Leitungs­wasser versus Mineral­wasser Aus dem Hahn oder der Flasche?

Leitungs­wasser versus Mineral­wasser - Aus dem Hahn oder der Flasche?

Ablaufen lassen. Stand Wasser lange in der Leitung, empfiehlt es sich, mindestens einen halben Liter ablaufen zu lassen. © Photocase / rclassen

Ist Trink­wasser aus dem Hahn belastet? Bringt Mineral­wasser mehr Mineralstoffe mit? Wir geben Antworten auf Fragen rund um das köstliche Nass.

Qualität von Leitungs- und Mineral­wasser

Ist Leitungs­wasser besser als Mineral­wasser?

Das lässt sich nicht pauschal beant­worten. Geschmack und Mineral­stoff­gehalt können sich von Wohn­ort zu Wohn­ort unterscheiden. Was Keime und kritische Substanzen betrifft, garan­tieren die Wasser­werke einwand­freies Trink­wasser bis zum Haus­anschluss.

„Das Trink­wasser größerer Trink­wasser­versorger besitzt eine gute bis sehr gute Qualität“, fasst der aktuelle Bericht von Gesund­heits­ministerium und Umwelt­bundes­amt vom Früh­jahr 2021 zusammen. Nahezu alle mikrobiologischen und chemischen Para­meter würden mit Ausnahme weniger Pflanzen­schutz­mittel-Wirk­stoffe zu mehr als 99 Prozent einge­halten. Bei vereinzelten Über­schreitungen muss das Wasser­werk warnen und Gegen­maßnahmen einleiten.

Tipp: Jedes Leitungswasser im Test, das wir 2019 in 20 deutschen Städten und Gemeinden untersucht haben, hielt die strengen Vorgaben ein. Aktuelle Mineral­wasser-Test­ergeb­nisse finden Sie in unserem Mineralwasser-Test.

Haben Leitungen und Rohre Einfluss auf die Trink­wasser-Qualität?

Wasser­versorger sind für die Trink­wasser­qualität bis zum Haus­anschluss verantwort­lich, nach dem Wasser­zähler sind es die Haus­eigentüme­rinnen und -eigentümer. Auf diesen letzten Metern könnten zum Beispiel Blei­rohre das Wasser verunreinigen. Das ist zwar immer seltener so, ein Risiko besteht aber noch – vor allem in teil- und unsanierten Altbauten im Norden und Osten unseres Landes. Vermietende sind verpflichtet, alte Leitungen notfalls auszutauschen.

Auch aus anderen Teilen der Hausinstallation können Schad­stoffe ins Trink­wasser übergehen wie Kupfer, Blei, Nickel oder organische Verbindungen aus Kunststoff. Daher sollten nur Fach­betriebe, die beim Wasser­versorger gelistet sind, die Trink­wasser­installation einrichten, reparieren oder Teile erneuern. In Mehr­familien­häusern mit großen Warm­wasser­speichern ab 400 Liter muss das Wasser alle drei Jahre auf Legionellen über­prüft werden; die Keime können etwa Lungenkrankheiten verursachen.

Kann ich mein Trink­wasser analysieren lassen und wie teuer ist das?

Privat­analysen sind sinn­voll, wenn über marode Haus­anschlüsse Schad­stoffe ins Wasser gelangen könnten wie giftiges Blei aus alten Leitungen. Analysen auf Blei kosten oft nichts für Haushalte mit Schwangeren und Babys, sonst ab etwa 15 Euro. Ähnlich teuer sind weitere Tests auf Metalle und Keime.

Andere Prüfungen kann man sich sparen: Das Wasser vorm Haus­anschluss müssen Versorger regel­mäßig auf 70 Para­meter der Trink­wasser­ver­ordnung wie Nitrat und Pestizide kontrollieren und die Daten bekannt geben. Diese Analyse würde privat mehrere Hundert Euro kosten. Versorger müssen nicht auf Spuren­stoffe wie Arznei­mittel prüfen, die wir im Leitungswasser-Test in unkritischen Gehalten fanden. Preis für diese Hightech-Tests: teils mehr als 1 000 Euro.

Tipp: Wählen Sie Labore, die für Analysen gemäß Trink­wasser­ver­ordnung akkreditiert sind. Kontakte bekommen Sie über Ihren Versorger oder die Gesund­heits­ämter.

Soll Baby­nahrung lieber mit Mineral­wasser zubereitet werden?

Für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet“ – so sind einige natürliche Mineralwässer gekenn­zeichnet. Diese Angabe fordert, dass das Produkt strenge Grenz­werte für Keim­gehalte und für viele kritische Stoffe einhält. Eltern können aber normaler­weise auch Wasser aus der Leitung verwenden.

