Auch Versicherer dürfen einen Versicherungsvertrag kündigen. Tun sie das, sind Kunden oft überrascht. Die Stiftung Warentest klärt auf, welche Regeln gelten.
Erst der Schaden, dann die Kündigung
Zwei Fahrraddiebstähle hintereinander reichten. Der Versicherungsmakler von Tobias Sington und seiner Frau warnte das Paar, dass ihnen ihr Hausratversicherer bald kündigen werde. Zwei Diebstähle hatte Sington über seine Hausratversicherung Alte Leipziger reguliert. Der Versicherer hatte die Schäden unproblematisch ersetzt. Doch dann die Überraschung: Der Versicherer möchte den Vertrag beenden.
Nach Teilkaskoschaden rausgeflogen
Stephanie H.* erhielt dagegen vorher keinen Hinweis. Ihr Teilkaskoversicherer wollte nach einem aufwendigen Wildschaden eines ihrer beiden Autos nicht weiter versichern. Kurios: Es ging nicht um das beschädigte, sondern das andere Auto.
Versicherer kündigt nach Leitungswasserschäden
Finanztest-Leserin Susanne R.* verlor ihre Wohngebäudeversicherung nach Jahrzehnten ohne Schaden und dann zwei kleinen Leitungswasserschäden unter 1 000 Euro. Dass ein Versicherer sie loswerden will, trifft Kunden oft völlig unerwartet. Sie fragen sich: Darf er das überhaupt?
Kündigung durch Versicherer nach Schadensfall erlaubt
Was Kunden manchmal nicht wissen: Nach nur einem Schadensfall darf der Versicherer einen Vertrag außerordentlich beenden, frühestens bei der ersten Schadenzahlung und spätestens nach Abwicklung des Schadensfalls mit einer vierwöchigen Frist.
Ausnahme: Rechtsschutzversicherung
Für Rechtsschutzversicherer gilt: Sie müssen zwei Versicherungsfälle innerhalb von zwölf Monaten reguliert haben, bevor sie außerordentlich kündigen dürfen. Das nutzen sie dann aber auch oft aus.
In diesen Fällen sind Kündigungen rechtlich möglich
Grundsätzlich dürfen Versicherer private Unfall- und Schadenverträge einseitig kündigen. Dazu gehören unter anderem:
Versicherer sind privatwirtschaftliche Unternehmen, die regelmäßig prüfen, ob sie ein gutes oder schlechtes Geschäft machen. Verluste sollen vermieden werden. Sind Schäden aufgetreten, nehmen sie die Verträge besonders genau unter die Lupe und trennen sich gegebenenfalls von ihnen. Häufig kommt das etwa bei der Wohngebäudeversicherung vor. Haben Kunden alte Häuser versichert und kommt es irgendwann zu einem Leitungswasserschaden, bleibt es eben oft nicht bei dem einen Fall.
Existenzsicherung: Diese Verträge dürfen Versicherer nicht einseitig kündigen
Versicherer dürfen außerordentlich kündigen, wenn der Versicherte sie bei Vertragsabschluss täuscht, etwa indem er falsche Angaben macht, um einen Vertrag zu erhalten. Das gilt immer und für jede Versicherungssparte.
Versicherer kündigt „ordentlich“
Neben den außerordentlichen Kündigungsrecht nach einem Schadensfall darf der Versicherer einen Vertrag ganz regulär „ordentlich“ zum Ablauf des Versicherungsjahres oder zum Ablauf des Kalenderjahres kündigen. Die Kündigung muss der Versicherer in der Regel mit einer Dreimonatsfrist zur nächsten Hauptfälligkeit der Zahlung mitteilen.
In der Autoversicherung gilt eine Einmonatsfrist
In der Autoversicherung muss der Versicherer eine ordentliche Kündigung mit einer Frist von einem Monat zum Ablauf des Versicherungsjahres aussprechen, in der Regel ist das der 31. Dezember. Die Kündigung muss also spätestens am 30. November beim Kunden eingegangen sein.
