
Grippeschutzimpfung: In dieser Grippesaison stehen 25 Millionen Impfdosen zur Verfügung.
Seit Corona unseren Alltag mit bestimmt, hat auch der Schutz vor Grippeviren wieder an Bedeutung gewonnen. Denn eine hohe Zahl an schwer kranken Influenzapatienten könnte Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenzen bringen, wenn dort noch Menschen mit Covid-19 behandelt werden. Für die Grippesaison 2020/21 stehen rund 26 Millionen Impfdosen gegen Grippe zur Verfügung. Experten sind sich einig: Sie sollten in erster Linie Risikogruppen vorbehalten sein. test.de erklärt, wer dazu gehört.
Grippeimpfung: Was in dieser Saison wichtig ist
Hohe Impfquote in Risikogruppen
In der kommenden Grippesaison ist es wichtig, dass eine hohe Impfquote in den Risikogruppen erreicht wird, die in der Tabelle unten beschrieben werden. Bei ihnen könnte die Grippe einen schweren Verlauf nehmen, einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen oder zu einer Verbreitung in Pflege- und Senioreneinrichtungen beitragen. Gesunde über 60-Jährige müssen sich hingegen nicht pro forma gegen die Grippe impfen lassen, auch wenn die Krankenkassen das in aller Regel übernehmen.
Da ältere Menschen vergleichsweise schlecht auf die Influenza-Impfung ansprechen, ist es sinnvoller, wenn die begrenzte Zahl an Impfdosen Risikopersonen und Kindern vorbehalten bleibt. Solange diese vorgeschlagene Impfstrategie allerdings nicht in der Praxis umgesetzt wird, raten wir über 60-Jährigen nicht grundsätzlich von der Grippeimpfung ab. Sie sollten die Inanspruchnahme mit ihrem Arzt besprechen und individuell abzuwägen.
Grippeimpfung in Corona-Zeiten
Jeder Zweite ist bereit für den Piks
In dieser Saison ist die Bereitschaft, sich gegen Grippe impfen zu lassen, hoch wie nie. Umfragen zufolge möchte jeder Zweite die Impfung haben. Laut Bundesgesundheitsministerium stehen zirka 26 Millionen Impfdosen zur Verfügung – für jeden zweiten in der Bevölkerung reicht das nicht. Es muss also gut abgewogen werden, wer die Impfung bekommen sollte und wer darauf verzichten kann.
Jetzt darf auch der Apotheker impfen
Seit diesem Herbst ist die Grippeimpfung auch in Apotheken möglich – vorerst nur in bestimmten Regionen mit Modellprojekten. Das erste dieser Art vereinbarten der Apothekerverband Nordrhein und die AOK Rheinland/Hamburg. Ziel sei, die Impfquoten zu erhöhen – ergänzend zum Impfangebot der Ärzte. Der Verband geht davon aus, dass etwa 100 Apotheken teilnehmen werden. Die Apotheker müssen dafür eine Zusatzqualifikation und einen nicht einsehbaren Nebenraum haben. Das Modellprojekt soll zunächst drei Jahre laufen und wissenschaftlich begleitet werden (Corona und Gesundheit).
Grippesaison 2019/20 war kürzer als üblich
Die zurückliegende Grippesaison 2019/20 verlief um einige Wochen kürzer als sonst, auch die Zahl der Arztbesuche wegen Grippe wurde vom Robert-Koch-Institut (RKI) als moderat eingeschätzt. Die zahlreichen Schutzmaßnahmen, die im Rahmen der Covid-19-Pandemie ergriffen worden waren, darunter Schulschließungen, hatten auch die Ausbreitung des Grippeerregers abgebremst. Im Winter 2017/18 sah das noch ganz anders aus: Nach Schätzungen des RKI waren in Deutschland damals etwa 25 100 Menschen durch Influenza gestorben. Das war die „höchste Zahl an Todesfällen in den vergangenen 30 Jahren“. Zur wichtigsten Schutzmaßnahme gegen Grippe erklärt das RKI die Impfung.
