Heizungs­ausfall Ihre Rechte als Mieter, wenn der Vermieter nicht hilft

Datum:
  • Text: Christoph Herr­mann
  • Leitung Faktencheck: Dr. Claudia Behrens
Heizungs­ausfall - Ihre Rechte als Mieter, wenn der Vermieter nicht hilft

Heizungs­ausfall. Mieter haben ein Recht auf sofortige Reparatur. Die Miete zu kürzen ist nur in bestimmten Fällen sinn­voll. © imago images / Westend61

20 Grad müssen mindestens möglich sein. Schafft die Heizung das nicht, können Sie Miete mindern. Fällt die Heizung aus, muss der Vermieter sofort reagieren.

Recht auf sofortige Reparatur

Wenn die Heizung kaputt geht, muss es im Winter schnell gehen. Die Gesundheit ist in Gefahr. Sorgt der Vermieter nicht für Wärme, hilft ein Eilantrag beim Amts­gericht.

Die wichtigsten Tipps

Melden. Informieren Sie sofort den Vermieter, wenn es ein Problem mit der Heizung gibt. Der kann sonst nicht helfen und er kann sogar Ersatz fordern, wenn weitere Schäden entstehen und im Extremfall Rohre kaputt frieren. Machen Sie das möglichst mit Zeugen oder schriftlich und am besten per Einschreiben mit Rück­schein oder bitten Sie einen zuver­lässigen Menschen Ihres Vertrauens, das Schreiben hinzubringen. Beschreiben Sie den Mangel möglichst genau, damit der Vermieter sachgerecht reagieren kann.

Notdienst. Soweit der Vermieter - meist über einen Aushang im Hausflur - einen Notdienst nennt, schalten Sie ihn ein.

Minderung. Seien Sie vorsichtig, wenn Sie Mietzah­lungen kürzen. Um wie viel Prozent Sie die Miete mindern dürfen, beur­teilen die Gerichte unterschiedlich, auch wenn die Fälle auf den ersten Blick ähnlich gelagert sind. Fragen Sie unbe­dingt beim Mieter­ver­ein oder einer auf Mietrecht spezialisierten Rechts­anwältin nach. Wenn Sie zu Unrecht einen Betrag einbehalten, der einer Monats­miete oder mehr entspricht, droht Ihnen die Kündigung.

Vorbehalt. So weit Sie weiter die volle Miete zu zahlen, sollten Sie sich vorbehalten, sie ganz oder teil­weise zurück­zufordern. So bleibt Zeit, sich Rat zu holen. Um wie viel Prozent die Miete wirk­lich sinkt, können Sie später klären. Der Vermieter hat Ihnen den entsprechenden Betrag dann zu erstatten. Zahlen Sie ohne Vorbehalt, kann die Rück­forderung auch dann ausgeschlossen sein, wenn Sie die Miete eigentlich hätten kürzen dürfen.

Eigentlich müssen sich Mieter erst an den Vermieter wenden, ...

Unpassender konnte der Zeit­punkt kaum sein: Ausgerechnet am Wochen­ende, ausgerechnet als eisiger Frost kam, streikte bei einer Mieterin im Müns­terland die Gas­ther­me. Und ausgerechnet jetzt konnte sie die Telefon­nummer des Vermieters nicht finden. In ihrer Not rief sie einen Hand­werker. Der reparierte die Heizung, kassierte aber 611 Euro. Viel Geld, das die Frau vom Vermieter zurück­haben wollte. Der lehnte ab. Die Mieterin hätte vorher Bescheid geben müssen, meinte er.

... doch in Notfällen dürfen sie selber einen Hand­werker beauftragen

Damit hat er eigentlich recht: Ist im Haus etwas kaputt, müssen Mieter der Vermieterin oder dem Vermieter Gelegenheit geben, den Schaden zu prüfen und selber zu beseitigen. Schließ­lich ist die Wohnung sein Eigentum. Doch in dem Müns­teraner Fall war Sofort­hilfe nötig. Es war Samstag, und in klirrender Kälte konnte die Frau nicht warten. Daher musste der Vermieter 611 Euro für die provisorische Sofortreparatur erstatten, urteilte das Amts­gericht in Münster.
Amts­gericht Münster, Urteil vom 30.09.2009
Aktenzeichen: 4 C 2725/09

Kosten­über­nahme nur für Notre­paratur

Dennoch empfiehlt es sich, als Mieter möglichst nicht eigenmächtig Hand­werker zu rufen, sondern den Vermieter zu verständigen – schon aus praktischen Gründen. Denn erstatten muss der Vermieter nur die Ausgaben für unbe­dingt nötige Sofortmaßnahmen. Und welcher Laie kann schon kontrollieren, ob alles, was die Hand­werker gemacht haben, wirk­lich sofort nötig ist?

