Mietrecht Kleinre­paraturen Wann Mieter Kleinre­paraturen bezahlen müssen

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Mietrecht Kleinre­paraturen - Wann Mieter Kleinre­paraturen bezahlen müssen

Wasser­hahn kaputt. Wer muss dafür aufkommen? Streitig­keiten wie diese landen oft vor deutschen Gerichten. © Getty Images / Sergio Rojo

Laut Gesetz zahlt der Vermieter alle Reparaturen in der Wohnung. Unter bestimmten Voraus­setzungen darf er Reparatur­kosten bis 100 Euro aber auf den Mieter abwälzen.

Mietrecht Kleinre­paraturen - Wann Mieter Kleinre­paraturen bezahlen müssen

Dusch­kopf. Bei Verkalkung zahlen Vermieter, bei anderen Schäden die Mieter.
Licht­schalter. Schalter sind Sache des Mieters, Stromleitungen des Vermieters.
Türklinken. Für Türklinken muss der Mieter aufkommen, für Tür­angeln nicht.
Jalousien. Beschädigte Zugschnüre fallen in den Bereich der Kleinre­paraturen. © Thinkstock

Kleinre­paraturen – das Wichtigste in Kürze

Kleinre­paraturen. Der Vermieter darf nur für Kleinre­paraturen an Gegen­ständen in der Wohnung wie Türgriffen oder Wasser­hähnen Geld von Ihnen verlangen. Viele Gerichte sehen die Ober­grenze bei 75 Euro pro Reparatur, auch 100 Euro können okay sein. Im Miet­vertrag muss nicht nur die Einzel­grenze, sondern auch eine Höchst­grenze genannt sein. 8  Prozent der jähr­lichen Miete ohne Neben­kosten gelten weithin als angemessen. Fehlen die Grenzen im Vertrag, müssen Sie nichts zahlen.

Mängel­anzeige. Zeigen sich in Ihrer Wohnung Mängel, sollten Sie diese Ihrem Vermieter schriftlich anzeigen und ihn zur Mangelbeseitigung auffordern. Setzen Sie ihm eine Frist und drohen Sie ihm an, nach Frist­ab­lauf die Reparatur selbst in Auftrag zu geben. Tut er nichts, können Sie den Hand­werker selbst beauftragen. Über­schreitet die Rechnung die Grenze für Kleinre­paraturen, dürfen Sie die Kosten mit der Miete verrechnen.

Therme. Die regel­mäßige Wartung einer dem Vermieter gehörenden Therme durch einen Fachmann muss stets der Vermieter veranlassen. Die Kosten dafür trägt oft allerdings der Mieter. Vermieter können die Wartungs­kosten zum Beispiel in der Regel als Betriebs­kosten auf den Mieter umlegen.

Lese-Tipp. Als Mieter sollten Sie Ihre Rechte kennen – nicht nur, wenn es um Kleinre­paraturen geht: Welche Klauseln im Miet­vertrag sind verboten? Welche Betriebs­kosten darf der Vermieter umlegen? Müssen Sie bei Auszug reno­vieren? Alle wichtigen Fragen rund ums Miet­verhältnis klärt unser Mieter-Set.

Antworten auf Ihre Fragen zu Kleinre­paraturen

Was ist über­haupt eine Kleinre­paratur?

Das sind vereinfacht gesagt Reparaturen bis 100 Euro an Gegen­ständen, die zur Wohnung gehören und die der Mieter unmittel­bar berührt und häufig benutzt. Die Kleinre­paraturen werden mitunter auch „kleine Instandhaltungen“ genannt.

Und diese Kleinre­paraturen muss der Mieter in jedem Fall bezahlen?

Nein, das muss er nur, wenn im Miet­vertrag über­haupt eine Klausel steht, die den Mieter zur Über­nahme der Kosten für „kleinere Instandset­zungen oder die „Beseitigung von Bagatell­schäden“ verpflichtet. Außerdem muss diese Klausel enge Grenzen beachten, damit sie auch recht­lich gültig ist. Ist die Klausel zur Über­nahme der Reparatur­kosten für kleine Reparaturen gültig, haftet der Mieter verschuldens­unabhängig. Das heißt: Ob er die Reparatur vorsätzlich oder wenigs­tens fahr­lässig verursacht hat, spielt dann keine Rolle.

So prüfen sie, ob Sie wirk­lich zahlen müssen

Wie gehe ich konkret vor, wenn der Vermieter von mir Bezahlung einer Reparatur verlangt?

