
Darmkrebs-Vorsorge ab 50 nutzen. Sie kann Krebs und Krebsvorstufen im Muskelschlauch erkennen. © Getty Images / Dazeley
Jährlich erkranken in Deutschland rund 60 000 Personen an Darmkrebs. Früh entdeckt, stehen die Heilungschancen gut. test.de informiert zu Vorsorge-Möglichkeiten.
Krebsvorstufen erkennen
Nationale Früherkennungsprogramme verhindern viele Darmkrebsfälle, berichtet das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ). Es verglich Daten von 3,1 Millionen Darmkrebs-Betroffenen aus 21 Ländern. Die Zahlen sanken dort, wo Menschen ab etwa 50 Jahren eingeladen sind, sich mit Stuhltest und Darmspiegelung auf Krebsvorstufen testen zu lassen – wie in Tschechien, Österreich und Deutschland. Hierzulande etwa wurden 2016 rund ein Viertel weniger Krebsfälle registriert als noch 2000, so das DKFZ. In Ländern ohne Programme dagegen stieg die Rate.
Ab 50 Jahren kommen Einladungen zur Früherkennung
In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 60 000 Menschen an Darmkrebs, 25 000 sterben daran. Seit 2019 können gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland ein verbessertes Screeningprogramm in Anspruch nehmen, damit Darmkrebs frühzeitig erkannt wird. Es umfasst mehrere Untersuchungen in unterschiedlichen Zeitabständen. Im Alter zwischen 50 und 65 Jahre bekommen gesetzlich Krankenversicherte alle fünf Jahre von ihrer Krankenkasse einen Brief, der zu kostenlosen Angeboten der Darmkrebsfrüherkennung einlädt. Der Brief enthält ausführliche Informationen zu den Untersuchungen, zum Datenschutz, zu Widerspruchsrechten und Programmbeurteilungen. Zuvor gab es Einladungen dieser Art nur für die Mammografie (Früherkennung Brustkrebs). Erfahrungen zeigen, dass Einladungen, die Bereitschaft mitzumachen, steigern können.
Tipp: Auch ohne Einladung ist die Teilnahme an der Darmkrebsfrüherkennung möglich – vorausgesetzt, das Alter stimmt. Rufen sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt an. Was die gesetzlichen Krankenkassen an zusätzlichen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen für Frauen bieten, zeigt der Krankenkassen-Vergleich der Stiftung Warentest.
Darmspiegelung für Männer ab 50 möglich
Wichtigste Untersuchung im Rahmen des Screeningprogramms ist die Darmspiegelung – in der Fachsprache Koloskopie genannt. Männer können sie jetzt bereits ab dem 50. Geburtstag auf Kassenkosten in Anspruch nehmen. Der Grund: Sie erkranken häufiger und vor allem früher an Darmkrebs als Frauen. Unabhängig vom Alter trifft es laut DKFZ 46 von 100 000 Männer, dagegen nur 28 von 100 000 Frauen. Stärker noch zeigten sich Geschlechtsunterschiede bei den Krebsvorstufen. Für Frauen liegt das offizielle Einstiegsalter für eine Darmspiegelung bei 55 Jahren.
Spiegelung senkt Sterberisiko um 70 Prozent
Die Darmspiegelung gilt als aufwendig, aber als zuverlässigste Methode. Fachärzte wie Gastroenterologen untersuchen dabei mithilfe eines Schlauchendoskops den Dickdarm auf Gewebeveränderungen und können Krebsvorstufen wie Polypen direkt entfernen. Die Ergebnisse einer Langzeitbeobachtung der Universität Pennsylvania belegen, dass eine Spiegelung das Risiko, an Darmkrebs zu sterben in den folgenden zehn Jahren deutlich vermindert: Die Spiegelung senke das Risiko um knapp 70 Prozent.
Wer früh einsteigt, hat Anspruch auf zwei Spiegelungen
Beide Geschlechter können die Untersuchung ein zweites Mal auf Kassenkosten vornehmen lassen – aber erst nach zehn Jahren Mindestabstand, denn Darmkrebs entwickelt sich in der Regel langsam. Wer sich zum Beispiel mit 65 Jahren oder später erstmals untersuchen lassen will, hat nur Anspruch auf eine einzige Früherkennungskoloskopie.
Tipp: Wenn Sie familiär vorbelastet sind oder unklare Beschwerden haben, können Sie schon früher – zum Beispiel im Alter von 30 Jahren – eine Darmspiegelung auf Kassenkosten wahrnehmen. Die Voraussetzung: Eine Ärztin oder ein Arzt müssen die Untersuchung für erforderlich halten. Der Anspruch auf eine Abklärungskoloskopie besteht jederzeit.
