Das berichten Betroffene
Opfer von Unfällen und Behandlungsfehlern berichten, wie die Versicherer auf ihre Schadenmeldung reagiert haben. test.de dokumentiert die Schilderungen, ordnet die Fälle ein und gibt allgemeingültige Tipps. Namen von Opfern nennt test.de nur, soweit die Betroffenen das wünschen. Werden Versicherer namentlich genannt, haben diese Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen. Haben Sie selbst Ähnliches erlebt? Schicken Sie Ihren Bericht an schadensregulierung@stiftung-warentest.de.
Absichtlich vom Auto gerammt – mit schweren Folgen
Dieter J. (61) aus Hochheim berichtet, dass ihn ein Autofahrer mit einem Geländewagen absichtlich rammte, nachdem er sich bei ihm vor einer roten Ampel über knappes Überholen beschwert hatte. Dieter J. erlitt schwere Verletzungen, musste in Rente gehen und ist nun schwerstbehindert. Der Autofahrer landete im Gefängnis. Die Kfz-Haftpflichtversicherung habe sich auf das Versicherungsvertragsgesetz berufen. Sie müsse nicht zahlen, weil der Unfall vorsätzlich herbeigeführt wurde. Zuständig ist dann die Verkehrsopferhilfe. Doch die verwies Dieter J. doch wieder an die Versicherung. Die habe für die Betriebsgefahr des Geländewagens einzustehen. Erst nach Einschalten einer spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei und sieben Jahre später habe er eine Entschädigung erhalten, berichtet Dieter J.. Hier lesen Sie den Bericht von Dieter J. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Wer Opfer einer Straftat wird, kann das Strafverfahren abwarten. Wird der Täter dort verurteilt, erleichtert das die zivilrechtliche Klage auf Schadenersatz gegen ihn. Doch die nützt oft nichts. Wenn der Täter mittellos ist, bekommt das Opfer von ihm so oder so nichts. Haftpflichtversicherer müssen oft nicht zahlen, wenn der Täter vorsätzlich handelte. Es bleibt dann nur ein Antrag an die Verkehrsopferhilfe oder auf staatliche Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz.
Als Zuschauer beim Eishockey vom Puck getroffen
Georg W. (48) aus K. berichtet, dass sein achtjähriger Sohn als Zuschauer bei einem Eishockeyspiel von einem Puck am Kopf getroffen wurde und fast ein Auge verlor. Erst nach etwa sechs Monaten sei der Haftpflichtversicherer des Eishockey-Clubs in der Lage gewesen, den Fall einzuordnen. Er habe den Versicherungsschutz abgelehnt mit dem Argument, dass der Eishockey-Club das Spielfeld ordentlich gesichert habe. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Puck über die Bande fliege, sei sehr gering und es gäbe Sicherheitsdurchsagen. Der Unfall sei Schicksal. Hier lesen Sie den Bericht von Georg W. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Die Begründung für die Verweigerung der Entschädigung von K.s Sohn ist nicht nur zynisch, sondern wohl auch falsch. Es kommt immer wieder vor, dass der Puck beim Eishockey in die Zuschauerränge fliegt und dort Zuschauer verletzt. Davor müssen Eishockey-Vereine ihr Publikum schützen. (Landgericht Regensburg , Urteil vom 18.3.2015, Aktenzeichen: 3 O 1702/10 (4); Oberlandesgericht Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 6.7.2015, Aktenzeichen: 4 U 804/15).
Regulierung mit Respekt
Anne S. (40) aus F. erlitt bei drei Verkehrsunfällen als Radfahrerin schwere Verletzungen mit bleibenden Schäden. Als Ärztin konnte sie ihre Verletzungen genau und gut darstellen. Außerdem hatte sie darauf geachtet, alles dokumentieren zu können. Die Versicherer zahlten am Ende. Bis dahin vergingen aber auch bei Anne S. viele Jahre. Hier lesen Sie den Bericht von Anne S. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Anne S. hat offenbar alles richtig gemacht, um die ihr zustehenden Entschädigungen in voller Höhe durchzusetzen. Wenn vor allem um die Höhe der Entschädigung gestritten wird, empfiehlt test.de eher einen Fachanwalt für Versicherungsrecht als einen solchen für Verkehrsrecht. Wichtig ist vor allem, dass der Anwalt in möglichst vielen ähnlichen Fällen schon erfolgreich Schadenersatzforderungen durchgesetzt hat. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht ist vor allem geeignet, wenn nach einem Unfall unklar ist, wer für welchen Teil des Schadens zu haften hat.