Versicherungsbeitrag nicht gezahlt
Beitragsschulden können zur Kündigung der Versicherung führen. Wir zeigen, was Kunden tun können, um im Ernstfall nicht ohne Versicherungsschutz dazustehen.
Ich habe eine neue Versicherung abgeschlossen: Wie schnell muss ich den ersten Beitrag zahlen?
Sobald Sie den Versicherungsschein erhalten haben, müssen Sie spätestens zwei Wochen danach den ersten Beitrag überweisen. Sonst darf der Versicherer vom Vertrag zurücktreten und Sie sind ungeschützt, sollte unterdessen etwas passieren.
Mein Beitrag für die Versicherung ist nicht vom Konto abgebucht worden. Was passiert jetzt?
Manchmal versäumen Versicherungskunden eine Beitragszahlung während der Laufzeit des Vertrags. Auch hier darf der Versicherer den Vertrag beenden. Allerdings muss der Versicherer den Kunden zuerst erinnern, dann mahnen und darf schlussendlich den Vertrag kündigen. Versicherungsunternehmen müssen dabei Fristen einhalten. Kunden finden die Details in ihren Vertragsbedingungen.
Ich habe den Beitrag der Hausratversicherung nicht gezahlt. Jetzt wurde eingebrochen. Bin ich versichert?
Solange Sie keine Mahnung erhalten haben, können Sie – übrigens nicht nur bei der Hausratversicherung – die Zahlung nachholen und haben Anspruch auf die vereinbarten Leistungen. Hat die Gesellschaft Sie bereits angeschrieben, wahren Sie unbedingt die in der Mahnung gesetzte Zahlungsfrist. Andernfalls kann der Versicherer die Regulierung Ihres Einbruchsschadens verweigern.
Wenn eine Mahnung kommt
Die Versicherung hat mir eine Mahnung geschickt. Ich verstehe aber nicht, wie der Betrag zustande kommt. Muss ich trotzdem zahlen, um nicht rausgeworfen zu werden?
Fragen Sie erst einmal nach. Es gibt gesetzliche Vorgaben, wie detailliert eine Mahnung sein muss. Versicherer sind verpflichtet, die Beiträge, Verzugszinsen und Mahnkosten einzeln aufzuschlüsseln. Setzt sich ein Versicherungsvertrag aus mehreren Bausteinen zusammen, muss der Versicherer angeben, welcher Teil des Beitragsrückstands auf welchen Teil des Versicherungsvertrags entfällt. Auch wenn mehrere Personen zusammen versichert sind, muss in der Mahnung stehen, welcher Betrag für jede von ihnen nachzuzahlen ist. Außerdem müssen Versicherer ihre Kunden auf die Folgen einer verspäteten Zahlung hinweisen.
Versäumt ein Versicherer einen dieser Punkte, ist die Mahnung unwirksam, und Sie behalten Ihren Versicherungsschutz. Das Gesetz fordert eine „qualifizierte Mahnung“, um Kunden zu schützen, die vielleicht Geldsorgen haben. Sie sollen wählen können, auf welchen Teil des Versicherungsvertrags sie verzichten und welchen sie fortführen wollen.
So entschied das Landgericht Köln im Fall einer Frau, die ihre Tochter durch einen Verkehrsunfall verloren hatte (Az. 26 O 79/18). Mutter und Tochter besaßen eine gemeinsame private Unfallversicherung und hatten den Jahresbeitrag nicht gezahlt. Der Versicherer wurde verurteilt, die vereinbarte Todesfall-Leistung für die Tochter zu zahlen. Er hatte in seinem Mahnschreiben lediglich den fehlenden Betrag insgesamt und die Mahnkosten ausgewiesen, nicht aber die Beitragsanteile für jede Person.