In der Wohnung in Münster zum Beispiel reparierte die Firma die Gast­herme provisorisch. Dabei stellte der Monteur fest, dass das Abgas­rohr aus Sicher­heits­gründen erneuert werden musste. Daher rückte er ein paar Tage später erneut an. Die Mieterin zahlte weitere 456 Euro. Auf diesem Betrag blieb sie sitzen. Denn das waren keine sofort fälligen Arbeiten. Sie hätte Zeit gehabt, den Vermieter zu informieren, und der hätte wahr­scheinlich gleich eine neue Therme einbauen lassen.

Rund ums Mietrecht

Sie haben weitere Fragen zum Mietrecht? Hier finden Sie Antworten:

Eilantrag beim Amts­gericht

Wenn Mieter kein Geld für die Notre­paratur haben oder sich die Heizungs­anlage hinter verschlossener Tür befindet, muss so oder so der Vermieter selbst ran. Reagiert der nicht schnell genug, können Miete­rinnen und Mieter ihm mit der Justiz Beine machen. Wenn es sich bei winterlichen Außen­temperaturen ohne Heizung in der Wohnung auch mit warmer Kleidung nicht mehr aushalten lässt, sollten Miete­rinnen und Mieter spätestens nach vier Tagen einen Anwalt einschalten und ihn beauftragen, einen Eilantrag beim Amts­gericht zu stellen. Haben sie eine Versicherung mit Miet­rechts­schutz, zahlt diese. Mitglieder von Mieter­ver­einen müssen sich zunächst dort melden.

Über Eilanträge entscheiden die Gerichte inner­halb weniger Tage, wenn nicht inzwischen der Vermieter wieder für Wärme sorgt. Der Vermieter kann sich nicht damit raus­reden, dass nicht er schuld ist, sondern andere Mieter die Heizung sabotieren, urteilte das Amts­gericht Bochum.
Amts­gericht Bochum, Urteil vom 29.11.2012
Aktenzeichen: 83 C 255/12

Fragen & Antworten

Wer ist für die Heizung zuständig?

Der Vermieter ist für die Heizung verantwort­lich. Solange im Miet­vertrag nichts anderes steht, trägt er die Kosten für Wartung und Reparaturen, egal ob Zentralhei­zung oder Gas­therme. Während der Heiz­periode muss der Vermieter dafür sorgen, dass Mieter ihre Wohnung auf angenehme Temperaturen beheizen können. Nur in seltenen Einzel­fällen sind Mieter berechtigt, selbst eine Heizung zu installieren. Dafür brauchen sie auf jeden Fall die Zustimmung des Vermieters. In unserem Bericht Mieter-eigene Heizung: Anspruch auf Vermieter-Genehmigung erklären wir die Einzel­heiten.

Wie lang ist die Heiz­periode?

Das ist gesetzlich nicht fest­gelegt. Viele Gerichte meinen, sie dauere von 1. Oktober bis 30. April. Andere setzen sie groß­zügiger an, von etwa Mitte September bis Mitte Mai. Die Juristinnen der Stiftung Warentest sagen: Zumindest bei längeren Kälte­perioden müssen Vermiete­rinnen und Vermieter auch außer­halb der Heiz­periode die Heizung einschalten, damit die Wohnungen nicht auf Temperaturen unter 20 Grad auskühlen.

Wie viel Grad sind nötig?

