
Drei auf einen Streich. Ein Nasenabstrich soll Erreger für Covid-19, Grippe und RSV finden. Kombi-Selbsttests wie die Beispiele im Bild sind in Apotheken, Drogerien und online erhältlich. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser
Kombi-Selbsttests sollen Infektionen mit Corona-, Influenza- und RS-Viren erkennen. Über ihre Verlässlichkeit ist wenig bekannt. Können sie dennoch nützlich sein?
Atemwegserkrankungen haben derzeit Hochkonjunktur. Doch welches Virus hat mich erwischt? Auskunft geben kombinierte Selbsttests, die in Apotheken, Drogerien und online verkauft werden. Mit nur einem Nasenabstrich sollen sie drei Krankheiten gleichzeitig nachweisen können: Infektionen mit Corona-Viren, Grippe-Viren sowie das Respiratorische-Synzytial-Virus, kurz RSV. Was ist über die Zuverlässigkeit dieser Tests bekannt?
EU-Labore prüfen nur auf Covid-19-Komponente
Unsere Recherchen ergaben: Erstaunlich wenig – die kombinierten Selbsttests werden bisher darauf nicht ausreichend untersucht. Woran liegt das?
In Deutschland selbst gibt es keine offizielle Stelle für die Überprüfung. Für Corona-Antigen-Schnelltests hatte bis Mitte 2022 das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Aufgabe, die Zuverlässigkeit der Testkits einzuschätzen. Inzwischen prüfen und bewerten das Labore auf EU-Ebene. In die „konkrete Bewertung der Kombi-Tests ist das Paul-Ehrlich-Institut nicht eingebunden“, teilte uns das PEI auf Anfrage mit.
Um ein CE-Kennzeichen zu erhalten – es steht für eine Überprüfung durch EU-Behörden – untersuchen die zuständigen Labore nur „ob der Marker für SARS-CoV-2 erkannt wird“, so das PEI, nicht aber die Erkennungsrate für Grippe und RS-Viren.
Wie bei Corona: So funktionieren die Kombi-Tests
Drei Viren-Arten auf einen Streich finden – das ist praktisch. Wie beim Nachweis einer Corona-Infektion vermischen Nutzende ihren Nasenabstrich in einem Röhrchen mit einer Flüssigkeit und geben einige Tropfen davon auf die Testkassette. Die hat im Kontrollfeld statt einem bis zu vier Teststreifen nebeneinander: je einen für Corona- und RS-Virusstämme sowie einen oder manchmal zwei für unterschiedliche Grippe-Viren. Die Selbsttests reagieren auf virentypische Proteinrückstände, sind aber weniger sensibel und damit weniger zuverlässig als ein PCR-Test.
EU-Liste für Laien kompliziert
Einige Kombi-Tests sind in der EU Common List of COVID-19 rapid antigen tests aufgeführt, kurz Common RAT List. Die könne man laut PEI nach dem Begriff „Multiplex“ durchsuchen, um Kombi-Tests zu finden. „Die Liste enthält allerdings nur Tests für professionelle Anwender“, sagt Stiftung-Warentest-Experte Gunnar Schwan, Projektleiter im Team Ernährung, Kosmetik und Gesundheit der Stiftung Warentest.
Für medizinische Laien ist es kaum möglich, zuverlässige Laien-Selbsttests zu identifizieren.
Dr. Gunnar Schwan, Projektleiter bei der Stiftung Warentest
Tipp: Auf welche Einzel-Corona-Selbsttests Verlass ist, können Sie unserer interaktiven Tabelle von 90 Produkten entnehmen.
Coronaviren werden gut nachgewiesen
Kann man sich das Geld für die Kombi-Tests also sparen? „Es kommt auf die Erreger an“, erklären die Virologen Dr. Nadine Lübke und Professor Marcus Panning. Die beiden sind Vorsitzende der gemeinsamen Diagnostikkommission der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) und der Gesellschaft für Virologie (GfV). „Generell eignen sich die Kombi-Tests nur bei bestehenden Erkältungssymptomen, nicht aber zu einem vorsorglichen Check“, sagen sie.
„Die Empfindlichkeit des Corona-Virus-Nachweises ist bei hoher Viruskonzentration in der Regel gut“, so Lübke und Panning. Allerdings sei die Viruslast aufgrund der vielen „SARS-CoV-2 Antigen-Kontakte auf Bevölkerungsebene, sowohl durch Impfungen und Infektionen, zu Beginn der Symptomatik heute deutlich geringer als zu Beginn der Pandemie. Dies führt dazu, dass die Kombitests in den ersten Tagen nach Symptombeginn eventuell noch negativ ausfallen können.“
RS-Viren werden am schlechtesten erfasst
Besonders bei RSV hätten erste Studien enttäuschend niedrige Empfindlichkeit gezeigt, so die Virologen. Für Influenza-Viren sei sie hingegen akzeptabel, wie belgische Forschende in einer kleinen Studie festgestellt hätten. „Diese ersten Ergebnisse sollten allerdings in größeren und prospektiven Studien überprüft werden, um die Zuverlässigkeit und Aussagekraft der Tests besser zu bewerten,“ sagen Lübke und Panning.
Virologen raten vom „Freitesten“ ab
Ernüchterndes Fazit unserer Recherchen: Die Aussagekraft von Kombi-Tests ist begrenzt. Zumal es neben Corona-, Influenza- und RS-Viren zahlreiche weitere virale sowie bakterielle Erreger gibt, die Symptome einer Atemwegserkrankung hervorrufen können, wie die Virologen zu bedenken geben. Daher bestehe laut Lübke und Panning das Risiko, dass man eine Atemwegsinfektion „trotz negativer Kombi-Testergebnisse auf andere übertragen könnte. Deshalb ist auch von einem sogenannten Freitesten mit Kombi-Testen abzuraten.“ Wer heftige Erkältungssymptome hat, sollte sich im Zweifel so verhalten, als sei er ansteckend und sich auskurieren.
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