Wenn Sie den Vertrag widerrufen oder kündigen wollen
Wenn ich vom Vertrag kurz nach Abschluss zurücktrete – kann die Versicherung trotzdem einen Monatsbeitrag von mir verlangen?
Wenn Sie Ihren Rücktritt innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist erklären, müssen Sie nicht zahlen. Am besten schicken Sie den Brief per Einschreiben. Entscheidend ist, wann Ihr Schreiben bei dem Versicherer eintrifft.
Ich kann erst in einem Jahr regulär kündigen, will aber früher raus. Endet der Vertrag, wenn ich einfach nicht mehr zahle?
Nein. Selbst wenn der Versicherer Sie rauswirft, bleiben die Beitragsschulden bestehen. Die Gesellschaft kann ein Mahnverfahren einleiten und die Außenstände eintreiben – einschließlich Inkassokosten und Verzugszinsen. Bleiben Sie die Beiträge für die Kfz-Haftpflichtversicherung schuldig, droht sogar noch weiterer Ärger: Das Auto verliert die Zulassung und wird von der Polizei stillgelegt. Wer trotzdem fährt, macht sich strafbar.
Tipp: Die für Sie richtige Police finden Sie mithilfe unseres Kfz-Versicherungsvergleich. Sie bezieht so gut wie alle Versicherer mit ein und nennt günstige Tarife – genau für Ihren persönlichen Versicherungsbedarf.
Ich habe zum 30. Juni gekündigt, nun sehe ich, dass sich der Vertrag frühestens zum Jahresende beenden lässt. Gilt meine Kündigung nun automatisch für diesen Termin?
Nein. Eine Kündigung zum falschen Termin ist unwirksam, der Vertrag läuft weiter. Wenn Sie nicht sicher sind, zu welchem Termin Sie kündigen können, schauen Sie im Vertrag nach oder erklären Sie Ihre Kündigung „zum nächstmöglichen Termin“. Lassen Sie sich den Eingang des Schreibens schriftlich vom Versicherer bestätigen.
Wenn Sie knapp bei Kasse sind
Ich habe ernsthafte Geldsorgen. Welche Verträge soll ich kündigen?
Sortieren Sie Ihre Policen nach Wichtigkeit. Existenzielles wie die private Haftpflichtversicherung oder Risikolebensversicherung sollte unbedingt weiterlaufen. Ein Vollkaskoschutz für ein zehn Jahre altes Auto ist hingegen entbehrlich. Gleiches gilt für Versicherungen, bei denen der mögliche Schaden überschaubar ist, etwa eine Handypolice. Kündigen Sie zum nächstmöglichen Termin. Bei akuten Zahlungsschwierigkeiten können Sie sich Luft verschaffen, indem Sie von jährlicher auf vierteljährliche oder monatliche Zahlungsweise umstellen. Dann wird es zwar unterm Strich teurer, aber Sie müssen die Summe nicht auf einmal aufbringen. Die Kündigungsfrist verkürzt sich durch die geänderte Zahlungsweise allerdings nicht.
Was ist, wenn ich die Krankenversicherungsbeiträge nicht zahlen kann?
Die Krankenversicherung ist die einzige Versicherung, bei der ein Minimalschutz auch für Beitragsschuldner erhalten bleibt. Sowohl privat als auch gesetzlich Versicherte werden in Notfällen, bei akuten Erkrankungen und bei Schmerzen behandelt. Setzen Sie sich trotzdem schnellstmöglich mit Ihrem Versicherer in Verbindung und suchen Sie nach einer Lösung, bevor sich die Beitragsschulden anhäufen.
