Josef Schön (63) aus W., 20.02.2014:
Ich berichte über den Unfall meiner Ehefrau. Donnerstag, 2. Januar 1997. Straße mit zwei Fahrspuren je Richtung, der Beginn einer Autobahn. Meine Ehefrau fährt rechts. Von hinten auf der linken Spur kommt der PKW eines Kurierdienstes. Er möchte die letzte Möglichkeit der Abfahrt von der beginnenden Autobahn verlassen, zieht nach rechts, übersieht das Fahrzeug meiner Frau, drängt es durch den Aufprall von der Fahrbahn. Das Fahrzeug meiner Frau wird durch einen tiefgefrorenen Schneehaufen angehalten. Meine Frau erleidet nach erster Diagnose des Hausarztes eine Distorsion der gesamten Wirbelsäule. Fahrzeug meiner Frau ist ein über zehn Jahre alter Fiat Panda.
Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners entschädigt zunächst den Schaden am Fiat Panda, wollte aber nichts für den Körperschaden zahlen. Meine Nachfrage beim Abteilungsleiter Schaden ergab: Wenn meine Frau sich bereit erklärt, dass wir die ärztlichen Unterlagen an einen „befreundeten“ medizinischen Dienst übergeben dürfen, überlegen wir uns eine Entschädigung.
Nach langer Leidenszeit mit vielen Therapien lässt sich meine Frau auf Anraten ihres behandelnden Hausarztes bei dem Radiologen Dr. Volle untersuchen. Diagnose: Riss oder möglicherweise Abriss der Bänder an den obersten Halswirbeln. Manuelle Therapie bleibt ohne Erfolg. Auf Anraten des Hausarztes lässt sich meine Frau vom Neurochirurgen Dr. Montazem untersuchen. Schließlich werden ein Abschnitt der Halswirbelsäule und später noch einige Lendenwirbel versteift.
Die Haftpflichtversicherung des Unfallwagens will dafür nicht zahlen. Ende 1999 Klage beim Landgericht Wiesbaden. Ende 1999 erhebt auch das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden, bei dem meine Frau als Polizeibeamtin beschäftigt ist, beim Landgericht Wiesbaden Klage aus übergegangenem Schadenersatz. Das BKA hatte den Verkehrsunfall als Wegeunfall und damit als Dienstunfall anerkannt. Beklagte ist ebenfalls die Versicherung.
Im BKA-Verfahren wird ein technisches Gutachten eingeholt. Nach diesem Gutachten war die Geschwindigkeitsänderung bei dem Zusammenprall so gering, dass der Unfall die Körperschäden bei meiner Frau nicht hervorgerufen haben könnte.
Dieses Gutachten sollte nun auch in unserem Verfahren eingeführt werden. Das wurde abgelehnt, weil das Gutachten Mängel aufwies. Das Gutachten ging von mit Schneematsch bedeckter Straße aus. Schließlich hat das Landgericht Wiesbaden im Verfahren meiner Ehefrau doch das Gutachten einbezogen, dem Gutachter aber aufgegeben, dass er bei Neuberechnung der Kollisionsgeschwindigkeit von trockener Straße auszugehen hat. Er kam jedoch wieder zu der gleichen geringen Kollisionsgeschwindigkeit. Nachdem ich festgestellt hatte, dass der Gutachter von der Versicherung eine Finanzspritze für einen Testversuch erhalten hatte, wurde der Gutachter wegen Befangenheit abgelehnt. Dies sah jedoch das Landgericht nicht so und diese Sicht wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main bestätigt.
Fünfeinhalb Jahre nach der ersten Versteifungsoperation hat das Landgericht ein medizinisches Gutachten in Auftrag gegeben. Das Gutachten kam auch zu dem Ergebnis, dass der Unfall die Verletzungsfolgen nicht habe hervorrufen können.
2010 erging das Urteil des Landgerichts Wiesbaden. Es sprach meiner Frau eine kleine Entschädigung zu, wies aber ansonsten die Klage ab. Der Anwalt meiner Frau legte dagegen Berufung ein. Die Berufung landete vor der gleichen Kammer des OLG, die auch schon für das BKA-Verfahren zuständig war. Das OLG lehnte in beiden Verfahren die Berufung ab. Auf die Anschlussberufung der Versicherung hin strich das OLG auch noch die kleine Entschädigung, die das Landgericht meiner Frau zugesprochen hatte.
Die von meiner Frau beantragte Zulassung der Revision hat der Bundesgerichtshof (BGH) abgelehnt. Das BKA ist erst gar nicht in Revision gegangen. Eine Verfassungsbeschwerde (u.a. wegen Verstoßes gegen rechtliches Gehör) hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen. Ebenso blieb eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erfolglos.
Fazit: Meine Frau hat aus diesem Verkehrsunfall für ihre körperlichen Schäden keine Entschädigung erhalten.
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