
Entspannen. Wer im Alter gut abgesichert sein möchte, muss die Stärken und Schwächen unseres Rentensystems kennen. © Getty Images / Westend61 / Rainer Berg
Ist die Rente sicher oder kurz vor dem Kollaps? Rund um die gesetzliche Rente gibt es viele Missverständnisse. Wir klären auf.
Seit 1889 gibt es die gesetzliche Rentenversicherung. In dieser langen Zeit hat sie sich immer wieder politischen Veränderungen angepasst und wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung getragen. Beispiele aus jüngerer Zeit: die Einführung von Mütter- und Grundrente. Mit jeder Anpassung entstehen neue Missverständnisse. Hier stellen wir besonders weit verbreitete Irrtümer richtig.
Alle Fragen im Überblick
- Die Rentenbeiträge sind immer weiter angestiegen.
- Die gesetzliche Rente wird immer weiter abgesenkt.
- Ich bekomme später eh keine gesetzliche Rente. Das System ist am Ende.
- Die Rentenkasse legt meine Beiträge an. Daraus zahlt sie später meine Rente.
- Die Grundrente für Niedrigverdienende muss ich beantragen.
- Für die Grundrente muss ich 35 Jahre sozialversicherungspflichtig arbeiten.
- Als Top-Verdiener müsste ich eigentlich eine viel höhere Rente kriegen.
- Nach 45 Jahren Arbeit müsste meine Rente höher ausfallen.
- Zahle ich weniger als fünf Jahre ein, sind meine Beiträge futsch.
- Die abschlagsfreie Frührente beginnt mit 63 Jahren.
- Abschläge fallen weg, sobald ich das reguläre Rentenalter erreiche.
Häufige Behauptungen – und die Fakten dazu
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Die Rentenbeiträge sind immer weiter angestiegen.
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Nein. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung liegt derzeit bei 18,6 Prozent vom rentenversicherungspflichtigen Einkommen, nur unwesentlich höher als etwa 1983 bis 1984 (18,5 Prozent). Niedriger war er zuletzt 1993 mit 17,5 Prozent. Danach lag er stets auf dem jetzigen Stand oder darüber – 1997 etwa betrug er 20,3 Prozent.
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Die gesetzliche Rente wird immer weiter abgesenkt.
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Nein. Die individuellen Renten sinken nicht. Das ist durch die staatliche Rentengarantie gesetzlich ausgeschlossen. Allerdings kann das Rentenniveau sinken. Es zeigt das Verhältnis zwischen der Höhe einer Rente und dem durchschnittlichen Einkommen einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers.
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Ich bekomme später eh keine gesetzliche Rente. Das System ist am Ende.
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Das ist sehr unwahrscheinlich. Unser Rentensystem mit fast 80 Millionen Versicherten, Rentnerinnen und Rentnern steht nicht vor dem Kollaps. Das Umlageverfahren (siehe nächster Punkt) schützt sogar recht gut vor unvorhersehbaren Entwicklungen auf den Kapitalmärkten. Die Folgen der Finanzkrise perlten praktisch an ihr ab. Auch die Corona-Pandemie hat ihm keine nachhaltigen Probleme bereitet.
Das heißt aber nicht, dass es keine Herausforderungen gibt. Sollte eine schlechte wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zu hoher Arbeitslosigkeit führen, würden Beiträge wegbrechen.
Auch die Alterung der Bevölkerung ist für das Umlageverfahren ungünstig. Das gesetzliche Rentensystem ist darauf angewiesen, dass es viele und hohe Beiträge Zahlende gibt, die die Renten der älteren Generation finanzieren.
Es gibt aber Stellschrauben, um das System stabil zu halten. Je nach politischer Färbung wird die eine oder andere Möglichkeit favorisiert. Zum Beispiel:
- staatliche Zuschüsse erhöhen,
- Versichertenkreis um Beamte und Selbstständige erweitern,
- Produktivität und Löhne steigern,
- Einwanderung in den Arbeitsmarkt fördern,
- Renteneintrittsalter, Beitragssatz oder Beitragsbemessungsgrenze erhöhen,
- eine stärkere Umverteilung zugunsten bestimmter Gruppen, zum Beispiel Niedrigverdienenden oder Eltern.
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Die Rentenkasse legt meine Beiträge an. Daraus zahlt sie später meine Rente.
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Nein. Bis auf eine kleine Reserve, die unerwartete Schwankungen ausgleichen soll, nutzt die gesetzliche Rentenversicherung die Beiträge der Versicherten, um sie direkt an Rentnerinnen und Rentner auszuzahlen.
Den Versicherten schreibt sie für ihre Beiträge Entgeltpunkte auf ihrem Rentenkonto gut. Daraus errechnen sich dann später die Renten der heutigen Beitragszahlerinnen und -zahler. Deren Renten werden wiederum vor allem aus den Beiträgen der nachfolgenden Generationen gezahlt werden. Man spricht deshalb vom Umlageverfahren und einem Generationenvertrag.
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Die Grundrente für Niedrigverdienende muss ich beantragen.
