Gesetzliche Renten­versicherung Sechs Tipps für die Reha

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Gesetzliche Renten­versicherung - Sechs Tipps für die Reha

Reha. Sie ist mehr als nur Krankengymnastik – eine Auszeit vom Stress des Alltags­lebens. © Getty Images

Eine medizi­nische Reha soll die Menschen fit für den Beruf machen. Die Stiftung Warentest erklärt, wann die Renten­versicherung zahlt und was beim Antrag zu beachten ist.

Wenn der Beruf schwer fällt

Schweres Asthma, Diabetes, Depressionen – Krankheiten können das Arbeits­leben stark beein­trächtigen. Damit kranke Menschen nicht ausfallen und schon früh eine Erwerbs­minderungs­rente beziehen, gibt es medizi­nische Rehabilitationen.

Rehas sind mehr­wöchige ambulante oder stationäre Aufenthalte in spezialisierten Kliniken, etwa kardiologischen, ortho­pädischen oder psycho­somatischen. Im Jahr 2021 haben rund 900 000 Menschen eine Reha über die gesetzliche Renten­versicherung abge­schlossen. Das zeigen aktuelle Zahlen der Sozial­versicherung.

Die meisten Rehas bei ortho­pädischen Erkrankungen

Meist sind es ortho­pädische Erkrankungen, die eine Reha nötig machen. Ihr Anteil liegt nach Angaben der gesetzlichen Renten­versicherung für Frauen derzeit bei gut 37 Prozent, für Männer bei knapp 36 Prozent. Mit rund 22 Prozent für Frauen und knapp 14 Prozent für Männer folgen Leistungen wegen psychischer Erkrankungen.

Über 7 Milliarden Euro hat die Renten­versicherung im Jahr 2021 für Reha-Leistungen ausgegeben.

Unser Rat

Sie sind berufs­tätig und haben das Gefühl, es ist Zeit für eine Reha? Wenden Sie sich zuerst an die Deutsche Rentenversicherung und finden Sie heraus, ob Sie Anspruch auf eine Reha haben und welche infrage käme. Die Service­nummer lautet  0 800/10 00 48 00 (kostenlos).

Sechs Ratschläge für den Antrag

Nicht immer läuft der Reha-Antrag problemlos ab. Allein den richtigen Kosten­träger auszumachen, ist nicht immer ganz einfach. test.de hat mit Kosten­trägern, Ärzten und Betroffenen gesprochen und deren Hinweise in sechs Tipps zusammengefasst.

1. Sich an die richtige Stelle wenden

Rehas werden aus unterschiedlichen Töpfen finanziert wie Renten-, Kranken-, Unfall­kasse. Sich gleich an den richtigen Kosten­träger zu wenden, spart Zeit. Sind Sie berufs­tätig und soll die Reha helfen, dass das so bleibt, ist meist die gesetzliche Renten­versicherung für Sie zuständig. Sie zahlt ärzt­liche und therapeutische Leistungen, medizi­nische Anwendungen, Reise, Unterkunft, Verpflegung. Je nach Einkommen wird aber eine Zuzahlung von bis zu 10 Euro pro Tag fällig – für längs­tens 42 Tage. Ihr Gehalt bekommen Sie weiter vom Arbeit­geber. Ist Ihr Anspruch auf Entgelt­fortzahlung schon ausgeschöpft, springt die Rentenkasse unter Umständen mit Über­gangs­geld ein.

2. Anspruch klären

Dass die Rentenkasse Ihnen eine medizini­­sche Reha finanziert, ist an Voraus­setzungen ­gekoppelt. Bevor Sie sich ans Ausfüllen der Antrags­formulare machen, klären Sie, ob Sie diese erfüllen.

Gesundheitliche Voraus­setzungen (beim Nach­weis dieser Punkte spielt Ihre Ärztin oder Ihr Arzt eine zentrale Rolle, siehe Punkt 3)

  • Ihre Erwerbs­fähig­keit ist durch Krankheit oder körperliche, geistige oder seelische Be­hin­derung gefährdet oder gemindert.
  • Eine Reha könnte Ihre Lage verbessern oder eine Verschlechterung aufhalten.
  • Sie haben bereits auf andere Weise versucht, sich zu helfen – sind etwa wegen Ihrer Arthrose bereits bei einem Physio­therapeuten.

Versicherungs­recht­liche Bedingungen

Sie müssen eine der Vorgaben erfüllen.

  • Sie kommen als Pflicht- oder freiwil­lig Ver­sicherter auf eine 15-jährige Mindest­versicherungs­zeit – von der Rentenkasse auch Warte­zeit genannt.
  • Sie haben in den letzten zwei Jahren vor dem Reha-Antrag mindestens sechs Kalendermonate lang Renten­pflicht­beiträge gezahlt, etwa als Arbeitnehmer.
  • Sie haben nach Ihrer Ausbildung inner­halb von zwei Jahren eine versicherte oder selbst­ständige Beschäftigung aufgenommen und üben diese zum Zeit­punkt des Antrags noch aus, sind arbeits­unfähig oder arbeitslos.
  • Sie beziehen eine Erwerbs­minderungs­rente.
  • Sie sind erwerbs­gemindert oder Erwerbs­minderung ist absehbar und Sie kommen auf eine Versicherungs­zeit von fünf Jahren.
  • Sie sind vermindert erwerbs­fähig und ­beziehen eine große Witwenrente.