Tipp: Steril ist weder natürliches Mineral­wasser noch Leitungs­wasser. Kochen Sie beides für Babys immer ab.

Fehlen mir Mineralstoffe, wenn ich nur Leitungs­wasser trinke?

Auch Leitungswasser ist mineral­stoff­haltig. Das zeigen die Analysewerte der Wasser­versorger. Und nicht jedes natürliche Mineral­wasser ist per se mineral­stoff­reich. Das Gros unseres Mineral­stoff­bedarfs deckt eine ausgewogene Ernährung. Für den Einzelnen können aber bestimmte Wässer, die viel Kalzium oder Magnesium bieten, hilf­reich sein (siehe dazu Wasser für Mineralstoff-Bewusste).

Tipp: In unserem Mineralwasser-Test können Sie nach mineral­stoff­reichen Wässern filtern. Welche Mineralstoffe Ihr Trink­wasser enthält und wie hart es ist, weiß Ihr Wasser­versorger.

Wird Trink­wasser fluoridiert?

Wir haben das Trinkwasser im Test nicht auf Fluorid untersucht. Interes­sierte können sich über die Gehalte in ihrem Trink­wasser beim zuständigen Wasser­werk informieren. Der Grenz­wert für Fluorid in Trink­wasser liegt bei 1,5 Milligramm je Liter. 90 Prozent des Trink­wassers in Deutsch­land enthält von Natur aus weniger als 0,3 Milligramm Fluorid pro Liter.

Tipp: Natürliche Mineralwässer können ab 1 Milligramm Fluorid pro Liter als „fluoridhaltig“ gekenn­zeichnet werden.

Leitungs­wasser ablaufen lassen

Worauf sollte ich achten, wenn ich Trink­wasser zapfe?

Wenn Sie Leitungs­wasser zum Trinken oder zum Kochen zapfen, sollten Sie immer Stagnations­wasser ablaufen lassen – insbesondere, wenn das Wasser lange in Hahn und Leitung stand oder wenn Risiko­gruppen wie Schwangere, Babys oder Kinder im Haushalt leben.

Die Installation und insbesondere auch Armaturen können kritische Stoffe wie Schwer­metalle ins Wasser abgeben, wenn es einige Stunden im Hahn steht. Das zeigte unser Test von Küchenarmaturen. Bei wenigen Stunden reicht es in der Regel, etwa einen halben Liter ablaufen zu lassen. Bei längerer Stagnation, so lange laufen lassen, bis das Wasser merk­lich kühler aus dem Hahn kommt.

Tipp: Stellen Sie sich eine Gieß­kanne neben die Spüle – um das Stagnations­wasser aufzufangen. Dann können sich die Pflanzen zu Hause über den ersten Schluck aus dem Hahn freuen.

Wie sinn­voll ist ein Wasser­filter?

Vor allem Teefans nutzen die Filter häufig, um Wasser vorm Aufbrühen zu enthärten. Nachteil: Sie müssen regel­mäßig gereinigt und die Patronen ausgetauscht werden. Sonst können sie verkeimen und heraus­gefilterte Stoffe wieder ins Wasser gelangen. Um Schad­stoffe zu entfernen, sind private Filter in Deutsch­land grund­sätzlich nicht erforderlich. Bei unserem Test von Wasserfiltern schnitt zudem kein einziges Gerät gut oder sehr gut ab.

Tipp: Hat das Wasser vier Stunden oder länger in der Leitung gestanden, lassen Sie es ablaufen, bis es merk­lich kühler wird. So kommt nur frisches Wasser ins Trink­glas.

Lohnt es sich, Wasser aus dem Hahn selbst zu sprudeln?

Ja. Wer Leitungs­wasser selber sprudelt, zahlt weniger als für preis­wertes Mineral­wasser vom Discounter, das derzeit für 19 Cent pro Liter zu haben ist. In unserem Wassersprudler-Test von 2019 kamen nur zwei Sprudler an den Preis güns­tiger Mineralwässer heran.

Klarer Vorteil: Wer einen Wasser­sprudler nutzt, muss keine Wasser­flaschen heim­trans­portieren und lagern – spart also Müll und Aufwand. Und der Kohlensäu­regehalt ist auf diese Weise individuell wähl­bar.

Tipp: Wenn Sie selber sprudeln, achten Sie auf saubere Flaschen und verwenden Sie gekühltes Wasser. Es nimmt mehr Kohlensäure auf als ungekühltes.

