Grauer Star und Makuladegeneration Behand­lung im Blick

Der graue Star und die alters­abhängige Makuladegeneration lassen die Sehkraft schwinden. Neben bewährten Verfahren stehen auch neue Behand­lungs­möglich­keiten zur Verfügung.

Auch Augen altern und werden anfäl­lig für Krankheiten. Mehr als die Hälfte der über 65-Jährigen leidet an grauem Star – die Augen­linse trübt sich ein. Die alters­abhängige Makuladegeneration (AMD) schädigt den Bereich des schärfsten Sehens. Jedes Jahr erkranken 50 000 daran, betroffen sind rund 4 Millionen im Lande.

Farben verblassen, Lesen strengt an

Mit der Zeit werden die Fasern der Augen­linse weniger durch­lässig für Licht. Die Linse wird trüb, verhärtet sich. Der graue Star (Katarakt) zeigt sich als fort­schreitender Prozess. Neben Alters­gründen können zum Beispiel starke Licht­einwirkung, Störungen der Linsen­ernährung, Diabetes oder Neuroder­mitis Auslöser sein. Betroffene schauen wie durch ein beschlagenes Fenster. Plötzlich sehen sie Flugzeuge am Himmel doppelt. Farben verblassen. Mitunter verändert sich die Brillen­stärke in kurzen Zeit­abständen. Lesen strengt an, erfordert stärkeres Licht. Verkehrs­teilnehmer reagieren empfindlich auf Blend­einwirkung.

Medikamente gegen grauen Star gibt es noch nicht, aber eine Operations­methode, die bei etwa 95 von 100 Eingriffen das Sehvermögen wieder herstellt, bei den restlichen teil­weise: Es wird eine Kunst­linse einge­setzt. Wochen, Monate, manchmal Jahre nach der Operation kann ein „Nach­star“ auftreten: Linsen­zellen wachsen auf die Linsenkapsel und trüben die Sehschärfe. Per Laser­eingriff kann der Arzt die Zellab­lagerungen endgültig beseitigen.

Kunst­linsen für jeden Bedarf

Vor der Operation wird der nötige Brech­wert der Kunst­linse berechnet. Trotz sehr guter Verfahren „bleibt mitunter ein kleiner Rest­fehler“, sagt Ober­arzt Dr. Mike Holzer, Leiter der refraktiven Chirurgie, Universitäts­augen­klinik Heidel­berg. Als Kunst­linsen kommen „normale“ Mono­fokallinsen oder Sonderlinsen infrage wie torische, asphärische, akkommodative Linsen und Multifokallinsen, alle mit UV-Schutz.

Mono­fokallinsen „heilen“ den grauen Star, ermöglichen scharfes Sehen aber entweder nur in der Ferne oder in der Nähe. Die meisten Menschen mit Mono­fokallinse müssen mindestens eine Brille tragen – in der Regel für das Nahsehen. Bei einer Hornhaut­verkrümmung kann auch eine Brille für die Ferne erforderlich sein. Besteht eine leichte Hornhaut­verkrümmung, kann sie operativ ausgeglichen werden. Bei Werten über 1,5 Dioptrien eignen sich torische Linsen. Die asphärische Mono­fokallinse eignet sich besonders bei großen Pupillen. Mit ihr können sich das Kontrast- und Dämmerungs­sehen bei Dunkelheit verbessern und die Blendungs­empfindlich­keit verringern.

Scharf sehen in allen Entfernungen

Eine Augen­linse verliert nach 45 bis 60 Jahren die Fähig­keit, Entfernungen automa­tisch einzustellen – ein Verlust der Anpassungs­fähig­keit, Akkommodation genannt.

Akkommodative Kunst­linsen sollen das ausgleichen und stufenlos scharfes Sehen ermöglichen. Zwei Mono­fokallinsen unterschiedlicher Dioptrien werden hinter­einander geschaltet. Durch den Augen­muskel soll sich der Abstand der beiden Optiken zueinander und der Brenn­punkt verän­dern. „Diese seit Anfang 2009 in Europa zugelassenen Linsen sind interes­sant, aber im klinischen Alltag noch nicht ange­kommen. Einige Fragen sind ungeklärt. Bislang wird nur eine mäßige Verbesserung der Nahsehschärfe erzielt“, so Professor Thomas Kohnen, Universitäts­augen­klinik Frank­furt.