3. Mit Ihrem Arzt an einem Strang ziehen

Die Erfolgs­chancen Ihres Antrags sind höher, wenn Sie sich eng mit Haus- oder Fach­arzt abstimmen. Er oder sie schreibt für die Rentenkasse ­einen ärzt­lichen Befundbe­richt (ÄBB), der wichtig für die Beur­teilung Ihres Antrags ist.

Der ÄBB sollte vor allem eindeutig sein. Leiden Sie etwa seit Jahren an Rheuma, aber auch an Depressionen, müssen Sie zusammen mit Ihrem Arzt über­legen, welche Krankheit Sie vorrangig während der Reha angehen wollen. Davon hängt ab, welche Klinik geeignet ist: eine psycho­somatische Klinik oder eine auf Rheuma­erkrankungen spezialisierte Klinik. Haupt­diagnose, Funk­tions­störungen und bisherige Behand­lungen müssen aufeinander abge­stimmt sein. Gerade bei Haus­ärzten, die über die Jahre oft mit vielen unterschiedlichen Problemen ihrer Patienten konfrontiert sind, ist es wichtig, darauf zu achten.

Kann der sozial-medizi­nische Dienst der Rentenkasse das Ziel der Reha nicht erkennen, lehnt er den Antrag im ungüns­tigen Fall ab. Oder er fordert ein ärzt­liches Gutachten an: Ein von der Rentenkasse ausgewählter Arzt nimmt Sie dann unter die Lupe.

Hinweis: Einigen Renten­versicherungs­trägern reicht ein ÄBB grund­sätzlich nicht. Sie geben immer Gutachten in Auftrag.

4. Die richtigen Formulare ausfüllen

Ohne Papierkram geht es nicht. An die relevanten Formulare kommen Sie telefo­nisch oder in einer der Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherung. Die Mitarbeiter dort helfen beim Ausfüllen. Auch im Internet gibt es das Formularpaket.

  • Kern­stück des Pakets ist das eigentliche Antrags­formular G0100.
  • Dazu gehört die Anlage G0110. In ihr geht es um Ihre berufliche Situation und Ihre bisherigen Behand­lungen.
  • Den Selbst­einschät­zungs­bogen G0115 müssen Sie nicht ausfüllen, es ist aber sinn­voll. Hier stellen Sie Ihre Sicht der Dinge dar: Erwartungen an die Reha, familiäre und berufliche Belastungen, Erfahrungen mit bisherigen Behand­lungen. Seien Sie ausführ­lich, notfalls auf einem gesonderten Blatt.
  • Ein weiteres Formular, den AUD-Beleg G0120, lassen Sie von Ihrer Kranken­versicherung ausfüllen.

Teils über­schneiden sich die Fragen der Formulare. Wichtig ist, dass sich Ihre Angaben nicht wider­sprechen und zum Befundbe­richt Ihres Arztes oder Ihrer Ärztin passen. Gehen Sie vor allem auf jene Aspekte von Krankheit, Risiko­faktoren, beruflicher und sozialer Belastung ein, die die Notwendig­keit der gewünschten Reha-Maßnahme heraus­stellen. Leiden Sie an Rheuma, wollen aber nach mehreren depressiven Episoden in eine psycho­somatische Klinik, legen Sie darauf den Schwer­punkt.

Zeigen Sie, was Sie bisher schon unternommen haben, etwa Psycho­therapie oder Selbst­hilfegruppe. Oder erklären Sie, warum das nicht möglich war, etwa wenn es keine freien Psycho­therapieplätze in Ihrer Gegend gibt.

Alles ausgefüllt? Der Antrag geht an Ihren Renten­versicherungs­träger. Welcher das ist – es gibt insgesamt 16 –, finden Sie auf Ihren Renten­mitteilungen.

5. Die passende Rehaklinik auswählen

Gesetzlich Renten­versicherte, die eine Rehabilitation brauchen, haben nun ein stärkeres Mitspracherecht bei der Auswahl ihrer Wunsch­klinik. Sie können über das neue Onlineportal meine-rehabilitation.de Reha-Einrichtungen vergleichen und die passende Klinik aussuchen. Zudem wird im Reha-­Antrag künftig ausdrück­lich nach der favorisierten Klinik gefragt. Wer sein Wahl­recht nicht nutzt, dem werden vier Reha-Einrichtungen zur Auswahl vorgeschlagen. Trifft ein Patient keine Entscheidung, kommt er zur Behand­lung in die Einrichtung, die an erster Stelle der Vorschlags­liste steht. Reha-Patienten können ihre Wunsch­klinik sowohl elektronisch als auch auf einem Formular angeben.

6. Reha-Antrag abge­lehnt? Legen Sie Wider­spruch ein

Wird Ihr Reha-Antrag abge­lehnt, nehmen Sie es nicht persönlich. Wider­sprechen Sie. Das geht inner­halb von einem Monat, nachdem Sie den Ablehnungs­bescheid erhalten haben. Viele Wider­sprüche haben Erfolg.

Sprechen Sie noch mal mit Ihrem Arzt. Finden Sie noch aussagekräftigere Begründungen für die Notwendig­keit der Reha. Suchen Sie nach weiteren Unterlagen, die Sie hinzufügen können. Auch Beratungs­stellen von Sozial­verbänden wie VdK oder SoVD können weiterhelfen.

Bleibt der Wider­spruch ohne Erfolg, klagen Sie besser nicht. Das kann jahre­lang dauern. Stellen Sie einfach einen neuen Antrag.

Mehr zu Reha und Kur auf test.de

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