Warten auf Entschädigung
Über vier Jahre stritt Antje M. mit der Versicherung eines Autohalters. Sie berichtet: Einer der Insassen seines Wagens öffnete die Tür, ohne auf den Verkehr zu achten. Antje M. war mit dem Fahrrad unterwegs. Sie konnte nicht mehr ausweichen, stieß gegen die Tür und stürzte. Ein nachfolgendes Auto fuhr ihr über die Hand. Am Ende einigte sie sich mit der Versicherung. Sie bekam allerdings nur ein Drittel des Betrags, den ihr Rechtsanwalt ursprünglich gefordert hatte. Ein sich über Jahre hinziehendes Gerichtsverfahren durchzustehen, würde sie psychisch nicht verkraften, sagt Antje M.. Hier lesen Sie den Bericht von Antje M. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Die mit Gerichtsverfahren verbundene Belastung bringt Unfallopfer immer wieder dazu, sich mit einer aus ihrer Sicht unzureichenden Entschädigung zufrieden zu geben, selbst wenn sie eine Rechtsschutzversicherung haben und so das Prozessrisiko abgedeckt ist. Erfahrene Rechtsanwälte können ihren Mandanten den Prozess erleichtern, doch ein Mindestmaß an Nerven und Zeit kostet ein Rechtsstreit immer.
Feilschen um jeden Euro
Gerade mal 10 000 Euro Schmerzensgeld wolle ihr die Haftpflichtversicherung eines Autofahrers zahlen und nur einen kleinen Teil ihres Verdienstausfalls ersetzen, berichtet Astrid S. aus O. (57). Sie habe schwere Verletzungen erlitten, als der Autofahrer sie Anfang 2011 auf einem Fußgängerüberweg anfuhr. Sie habe jetzt eine Knievollprothese und schaffe Strecken über 100 Meter nur mit Krücken. Unfallbedingt ging sie in Ruhestand. Auch jetzt habe sie noch jeden Tag Schmerzen. Hier lesen Sie den Bericht von Astrid S. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Gerichte in Deutschland bewilligen oft nur bescheidene Schmerzensgelder, und Haftpflichtversicherer bieten von sich aus oft zunächst noch weniger. Opfern bleibt nur, ihre Verletzungen und die verbleibenden Folgen so genau wie irgend möglich zu dokumentieren. Rechtsanwälte mit einschlägigen Erfahrungen können dann meist recht zuverlässig einschätzen, wie viel Schmerzensgeld drin ist. Doch selbst das sind gemessen an den Einschränkungen und Leiden der Opfer oft nur bescheidene Beträge.
„Zehn Jahre Hölle“
Zehn Jahr lang habe sein Versicherungsverein ihm das Leben zur Hölle gemacht, sagt Burkhard W.. Er forderte Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung. Obwohl die Rentenversicherung die vollständige Erwerbsunfähigkeit anerkannt hatte, habe das Unternehmen ihm Leistungen unter Berufung auf indiskutabel schlechte Gutachten verweigert. Nach langem Rechtsstreit musste der Versicherer am Ende doch zahlen. Hier lesen Sie den Bericht von Burkhard W. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Selbstverständlich müssen Versicherer in einem solchen Fall am Ende die Gerichts- und Anwaltskosten übernehmen und für die Zeit rechtswidriger Verweigerung der Leistung Schadenersatz zahlen.
100 Prozent Invalidität?
Dorothea Z. beklagt sich über die Signal Iduna. Krankenversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen für die tragischen Folgen eines Unfalls vor neun Jahren, während die private Unfallversicherung keine volle Invalidität anerkennen wollte. Die Signal Iduna sagt, sie habe korrekt reguliert, Dorothea Z. habe aus der Unfallversicherung 14 000 Euro erhalten. Das Landgericht wies Dorothea Z.s Klage ab. Doch sie ging in Berufung, obwohl ihr die Rechtsschutzversicherung inzwischen gekündigt hatte. Der Fall ist immer noch nicht geklärt. Hier lesen Sie den Bericht von Dorothea Z. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Auch die Meinungen von Gutachtern können weit auseinandergehen. Letztlich ist entscheidend, welches Gutachten das zuständige Gericht für überzeugend hält. Sofern Unfallopfer auf der Grundlage eines nicht überzeugenden oder gar falschen Gutachtens mehr fordern, als Ihnen am Ende dann nach Auffassung des Gerichts zusteht, haben sie unter Umständen Schadenersatzansprüche gegen den Gutachter.