Tabelle: Hilfe für Ihre individuelle Impfentscheidung
Gut informiert fällt die Entscheidung leichter. Die offiziellen Empfehlungen stammen von der Ständigen Impfkommission (Stiko) und werden einmal jährlich im Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts veröffentlicht. Auch eine Impf-Expertengruppe der Stiftung Warentest setzt sich regelmäßig mit verschiedenen Impfungen auseinander In der nachstehenden Tabelle finden Sie die Empfehlungen von Stiftung Warentest und Stiko zur Grippeschutzimpfung im Vergleich:
Empfehlung der Stiftung Warentest | Empfehlung der Ständigen Impfkommission | Begründung zur Empfehlung der Stiftung Warentest | |
Empfehlung der Stiftung Warentest | Empfehlung der Ständigen Impfkommission | Begründung zur Empfehlung der Stiftung Warentest | |
Nach Altersgruppen | |||
Kinder und Jugendliche | Die Impfung möglichst vieler Kinder und Jugendlicher ist sinnvoll. | Keine generelle Impfempfehlung. | Wir empfehlen die Grippeimpfung vor allem für Kinder und Jugendliche. Aufgrund ihrer ausgeprägten Immunantwort sind sie dadurch besonders gut geschützt. Zudem verbreiten sie die Viren über ihre zahlreichen, engen Sozialkontakte sehr stark. Ihre Impfung schützt auch Ungeimpfte und Risikogruppen. |
Erwachsene | Keine generelle Impfempfehlung. Besprechen Sie die individuelle Inanspruchnahme der Grippeimpfung mit Ihrem Arzt. | Keine generelle Impfempfehlung. | – |
Ältere ab 60 Jahre | Die generelle Grippeimpfung aller gesunden Erwachsenen über 60 Jahre ist als bevölkerungsweite Impfstrategie wenig sinnvoll. Gegenwärtig kann jedoch die Impfung für den Einzelnen unter Umständen von Nutzen sein. Besprechen Sie die individuelle Inanspruchnahme mit Ihrem Arzt (siehe Begründung rechts). | Jährliche Standardimpfung aller Personen ab 60 Jahren. | Das Immunsystem wird mit zunehmendem Alter und auftretenden Begleiterkrankungen schwächer und reagiert immer schlechter auf die Impfung – diese bietet also keinen zuverlässigen Schutz. Effektiv und zielführend erscheint uns daher die Impfung möglichst vieler Kinder und Jugendlicher (siehe oben). |
Nach Risikogruppen | |||
Schwangere | Allen Schwangeren wird die Impfung ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel empfohlen, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens schon ab dem ersten Drittel. | Allen Schwangeren wird die Impfung ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel empfohlen, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens schon ab dem ersten Drittel. | – |
Immunschwache und chronisch Kranke (z. B. Personen mit chronischen Atemwegserkrankungen wie COPD, mit Bluthochdruck, schwerer Adipositas, Diabetes und Herzleiden) | Die jährliche Impfung wird Personen aller Altersgruppen mit einem Grundleiden empfohlen. | Die jährliche Impfung wird Personen aller Altersgruppen mit einem Grundleiden empfohlen. In der Grippesaison 20/21 wird in dieser Gruppe eine besonders hohe Impfquote angestrebt. | – |
Personen mit erhöhter Gefährdung / Impfung in Betrieben | Wer einen medizinischen Beruf ausübt oder in einem Alten- und Pflegeheim wohnt, sollte sich impfen lassen, um sich und andere zu schützen. Auch innerbetriebliche Impfprogramme sind hilfreich, wenn eine hohe Durchimpfung erreicht werden kann. Wo viele Menschen zusammenkommen, verbreiten sich Viren leicht. | Medizinischem Personal und Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen wird die Impfung empfohlen. Das gilt auch bei sonstiger erhöhter Gefährdung, sich und andere anzustecken, etwa wenn jemand berufsbedingt viele soziale Kontakte hat. | – |
Die beste Impfzeit
Oktober und November beste Zeit für die Grippeimpfung
Grippeviren sind enorm wandlungsfähig. Daher prüft die Weltgesundheitsorganisation WHO jedes Jahr, welche Stämme vermutlich in der nächsten Saison zirkulieren, und gibt entsprechende Empfehlungen für die Impfstoffherstellung. Die beste Zeit für die Impfung sind die Monate Oktober und November – danach dauert es noch 10 bis 14 Tage, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist. Und normalerweise rollt die Grippewelle erst in den Wintermonaten richtig an. Die Stiko sieht keine Gründe, dieses Jahr besonders frühzeitig zu beginnen. Eine Influenza-Impfung könne auch im späteren Verlauf der Saison noch sinnvoll sein.