Erster Schritt: Schauen Sie in Ihren Miet­vertrag, ob dort über­haupt eine Kleinre­paraturklausel steht. Eine weit verbreitete Kleinre­paraturklausel lautet:

„Der Mieter trägt ohne Rück­sicht auf Verschulden die Kosten kleinerer Instandset­zungs­arbeiten an denjenigen Gegen­ständen und Einrichtungen, die seinem direkten und häufigen Zugriff unterliegen, wie Installations­gegen­stände für Elektrizität, Wasser und Gas, Heiz- und Koch­einrichtungen, Fenster- und Türverschlüssen sowie Roll­läden, Jalousien, Fens­terläden und Markisen bis zu einem Betrag von 90 Euro pro Einzel­fall und bis zu 7 Prozent der Jahres­nettokaltmiete pro Jahr.“

Finden Sie diese Klausel oder eine ähnliche Formulierung nicht, ist das gut für Sie. Denn dann gilt der Grund­satz des Miet­rechts, wonach der Vermieter als Eigentümer der Wohnung alle notwendigen Instandset­zungs­arbeiten, so heißen Reparaturen im Juristen­deutsch, komplett selbst bezahlen muss. Das ergibt sich aus Paragraf 535 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Tipp: Diese und viele weitere Miet­rechts­fragen klärt im Detail unser großes Mieter-Set.

Wie prüfe ich weiter, wenn ich eine Kleinre­paraturklausel im Miet­vertrag finde?

Dann folgt Schritt zwei: Sie müssen prüfen, ob die Klausel über­haupt gültig ist. Allgemein gesprochen ist eine Kleinre­paraturklausel dann nicht mehr gültig, wenn sie den Mieter über­mäßig belastet. Damit der Mieter finanziell nicht zu sehr belastet wird, muss die Klausel im Miet­vertrag die Kostentragung des Mieters auf dreifache Art begrenzen:

Erstens: Durch einen Klausel-Wort­laut, der den Mieter nur für die Reparatur­kosten an Wohnungs­gegen­ständen haft­bar macht, die seinem „häufigen Zugriff“ ausgesetzt sind.

Zweitens: Durch eine Kosten­grenze für die einzelne Reparatur.

Drittens: Durch eine Jahres­höchst­grenze für den Fall, dass in einem Jahr mehrere Kleinre­paraturen in der Wohnung anfallen.

Jede dieser drei Grenzen muss von der Kleinre­paraturklausel beachtet werden. Verletzt der Klausel­wort­laut nur eine, muss der Mieter die Reparatur nicht bezahlen.

Wofür Mieter über­haupt zahlen müssen

Die Reparatur welcher Gegen­stände in der Wohnung muss der Mieter bezahlen?

Mit einer Klausel im Miet­vertrag kann der Vermieter dem Mieter immer nur Reparatur­kosten für Bestand­teile der Wohnung aufbürden, die dem häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt sind. Da der Mieter für Kleinre­paraturen auch haftet, wenn er den Defekt an der Sache gar nicht verschuldet hat, soll er nur bei den reparaturbedürftigen Wohnungs­teilen in der Pflicht sein, deren Zustand und Lebens­dauer er durch einen pflegliche Behand­lung beein­flussen kann.

Das sind zum Beispiel die Griffe von Wasser­hähnen, Licht­schalter und Türklinken (Amts­gericht Frank­furt am Main, Az. 33 C 1333/21: auch Türbeschläge). Strom-, Wasser- und Gasleitungen oder eine Therme in der Wohnung gehören nicht dazu. Ist daran etwas zu reparieren, geht das immer zu Lasten des Vermieters. Nur die Kosten für die regel­mäßige Wartung der Therme kann der Vermieter im Vertrag über eine Wartungs­klausel auf den Mieter abwälzen. Arbeiten an der Haustür oder der Treppen­hausbe­leuchtung müssen Mieter ebenfalls nicht bezahlen. Schließ­lich benutzen nicht nur sie alleine die Tür und die Licht­anlage.

Worüber wird im Detail zwischen Mieter und Vermieter gestritten?