Kritische Stoffe im Wasser

Sind Medikamente im Wasser ein Problem?

Über Abwässer gelangen Arznei­mittel­rück­stände (zum Beispiel von Antibiotika) teils in Fluss- und Seewasser. Bevor Wasser als Trink­wasser aus der Leitung kommt, werden Rück­stände vom Wasser­versorger heraus­geholt. In Trinkwässern gefundene Spuren haben eine geringe Konzentration und geben keinen Anlass zu gesundheitlicher Besorgnis. In Quellen von natürlichem Mineral­wasser spielen Arznei­mittel­rück­stände in der Regel keine Rolle. Die Stiftung Warentest hat im Mineralwasser-Test auch noch keine Spuren von Arznei­mitteln nachgewiesen.

Muss ich mir wegen Nitrat Sorgen machen?

Weder beim Mineralwasser-Test noch beim Trinkwasser-Test fanden unsere Prüfenden bisher Über­schreitungen des Grenz­werts. Er liegt für beide Wasser­arten bei 50 Milligramm je Liter. Laut Trink­wasser­bericht des Umwelt­bundes­amts kamen Über­schreitungen im Trink­wasser in den letzten Jahren nahezu nicht vor. Das ist Maßnahmen der Wasser­versorger zu verdanken, die etwa nitratbelastetes mit nitratarmen Wasser vermischen.

Nitrat gelangt insbesondere durch intensive Düngung in der Land­wirt­schaft in den Boden. Laut Umweltbundesamt über­schreitet gut ein Viertel des Grund­wassers an Mess­stellen in land­wirt­schaftlich intensiv genutzten Gebieten den Grenz­wert. Die Behörde warnte, dass – wenn sich nicht bald etwas ändere – die Aufbereitungs­kosten stark steigen könnten und in betroffenen Regionen Verbraucher bis zu 45 Prozent mehr für ihr Trink­wasser zahlen müssten.

Ist Wasser mit Uran radio­aktiv?

Nicht in kritischem Maß. Uran ist ein jahr­tausendealter Gesteins­bestand­teil, der ins Mineral­wasser übergehen kann. Von dem Schwer­metall geht aufgrund der geringen Mengen praktisch kein Risiko durch Radio­aktivität aus, auch eine nierenschädigende Wirkung aufgrund seiner chemischen Toxizität ist nicht zu befürchten.

Tipp: Die Trink­wasser­ver­ordnung schreibt den Grenz­wert von 10 Mikrogramm je Liter vor. Den hielten alle 20 Proben im Trinkwasser-Test ein. Die Mineral- und Tafel­wasser­ver­ordnung gibt nur ein Limit für Mineral­wasser vor, das zur Zubereitung von Säuglings­nahrung ausgelobt ist. Er beträgt 2 Mikrogramm pro Liter.

Wie schädlich ist Chrom im Trink­wasser?

Chrom stammt aus Gesteinschichten im Boden und kann ins Trink­wasser gelangen. Die Trink­wasser­ver­ordnung sieht einen Grenz­wert von 50 Mikrogramm pro Liter für Gesamt­chrom vor. Ein Teil des Chroms, das Chrom (VI), ist krebs­er­regend. Zurzeit diskutieren Wissenschaftler über Maßnahmen, um ein Risiko durch Chrom (VI) zu minimieren. Wasser­versorger haben noch keine Möglich­keit, den kritischen Stoff zu entfernen. Wie hoch die Belastung im Trink­wasser ist, zeigen die exemplarischen Trinkwasseranalysen der Stiftung Warentest.

Wie steht es um Ewig­keitschemikalien?

Seit Sommer 2023 umfasst die Trink­wasser-Verordnung Grenz­werte für 20 per- und poly­fluorierte Alkyl­substanzen (PFAS). Sie zählen zu den Ewig­keitschemikalien, da sie sich in der Umwelt kaum abbauen. Beim Test von Classic-Mineralwässern im Jahr 2024 haben wir erst­mals nach diesen 20 Substanzen gesucht. Ergebnis: Keine kritischen Funde.

Enthält Wasser Bisphenol A?

Erst­mals haben wir 2024 Mineral­wasser auf Rück­stände von Bisphenol A geprüft, das hormonell wirken kann und aus den Flaschen stammen könnte. Die Substanz kommt zwar in Flaschen aus reinem PET nicht zum Einsatz, kann aber über recyceltes PET ins Wasser einge­bracht werden. Im Test war es in keinem Produkt nach­weisbar.