Stuhltest bleibt schnellere Alternative
Daneben gibt es eine zweite gesetzlich finanzierte Früherkennungsmethode – den immunologischen Stuhltest (iFOBT). Er ersetzt seit 2017 den früheren, chemischen Stuhltest. Beim immunologischen Test wird eine Stuhlprobe mittels Antikörpernachweis auf nicht sichtbare Blutspuren analysiert – möglicher Hinweis auf einen Tumor. Männer und Frauen im Alter von 50 bis 54 Jahren können ihn jährlich machen lassen, sofern keine Darmspiegelung vorgenommen wurde. Über 55-Jährige haben jedes zweite Jahr Anspruch darauf – wenn in der Zeit keine Darmspiegelung gemacht wurde. Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums beklagen, dass nur 10 Prozent der angeschriebenen Männer und 20 Prozent der Frauen den Stuhltest durchführten. Offenbar sei das Mitmachen derzeit zu kompliziert. Der Stuhltest müsse erst bei Ärztin oder Arzt abgeholt werden, dann zu Hause durchgeführt und wieder in der Praxis gebracht werden. Die Forscher schlagen vor, den Berechtigten in Zukunft den Stuhltest gleich per Post zuzusenden.
Wichtig zu wissen: Hausärzte und bestimmte Fachärzte wie Gynäkologen, Urologen oder Hautärzte geben den Stuhltest aus. Wird Hämoglobin im Stuhl nachgewiesen, kann dem Krebsverdacht nur mittels einer Darmspiegelung nachgegangen werden.
Beratungsgespräch in Anspruch nehmen
Versicherte können sich auch auf Kassenkosten ausführlich über das Vorsorgeprogramm von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt beraten lassen. Alle Vertragsärztinnen und -ärzte, die Darmkrebsfrüherkennung oder Gesundheitsuntersuchungen durchführen, dürfen die einmalige ausführliche Beratung über Ziel und Zweck des Screeningprogramms anbieten.
Tipp: Der Gemeinsame Bundesausschuss stellt neue Informationsbroschüren zum Angebot zur Verfügung – für Frauen und für Männer.
Lob und Kritik der Fachgesellschaften für das Krebs-Screening
Die deutschen Fachgesellschaften der Gastroenterologen sehen die Einführung des Screenings als wesentlichen Fortschritt, hätten sich in manchen Punkten aber weitergehende Regelungen gewünscht. So befürwortet die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), bei Männern bereits ab 45 Jahren mit der Früherkennung zu beginnen. Auch sollte für Angehörige von Darmkrebspatienten ein früherer Beginn der Vorsorge festgelegt werden, da sie ein erhöhtes Krebsrisiko haben.
Familiäres Risiko möglich
Gendefekte oder eine familiäre Vorbelastung können das Darmkrebs-Risiko erhöhen. Wissenschaftler des DKFZ gehen davon aus, dass etwa jede vierte Darmkrebserkrankung einen familiären Hintergrund hat. Das Ausmaß der Risikoerhöhung hänge von verschiedenen Faktoren ab:
- Verwandte ersten Grades. Erkranken Eltern, Geschwister oder Kinder an Darmkrebs, ist das eigene Darmkrebsrisiko etwa doppelt so hoch wie bei Menschen ohne familiäre Vorbelastung.
- Verwandte zweiten Grades. Sind Großeltern, Onkel, Tanten, Enkel an Darmkrebs erkrankt, gilt das eigene Darmkrebsrisiko ebenfalls als erhöht – allerdings in geringerem Maße als bei Verwandten ersten Grades.
- Anzahl der betroffenen Verwandten. Je mehr Verwandte bereits eine Darmkrebsdiagnose erhalten haben, desto höher ist das Risiko, selbst daran zu erkranken. Es gilt als vierfach erhöht, wenn bei zwei oder mehr erstgradig Verwandten Darmkrebs festgestellt wurde.
- Alter der Verwandten bei Diagnose. Je jünger die Verwandten waren, als bei ihnen Darmkrebs festgestellt wurde, desto höher ist das eigene Darmkrebsrisiko. Die Risikoerhöhung gilt als 1,8-fach, wenn Verwandte über 60 Jahren an Darmkrebs erkrankt sind. Das Risiko erhöht sich bis hin zum 3,6-Fachen, wenn Verwandte bei der Diagnose jünger als 50 waren.