Die meisten Gerichte sagen: Mindestens 20 Grad müssen schon sein. Einige Richter gehen noch weiter. Das Land­gericht Berlin hält Temperaturen von 20 bis 22 Grad für angemessen.
Land­gericht Berlin, Urteil vom 5.11.1991
Aktenzeichen: 65 S 9/91

Das Ober­verwaltungs­gericht Berlin bezieht sich in einem grund­legenden Urteil aus dem Jahr 1980 auf Vorgaben des damaligen Gesund­heits­senat­ors, wonach 20 bis 21 Grad ausreichend sind. In Bädern sollen es 23 Grad sein. Es bestätigte die Pflicht eines Vermieters, dem Land Berlin die Kosten für eine Heizungs­reparatur zu ersetzen, die diese im Wege der Ersatz­vornahme ange­ordnet hatte.
Ober­verwaltungs­gericht Berlin, Urteil vom 12.09.1980
Aktenzeichen: 2 B 40.79

Die Ordnungs­behörden sind generell befugt einzugreifen, wenn die Gesundheit von Mietern und Miete­rinnen in Gefahr ist. Darauf sollten die sich aber nicht verlassen und selbst den Vermieter oder die Vermieterin in die Pflicht nehmen.

Das Amts­gericht Bonn urteilte unter Auswertung zahlreicher anderer Urteile: Alle Wohn­räume müssen sich tags­über auf behagliche 20 bis 22 Grad Celsius beheizen lassen können. In Flur und Schlaf­zimmer reichen 18 bis 20 Grad.
Amts­gericht Bonn, Urteil vom 26.01.2021
Aktenzeichen: 206 C 18/19

Was ist nachts?

Nachts darf die Raum­temperatur nied­riger sein. Viele Gerichte meinen, dass 18 Grad zwischen 23 und 6 Uhr reichen.
Land­gericht Berlin, Urteil vom 26.05.1998
Aktenzeichen: 64 S 266/97

Noch weniger ist aber nicht erlaubt. Stehen im Miet­vertrag nied­rigere Temperaturen oder kürzere Zeiten, ist das unwirk­sam.

Darf ich die Miete mindern, wenn die Heizung nicht richtig funk­tioniert?

Wird die Wohnung nicht warm genug, müssen Mieter nicht die volle Miete zahlen. Wie viel Prozent der Miete die Miete­rinnen und Mieter weiter zahlen müssen, hängt vom Einzel­fall und vom Richter oder der Richterin ab. Unsere Tabelle mit Minderungsquoten und Urteilen der Vergangenheit erlaubt eine Einschät­zung.

Warum ist beim Mindern der Miete Vorsicht nötig?

Über­steigt die von den Mietzah­lungen einbehaltene Summe im Lauf der Zeit den Betrag einer Monats­miete, ist die Wohnung in Gefahr. Der Vermieter ist zu einer frist­losen Kündigung berechtigt, wenn Mieter zu Unrecht einen Betrag zurück­halten, der eine Monats­miete über­steigt.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 11.07.2012
Aktenzeichen: VIII ZR 138/11

Tipp: Wir liefern auch Antworten auf die häufigsten Fragen zum Mietrecht allgemein.

Miete mindern – Quoten und Urteile im Über­blick

Um wie viel Prozent Miete­rinnen und Mieter ihre Zahlungen bei Heizungs­problemen kürzen dürfen, hängt vom Einzel­fall und vom zuständigen Gericht ab. Die Stiftung Warentest liefert Beispiele.

Problem

Minderung

(Prozent)

Gericht

Kompletter Heizungs­ausfall von September bis Februar

100

Land­gericht Berlin, Urteil vom 20.10.1992
Aktenzeichen: 65 S 70/92                                             

Kompletter Heizungs­ausfall von November bis Februar

75

Land­gericht Berlin, Urteil vom 10.01.1992
Aktenzeichen: 64 S 291/91

Ausfall der Heizung in den Heizmonaten

70

Land­gericht Berlin, Urteil vom 18.08.2002
Aktenzeichen: 67 T 70/02

Heizungs­ausfall im März und April, außer in der Küche

50

Land­gericht Berlin, Urteil vom 25.01.1991
Aktenzeichen: 64 S 273/90

Kompletter Heizungs­ausfall im Februar und März

50 (mindestens)

