
Behutsame Veränderung. Bei Männern mittleren Alters gehen Hormonveränderungen langsamer vor sich als bei Frauen. © Getty Images / Oliver Rossi
Ab 40 sinkt beim Mann der Testosteronspiegel. Beschwerden werden oft darauf zurückgeführt, doch Belege für die Wechseljahre des Mannes fehlen. Was bringen da Medikamente?
Testosteron: Zusammenspiel Hirn und Hoden
Das bekannteste Sexualhormon von Männern ist Testosteron. Dieses baut der Körper aus einer Vorstufe auf, dem Dehydroepiandrosteron (DHEA). Testosteron trägt zur Lust auf Sex bei, zur Funktion der Sexualorgane und zur Ausprägung des männlichen Körperbaus.
Die Produktion von Testosteron ist in einen Regelkreis zwischen Hirnanhangdrüse und Geschlechtsdrüsen eingebunden. Ein Hormon der Hirnanhangdrüse regt bestimmte Zellen in den Hoden an, Testosteron zu produzieren. Ist im Blut genügend Testosteron vorhanden, drosselt die Hirnanhangdrüse die Hormonproduktion. Umgekehrt fördert sie sie, wenn der Testosteronspiegel sinkt.
DHEA: Enttäuschend in klinischen Versuchen
DHEA sowie Testosteron werden damit beworben, dass sie den Alterungsprozess aufhalten und eine nachlassende Sexualfunktion verbessern können. Die Idee, DHEA hierfür einzusetzen, basiert darauf, dass Menschen mit hohem Alter oft einen relativ hohen DHEA-Blutspiegel haben.
In klinischen Untersuchungen ließen sich allerdings keine nennenswerten Effekte durch die Zufuhr von DHEA feststellen. Die Einnahme von DHEA beeinflusst weder die Leistungsfähigkeit noch den Körperaufbau oder die Knochendichte. Die Ergebnisse waren so ernüchternd, dass die beteiligten Forscher weitere Studien für wenig erfolgversprechend hielten.
Bei den Frauen abgeschaut
Der Einsatz von Testosteron ist eine Analogie zur Östrogenanwendung bei Frauen in den Wechseljahren. Ab dem 40. Lebensjahr beginnt bei Männern der Testosteronspiegel im Blut abzusinken. Doch anders als bei Frauen tut er dies allmählich.
Zweifelhaftes Anwendungsgebiet für Medikamente
Ein Komplex aus Beschwerden und Symptomen, der auf die nachlassende Hormonkonzentration beim Mann zurückzuführen ist, ist bisher nicht bekannt. Da somit die Belege für ein so genanntes „Klimakterium virile“ fehlen, sind Medikamente für dieses Anwendungsgebiet als fragwürdig anzusehen.
Männergesundheit im Fokus
Die Expertinnen und Experten der Stiftung Warentest bewerten regelmäßig Medikamente und beurteilen Behandlungsmethoden, die für Männer von Bedeutung sein können – von Bluthochdruck über Leistenbruch bis zu Nahrungsergänzungsmitteln. Aktuelle Untersuchungen zu Mitteln bei Potenzschwäche oder Mitteln bei Prostatavergrößerung finden Sie auf unserer Themenseite Medikamente.
Hormon-Präparate: Fehlender Nutzen
Der Nutzen einer Anwendung von Testosteron ließ sich bisher nicht nachweisen. Eine Studie an relativ wenigen Männern, die das Hormon in geringer Dosierung für zwei Jahre verabreicht bekamen, ergab keinen Anhaltspunkt für eine Verbesserung altersbedingter Körpervorgänge.
Ob mit einer hoch dosierten Testosteroneinnahme andere Ergebnisse erzielt werden, ist nicht sicher. Auch bei Männern mit Testosteronmangel scheint die Hormonbehandlung nur geringe Auswirkungen auf die Libido, die Erektion oder die sexuelle Zufriedenheit zu haben.
Hormon-Präparate: Risiken möglich
Vielmehr gibt es ernst zu nehmende Hinweise, dass die dauerhafte Anwendung von Testosteron schädlich auf das Herz wirken kann. Diese betreffen vor allem ältere Männer, die an verschiedenen chronischen Erkrankungen leiden.
Außerdem ist nicht auszuschließen, dass die Anwendung von Testosteron eine Prostatavergrößerung verstärken oder die Zahl der Prostata-Krebserkrankungen erhöhen kann. Aussagekräftige Studiendaten gibt es dazu jedenfalls nicht. Solange mögliche Risiken nicht ausgeschlossen werden können, wird von der Anwendung von DHEA oder Testosteron im Zusammenhang mit den genannten, nicht zu begründenden Anwendungsgebieten abgeraten.
Testosteron-Gele nicht besser
Auch die äußerlich anzuwendenden testosteronhaltigen Gele haben nach bisherigen Erkenntnissen keinen relevanten Effekt auf die sexuelle Aktivität, das sexuelle Verlangen, das Erinnerungsvermögen und die Vitalität. Zudem fehlen Untersuchungsdaten, die belegen, dass sie Herz, Kreislauf und Prostata nicht schaden.
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