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Nein. Die Grundrente muss nicht extra beantragt werden. Sie ist keine eigenständige Rente, sondern ein Zuschlag, auf den seit dem 1. Januar 2021 viele Menschen einen Anspruch haben, die lange gearbeitet, aber wenig verdient haben. Die Deutsche Rentenversicherung ermittelt, ob ein Anspruch besteht und zahlt das Geld entsprechend aus. Beantragen müssen Versicherte aber die Altersrente, die Altersrente für Schwerbehinderte und die Erwerbsminderungsrente.
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Für die Grundrente muss ich 35 Jahre sozialversicherungspflichtig arbeiten.
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Nein. Um die volle Grundrente zu bekommen, müssen Versicherte mindestens 35 Jahre sogenannte Grundrentenzeiten vorweisen können. Dazu zählen neben den Pflichtbeiträgen aus Berufstätig- oder Selbstständigkeit auch
- Zeiten der ehrenamtlichen Pflege,
- Zeiten der Leistungen bei Krankheit oder Rehabilitation,
- Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und Pflege,
- Ersatzzeiten (das sind zum Beispiel Zeiten der politischen Haft in der DDR).
Für alle, die mindestens 33, aber nicht 35 Jahre mit Grundrentenzeiten vorweisen können, gibt es eine geringere Aufstockung. Sie steigt mit jedem Monat, bis mit 35 Jahren die volle Grundrente erreicht ist. Mehr zum Thema finden Sie in unserem Special Grundrente.
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Als Top-Verdiener müsste ich eigentlich eine viel höhere Rente kriegen.
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Nein. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit sehr hohem Gehalt zahlen nicht auf ihren kompletten Bruttoverdienst Rentenbeiträge, sondern nur bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze. Die liegt 2025 bei 96 600 Euro im Jahr. Für den Verdienst oberhalb dieser Grenze zahlen sie keine Beiträge und bekommen daraus später auch keine gesetzliche Rente.
Beispiel. Karsten Wilski verdient als Manager eines großen Stuttgarter Unternehmens 200 000 Euro im Jahr 2025. Zusammen mit seinem Arbeitgeber überweist er für das gesamte Jahr 17 967,60 Euro an Rentenbeiträgen. Seine gesetzlichen Rentenansprüche steigen dadurch nach derzeitigen Werten um 75,22 Euro im Monat.
Volker Mayr arbeitet im selben Unternehmen als Designer und verdient 96 600 Euro. Auch er überweist zusammen mit dem Arbeitgeber 17 967,60 Euro an Rentenbeiträgen. Seine Rentensprüche steigen nach derzeitigen Werten ebenfalls um rund 75,22 Euro im Monat.
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Nach 45 Jahren Arbeit müsste meine Rente höher ausfallen.
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Nicht unbedingt. Im deutschen Rentensystem kommt es nicht nur darauf an, wie lange Versicherte gearbeitet haben, sondern auch darauf, wie viel sie verdient haben. Das gilt immer noch, auch wenn der Grundrentenzuschlag (siehe oben) bei vielen Niedrigverdienenden die Rente anhebt.
Beispiel. Karla Schmidt ist Sachbearbeiterin in Augsburg und hat immer durchschnittlich verdient. 2025 entspricht das 50 493 Euro im Jahr. Nach 45 Jahren sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung bekommt sie nach derzeitigen Werten rund 1 769 Euro im Monat von der Rentenversicherung.
Die Kieler Wirtschaftsinformatikerin Irina Scheel zahlt nur 30 Jahre lang in die Rentenversicherung ein. Ihr Jahresgehalt liegt stets beim 1,8-fachen des Durchschnitt, 2025 sind das rund 90 887 Euro. Ihre gesetzliche Rente beträgt nach derzeitigen Werten rund 2 123 Euro im Monat.
Obwohl Scheel auf 15 Beitragsjahre weniger kommt als Schmidt, ist ihre monatliche Rente rund 354 Euro höher.
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Zahle ich weniger als fünf Jahre ein, sind meine Beiträge futsch.
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Nein. Menschen, die ihr reguläres Rentenalter erreicht haben, aber insgesamt nur auf eine Beitragszeit von unter fünf Jahren kommen, können sich ihre eingezahlten Beiträge erstatten lassen.
Oft wird es aber günstiger sein, die fehlenden Zeiten vorher durch freiwillige Beiträge auszugleichen und sich so eine gesetzliche Rente zu sichern. Ob das im konkreten Einzelfall zutrifft, kann ein Beratungsgespräch bei der gesetzlichen Rentenversicherung klären.
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Die abschlagsfreie Frührente beginnt mit 63 Jahren.
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Nein. Die Rente für besonders langjährig Versicherte – so der offizielle Name – soll Langzeitversicherten mit mindestens 45 Versicherungsjahren einen frühen Rentenstart ohne Abschläge ermöglichen. In der Vergangenheit wurde sie „Rente mit 63“ genannt, weil bei ihrer Einführung Versicherte, die vor 1953 geboren wurden, die Rente mit 63 Jahren erhalten konnten.