Nur Geld für den Schaden am Fahrzeug
Bereits 18 Jahre ist es her, dass Josef Schöns Ehefrau verunglückte. Ein Kuriertransporter drängte sie mit ihrem 10 Jahre alten Fiat Panda von der Fahrbahn einer Schnellstraße. Zunächst diagnostizierten die Ärzte nur eine Stauchung der Wirbelsäule. Erst später entdeckte ein Spezialist einen Riss oder Abriss von Bändern an der Halswirbelsäule. Die Haftpflichtversicherung des Unfallwagens zahlte zwar den Schaden an Schöns Wagen. Für die schweren Verletzungen erhielt sie keine Entschädigung. Sie und ihr Mann zogen durch alle Instanzen, doch es blieb dabei: Aus Sicht der Justiz kann der Unfall nicht zu dieser Verletzung geführt haben. Hier lesen Sie den Bericht von Josef Schön im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Selbst wenn aus Sicht des Opfers und seiner Angehörigen eine Verletzung ganz sicher Folge eines Unfalls war, lassen sich Versicherer und Gerichte im Einzelfall nicht immer davon überzeugen und geht das Opfer am Ende leer aus.
Doppeltes Unglück mit Unklarheit
Bei gleich zwei Unfällen erlitt Marc K. jeweils als Beifahrer schwere Verletzungen. Er ist noch bis mindestens Ende dieses Jahres erwerbsunfähig. Keine der beiden beteiligten Versicherungen hat ihn bis jetzt entschädigt. Hier lesen Sie den Bericht von Marc K. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Günstig für K. immerhin: Wer bei mehreren Unfällen kurz hintereinander Verletzungen erleidet, kann von beiden Unfallverursachern und ihren Versicherern jeweils vollen Ersatz für alle Schäden verlangen. Die Versicherer dürfen sich nicht damit herausreden, dass der Schaden jeweils durch den anderen Fahrer verursacht wurde. Hier greift nach einhelliger Auffassung aller Gerichte und Rechtswissenschaftler zugunsten des Opfers eine Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch, die eigentlich für Fälle gedacht ist, bei denen Schädiger das Opfer bewusst und gewollt gemeinschaftlich schädigen.*
Verzögerungstaktik
Eine Autofahrerin fuhr Wolfhart B. (69) vor drei Jahren auf einem Zebrastreifen an. Er erlitt unter anderem einen doppelten Genickbruch. Trotz eindeutiger Sach- und Rechtslage zahlen weder der Haftpflichtversicherer des Unfallwagens noch B.s Unfallversicherung. Hier lesen Sie den Bericht von Wolfhart B. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Bei Unfällen mit schweren Verletzungen kann es selbst bei optimaler Regulierung dauern, bis Versicherer die Folgen endgültig beurteilen und über die angemessene Entschädigung entscheiden können. Allerdings: Die Versicherer müssen Abschläge zahlen, sobald feststeht, dass jedenfalls in dieser Höhe Forderungen des Opfers berechtigt sind. Auch auf solche Teilleistungen können Opfer klagen. Gut, wenn sie dabei wie Wolfhart B. eine Rechtsschutzversicherung im Rücken haben.
Unendliche Geschichte
Über elf Jahre ist es her. Ein Autofahrer, der mit weit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war, rammte Rennradfahrer Karl-Heinz H.. Wie durch ein Wunder überlebte er. Doch der Streit um die Folgen des Unfalls ist noch immer nicht ausgestanden – trotz einer endlosen Reihe von Untersuchungen, Gutachter-, Rechtsanwalts- und Gerichtsterminen. Hier lesen Sie den Bericht von Karl-Heinz H. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Der Bericht von Karl-Heinz H. zeigt exemplarisch, welch gewaltiger Aufwand zuweilen nötig ist, um die Entschädigung für schwere Verletzungen zu bekommen. Noch immer ist nicht einmal klar, ob der Betroffene für alle Verletzungen überhaupt eine angemessene Entschädigung erhält.
Ungewöhnliche Spätfolgen
Ein Autofahrer fuhr Sabine R.s Sohn an. Es war mit seinem Motorroller unterwegs. Bei dem Sturz verletzte er sich trotz Helm unter anderem am Kopf. Die Ärzte hatten zunächst nur einen kleinen Teil der Verletzungen diagnostiziert. An den Spätfolgen des Unfalls leidet R. noch heute, fast sieben Jahre nach dem Unfall. Er ist zu 60 Prozent behindert und nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Der Haftpflichtversicherer des Autofahrers behauptet: R.s Leiden kommen nicht von dem Unfall. Hier lesen Sie den Bericht von Sabine R. im Wortlaut.
test.de-Kommentar: Gute Ärzte sind für Unfallopfer doppelt wichtig. Wenn sie Verletzungen nicht sofort korrekt diagnostizieren und behandeln, heilen sie womöglich nicht richtig. Es drohen Spätfolgen. Außerdem verschlechtern sich die Chancen von Unfallopfern auf Schadenersatz, wenn Ärzte unfallbedingte Verletzungen erst mit Verzögerung feststellen. Der Nachweis, dass sie Unfallfolgen sind, wird dann immer schwieriger und im Einzelfall unmöglich.
* Passage korrigiert am 18. Januar 2016. Ursprünglich hatten wir die Rechtslage bei Vorliegen von zwei möglichen Schädigern anders dargestellt.