Steht eine Kündigung bevor, ist es oft sinnvoll, die Versicherung selbst zu kündigen. Kunden kehren die Kündigung also in eine eigene Kündigung um. Einen Anspruch darauf haben sie jedoch nicht. Der Vorteil der Kündigungsumkehr: Wollen Kunden bei einem neuen Versicherer einen Vertrag abschließen, müssen sie im Antrag nicht angeben, dass ihnen der Vorversicherer gekündigt hat. Manche Versicherer sind skeptisch, wenn ein Kunde von einer Versicherung rausgeworfen wurde. Kein privater Unfall- oder Schadenversicherer ist gezwungen, einen Kunden zu versichern. Der Versicherungskunde Tobias Sington, dem nach zwei regulierten Fahrraddiebstählen die Kündigung der Hausratversicherung bevorstand, hatte Glück, denn sein Makler wies ihn auf die Möglichkeit der sogenannten Kündigungsumkehr hin. Sington sprach selbst die Kündigung aus. Er konnte im Antrag bei einem neuen Hausratversicherer angeben, dass er selbst gekündigt hatte.
Vertragssanierung statt Rauswurf
Eine Möglichkeit, die Kündigung doch noch abzuwehren, kann das Aushandeln neuer Vertragsbedingungen sein. Kunden sollten das Gespräch mit dem Versicherer suchen und nach den Kündigungsgründen fragen. Sie können beispielsweise dem Versicherer einen höheren Selbstbehalt anbieten oder einen Zuschlag oder Risikoausschluss akzeptieren. Manchmal ist ein eingeschränkter Schutz besser als gar kein Schutz. Achtung: Einen Anspruch auf eine Weiterführung des Vertrags und eine Vertragssanierung haben Kunden bei einer Kündigung nicht.
In der Hausratversicherung ist zum Beispiel ein Verzicht auf den Fahrraddiebstahlschutz möglich. Kunden können dann zusätzlich eine Fahrradversicherung abschließen.
Bei bevorstehender Kündigung der Wohngebäudeversicherung können Kunden dem Versicherer einen hohen Selbstbehalt für die Weiterführung ihres Wohngebäudeschutzes anbieten oder einen Leistungsverzicht akzeptieren, etwa für die Regulierung von Leitungswasserschäden.
Denkbar sind auch Auflagen, die der Versicherungsnehmer nach einem Schadensfall erfüllen muss, zum Beispiel besondere Schutzvorrichtungen nach einem Diebstahl.
Vorschäden in der Gebäudeversicherung angeben
Bei Abschluss eines Vertrags fragen Versicherer nicht nur nach der Vorversicherung, sondern auch nach Vorschäden, etwa in der Wohngebäudeversicherung. Schäden müssen Kunden vollständig und wahrheitsgemäß angeben. Anderenfalls riskieren sie ihren Versicherungsschutz.
Verzicht auf Schadenanzeige bei kleinen Schäden
Bei kleineren Schäden sollten Kunden abwägen, ob sie die Versicherung wirklich in Anspruch nehmen oder lieber in die eigene Tasche greifen, um keine Kündigung durch den Versicherer zu riskieren. Wer etwa mehrmals hintereinander die Privathaftpflichtversicherung für geringe Schäden beansprucht, sollte bei einer Kündigung durch den Versicherer nicht überrascht sein.
Unser Rat
Abwägen.
Versicherer haben das Recht, Schaden- und private Unfallversicherungen nach einem Schadensfall außerordentlich zu kündigen. Wägen Sie deshalb bei Bagatellschäden ab, ob Sie Ihre Versicherung in Anspruch nehmen.
Vertrag ändern.
Sprechen Sie mit dem Versicherer, wenn sich anbahnt, dass er kündigen wird. Möglicherweise erreichen Sie, dass er den Vertrag mit veränderten Konditionen fortsetzt, zum Beispiel wenn Sie auf bestimmte Leistungen verzichten. Alternativ können Sie den Vertrag vielleicht behalten, wenn Sie nach einem Schadensfall Auflagen erfüllen, etwa abschließbare Fenster in Ihrem Haus einbauen.
Selbst kündigen.