Die Altersgrenze der Rente für besonders langjährig Versicherte steigt ab Jahrgang 1953 stufenweise auf 65 Jahre an. Sie liegt immer zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze. Wer 1959 geboren wurde, kann sie mit 66 Jahren und zwei Monaten beziehen.
Versicherte, die auf jeden Fall mit 63 in Rente gehen möchten, müssen die Rente für langjährig Versicherte beantragen (ohne das Wörtchen „besonders“). Nachteil: Hier können kräftige Rentenabschläge anfallen. Vorteil: Es reichen bereits 35 Versicherungsjahre für einen Anspruch.
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Abschläge fallen weg, sobald ich das reguläre Rentenalter erreiche.
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Nein. Rentenabschläge bei einem vorzeitigen Rentenbeginn fallen dauerhaft an. Jeder Monat, den Versicherte vor ihrem regulären Renteneintrittsalter in Altersrente gehen, kostet sie 0,3 Prozent ihrer Rente. Zumindest immer dann, wenn sie nicht auf insgesamt mindestens 45 Versicherungsjahre kommen (siehe vorherige Frage). Wer beispielsweise drei Jahre früher geht, muss mit Abschlägen von 10,8 Prozent rechnen – für den Rest seines Lebens.
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Wer also mit durchschnittlich circa 25-30 Jahren sein Vollzeitstudium abschließt wird behandelt als ob er/sie 12 Jahre kürzer gearbeitet hat, bzw. der Hauptschüler darf früher in Rente? Auf welcher Basis? Meine Frau arbeitet mit Master als DaF Lehrerin und hat jetzt bereits mit 30 Probleme das 8-12 Stunden täglich auszuhalten (zu viel Stehen, über 12.000 Schritte täglich, akustische Belastung). Ihr Gehalt ist das selbe wie von einem Busfahrer. Deutschland macht Studium (und damit den eigentlichen Motor seiner Wirtschaft) unrentabel. Faulheit und geringe Schulleistung werden belohnt!
@A.Schmidt/11.03.2025
Viele Bürgerinnen und Bürger kennen zwar das bekannte Brettspiel "Monopoly", das inzwischen über 100 Jahre alt ist, und seine Spielregeln (inkl. Variationen).
Nur wenige verstehen offenbar den Sinn dieses genialen Brettspiels bzw. die ökonomische Absicht, die die Erfinderin den "einfachen" Bürgern damit spielerisch vermitteln wollte. (Das DIW = "Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung" offenkundig auch nicht.) Aber daran ist schon Elizabeth Magie Phillips, die inzwischen höchstrichterlich als Erfinderin des Brettspiels gilt, vor 100 Jahren gescheitert.
@A.Schmidt/11.03.2025
Es ist zwar unbestreitbar, dass Beamte ceteris paribus (Qualifikation usw.) eine höhere Pension bekommen als Arbeitnehmer. Jedoch lenkt man damit vom grundlegenden Problem ab und das besteht nicht in der Differenz zwischen kleinen und "großen" Renten/Pensionen oder dem Alter der Wähler.
Der erste Bundeswirtschaftsminister der BRD (Ludwig Erhard, CDU), der das ökonomische und soziale Scheitern der Demokratie von Weimar (1918 bis 1933) und das totalitäre Regime von 1933 bis 1945 miterlebt hatte, wollte nach dem Ende des Krieges mit seiner Sozialen Marktwirtschaft einmal die "alte konservative soziale Struktur überwinden" und "Wohlstand für Alle" schaffen. Davon ist heute keine Rede mehr und zwar mit Ausnahme der unbedeutenden Partei "Die Linke" bei keiner Partei, die es 2025 in den Dt. Bundestag geschafft hat. Wir leben wieder wie am Ende der Weimarer Republik in plutokratischen Verhältnissen. Multimilliardäre werden immer reicher und die Armen immer zahlreicher.
Die steigenden Renten sind ein Wahlgeschenk an die Rentner. Eines, das von den Beitragszahlern getragen wird. Das jetzt angekündigte Rentenpaket II wird den Beitragssatz für die Berufstätigen deutlich steigern, laut DIW von heute 18,6 % auf 22 % innerhalb von vierzehn Jahren.
Friedrich Merz wird bald 70 Jahre alt, und so eine Politik macht er auch. Die SPD als Renterpartei ist nicht anders. Beide Parteien haben viele Wähler über Sechzig.
Viel wichtiger wäre eine Angleichung von Pensionen und Renten. Außerdem bräuchten wir ein Plus bei kleinen Renten und ein Minus bei großen Renten. Insofern macht die Einkommenssteuer auf Renten schon Sinn, weil viele wohlhabende Renter neben der oft schmalen gesetzlichen Rente noch Haus, Aktien und andere Einkommen haben. Ganz anders bei den Mindestlohnbeziehern und den Ostdeutschen, wo die Durchschnittsrenten wirklich gering sind.
@Rüdiger-H: Die Mütterrente ist nicht neu. Es gibt keinen Handlungsbedarf für Mütter, die sich bereits in der Altersrente befinden. Der Rentenversicherungsträger berücksichtigt die Kindererziehungszeiten.
www.test.de/kindererziehungszeiten