Land­gericht Bonn, Urteil vom 02.11.1981
Aktenzeichen: 6 S 396/81

Raum­temperatur maximal 16 bis 18 Grad

30

Amts­gericht Görlitz, Urteil vom 03.11.1997
Aktenzeichen: 1 C 1320/96

Heizungs­ausfall zu Weih­nachten. Heizung inner­halb von neun Tagen mehr­fach defekt

25

Amts­gericht Frank­furt/Main, Urteil vom 07.10.2011
Aktenzeichen: 33 C 588/11-76

Im Januar und Februar Temperatur nur 19 Grad, Heizkörper nicht separat regulier­bar

23

Amts­gericht Köln, Urteil vom 13.04.2012
Aktenzeichen: 201 C 481/10

Kompletter Heizungs­ausfall im Oktober

20

Amts­gericht Spandau, Urteil vom 19.06.1981
Aktenzeichen: 3 C 209/81

Schlaf­zimmer nach Rohr­bruch unbe­heiz­bar

20

Land­gericht Hannover, Urteil vom 19.12.1979
Aktenzeichen: 11 S 296/79

10 Liter Kalt­wasser­vorlauf, bis Warm­wasser kommt

10

Amts­gericht Köpenick, Urteil vom 15.11.2000
Aktenzeichen: 12 C 214/00

Nicht mehr als 20 Grad möglich

10

Amts­gericht Bonn, Urteil vom 16.01.2021
Aktenzeichen: 206 C 18/19

Kein Warm­wasser

10

Land­gericht Berlin, Urteil vom 04.06.1993
Aktenzeichen: 64 T 69/93

Heiz­temperatur kann nicht reguliert werden

10

Land­gericht Hamburg, Urteil vom 05.03.2009
Aktenzeichen: 307 S 130/08

Kein Warm­wasser von 22 bis 7 Uhr, Wasser nur 40 Grad warm

7,5

Amts­gericht Köln, Urteil vom 24.04.1995
Aktenzeichen: 206 C 251/94

Regel­mäßige Raum­temperatur nur 19 Grad

5

Land­gericht Berlin, Urteil vom 08.06.2012
Aktenzeichen: 63 S 423/11

3 bis 4 Minuten Vorlauf­zeit für Warm­wasser

3,5

Land­gericht Berlin, Urteil vom 02.06.2008
Aktenzeichen: 67 S 26/07

Warmes Wasser rund um die Uhr

Jeder­zeit Duschen

Nicht nur warme Räume, auch warmes Wasser muss der Vermieter rund um die Uhr zur Verfügung stellen, das ganze Jahr über. Er darf nicht den Boiler zwischen 23 und 5 Uhr abschalten. Die Temperatur sollte mindestens bei 40 bis 50 Grad liegen. Steht im Miet­vertrag, dass von 22 bis 7 Uhr weniger als 40 Grad reichen, ist das unwirk­sam. Die Söhne einer Mieterin mussten um 4 Uhr morgens aufstehen, um sich für die Arbeit fertigzumachen. Entsprechend früh brauchten sie Dusch­wasser.
Amts­gericht Köln, Urteil vom 24.04.1995
Aktenzeichen: 206 C 251/94

Warm­wasser ohne Warten

Dass Mieter den Hahn lange aufdrehen und warten müssen, bis endlich warmes Wasser kommt, darf nicht sein. Es muss nach spätestens zehn Sekunden 40 bis 50 Grad haben. Wer fünf Minuten warten muss, darf die Miete um 10 Prozent mindern, meint das Amts­gericht Berlin-Schöne­berg. Ein anderer Maßstab: Bevor es warm wird, dürfen höchs­tens fünf Liter Wasser durch­gelaufen sein.
Amts­gericht Berlin-Schöne­berg, Urteil vom 29.04.1996
Aktenzeichen: 102 C 55/94

Auch beim Bade­wasser ist allzu langes Warten unzu­mutbar. In einer Münchner Wohnung dauerte es 42 Minuten, bis die Wanne voll war. Und dann hatte das Wasser nur 36 Grad. Das Amts­gericht München verurteilte den Vermieter, eine neue Therme einzubauen, die zuver­lässig mindestens 45 Grad Wasser­temperatur liefert.
Amts­gericht München, Urteil vom 26.10.2012
Aktenzeichen: 463 C 4744/11

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