Mammografie-Scree­ning Was dafür spricht – und dagegen

Mammografie-Scree­ning - Was dafür spricht – und dagegen

Unter­suchung der Brust per Röntgen­strahlen. Sie ist jetzt für Frauen von 50 bis 75 Jahre alle zwei Jahre Kassen­leistung. © Adobe Stock / Peakstock

Brust­krebs früh­zeitig erkennen: Das soll die Mammografie leisten. Künftig haben mehr Frauen darauf Anspruch als bisher. Jede sollte Vor- und Nachteile für sich abwägen.

Soll ich teilnehmen oder nicht? Diese Frage stellen sich Millionen von Frauen in Deutsch­land alle zwei Jahre aufs Neue, wenn wieder die Einladung zum Mammografie-Scree­ning im Brief­kasten liegt. Anspruch auf die Röntgen­unter­suchung der Brust hat seit fast 20 Jahren die Alters­gruppe der 50- bis 69-Jährigen. Ab dem 1. Juli 2024 wird die Alters­grenze auf 75 ange­hoben. Damit steht die Unter­suchung nun rund 14,5 Millionen Frauen zur Verfügung.

Ziel der Mammografie: Brust­krebs früh­zeitig erkennen und die Sterb­lich­keits­rate lang­fristig senken. Wir geben einen Über­blick, wer wann Anspruch hat und was zu Nutzen sowie Risiken bekannt ist. Dazu Tipps, wie Sie erkennen, ob Ihre Frauen­ärztin Sie gut zum Scree­ning berät.

70- bis 75-Jährige müssen sich vor­erst selbst anmelden

Neu anspruchs­berechtigt für das Mammografie-Scree­ning sind 70- bis 75-jährige Frauen. Hintergrund der Erweiterung sind aktualisierte Empfehlungen der Europäischen Kommission, um die Krebs­früh­erkennung zu stärken. Die Frauen müssen dazu aber selbst aktiv werden, eine Einladung mit Termin­vorschlag in einer wohn­ortnahen Scree­ning-Einheit erhalten sie vor­erst nicht. Dafür sind laut dem Gemeinsamen Bundesausschuss umfang­reiche Vorbereitungen und Anpassungen des derzeitigen Angebots notwendig. Ein Termin­angebot per Post wird es voraus­sicht­lich erst ab 2026 geben.

Tipp: Über­gangs­weise können 70- bis 75-Jährige selbst einen Mammografie-Termin bei der regional zuständigen Zentralen Stelle vereinbaren. Die letzte Mammografie muss bei der Termin­anfrage mindestens 22 Monate her sein.

Die Teil­nahme an einer Krebs­früh­erkennungs­unter­suchung ist freiwil­lig, die Entscheidung sehr persönlich. Wägen Sie Vor- und Nachteile individuell ab. Hilf­reich kann eine Entscheidungshilfe sein.

Belegter Vorteil für Ältere nur sehr klein

Die Kehr­seite: Mit dem Alter steigt die Wahr­scheinlich­keit, an einer anderen Krankheit als Brust­krebs zu sterben. Und nur wenige Studien unter­suchen den Nutzen des Brust­krebs-Scree­nings für Frauen ab 70 Jahren. Die Ergeb­nisse sind laut dem IQWiG (Institut für Qualität und Wirt­schaftlich­keit im Gesund­heits­wesen) nicht so klar und aussagekräftig wie für Jüngere und reichen nicht aus, um den Nutzen für Frauen ab 70 Jahren zu beziffern (siehe Nutzen und Risiken der Brustkrebs-Früherkennung).

Daher hat das IQWiG vorhandene Daten aus älteren Studien für jüngere Frauen auf die Älteren über­tragen und Modell­rechnungen angestellt. In seinem Abschluss­bericht bewertet es den Nutzen des Mammografie-Scree­nings auch für die älteren Frauen höher als damit verbundene Schäden. Es betont aber: Der belegte Vorteil für die einzelne Frau sei nur sehr klein, eine individuelle Abwägung bleibe unerläss­lich.

Tipp: Lassen Sie sich zu Nutzen und Risiken von Frauen­arzt oder -ärztin beraten. Unser Test der Beratungsqualität (PDF als Download). 2014 hatte allerdings deutliche Mängel aufgezeigt. Woran Sie gute Beratung erkennen, lesen Sie in unseren Tipps.