Vierfach-Impfstoff gegen Grippe ist Standard
Inzwischen ist ein Vierfach-Impfstoff der Standard. Er enthält Bestandteile von je zwei Erregern der Grippeviren Influenza A und Influenza B. Der Vierfach-Impfstoff soll grundsätzlich einen besseren Schutz bieten als der früher übliche Dreifach-Impfstoff. Allergiker können einen Impfstoff erhalten, der nicht auf Hühnereiweiß basiert. Einen generellen Anspruch auf die Grippeschutzimpfung haben Versicherte ab 60 Jahren, Menschen mit bestimmten Grunderkrankungen sowie Schwangere ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel. Viele Krankenkassen bieten ihren Versicherten die Grippeimpfung auch als Extraleistung an. Infos dazu finden Sie im großen Krankenkassenvergleich der Stiftung Warentest.
Impfung von Kindern und Jugendlichen wäre hilfreich
Möglichst viele Kinder und Jugendliche gegen Grippe zu impfen, erscheint nach Einschätzung der Stiftung Warentest sinnvoll. Diese Strategie wird auch in anderen Fachkreisen diskutiert und in einigen Ländern bereits umgesetzt. Kinder würden von der Grippeschutzimpfung direkt profitieren, insbesondere Kleinkinder – bei ihnen kann die Infektion einen schweren Verlauf nehmen. Die Impfung bietet Kindern und Jugendlichen einen hohen Schutz vor Grippe, denn ihre Immunantwort ist besonders ausgeprägt. Außerdem spielt die junge Altersgruppe bei der Ausbreitung einer Grippewelle eine große Rolle – sie verbreiten die Viren wegen ihrer vielen sozialen Kontakte in Kindergarten, Klassenzimmer und Familie besonders stark. Die Impfung der Kinder würde also eine Vielzahl an Infektionen verhindern und so auch ältere Menschen und andere Risikogruppen schützen. Das bestätigen verschiedene Studien. Infos über weitere Impfungen im Kindesalter finden Sie in unserem Special Impfungen für Kinder.
Impfung per Nasenspray für Kinder ab zwei Jahren möglich

Bei den Kleinen gehts auch ohne Piekser: Grippeschutzimpfung per Nasenspray.
Wenn also gerade junge Menschen geimpft werden, könnte in der Bevölkerung langfristig ein effektiver Schutz gegen Grippe aufgebaut werden. Dazu müssten allerdings mindestens 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen jedes Jahr eine Grippeschutzimpfung bekommen. Eine einfachere und bequemere Impfmethode könnte helfen, die Bereitschaft zu erhöhen: Seit 2012 ist für Kinder von 2 bis 17 Jahren die Grippeimpfung mit einem Nasenspray zugelassen. Es enthält vier abgeschwächte, lebende Virenstämme, die ähnlich wie bei Spritzimpfstoffen auf die aktuelle Saison angepasst sind. Beide Varianten – ob Spray oder Spritze – können gleichermaßen verwendet werden. Für Erwachsene ist das Nasenspray nicht zugelassen. Sie müssen sich in jedem Fall piksen lassen.
Tipp: Eltern sollten mit dem Kinderarzt besprechen, ob ihr Kind beispielsweise bei einer Spritzenphobie mit einem Spray geimpft werden kann oder ob die Spritze besser ist.