Die Multifokallinse, bereits vor 20 Jahren entwickelt, ermöglicht ein relativ scharfes Sehen in allen Entfernungen. Sie besteht aus mehreren Ringsegmenten unterschiedlicher Brech­kraft und verteilt das einfallende Licht auf mehrere Brenn­punkte. Diese Linse „geht über das medizi­nisch Notwendige hin­aus und optimiert das Sehen“, sagt Thomas Kohnen. „Aber sie führt noch zu einer Einbuße an Kontrast­sehen beziehungs­weise zu Informations­defiziten“, sagt Professor Horst Helbig, Universi­täts­augen­kli­nik Regens­burg. Durch den herab­gesetzten Bild­kontrast nimmt der Betroffene je nach Linse in der Dämmerung um Licht­quellen oft Licht­reflexe wie Licht­höfe wahr. Das und ein schlechteres Dämmerungs­sehen erschweren das Auto­fahren. Neue Techniken wie ein weicher Über­gang zwischen Nah- und Fern-Brenn­punkt haben solche Effekte aber bereits reduziert.

Bei einem Glaukom und bei Netz­haut­erkrankungen wie der Makuladegeneration dürfen Multi­fo­kal­linsen jedoch nicht einge­setzt werden. „Es ist aber nicht die Regel, dass dies einge­halten wird. Dann ist es sehr wahr­scheinlich, dass die Patienten nicht zufrieden sind und die Linsen wieder entfernt werden müssen“, warnt Professor Albert Augustin, Direktor der Augen­klinik am Städtischen Klinikum in Karls­ruhe.

Die torische Multifokallinse ist auch bei ausgeprägter Hornhaut­verkrümmung zu verwenden. Neben grauem Star, Kurz- und Alters­sichtig­keit hilft sie auch, eine Hornhaut­verkrümmung ab 1,5 Dioptrien auszugleichen. Häufig lässt sich so eine Brille vermeiden. Das Gehirn braucht aber Zeit, sich auf die neue Optik einzustellen. Ob damit jeder klar­kommt, ist unsicher.

Vor allem der Blau­anteil des Lichts soll für licht­bedingte Schäden an der Netzhaut verantwort­lich sein. Jede Linse kann neben einem UV-Filter auch einen Blaulicht­filter erhalten. „Das hängt davon ab, ob die Stelle schärfsten Sehens auf der Netzhaut bereits geschädigt ist. Studien zeigen, dass sich die alters­abhängige Makuladegene­ration ohne Blaufilter nach einer Opera­tion tendenziell verschlechtert“, sagt Professor Albert Augustin.

Was die Operation kostet

Hat sich das Sehvermögen auf etwa 60 Prozent verschlechtert, bezahlt die Kasse einen Eingriff „in der medizi­nisch notwendigen Ausführung“ – aber nur die einfache Mono­fokallinse, ebenso die Operation. Alle anderen Linsen muss der Patient selbst bezahlen – pro Auge sind das zwischen 500 und etwa 1 600 Euro. Die Kosten für die Operation muss er ebenfalls selbst tragen: Das macht etwa 1 000 bis 1 500 Euro pro Auge, es gibt je nach Bundes­land Unterschiede. Dabei ist die Implantations­methode bei Mono- und Multifokallinsen weitest­gehend gleich, bei Sonderlinsen ist sie anspruchs­voller.

Tipp: Es ist ratsam, vor einer Operation zur Kunst­linse eine Zweitmeinung einzuholen – es sei denn, Sie wollen nur die Leistungen der Kasse in Anspruch nehmen. Der Augen­arzt sollte bei der Linsen­wahl berück­sichtigen, ob Sie eine Augen­erkrankung wie ein Glaukom oder eine Hornhaut­verkrümmung haben, nachts häufig Auto fahren und bereit sind, eine Brille zu tragen.

