Astrid S. (57) aus O., 24.02.2014:
Ich wurde Anfang 2011 als Fußgängerin auf einem Fußgängerüberweg von einem Auto angefahren. Mein Schienbeinkopf ist zertrümmert. Inzwischen habe ich nach fünf Operationen eine Knievollprothese und bin wegen der Unfallfolgen in den Ruhestand versetzt worden. Ich muss für Strecken ab etwa 100 Meter zwei Unterarmgehstützen benutzen und habe täglich Schmerzen.
Die Schuld des Autofahrers ist klar, damit auch die volle Einstandspflicht des Haftpflichtversicherers. Dieser hat mir unangefordert ein Ablösungsangebot unterbreitet: Über etwa 50 Prozent des bis zu meinem gesetzlichen Ruhestand anfallenden Netto-Verdienstschadens, auch noch abgezinst mit einem Faktor von 6,517 Prozent. Der Versicherer argumentiert ferner, es sei davon auszugehen, dass ich bereits mit knapp 62 statt knapp 67 in den Ruhestand gegangen wäre. Er verkürzt die Berücksichtigung des Verdienstschadens also um rund fünf Jahre.
Zur Ermittlung des Pensionsschadens schrieb mir die Haftpflichtversicherung, dass ich so schwer verletzt sei, dass ich wahrscheinlich fünf Jahre früher versterbe als statistisch zu erwarten. Der Ermittlung des Schadensersatzes für den Pensionsschaden wurde also ein um fünf Jahre verkürzter Zeitraum zu Grunde gelegt. Bei der Berechnung wurde ferner der Abschlag von 10,8 Prozent der wegen der vom Versicherer angenommenen Frühpensionierung (mit 62 statt 67 Jahren) anfällt, unberücksichtigt gelassen. Der daraus ermittelte Pensionsschaden wurde mit einem Kapitalisierungsfaktor von 10,165 Prozent abgezinst. Die Versicherung nahm (einschließlich eines Berechnungsfehlers) einen Schaden von monatlich 139,17 Euro an. Tatsächlich beläuft sich der Schaden nach der aktuellen Hochrechnung der Niedersächsischen Versorgungskasse unter Berücksichtigung eines 10,8 prozentigen Abschlags bei Frühpensionierung auf 716,18 Euro.
Als Schmerzensgeld bot der Haftpflichtversicherer zunächst 18 000 Euro an, reduzierte diesen Betrag aber später auf 10 000 Euro. Er begründet dies damit, dass er nur für die Folgen des Unfalls, aber nicht für die Folgen der daraufhin notwendigen Operationen hafte. 10 000 Euro umgerechnet auf mein statistisches Endalter ergibt ein tägliches Schmerzensgeld zwischen 2,36 Euro für Tage, die ich aufgrund der Operationen völlig fremdbestimmt im Krankenhaus verbracht habe (rund 6 Wochen), 2,12 Euro für Tage in der Reha (9 Wochen), 1,89 Euro für Tage der Pflege- bzw. Unterstützungsbedürftigkeit zu Hause bis hin zu 83 Cent für jeden verbleibenden Tag mit Schmerzen, angewiesen auf Unterarmgehstützen, Verlust des Arbeitsplatzes und von Freizeitbeschäftigungen wie Walken und Wandern. Dieses Angebot ist ein Schlag ins Gesicht.
-
- Bei der Berufsunfähigkeitsrente geht es meist um sehr viel Geld. Nicht überraschend, dass Versicherer hier genau prüfen. Finanztest sagt, was beim Antrag zu beachten ist.
-
- Der Europäische Gerichtshof macht deutschen Gerichten Dampf: Käufer von Autos mit illegaler Motorsteuerung müssen viel häufiger Entschädigung bekommen, urteilte er.
-
- Zahlt der Versicherer nicht oder kürzt die Leistung, können Kunden die Schlichtungsstelle einschalten. Rund 50 Prozent der Beschwerden sind erfolgreich.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.