Ist der Versicherer nicht bereit, den Vertrag zu veränderten Bedingungen weiterzuführen, handeln Sie aus, dass er die Kündigung zurücknimmt und Sie selbst kündigen. Das erhöht die Chance, eine gute neue Versicherung zu finden. Beim Antrag müssen Sie nämlich angeben, wenn der bisherige Versicherer den vorherigen Vertrag gekündigt hat.
Beschweren beim Ombudsmann für Versicherungen
Haben Kunden den Eindruck, die Versicherung hat eine falsche Entscheidung getroffen, können sie sich an den Ombudsmann für Versicherungen wenden. Diese Stelle ist unabhängig und prüft für Verbraucher kostenfrei, ob sie mit ihrem Einwand richtig liegen. Der Ombudsmann hat die Möglichkeit, Versicherungsunternehmen zu einer Leistung von bis zu 10 000 Euro zu verpflichten. Durch diese Schlichtungsstelle sind außergerichtliche Einigungen möglich.
Musterbrief: Versicherungsvertrag kündigen
Hier können Sie unseren Musterbrief mit ausführlichen Erläuterungen herunterladen. Empfehlenswert ist, einen Versicherungsvertrag schriftlich zu kündigen. Das geht per Brief, per E-Mail, Fax oder über ein Kundenportal des Versicherers. Um sicherzustellen, dass die Kündigung dem Versicherer zugegangen ist, sollten Sie sich die Kündigung schriftlich bestätigen lassen, etwa „Ich bitte um schriftliche Bestätigung der Kündigung“. Falls der Versicherer nichts von sich hören lässt: Fragen Sie nach.
Eintrag in Datenbank der Versicherer
Bei ungewöhnlich großen oder überdurchschnittlich häufigen Schäden und anderen Auffälligkeiten landet ein Kunde nach einem Rauswurf unter Umständen sogar im Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versicherungswirtschaft (His). Das ist eine gemeinsame Warn- und Hinweisdatenbank von Versicherungsunternehmen. In der Kraftfahrtversicherung gibt es zum Beispiel einen Eintrag bei drei oder mehr Versicherungsfällen binnen 24 Kalendermonaten. Bei kleineren Schäden sollten Kunden deswegen abwägen, ob sie die Versicherung wirklich in Anspruch nehmen oder lieber in die eigene Tasche greifen, um keine Kündigung durch den Versicherer zu riskieren.
Axa wirft Tausende Kunden raus
Aber auch ohne Schaden kommt es vor, dass ein Versicherer Änderungen verlangt oder aussteigen will. Der Kölner Versicherer Axa hatte seine rund 17 500 Versicherten mit Verträgen einer „Unfall-Kombirente“ im Jahr 2018 aufgefordert, in eine „Existenzschutzversicherung“, ein Vertrag mit geringeren Leistungen, zu wechseln. Wer dies bis jetzt noch nicht getan hat, erhält nun die Kündigung. Die Verbraucherzentrale Hamburg bemängelt: Vielen Kunden wurde die „Unfall-Kombirente“ als Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung verkauft. Diese Kunden hätten nicht mit einer Kündigung gerechnet.
Anders als in der Unfallversicherung dürfen Versicherer in der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht kündigen. Die bis 2010 verkaufte Unfall-Kombirente bietet eine lebenslange Rente zwischen 500 und 3 000 Euro, wenn ein Kunde durch einen Unfall oder eine bestimmte schwere Krankheit invalide wird. Die als Ersatz angebotene Existenzschutzversicherung ist deutlich teurer und die Rente läuft nicht mehr lebenslang, sondern endet mit dem 67. Lebensjahr.
Dem Versicherer ist das Produkt zu teuer geworden
Die Axa hat ihren Schritt mit den unerwartet hohen Gesundheitskosten und anhaltend niedrigen Zinsen begründet. Dem Versicherer ist das Produkt zu teuer geworden, die Versicherten tragen jetzt die Konsequenzen. Besonders ärgerlich ist das für diejenigen, die mit der Police ihre wirtschaftliche Existenz absichern wollten.