Mögliche Nebenwirkungen der Grippeimpfung
Das Robert-Koch-Institut (RKI) stuft den jeweils saisonalen Influenzaimpfstoff als „in der Regel gut verträglich“ ein. Wenn sich der Körper direkt nach der Impfung mit dem Totimpfstoff auseinandersetze, könne es – wie bei anderen Impfungen auch – für eine begrenzte Zeit zu lokalen Reaktionen kommen. Dazu gehören leichte Schmerzen, Rötungen oder Schwellung an der Impfstelle.
Der Lebendimpfstoff in Nasensprays, der aus abgeschwächten Influenzaviren besteht, kann laut RKI die Nase verstopfen oder laufen lassen. Unabhängig vom Impfstoff träten gelegentlich vorübergehend Symptome wie bei einer Erkältung auf – Fieber, Frösteln, Schwitzen, Müdigkeit, Kopf-, Muskel- oder Gliederschmerzen. „In der Regel klingen diese Beschwerden innerhalb von ein bis zwei Tagen folgenlos wieder ab“, so das RKI.
Medikamente bei Grippe
Erst zum Arzt gehen
Bei Verdacht auf Grippe sollten Patienten unbedingt zum Arzt gehen, damit dieser Komplikationen ausschließen und eine Krankschreibung ausstellen kann. Das schützt andere vor Ansteckung und hilft den Betroffenen, sich zu schonen und erholen.
Geeignete Mittel gegen Schnupfen, Schmerzen, Husten
Bei einer Grippe treten Krankheitssymptome wie Schnupfen, Halsentzündung, Fieber und Husten auf, die auch für Erkältungen typisch sind. Bei der Behandlung nützen die gleichen Tipps und Medikamente. In unserer Medikamenten-Datenbank erfahren Sie, welche Nasensprays, Halsschmerztabletten, Hustenmittel und Schmerzmittel die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest für sinnvoll halten. Mehr über die Unterschiede zwischen Grippe und Erkältung steht im Special Die besten Helfer gegen, Schnupfen, Fieber.
Grippemittel Tamiflu lindert Beschwerden
Wirkstoff blockiert Enzyme. In Deutschland wird insbesondere das verschreibungspflichtige Medikament Tamiflu gegen Grippe eingesetzt. Die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest haben seinen Wirkstoff Oseltamivir bewertet. Er kann verhindern, dass sich Grippeviren vermehren, indem dafür notwendige Enzyme im Körper blockiert werden.
Hilft nicht gegen Erkältungsviren. Dies gelingt nur bei einer Grippe, die durch die Virusstämme Influenza A und Influenza B verursacht wird. Gegen Erkältungsviren, die grippale Infekte auslösen, bleibt Oseltamivir wirkungslos. Damit das Grippemittel überhaupt eine spürbare Wirkung entfalten kann, muss es spätestens innerhalb von 36 bis 48 Stunden nach Beginn der ersten Symptome eingenommen werden.
Verkürzt nur die Krankheitsdauer. Aber selbst wenn Oseltamivir früh genug angewendet wird, kann es die Krankheit nicht komplett verhindern oder unterdrücken, sondern lediglich die Beschwerden abmildern und um durchschnittlich einen Tag verkürzen. Vertiefte Infos stehen in der Datenbank unter Oseltamivir.
Antibiotika helfen nicht gegen Grippeviren
Einige Menschen glauben, dass Antibiotika gegen Grippe helfen könnten. Aber das stimmt so nicht. Antibiotika wirken gegen Bakterien und nicht gegen Viren, die eine Grippe auslösen. Die Mittel wirken nur, wenn sich zusätzlich zur Virusinfektion noch Bakterien in den Atemwegen ausgebreitet haben. Lesen Sie mehr dazu in unserem Special 7 Mythen über Antibiotika.
Dieser Artikel ist erstmals am 30. Oktober 2013 auf test.de erschienen. Er wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 5. November 2020.
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