Spül­mittel-Test

Interview: „Isothiazolinone haben ein hohes Allergie­potenzial“

Spül­mittel-Test - Konzentrate hängen klassische Spül­mittel ab

Wolfgang Uter, Professor für Dermatologie an der Universität Erlangen und Präsident der European Society of Contact Dermatitis (ESCD). © Privat

Spül­mittel und viele andere Produkte enthalten das Konservierungs­mittel Methylisothiazolinon. Warum das kritisch ist, erläutert der Dermatologe Wolfgang Uter.

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Im letzten Spül­mittel-Test der Stiftung Warentest (test 9/2018) hatte vor allem eine bestimmte Konzentration an Methylisothiazolinon vielen Spül­mitteln das Qualitäts­urteil vermiest. In der aktuellen Unter­suchung (test 6/2022) enthielt nur noch ein Produkt vergleichs­weise viel davon. Andere Rezepturen wurden inzwischen umge­stellt. Im Gespräch mit test.de gibt Experte Wolfgang Uter Hintergrundinfos zu dem umstrittenen Konservierungs­mittel.

Methylisothiazolinon kann Allergien erzeugen

Was ist an Methylisothiazolinon problematisch?

Der Stoff besitzt das Potenzial, selbst in relativ geringer Konzentration eine Allergie zu erzeugen. Ist das passiert, kann jeder Haut­kontakt einen allergischen Ausschlag auslösen.

Wie viele Methylisothiazolinon-Allergiker gibt es in Deutsch­land?

Wenn man konservativ hoch­rechnet, sind mindestens eine halbe Million Menschen gegen den Stoff allergisch – realistisch bis zu zwei Millionen.

Selbst in Kinder-Knete kommt er vor

In welchen Produkten wird das Konservierungs­mittel einge­setzt?

Es kann in allen Produkten vorkommen, die Wasser enthalten: Wand­farben, Reiniger, Pflege-Lotionen für Möbel und Böden, Auto­polituren, Sanitär­sprays, sogar in Filz­stiften und Slime-Knete für Kinder. In Kosmetika war es lange das Mittel der Wahl.

In Kosmetika ersetzten Isothiazolinone die in Verruf geratenen Parabene. Welche Folgen hatte das?

Der breite Einsatz in Kosmetika ab etwa 2004 hat eine massive Allergie-Epidemie ausgelöst. 2013 gab es deshalb einen Krisengipfel zwischen Dermatologen aus ganz Europa und der Kosmetik­industrie. Es wurde empfohlen, Methylisothiazolinone in Produkten, die auf der Haut bleiben wie Cremes und Salben, nicht mehr einzusetzen. Das galt jedoch nicht für Produkte, die wie Shampoos und Flüssigseife wieder abge­waschen werden. Erst seit letztem Jahr gibt es eine europäische Verordnung, die die Verwendung einschränkt.

In Haut­cremes verboten

Welche Konzentration ist erlaubt?

In Haut­cremes ist das Konservierungs­mittel seit 2017 verboten. Bei abwasch­barer Kosmetik liegt der Grenz­wert seit einigen Monaten bei 15 Milligramm pro Kilogramm. Diese nied­rige Konzentration gilt nach Studien­lage als unpro­blematisch. Seit der Begrenzung in Kosmetika fällt die Rate neu Erkrankter. Für andere Produkt­gruppen gilt diese Begrenzung nicht, etwa Wand­farben und Haus­halts­reiniger.

In den geprüften Spül­mitteln fanden wir Konzentrationen von bis zu 95 Milligramm pro Kilogramm. Ist das ein Problem für Allergiker?

Ja, durch­aus. Vor allem, wenn sie das Spül­mittel unver­dünnt zum Hände­waschen verwenden. Bei einer Studie mit Allergikern hat bereits eine Konzentration von 50 Milligramm pro Kilogramm bei über der Hälfte von ihnen einen Ausschlag ausgelöst.

Können die in den Spül­mitteln gefundenen Mengen eine Allergie bei Gesunden auslösen?

Das ist unwahr­scheinlich, aber auch nicht ausgeschlossen. Noch immer gibt es Neuerkrankte, obwohl Methylisothiazolinon in vielen Kosmetika verboten ist. Aber die Ursache von Allergien ist immer schwer zu beweisen.

Beim Spülen Hand­schuhe tragen

Was raten Sie Allergikern?