Die Sterberate durch Brust­krebs sinkt

Zwar bleibt Brust­krebs die häufigste Krebs­art bei Frauen, aber er ist nicht die gefähr­lichste. Das Risiko, an Brust­krebs zu sterben, konnte in den vergangenen 50 Jahren mehr als halbiert werden. Das belegen aktuelle Daten aus den USA, die das Fachmagazin Jama veröffent­licht hat. Die Zahlen hier­zulande gehen in die gleiche Richtung. Als Gründe für die positive Entwick­lung nennen Fachleute zum einen die stetig verbesserten Therapien, zum anderen Einführung und Ausbau der Früh­erkennung.

Brust­krebs-Früh­erkennung in der Diskussion

Über das Mammografie-Scree­ning wird in Wissenschaft und Medien seit Jahren kontrovers diskutiert. Kritiker sagen: Viele Frauen wissen nicht, dass die Teil­nahme am Scree­ning im individuellen Fall nutzen, aber auch schaden kann.

Wichtig zu wissen: Die Mammografie schützt nicht vor Brust­krebs. Sie kann nicht verhindern, dass Brust­krebs entsteht, sondern ihn nur in einem frühen Stadium erkennen. Es handelt sich nicht um eine Vorsorge-, sondern um eine Früh­erkennungs­unter­suchung.

Ausweitung auch für 45-Jährige in Sicht

Auch jüngere Frauen, die zwischen 45 und 49 Jahren alt sind, könnten künftig ins Mammografie-Scree­ning einbezogen werden. Das empfehlen die EU-Kommis­sion, das IQWiG und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Das Strahlenrisiko sei relativ gering, die Studien­lage zum Nutzen gut. Beratungen zur Senkung der Alters­grenze laufen nach Angaben des Gemein­samen Bundes­ausschuss (G-BA) bereits. Er entscheidet über Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Ein Beschluss werde noch 2024 angestrebt. Formal braucht es dafür zudem eine Novelle der Brust­krebs-Früh­erkennungs-Verordnung.

Auch 3-D-Mammografie in der Diskussion

Vor dem Absenken der Alters­grenze soll das Bundes­amt für Strahlen­schutz beur­teilen, ob in bestimmten Fällen eine 3-D-Mammografie (Tomo­synthese) zur Brust­krebs­früh­erkennung zugelassen werden kann. Das sagte ein Sprecher des zuständigen Bundes­umwelt- und -verbraucher­schutz­ministeriums auf Anfrage von test.de. Mit dieser Weiter­entwick­lung der Mammografie ist das Brust­drüsengewebe aufgrund der schicht­weisen, dreidimensionalen Darstellung besser beur­teil­bar, da die Strukturen des Brust­gewebes ohne Über­lagerungen zu erkennen sind. Davon könnten vor allem Frauen mit dichtem Brustdrüsengewebe profitieren.

Mammografie auch deutlich früher möglich

Außer­halb des Scree­nings hat jede Frau mit einem Verdacht auf Brust­krebs – unabhängig vom Alter – Anspruch auf eine Mammografie. Zur Brust­krebs-Früh­erkennung wird Frauen ab dem 30. Lebens­jahr angeboten, die Brust jähr­lich abzu­tasten. Ertasten die Gynäkologinnen oder Gynäkologen zum Beispiel einen Knoten oder sehen bei einer Ultra­schall­unter­suchung Auffälligkeiten, können sie betroffene Frauen für eine Mammografie zu einer Radio­login oder einem Radio­logen über­weisen.

Tipp: Bemerken Sie eine Veränderung der Brust, wenden Sie sich direkt an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt. Das können etwa tast­bare Knoten, Dellen, Verhärtungen der Brust sein aber auch sicht­bare Verformungen, Haut­ver­änderungen, Einziehungen der Brust­warze oder Blutungen aus der Brust­warze.

Was hilft Krebs vorzubeugen und früh zu erkennen

Vor Haut­krebs schützen. Die Zahl der Todes­fälle durch Haut­krebs steigt. Die Behand­lungen von Haut­krebs-Erkrankungen haben in den vergangenen 20 Jahren in Deutsch­land zugenommen. Lang­fristig können UVA- und UVB-Strahlen Haut­krebs verursachen. Welche Sonnen­cremes zuver­lässig schützen, steht in unseren Tests Sonnenschutzmittel für Erwachsene und Sonnencreme für Kinder.

Möglich­keiten der Früh­erkennung. Die Haut­krebs-Früh­erkennungs­unter­suchung beim Haut­arzt ist für Erwachsene alle zwei Jahre kostenlos. Ob Apps Haut­krebs von harmlosen Alters­flecken unterscheiden können, haben wir in unserem Test von Hautscreenings-Apps untersucht.

Hilfe bei der Diagnose. Wurde bei Ihnen eine Vorstufe von weißem Haut­krebs fest­gestellt, können Medikamente bei Aktinischer Keratose zum Auftragen helfen. Für Angehörige von Krebs­patienten bietet unser Ratgeber Diagnose Krebs Orientierung und viele Tipps zum Unterstützen und dem Umgang mit seelischen Belastungen.