Anders sieht es bei Trink­wasser aus: 2023 stellte das Chemische Veterinär­unter­suchungs­amt Stutt­gart (CVUA) kritische Konzentrationen des Stoffs Bisphenol A im Warmwasser von Wohngebäuden fest. Verursacht wurden diese durch Trink­wasser­leitungen, die mit Epoxidharz saniert worden waren. Diese Sanierungs­methode war vor allem zwischen 2000 und 2015 bundes­weit bei verrosteten, verzinkten Stahl­rohren beliebt. Inzwischen regelt die neue Fassung der Trink­wasser-Verordnung Bisphenol A.

Wie sieht es mit Pestizid­rückständen aus?

In Trink­wasser gibt es laut Trinkwasserbericht des Umweltbundesamts nur in sehr wenigen Ausnahme­fällen Grenz­wert­über­schreitungen. In der Regel werden Pestizide heraus­gefiltert. In einzelnen Mineralwässern im Test haben wir Pestizid­abbau­produkte im Spuren­bereich nachgewiesen. Keiner der Gehalte stellt ein gesundheitliches Risiko dar. Die Pestizidspuren können über das Grund­wasser in unter­irdische Quellen gelangen – sofern diese nicht genug geschützt sind. Eine von der Stiftung Warentest in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2015 zeigt, dass Verbrauche­rinnen und Verbraucher keine Rück­stände im Mineral­wasser wollen:

Leitungs­wasser versus Mineral­wasser - Aus dem Hahn oder der Flasche?

© Stiftung Warentest

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45 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • halsbandschnaepper am 01.08.2024 um 17:40 Uhr
    RE: was denn nun?

    RE: Ja, was denn nun?
    Wieso der Sprudler unbequemer als Sprudelflaschen kaufen?
    Ich behaupte in den Laden fahren Kisten schleppen und dann wieder das Leergut abgeben ist viel unbequemer als zu Hause zu sprudeln. Zudem sind Glasflaschen sehr schwer und Wasser in Kunststoffflaschen gibt gutes Kunstoff ins Wasser ab.... Klar die Gasflaschen muss man auch irgendwann mal tauschen, dafür sind die aber schön leicht.

  • halsbandschnaepper am 01.08.2024 um 14:29 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • premiumbernd am 01.08.2024 um 08:17 Uhr
    Ja, was denn nun?

    "Lohnt es sich, Wasser aus dem Hahn selbst zu sprudeln?
    Ja. Wer Leitungs­wasser selber sprudelt, zahlt weniger als für preis­wertes Mineral­wasser vom Discounter, das derzeit für 19 Cent pro Liter zu haben ist. In unserem Wassersprudler-Test von 2019 kamen nur zwei Sprudler an den Preis güns­tiger Mineralwässer heran."
    Erst ein generelles "Ja" auf die Frage, dann heißt es, nur zwei getestete Geräte kamen überhaupt an den Preis von günstigem Mineralwasser ran.
    Ich hatte einen Sodastream und liebe richtig sprudelndes Wasser. Da war das selbst erzeugte deutlich teurer. Und unbequemer. Habe das Ding daher wieder abegeben.

  • Gelöschter Nutzer am 01.08.2024 um 07:43 Uhr
    Geschmack entscheidet

    Das in nahezu allen Regionen in Deutschland das Trinkwasser qualitativ Mineralwasser in nichts nachsteht, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Für mich läuft es daher immer auf den Geschmack hinaus. Und der Geschmack von Trinkwasser aus der Leitung hängt halt maßgeblich vom Ursprungsort dieses Wassers ab. Aus tiefen Schichten gefördertes Grundwasser, was dann als Trinkwasser aus dem Hahn fließt, kann geschmacklich hervorragend sein. Schaut man dann aber zum Beispiel in weitere Regionen Baden-Württembergs, wo das Trinkwasser aus dem Bodensee kommt, dann ist das Trinkwasser dort geschmacklich grausam. Das liegt nicht an der Qualität des Wassers sondern an seiner Herkunft: aus einem großen See. Ich persönlich entscheidet deshalb immer nach dem Geschmack, ob ich ein Mineralwasser oder Trinkwasser verwende. Und dazu kommt, dass Geschmack absolut subjektiv ist und anderen vielleicht schmeckt, was mir nicht schmeckt und umgekehrt.

  • ko.rmoran am 30.07.2024 um 13:16 Uhr
    Karaffe nutzen

    Ich verwende für Leitungswasser eine Karaffe (2 Liter). Erstens muss ich nicht für jeden Schluck vorher das Wasser aus dem Hahn vorlaufen lassen und zweitens ist das Wasser auf Zimmertemperatur auch besser bekömmlich.