Beim Spülen Hand­schuhe tragen, sofern man nicht gegen sie allergisch ist. Und auf die Kenn­zeichnung achten. Nicht nur Kosmetika, auch Haus­halts­reiniger müssen ihre Inhalts­stoffe auflisten. Viel problematischer sind Produkte, bei denen es keine Deklarations­pflicht gibt, zum Beispiel Auto­polituren und Filz­stifte. Ich plädiere daher für eine Voll­deklaration in allen Bereichen. Das wäre eine große Hilfe für Dermatologen und Patienten.

Gibt es sichere Konservierungs­mittel?

Das Problem ist immer, dass ein vermehrter Einsatz von Ersatz­stoffen ziemlich sicher zu neuen Allergien führt. Von daher sollten Hersteller allgemein versuchen, die Notwendig­keit von Konservierungs­mitteln zu reduzieren. Etwa durchs Verpackungs­design: Flaschen mit Pump-Mecha­nismus verkeimen weniger schnell als Verschlüsse, die offen stehen können.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Robert.82 am 01.07.2024 um 15:28 Uhr
    Alio Ultra

    Das Alio Ultra von Aldi Süd fand ich früher recht gut, da ziemlich ergiebig. Eine kleine Menge hat bereits ausgereicht, um genug Reinigungskraft zu erreichen.
    Seit einiger Zeit wurde aber die Verpackung (und laut Inhaltsangaben auch die Rezeptur) geändert, es wird jetzt mit "10% weniger Plastik" geworben.
    Leider wird diese vorgebliche Abfallreduktion durch die ungleich viel größere "Verwässerung" des Spülmittels mehr als aufgehoben, ich verbrauche jetzt locker zwei bis drei Mal so viel Plastik wie zuvor, da ich schlichtweg mehr Spülmittel für den gleichen Effekt benötige und damit auch mehr Spülmittel kaufen muss (ein Schelm, wer Böses dabei denkt).
    Die 1L-Packung von Alio hatte schon seit längerem (immer?) diese Rezeptur, nun ist sie auch bei der kleineren Packung angekommen.

  • bullester am 09.02.2024 um 01:38 Uhr
    Pril bleibt nicht Pril

    Der Test ist heute wertlos bzw. irreführend. Vom damaligen Testsieger hat es inzwischen zahlreiche "Sondereditionen" mit unterschiedlichen Zusammensetzungen und Packungsgrößen gegeben. Der Kartel../ äh: Marktpreis wurde inzwischen eingependelt auf über 1,85 und die getestete Version gibt es überhaupt nicht mehr.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 24.01.2024 um 14:41 Uhr
    Neues Etikett neue Rezeptur bei Pril

    @MiroX: Wir haben beim Hersteller von Pril Kraft Gel Ultra Plus 5+ nachgefragt. In der Tat wurde die Formel von Pril Kraft Gel Ultra Plus 5 im vergangenen Sommer überarbeitet, sodass seither „Kalt aktiv“ ausgelobt wird und nicht länger Pril 5+. Entsprechend weist das Etikett auch das Wort „NEU“ aus.

  • Gelöschter Nutzer am 23.01.2024 um 20:53 Uhr
    Neues Etikett für Pril Kraft Gel Ultra Plus 5+

    Guten Tag,
    ist Ihnen bekannt, ob sich lediglich die Produktgestaltung oder sogar auch der Inhalt des o.g. Produkts verändert hat? Online sowie im lokalen Handel ist dieses nicht zu finden, obwohl noch alle fünf positiven Eigenschaften dargestellt werden.
    Herzliche Dank und beste Grüße

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 17.06.2022 um 12:50 Uhr
    Nachspülen mit klarem Wasser notwendig?

    @Paul-PeterZuhetski: Laut Fachexperten ist es unter gesundheitlichen und hygienischen Gesichtspunkten nicht notwendig, das Geschirr in klarem Wasser nachzuspülen. Falls Nachspülen dennoch gewünscht ist, sollte dies auch der Umwelt zuliebe besser in einem mit kaltem Wasser gefüllten Becken oder in einer Schüssel und nicht unter fließendem Wasser erfolgen, bzw. das Geschirr an der Luft trocknen. Studien zeigen, dass nach dem Reinigen von Geschirr sowohl mittels Geschirrspüler als auch von Hand nur äußerst geringe Rückstände des verwendeten Spülmittels nachweisbar sind.