- Krebsvorstufen bei Verwandten. Das eigene Darmkrebsrisiko steigert sich auch, wenn Verwandte Darmkrebsvorstufen (Adenome) hatten. Zu diesem Aspekt liegen laut DKFZ weniger Studien vor als zu familiären Vorbelastungen. Man gehe davon aus, dass das eigene Risiko bei Adenomen bei erstgradig Verwandten ebenfalls etwa 2-fach erhöht sei,.
Auch Rauchen, Trinken, Übergewicht erhöhen das Risiko
Auch einige Lebensgewohnheiten können Darmkrebs begünstigen. Dazu zählen etwa das Rauchen und regelmäßiges Alkoholtrinken, der häufige Verzehr großer Portionen von rotem Fleisch wie Rindersteak und Schweineschnitzel, eine Lebensweise mit wenig Bewegung und viel Sitzen. Auch Übergewicht kann Darmkrebs fördern.
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... und bessere Verständlichkeit i.B. auf eine Nutzen/Risiko-Abwägung
"https://www.hardingcenter.de/de/transfer-und-nutzen/faktenboxen/massnahmen-der-krebs-frueherkennung/kleine-darmspiegelung"
sowie
"https://www.hardingcenter.de/de/transfer-und-nutzen/faktenboxen/massnahmen-der-krebs-frueherkennung/darmkrebs-frueherkennung/darmkrebs-frueherkennung-durch-den-test-auf"
Dieser Text ist immer noch unvollständig und bedarf einer Überarbeitung.
1) Formulierungen mit relativen Häufigkeiten wie "Die Spiegelung senke das Risiko um knapp 70 Prozent" sind für die meisten Menschen unverständlich. Besser sind Formulierungen mit absoluten Häufigkeiten. Beispiel: "Von 1 000 Menschen mit Darmspiegelung erkranken 12 an Darmkrebs, ohne Darmspiegelung 16. Bei 4 von 1 000 Menschen wird also Darmkrebs verhindert." (Quelle: https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/frueherkennung-von-darmkrebs)
2) Auch Nachteile müssen erwähnt werden. Beispiel: "Alle Tests können unnötig beunruhigende Ergebnisse liefern. Eine Darmspiegelung kann selten zu Komplikationen führen, die behandelt werden müssen." (Quelle: siehe oben)
Weitere seriöse Informationen finden sich z. B. auf https://www.gesundheitsinformation.de/nutzen-und-schaden-von-frueherkennungsuntersuchungen_4475.html
@luthh: Der Widerspruch ist unterschrieben oder mit einer elektronischen Signatur per Post, E-Mail oder Fax an die folgenden Adresse zu richten:
Widerspruchsstelle G-BA, Hainstr. 16, 04109 Leipzig, Fax 049 341 98988384, g-ba@widerspruchsstelle.de
Damit der Widerspruch bearbeitet werden kann, müssen das Krebsfrüherkennungsprogramm und die Krankenversichertennummer mitgeteilt werden. Unter dem folgenden Link finden Sie die Versicherteninformation des GBA dazu: www.g-ba.de/downloads/17-98-4778/2019-02-20_G-BA_Versicherteninformation_Darmkrebsfrueherkennung_Maenner_bf_WZ.pdf
(maa)
In den demnächst verschickten Einladungen muss ja darauf hingewiesen werden, dass man dem Erhalt weiterer Einladungen widersprechen kann. Leider geht aus dem Gesetz nicht hervor, ob man bereits vor dem Versand der ersten Einladung dieser widersprechen kann. An wen wäre ein solcher Widerspruch schon jetzt wie zu richten?
Der Immunologische Test ist nicht 'einfacher als bisher'.
Auch wenn es drei Tage dauerte, genügte eine kleinere Menge auf dem Papierstreifen und den konnte ich auf dem benutzen WC-Papier ausstreichen. Heute muß der Stuhlgang "aufgefangen" werden, da er in deutschen Toiletten sofort verschwindet. Heute muß ich nochmal zur Abgabe zum Arzt fahren, damit der Test unmittelbar vom Labor mit abgeholt werden kann. Der Stuhlgang muß also früh kommen. Wer kann ihn schon nach Uhrzeit absetzen! Und mit Frühschichtlern geht das gar nicht. Früher konnte der Testbrief in den Briefkasten geworfen werden, da er ans Labor adressiert war.
Die Richtlinien, um Gefahrgut zu versenden, haben sich zum Strengeren verändert. Vielleicht möchte uns jemand einen genauso funktionierenden Stuhltest jetzt einfach als besser verkaufen. Profitieren kann so aber nicht der Patient!