Alters­abhängige Makuladegeneration

Im Mittel­punkt der Makuladegeneration steht die winzige Makula, ein gelber Fleck. Die wenige Quadratmilli­meter große Stelle ermöglicht solch komplexe Sehleistungen wie Lesen, Erkennen von Gesichtern und feinen Details, Unterscheiden von Farben. Was das Auge fixiert, wird auf die Makula abge­bildet. Die alters­abhängige Makuladegeneration (AMD) ist die Haupt­ursache für eine hoch­gradige Sehminderung bei Älteren. Sinnes­zellen sterben dabei ab. Ursachen dieser Augen­krankheit sind das Alter, aber auch Rauchen, einseitige Ernährung (arm an Vitaminen und Omega-3-Fett­säuren), ständige Licht­einwirkung, Blut­hoch­druck, Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen, genetische Veranlagung. Sind Eltern betroffen, ist das Erkrankungs­risiko der Kinder erhöht. Bei AMD ist ein Teil des Immun­systems, das Komplement­system, gestört.

Es gibt die trockene und die feuchte AMD, manchmal treten beide zugleich auf. Bei der trockenen AMD sterben die Sinnes­zellen lang­sam ab. Ist erst ein Auge betroffen, kann das gesunde die Schwäche häufig eine Zeit lang ausgleichen. Die Behand­lung der trockenen AMD konzentriert sich derzeit darauf, Betroffene mit Lese- und Hörhilfen oder per Computer zu unterstützen.

„Ein Hilferuf der Netzhaut“

Bei der feuchten AMD nimmt die Sehfähig­keit bereits nach wenigen Monaten drastisch ab. Die Netzhaut produziert größere Mengen des Boten­stoffs VEGF (vascular endo­thelial growth factor), erläutert Professor Frank G. Holz, Direktor der Universitäts-Augen­klinik Bonn, „ein Hilferuf der Netzhaut, dass sie nicht richtig ernährt wird “.

VEGF bewirkt, dass krankhafte Blutgefäße aus der Aderhaut in die normaler­weise gefäß­freie Makula einsprießen. Austretende Flüssig­keiten, Netzhaut­schwellung und Blutungen zerstören dort die Sinnes­zellen. Heilung ist derzeit nicht möglich. Der Prozess kann aber aufgehalten oder zumindest verlang­samt werden.

Je früher die Behand­lung einsetzt, desto besser. Hemm­stoffe (wie VEGF-Inhibitoren gegen Blutgefäß­neubildung) blockieren das Wachs­tum der Gefäße, dichten sie bei den meisten Patienten ab: Sie werden in den Augapfel injiziert. Bei einigen wird die Gefäß­neubildung nach wenigen Injektionen gestoppt, andere müssen Jahre behandelt werden. Zu den Hemm­stoffen zählen Mittel wie Ranibi­zumab (Lucentis), Pegaptanib (Macugen), Bevaci­zumab (Avastin, siehe „Avastin oder Lucentis?“). Übrigens: Nur noch selten einge­setzt werden die Laserbe­hand­lung (Veröden undichter Gefäße) und die photo­dyna­mische Therapie (in die Vene injiziertes laserlicht­empfindliches Verteporfin lagert sich in der krankhaften Gefäß­membran ab). Die Behand­lungs­möglich­keiten mit Medikamenten sind meist besser.

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • schleusener am 08.05.2015 um 18:18 Uhr
    Makuladegeneration und Akupunktur


    Die trockene Form der Makuladegeneration ist derzeit augenheilkundlich nicht behandelbar. Um so mehr wundert es mich, dass naturheilkundliche Verfahren, wie die Augenakupunktur nach Boel aber auch die Klassische Akupunktur, mit keinem Wort erwähnt werden. Dass zu diesen Methoden derzeit nur Erfahrungen von Therapeuten und keine Studien existieren ist traurig und ein Manko.
    Ich sehe aber nicht, dass sich das in nächster Zeit ändert.
    Auf meiner Seite www.makuladegeneration-akupunktur.info habe ich versucht Informationen zur Makuladegeneration und zur Augenakupunktur nach Boel zusammenzutragen.
    Anmerkung: dies ist eine Webseite meiner Arztpraxis.
    Alles Gute
    Klaus Schleusener, Karlsruhe

  • schleusener am 08.05.2015 um 18:15 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.