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Kommentarliste

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  • Profilbild Stiftung_Warentest am 19.11.2014 um 16:26 Uhr
    @Pete59

    An keiner Stelle unserer Veröffentlichung ist von einem Rechtsanspruch auf Beratung als systematischem Bestandteil des Screening-Programms die Rede. Aber: Beratung von Patienten gehört zu den ärztlichen Kernleistungen und ist gegenüber den Krankenkassen abrechnungsfähig. Wenn eine ratsuchende Frau sich an ihren Frauenarzt oder ihre Frauenärztin wendet, um sich zum Mammografie-Screening beraten zu lassen und zu ihren möglichen individuellen Brustkrebsrisikofaktoren sowie zum Stellenwert der Untersuchung im Kontext weiterer gesetzlicher Früherkennungsmaßnahmen wie der Tastuntersuchung der Brust – dann steht der Arzt in der Pflicht, sie zu beraten.

  • Pete59 am 17.11.2014 um 18:09 Uhr
    @Stiftung Warentest

    Ihre Antwort auf meinen Kommentar enthält viel Wahres: dass „Frauenärzte die ersten Ansprechpartner für ratsuchende Frauen“ sind, dass „ein ärztliches Beratungsgespräch vor der Inanspruchnahme der Mammografie hilfreich sein kann“.
    Nur ist dies, übrigens gegen den Rat der Frauenärzte, nicht in der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie verankert. Aus Kostengründen sollen die niedergelassenen Frauenärzte beim Mammographie-Screening außen vor bleiben. Auch in der von Ihnen angeführten Patientenleitlinie steht, dass „das Programm vor der Röntgenaufnahme der Brust kein Beratungsgespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt vorsieht“.
    Es bleibt daher falsch, dass Sie in Ihrem Artikel einen Rechtsanspruch postulieren. Und Ihrer Antwort versteigen Sie sich nun sogar zu einer Beratungspflicht.
    Angesichts der Diskussion über Termine bei Fachärzten für eine Leistung, die nicht Bestandteil der GKV ist, auch noch „ausreichend Zeit“ zu fordern, ist zudem kess.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 17.11.2014 um 13:44 Uhr
    @Pete59

    In der Tat sieht das Mammografie-Screening-Programm keine systematische Beratung durch Frauenärzte vor der Durchführung der Mammografie in der Screeningeinheit vor. Nichtsdestotrotz sind Frauenärzte die ersten Ansprechpartner für ratsuchende Frauen zu allen Untersuchungen der Krebsfrüherkennung, die den frauenärztlichen Bereich betreffen. So wird auch auf der Website des Mammografie-Screening-Programms www.mammo-programm.de unter den FAQs ausgeführt, dass „das Mammografie-Screening eine ergänzende Untersuchung zur jährlich angebotenen gesetzlichen Früherkennungsuntersuchung bei Ihrem Frauenarzt oder Ihrer Frauenärztin (ist). Hier besteht die Möglichkeit, im vertrauten Rahmen mit Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin zu sprechen.“ Auch in der Patientenleitlinie „Früherkennung von Brustkrebs“ als Bestandteil des „Leitlinienprogramms Onkologie“ wird darauf verwiesen, dass ein ärztliches Beratungsgespräch vor der Inanspruchnahme der Mammografie hilfreich sein kann – und es werden konkrete Hinweise gegeben, welche Fragen mit der Frauenärztin bzw. dem Frauenarzt vor der Untersuchung beim Mammografie-Screening besprochen werden können. Frauenärzte stehen also sehr wohl in der Beratungspflicht, wenn sich ratsuchende Frauen an sie wenden.

  • julemke am 17.11.2014 um 08:42 Uhr
    Richtig So

    Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass in vielen Fällen die Beratung zu kurz ausfällt. Ich habe jahrelang als Hebamme gearbeitet.

  • Pete59 am 15.11.2014 um 17:49 Uhr
    Was müssen Ärzte? Blick in die Richtlinie hilft!

    Beim Mammographie-Screening sind die niedergelassenen (Frauen-) Ärzte ausdrücklich nicht eingebunden. Anders als z. B. bei der Darmkrebsfrüherkennung ist eine vorgeschaltete Aufklärung durch diese nicht vorgesehen (vgl. u. a. §§ 38 bzw. 14 Krebsfrüherkennungs-Richtlinie). Ich weiß daher nicht, auf welcher Grundlage Sie ein „Recht, sich über das Screening bei Ihrem Arzt beraten zu lassen“ postulieren, insinuiert ist ja wohl zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.