Rechtsfrage noch nicht geklärt
Die Verbraucherzentrale Hamburg rät Kunden, Widerspruch gegen die Kündigung einzulegen, sich an den Versicherungsombudsmann zu wenden oder zu klagen. Verbraucher hätten berichtet, dass das Produkt damals als „Quasi-Berufsunfähigkeitsschutz“ angeboten worden sei, sagte Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale: „Unseres Erachtens fällt die Versicherung jedenfalls nicht in die Sparte Unfallversicherung.“
Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht noch aus
„Wir sind der Ansicht, dass die eingeschlossenen Schwere-Krankheiten- und Grundfähigkeitsversicherungen aufgrund der Nähe zur Berufsunfähigkeitsabsicherung beziehungsweise Lebensversicherung nicht ordentlich kündbar sind“, erläutert Becker-Eiselen. Denn in solchen Fällen dürfen Gesellschaften nicht einseitig ordentlich kündigen. Juristisch geklärt ist die Frage noch nicht. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat Klage gegen die Axa-Versicherung eingereicht und in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Köln gewonnen. Das Gericht urteilte im Jahr 2021, dass die Kündigung durch die Axa-Versicherung unzulässig sei (AZ. 20 U 21/21). Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht noch aus.
- Wer Haus, Auto oder Handy verkauft, gibt damit auch dafür abgeschlossene Versicherungen weiter. Stiftung Warentest erklärt, worauf Sie in so einem Fall achten sollten.
- Wenn Marder oder Reh Schäden anrichten, helfen Versicherungen nur selten. Die Experten der Stiftung Warentest sagen, wann sich ein Blick in den Vertrag dennoch lohnt.
- Eine Küche ist oft teuer. Ob ein Versicherer bei einem Schaden einspringt, hängt auch davon ab, wem sie gehört. Im schlimmsten Fall streiten sich Hausrat-, Haftpflicht-...
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Stiftung_Warentest am 21.02.2023 um 11:43 Uhr
Mehrere Versicherungen bei einer Gesellschaft
@Hennsen1: Ob es von Vorteil ist mit mehreren Verträgen bei einer Gesellschaft zu sein, haben wir nicht systematisch erfasst. Kein Unternehmen setzt leichtfertig Kundenbeziehungen aufs Spiel. Es gibt ja auch die unterschiedlichsten Gründe für die Kündigung. Wer alle Versicherungen vom gleichen Anbieter kaufen will, sollte nicht aus dem Auge verlieren, dass es trotzdem wichtig ist, dass die Verträge selbst (sehr) gute Bedingungen haben. Im Konfliktfall haben Sie damit eine stärkere Rechtsposition.
Spielt es für die Versicherungsgesellschaft eine Rolle, ob ein Kunde mehrere Verträge hat (z.B. Rechtschutz, Haftpflicht, KFZ)? Ist die Gefahr einer Kündigung dann geringer, bzw. gibt es dazu Erfahrungen? Danke
Meine Rechtsschutzversicherung wurde nach 33 Jahren (seit 1999 versichert) von der Sanierungsabteilung gekündigt. Die 197,24€, die ich für meinen Altvertrag zahle, reichen dem Unternehmen wohl nicht. Bis auf Kosten von 424 € (2013) und 139,78 (2020) habe ich bisher alle Rechtsangelegenheiten gewonnen und keine Kosten verursacht. Jetzt lässt man mich in einem laufenden Verfahren (1. Instanz) sitzen. Meine Bitte, in diesem Fall die Kündigung zurückzunehmen und mich selbst kündigen zu lassen, um leichter einen neuen Versicherer zu bekommen, wurde abgelehnt. Eine tolle Gesellschaft!
