meinem Heilungsprozess nicht im Wege, da ich die pflegeeinrichtungstypischen Handgriffe nicht machen, sondern nur beobachten muss ...
Muss ich meinen Arbeitgeber über diese Qualifikationsmaßnahme informieren (Nur über die Fortbildung, nicht über möglichen Evaluationen, für die es dann Geld gibt, das steht natürlich auf einem anderen Blatt). Muss ich die Krankenkasse informieren?
@Pandemie: Ein Anspruch auf Bildungsurlaub besteht unabhängig von den Weiterbildungen, die die Arbeitgeberin anordnet. (maa)
Wenn der Chef uns zu einer Teamfortbildung verpflichtet, werden die Tage dann von meinem Bildungsurlaub abgezogen?
@kriskringle: Dies ist nicht der Ort für eine individuelle Rechtsberatung. Die Ausgangslage haben wir gleich zu Beginn beschrieben: "Habe ich gegenüber meinem Arbeitgeber ein Recht auf Weiterbildung?". Informieren Sie sich, ob es einenTarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung zu diesem Thema gibt. Ob und welche betriebliche Veranlassung zu der Weiterbildung geführt hat, können wir nicht beurteilen. (AK)