
Qualvoll. Nackenschmerzen können im Alltag enorm belasten. Aber Achtung: Wer deshalb in Schonhaltung geht, kann das Problem noch verschärfen. © Depositphotos
Nackenschmerzen sind häufig, können beunruhigen und quälen. Aber: Schon einfache Maßnahmen bewirken viel, sagt eine neue medizinische Leitlinie.
Fast jeder zweite Mensch in Deutschland plagt sich mindestens einmal im Jahr mit Nackenschmerzen, zeigen Studiendaten des Robert-Koch-Instituts. Fachleute haben nun mithilfe umfassender Studiendaten erarbeitet, was die besten Behandlungsmöglichkeiten sind. Die wichtigste Botschaft: In den meisten Fällen sind Nackenschmerzen harmlos und kein Grund für aufwendige Diagnostik und Therapie.
Gute Aufklärung entscheidend
Die aktualisierte medizinische Leitlinie unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (Degam) betont die Bedeutung einer guten Aufklärung. Neuere Studien hätten gezeigt, dass wertschätzende und informierende Gespräche mit Patientinnen und Patienten nachweislich zur Linderung der Nackenprobleme beitragen, weil sie Ängste nehmen und zur Mitarbeit an Therapien motivieren.
Aufwendige Diagnostik nur bei Warnzeichen nötig
Die Leitlinie sieht folgenden Ablauf vor: Wer wegen Nackenschmerzen in die Praxis kommt, soll zunächst zu Symptomen und Begleitumständen befragt und körperlich untersucht werden.
Zeigen sich dabei Warnzeichen – wie Taubheitsgefühle, Fieber oder Schmerzen, die in den Arm ausstrahlen –, ist eine weitere Diagnostik nötig. Das kann je nach Befund etwa die Laboruntersuchung einer Blutprobe sein oder ein bildgebendes Verfahren wie CT oder MRT.
Bewegen statt schonen lautet die Devise
Zeigen sich in der Befragung und Untersuchung keine Auffälligkeiten, können Betroffene beruhigt sein. Dann sind die Nackenschmerzen höchstwahrscheinlich harmlos, etwa verspannungsbedingt, und eine weiterführende Untersuchungen ist erst einmal nicht notwendig.
Als Therapie empfiehlt die Leitlinie in solchen Fällen Bewegung. Denn sie kann laut Studien helfen, Verspannungen zu lösen – im Gegensatz zu Schonung, die das Problem möglicherweise verschärft. Dieses Wissen sei noch nicht überall angekommen. „Bewegung ist bei Nackenschmerzen das Maß aller Dinge“, erklärt die Degam.
Schmerzmittel und Wärme als Zusatzhilfen
Um Bewegung zu ermöglichen, also für die Betroffenen erträglich zu machen, können laut Leitlinie für einige Tage Schmerzmittel zum Einsatz kommen − etwa die Wirkstoffe Ibuprofen oder Diclofenac, die rezeptfrei erhältlich sind. Ebenfalls hilfreich: Die Anwendung von Wärme, beispielsweise mithilfe von Körnerkissen zum Aufheizen.
Bewegung gegen Nackenschmerzen
Wenn Sie sich ganz normal im Alltag bewegen, kommt das Ihrem Nacken laut Leitlinie entgegen. Zudem gibt es gezielte Übungen wie beispielsweise diese:
- Setzen oder stellen Sie sich aufrecht hin, richten Sie den Blick gerade nach vorn.
- Drehen Sie den Kopf langsam zur rechten Seite (kurz halten), dann langsam wieder zur Mitte und langsam weiter zur linken Seite (kurz halten). Mehrmals wiederholen.
- Drehen Sie den Kopf nach rechts und wenden Sie den Blick Richtung Boden. Drehen Sie den Kopf nun langsam und halbkreisförmig – mit dem Kinn Richtung Brust – zur Mitte und weiter nach links. Führen Sie den Kopf auf dieselbe Weise zurück nach rechts. Mehrmals wiederholen.
- Neigen Sie den Kopf nach rechts, bis Sie auf der linken Seite eine Dehnung spüren. Verstärken Sie diese sanft, indem Sie die rechte Hand links an den Kopf legen. Nehmen Sie die Hand nach einigen Sekunden weg, drehen Sie den Kopf langsam zur rechten Schulter und langsam wieder zur Mitte. Kurze Pause, dann dasselbe Vorgehen für die andere Seite. Wenn Sie mögen, mehrmals wiederholen.
Diese und weitere Übungen finden Sie kostenfrei mit Videoanleitung im Internet.
In aller Regel bessern sich Nackenschmerzen innerhalb weniger Tage bis Wochen. Bleiben sie bestehen oder verschlimmern sie sich, ist das ein Grund (nochmals) zum Arzt oder zur Ärztin zu gehen. Selbst dann ist eine umfassende Diagnostik laut Leitlinie meist nicht nötig – aber möglicherweise eine angepasste Behandlung, etwa gezielte Bewegung mithilfe einer verordneten Physiotherapie.
Tipp: Falls Sie nicht nur der Nacken plagt, sondern auch die Region darunter, finden Sie Empfehlungen in unserem gesonderten Beitrag zu Rückenschmerzen.
Helfer für einen gesunden Nacken
- Nackenstützkissen sollen helfen, Verspannungen zu lösen, oder verhindern, dass sie entstehen. Immerhin 4 von 14 Nackenkissen in unserem Test stützen in jeder Lage gut ab.
- Massagepistolen werden als Helfer für Rücken und Nacken oder gegen Muskelkater vermarktet. Doch manche Massagepistolen im Test tun weh, enthalten Schadstoffe oder zerbrechen. Gut massieren zwei der getesteten Geräte.
- Matratzen, Lattenroste, Bürostühle – unsere Tests und Infos für ein gesundes Leben und Arbeiten finden Sie auf unseren Themenseiten Gesunder Schlaf und Home Office.
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