@Jeshika: Ja. Die Versicherungsprämie, die auf die schon bezahlten, aber nicht mehr versicherten Monate entfällt, muss der Versicherer erstatten. Das ergibt sich aus Paragraf 39 des Versicherungsvertragsgesetzes. Beispiel: Eine Rechtsschutzversicherung läuft über zwölf Monate, von November 2020 bis Ende Oktober 2021 (Versicherungsjahr). Der Kunde bezahlt den Jahresbeitrag in Höhe von 300 Euro im Voraus. Weil der Kunde während des Versicherungsjahres zwei Prozesse führt, die von der Rechtsschutzversicherung übernommen werden, kündigt der Versicherer den Vertrag vorzeitig zum Ende des Monats August 2021. Die Versicherungsprämie, die auf die Monate September und Oktober 2021 entfällt (zwei Zwölftel der 300 Euro), muss der Versicherer dem Kunden erstatten. Dieser erhält also 50 Euro zurück. (maa)
Wie verhält es sich bei der außerordentlichen Kündigung durch die Rechtschutzversicherung mit den Versicherungsbeiträgen, die für das volle Jahr voraus bezahlt wurden? Müssen diese anteilig erstattet werden? Vielen Dank im Voraus
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@Hennsen1: Ob es von Vorteil ist mit mehreren Verträgen bei einer Gesellschaft zu sein, haben wir nicht systematisch erfasst. Kein Unternehmen setzt leichtfertig Kundenbeziehungen aufs Spiel. Es gibt ja auch die unterschiedlichsten Gründe für die Kündigung.
Wer alle Versicherungen vom gleichen Anbieter kaufen will, sollte nicht aus dem Auge verlieren, dass es trotzdem wichtig ist, dass die Verträge selbst (sehr) gute Bedingungen haben. Im Konfliktfall haben Sie damit eine stärkere Rechtsposition.
Spielt es für die Versicherungsgesellschaft eine Rolle, ob ein Kunde mehrere Verträge hat (z.B. Rechtschutz, Haftpflicht, KFZ)? Ist die Gefahr einer Kündigung dann geringer, bzw. gibt es dazu Erfahrungen?
Danke
Meine Rechtsschutzversicherung wurde nach 33 Jahren (seit 1999 versichert) von der Sanierungsabteilung gekündigt. Die 197,24€, die ich für meinen Altvertrag zahle, reichen dem Unternehmen wohl nicht.
Bis auf Kosten von 424 € (2013) und 139,78 (2020) habe ich bisher alle Rechtsangelegenheiten gewonnen und keine Kosten verursacht.
Jetzt lässt man mich in einem laufenden Verfahren (1. Instanz) sitzen.
Meine Bitte, in diesem Fall die Kündigung zurückzunehmen und mich selbst kündigen zu lassen, um leichter einen neuen Versicherer zu bekommen, wurde abgelehnt. Eine tolle Gesellschaft!
@Jeshika: Ja. Die Versicherungsprämie, die auf die schon bezahlten, aber nicht mehr versicherten Monate entfällt, muss der Versicherer erstatten. Das ergibt sich aus Paragraf 39 des Versicherungsvertragsgesetzes.
Beispiel: Eine Rechtsschutzversicherung läuft über zwölf Monate, von November 2020 bis Ende Oktober 2021 (Versicherungsjahr). Der Kunde bezahlt den Jahresbeitrag in Höhe von 300 Euro im Voraus. Weil der Kunde während des Versicherungsjahres zwei Prozesse führt, die von der Rechtsschutzversicherung übernommen werden, kündigt der Versicherer den Vertrag vorzeitig zum Ende des Monats August 2021. Die Versicherungsprämie, die auf die Monate September und Oktober 2021 entfällt (zwei Zwölftel der 300 Euro), muss der Versicherer dem Kunden erstatten. Dieser erhält also 50 Euro zurück. (maa)
Wie verhält es sich bei der außerordentlichen Kündigung durch die Rechtschutzversicherung mit den Versicherungsbeiträgen, die für das volle Jahr voraus bezahlt wurden? Müssen diese anteilig erstattet werden?
Vielen Dank im Voraus