Aber auch ohne Schaden kommt es vor, dass ein Versicherer Änderungen verlangt oder aussteigen will. Der Kölner Versicherer Axa hatte seine rund 17 500 Versicherten mit Verträgen einer „Unfall-Kombirente“ im Jahr 2018 aufgefordert, in eine „Existenzschutzversicherung“, ein Vertrag mit geringeren Leistungen, zu wechseln. Wer dies bis jetzt noch nicht getan hat, erhält nun die Kündigung. Die Verbraucherzentrale Hamburg bemängelt: Vielen Kunden wurde die „Unfall-Kombirente“ als Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung verkauft. Diese Kunden hätten nicht mit einer Kündigung gerechnet.
Anders als in der Unfallversicherung dürfen Versicherer in der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht kündigen. Die bis 2010 verkaufte Unfall-Kombirente bietet eine lebenslange Rente zwischen 500 und 3 000 Euro, wenn ein Kunde durch einen Unfall oder eine bestimmte schwere Krankheit invalide wird. Die als Ersatz angebotene Existenzschutzversicherung ist deutlich teurer und die Rente läuft nicht mehr lebenslang, sondern endet mit dem 67. Lebensjahr.
Dem Versicherer ist das Produkt zu teuer geworden
Die Axa hat ihren Schritt mit den unerwartet hohen Gesundheitskosten und anhaltend niedrigen Zinsen begründet. Dem Versicherer ist das Produkt zu teuer geworden, die Versicherten tragen jetzt die Konsequenzen. Besonders ärgerlich ist das für diejenigen, die mit der Police ihre wirtschaftliche Existenz absichern wollten.
Rechtsfrage noch nicht geklärt
Die Verbraucherzentrale Hamburg rät Kunden, Widerspruch gegen die Kündigung einzulegen, sich an den Versicherungsombudsmann zu wenden oder zu klagen. Verbraucher hätten berichtet, dass das Produkt damals als „Quasi-Berufsunfähigkeitsschutz“ angeboten worden sei, sagte Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale: „Unseres Erachtens fällt die Versicherung jedenfalls nicht in die Sparte Unfallversicherung.“
Verbraucherzentrale: Vertrag nicht ordentlich kündbar
Die Verbraucherschützer sehen die Axa-Versicherung in einer anderen Kategorie. „Wir sind der Ansicht, dass die eingeschlossenen Schwere-Krankheiten- und Grundfähigkeitsversicherungen aufgrund der Nähe zur Berufsunfähigkeitsabsicherung beziehungsweise Lebensversicherung nicht ordentlich kündbar sind“, erläutert Becker-Eiselen. Denn in solchen Fällen dürfen Gesellschaften nicht einseitig ordentlich kündigen. Juristisch geklärt ist die Frage noch nicht. Die Axa hält das in ihren Bedingungen festgelegte Kündigungsrecht für rechtens. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat sich inzwischen entschieden, rechtlich gegen die Kündigungsklausel des Versicherers vorzugehen.
Wer als Axa-Kunde noch eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen kann, sollte sich rasch danach umschauen.
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@Jeshika: Ja. Die Versicherungsprämie, die auf die schon bezahlten, aber nicht mehr versicherten Monate entfällt, muss der Versicherer erstatten. Das ergibt sich aus Paragraf 39 des Versicherungsvertragsgesetzes.
Beispiel: Eine Rechtsschutzversicherung läuft über zwölf Monate, von November 2020 bis Ende Oktober 2021 (Versicherungsjahr). Der Kunde bezahlt den Jahresbeitrag in Höhe von 300 Euro im Voraus. Weil der Kunde während des Versicherungsjahres zwei Prozesse führt, die von der Rechtsschutzversicherung übernommen werden, kündigt der Versicherer den Vertrag vorzeitig zum Ende des Monats August 2021. Die Versicherungsprämie, die auf die Monate September und Oktober 2021 entfällt (zwei Zwölftel der 300 Euro), muss der Versicherer dem Kunden erstatten. Dieser erhält also 50 Euro zurück. (maa)
Wie verhält es sich bei der außerordentlichen Kündigung durch die Rechtschutzversicherung mit den Versicherungsbeiträgen, die für das volle Jahr voraus bezahlt wurden? Müssen diese anteilig erstattet werden?
Vielen Dank im Voraus
@Hanna2798: Grundsätzlich kann (mit wenigen Ausnahmen) jede Versicherung auch durch den Versicherer gekündigt werden. Sie sollten die Beiträge dennoch bis zum Vertragsende zahlen, denn der Vertrag läuft ja noch. Sollte bis zum Ablauf des Vertrages noch ein Schadensfall eintreten, muss der Versicherer die vereinbarte Leistung erbringen, auch über den Vertragsablauf hinaus. Ist der Vertrag abgelaufen, müssen Sie sich aber, wenn Sie weiterhin eine solche Absicherung wünschen, leider einen neuen Vertragspartner suchen. (PH)
Ich habe zur Absicherung des Einkommens im Krankheitsfall oder bei Arbeitslosigkeit einen Einkommensschutzbrief bei BNP Paribas Cardif Deutschland abgeschlossen. Der Vertrag läuft seit 4 Jahren, so das ich im Versicherungsfall die "Höchstleistung" ausgezahlt bekommen würde. Gestern erhielt ich die Kündigung dieser Versicherung mit der Begründung, das dieses Produkt eingestellt wird. Die Kündigung erfolgt zum Ablauf des Versicherungsjahres. Beiträge sind noch bis dahin zu zahlen. Ist diese Kündigung rechtmäßig? Muss ich noch bis Vertragsablauf Beiträge "sinnlos" zahlen? Wer kann mir Tipps geben, wie ich weiter verfahren kann?
@Gelöschter Nutzer: Bitte wenden Sie sich an Ihre Verbraucherberatungsstelle, um die Unterlagen konkret zu überprüfen. In der Regel kann ein Versicherer eine wirksam abgeschlossene Risikolebensversicherung nicht ordentlich kündigen. (maa)