Verbotene Telefonwerbung

Interview: Lästige Werbeanrufe in der Privatwohnung

Fremde Anrufer belästigen Verbraucher nach Feierabend. Sie nutzen den Überraschungseffekt, um sofort Verträge zu schließen oder einen Besuchstermin zu vereinbaren. Finanztest fragte Helke Heidemann-Peuser, Juristin im Verbraucherzentrale Bundesverband, wie Verbraucher sich gegen solche Kaltanrufe (Cold Calling) wehren können.

Finanztest: Dürfen Firmen Verbraucher unaufgefordert zuhause anrufen?

Heidemann-Peuser: Nein. Unerbetene Telefonanrufe bei Privatpersonen sind seit 2004 per Gesetz verboten. Ein solcher Anruf, der ohne Einverständnis des ­Verbrauchers erfolgt, verletzt laut ­Bundesgerichtshof die Privatsphäre des Ange­rufenen. Das gilt auch, wenn bereits Geschäftsbeziehungen bestehen. Teilt der Kunde dort seine Telefonnummer mit, heißt das nicht, dass er mit späteren Werbeanrufen der Firma einverstanden ist. Auch vor­formulierte Einverständniserklärungen beispielsweise in allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Darlehens-, Abonnement- und Telefonverträgen sind ­unwirksam und können spätere Werbeanrufe nicht rechtfertigen.

Finanztest: Dürfen Firmen bei ­Verbrauchern anrufen, wenn sie dies ­vorher ­ankündigen?

Heidemann-Peuser: Nein. Ohne ausdrückliches Einverständnis des Verbrauchers zu einem Telefongespräch darf eine Firma nicht anrufen. Auch bei Anforderung von Informationsmaterial unter ­Angabe der Telefonnummer in einer Werbeantwort liegt noch kein Einverständnis vor. Ein Anbieter kann sich auch nicht darauf berufen, auf Empfehlung eines Freundes oder Bekannten anzurufen.

Finanztest: Sind die unerbetenen Anrufe seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes ­weniger geworden?

Heidemann-Peuser: Leider nein. Die Beschwerden der Verbraucher häufen sich.

Finanztest: Sind telefonisch abgeschlossene Verträge gültig?

Heidemann-Peuser: Ja. Auch am Telefon abgeschlossene Verträge können wirksam sein. In den meisten Fällen steht Verbrauchern aber ein Widerrufsrecht zu. Sie können Verträge binnen zwei Wochen schriftlich widerrufen. Wird der Angerufene nicht schriftlich über dieses Widerrufsrecht informiert, kann er auch noch ­später widerrufen.

Vorsicht ist allerdings bei Zeitschriftenabonnements angebracht. Hier gibt es erst ab einem Bestellwert von 200 Euro ein Widerrufsrecht. Werden Zeitschriften geschickt, obwohl man am Telefon nichts bestellt hat, muss man aber nicht zahlen. Um Mahnungen zu vermeiden, sollte man dem Anbieter mitteilen, dass ein solcher Vertrag niemals zustande gekommen ist.

Finanztest: Haben Privatpersonen überhaupt Möglichkeiten, sich erfolgreich ­gegen unerbetene Anrufe zu wehren?

Heidemann-Peuser: Es ist schwer, sich gegen solche Anrufe zu wehren. Verbraucher sollten das Gespräch sofort beenden und den Anrufer auffordern, weitere Anrufe zu unterlassen. Zudem sollten sie beim Ausfüllen von Verträgen oder Werbepostkarten die Frage, ob ihre Telefonnummer zu Werbezwecken weitergegeben werden darf, verneinen. Bei hartnäckiger Belästigung sollten sie Name, Adresse, Datum und Uhrzeit des Anrufs notieren und diese Informationen an eine Verbraucherzentrale oder an den Verbraucherzentrale Bundesverband schicken. Diese Verbände können rechtlich gegen die Firmen vorgehen.

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