
Ruhe tut gut. In entspannenden Situationen können die Tics weniger werden. © Getty Images
Schniefen, Blinzeln, Grimassen schneiden – etliche Kinder entwickeln phasenweise Tics. Eine Studie zeigt, was dagegen hilft.
Bis zu 20 von 100 Kindern betroffen
Tics bei Kindern sind vielfältig. Bei vokalen Tics geben die Betroffenen immer wieder Laute von sich – sie schniefen, grunzen, räuspern sich oder wiederholen Worte. Andere Kinder haben Bewegungs-Tics und zucken mit den Schultern, blinzeln, ziehen Grimassen oder verdrehen den Körper.
Das Problem trifft viele: Bis zu 20 von 100 Kindern zeigen im Laufe ihrer Entwicklung mindestens einen solchen Tic. Ein Team von Forschenden australischer Universitäten hat evidenzbasierte Studien zum Thema ausgewertet und Empfehlungen für Eltern, Therapeutinnen und Therapeuten im British Medical Journal veröffentlicht.
Besserung meist ohne Medikamente
Fazit der Forscher: Es gibt eine Reihe praktischer Strategien, um den Kindern zu helfen. Medikamente sind nur eine Option für schwere Fälle.
Auch erleichternd zu wissen: Tics verschwinden oft nach einigen Wochen und Monaten von selbst wieder. Länger als ein Jahr halten die Beschwerden in der Regel nicht an. Sie können aber wiederkehren. Je älter die Kinder werden, desto seltener werden die Tics. Nach der Pubertät treten sie nur noch bei der Hälfte der Betroffenen auf. Im Erwachsenenalter leiden noch etwa 5 Prozent daran.
Was Eltern tun können
- Abwarten: Tics verschwinden häufig nach ein paar Wochen wieder.
- Den Tic akzeptieren und keine Aufmerksamkeit darauf richten.
- Das Kind nicht auffordern, den Tic zu beenden – das ist ihm kaum möglich.
- Lehrpersonen, Klassen- und Spielkameradinnen und -kameraden informieren.
- Mit dem Kind üben, wie es anderen seinen Tic erklären kann.
- Trigger wie Stress, Angst, Langeweile vermeiden.
- Pausen mit Bewegung einplanen.
- Entspannende Aktivitäten pflegen wie Musik hören, Yoga.
- Mit Hobbys wie Sport das Selbstbewusstsein stärken.
- Wenn Tics zu Problemen führen, kann eine etwa eine kognitive Verhaltenstherapie helfen.
Genetische Veranlagung eine mögliche Ursache
Häufig treten Tics zum ersten Mal im Alter von sechs bis sieben Jahren auf – unwillkürlich und ohne erkennbaren Grund. Die Ursachen werden noch erforscht. Diskutiert werden Störungen bei bestimmten Abläufen im Gehirn. Eine genetische Veranlagung gilt als ein Einflussfaktor, schreiben Fachleute des Portals neurologen-und-psychiater-im-netz-org.
Tics könnten auch Folgen von Infektionskrankheiten sein. Bei bestimmten Symptomen vermuten einige Eltern und Ärztinnen fälschlicherweise andere Auslöser, zum Beispiel Augenprobleme bei ständigem Blinzeln, eine Allergie oder chronischen Schnupfen bei unaufhörlichem Schniefen.
Tics lassen sich auf Dauer nicht unterdrücken
Den Drang zu bestimmten Bewegungen oder Lauten können die Kinder mit ihrem Willen auf Dauer nicht beeinflussen, auch wenn es teils für einige Zeit gelingt. Zum Beispiel unterdrücken manche Betroffene ihren Tic während des Schulunterrichts, wodurch jedoch die innere Anspannung steigt.
Stress, Angstgefühle, Sorgen, Schlafmangel oder Müdigkeit können die Tics verschlimmern. Sie werden typischerweise weniger, wenn das Kind entspannt, konzentriert oder abgelenkt ist – zum Beispiel beim Sport oder Spielen eines Instruments.
Tipp: Eltern betroffener Kinder können die Lehrpersonen um einen geeigneten Sitzplatz in der Klasse bitten und bei Bedarf um zusätzliche Zeit bei Klassenarbeiten. Die Lehrpersonen sollten eventuelles Mobbing im Auge haben. Ein Pate aus dem Klassenverband kann helfen, das Kind im Schulalltag zu unterstützen.
Bei Belastung auf Psychotherapie setzen
Wenn die Tics stark sind, länger dauern oder die Kinder belasten, sollten sie mit ihren Eltern zum Kinderarzt oder zur Kinderärztin gehen. Die Fachleute können weitere Therapien empfehlen. Als hilfreich haben sich die kognitive Verhaltenstherapie und ein sogenanntes Habit-Reversal-Training erwiesen, was übersetzt Gewohnheiten-Umkehr-Training heißt. Bei beiden lernt das Kind, belastende Situationen besser zu meisten.
Medikamente nur für schwere Fälle
Medikamente kommen nur für Kinder in Frage, wenn nicht-medikamentöse Therapien nicht angeschlagen haben und die Tics sehr schwer und lang andauernd sind. Eine Option wären Neuroleptika, die normalerweise gegen Psychosen verschrieben werden, oder Alpha-2-Agonisten, die den Blutdruck senken und im zentralen Nervensystem wirken.
Tics vom Tourette-Syndrom unterscheiden
Vom Tic abzugrenzen sind andere Leiden wie das Tourette-Syndrom. Diese neurologische Krankheit beginnt ebenfalls im Kindesalter. Dabei treten mehrere motorische Tics und mindestens ein vokaler auf. Sie halten länger als ein Jahr an. Häufig leiden die Betroffenen gleichzeitig an einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder einer Zwangsstörung.
Die Diagnose des Tourette-Syndroms kann eine Erleichterung sein – das Kind und die Menschen in seiner Umgebung können lernen, mit damit umzugehen und gut zu leben.
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