Viel gestritten wird um die Frage, ob ein bestimmter Wohnungs­bestand­teil dem häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt ist. Hier eine Urteils­über­sicht:

Röhrengeruchs­verschluss am Siphon. Der Röhrengeruchs­verschluss am Siphon unterliegt laut Amts­gericht Frank­furt am Main nicht dem „direkten und häufigen Zugriff“ des Mieters (Urteil vom 13. August 2021, Az. 33 C 1333/21). Lässt der Vermieter diesen nach 14 Jahren Wohn­zeit austauschen (Kosten hier: 88,80 Euro), kann er daher keine Über­nahme der Kosten vom Mieter auf Basis der Kleinre­paratur-Klausel im Miet­vertrag verlangen. Der Vermieter kann die Summe auch nicht als Schaden­ersatz verlangen, wenn es keine Anhalts­punkte dafür gibt, dass der Mieter den Verschluss unsachgemäß benutzt hat.

Steck­dose. Die Reparatur einer Steck­dose ist vom Mieter zu bezahlen, wenn die Reparatur­kosten die (zulässigen) Wert­grenzen der Kleinre­paraturklausel im Miet­vertrag nicht über­steigt (siehe dazu unten „Soviel müssen Mieter zahlen, wenn sie zahlen müssen“). So sieht es das Amts­gericht Berlin-Mitte. Die Steck­dose sei als Installations­gegen­stand für Elektrizität dem häufigen Zugriff des Mieters ausgesetz (Urteil vom 5. Februar 2020, Az. 15 C 256/19).

Füll­ventil des WC-Spül­kastens. Das Füll­ventil des WC-Spül­kastens ist nicht dem häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt. Es wird lediglich mittel­bar in Anspruch genommen, wenn der Mieter die WC-Spülung betätigt (Amts­gericht Köln, Az. 224 C 460/10; Urteil im Volltext). Eine Reparatur am Ventil zählt deshalb nicht zu den vom Mieter zu bezahlenden Kleinre­paraturen.

Toiletten-Spül­kasten mit Vorwand­konstruktion („unsicht­bare Toilettenspülung“). Das „Innenleben“ eines hinter einer Vorwand­konstruktion liegenden Toiletten-Spül­kastens (etwa Saugglocke oder Schwimmerventil nebst Dichtungen) ist nicht dem häufigen und direkten Zugriff des Mieters ausgesetzt. Die Kosten für Reparaturen an diesen Teilen kann der Vermieter daher nicht über die Kleinre­paraturklausel vom Mieter erstattet verlangen (Amts­gericht Berlin-Wedding, Az. 6a C 6/10).

Abfluss­rohr. Ein Vermieter lässt in der Miet­wohnung die Abfluss­leitung demontieren und den undichten Kunststoff­über­gang der Aufguss­leitung erneuern. Er sieht darin eine Kleinre­paratur und verlangt vom Mieter die Hand­werk­erkosten in Höhe von 81,52 Euro. Zu Unrecht wie das Amts­gericht Berlin-Charlottenburg fest­stellt (Az. 212 C 65/11). Abfluss­rohr und Aufguss­leitung unterliegen nicht dem direkten und häufigen Zugriff des Mieters.

Achtung: Manchmal fordern Vermieter vom Mieter Schaden­ersatz für die Beseitigung von Rohr­verstopfungen. Ein solcher Anspruch kann dem Vermieter zwar unabhängig von der Kleinre­paraturklausel zustehen. Allerdings nur, wenn er beweisen kann, dass der Mieter die Verstopfung schuldhaft verursacht hat, also zum Beispiel etwas in den Abfluss geworfen hat, was dort nicht hingehört und zu Verstopfungen führt.

Auch die Reparatur einer Dichtung am Toiletten-Abfluss­rohr ist nicht vom Mieter zu bezahlen (Amts­gericht Berlin-Mitte, Urteil vom 5. Februar 2020, Az. 15 C 256/19). Die Dichtung unterliegt nicht dem unmittel­baren Zugriff des Mieters. Nur mittel­bar, durch Betätigung der Toilettenspülung, wirkt er auf sie ein.

Beleuchtungs­körper, Spiegel und Glasscheiben. Beleuchtungs­körper und Spiegel, die beim Einzug bereits in der Wohnung waren, sind oft vom Mieter mitgemietet. Reparaturen daran sind keine Kleinre­paraturen, weil der Mieter mit diesen Gegen­stände so gut wie nicht in Berührung kommt (Amts­gericht Zossen, Az. 4 C 50/15).

Roll­laden und Jalousie. Ein Roll­laden­kasten ist nicht dem ständigen Zugriff des Mieters ausgesetzt. Daher ist eine Reparatur daran nicht vom Mieter zu über­nehmen (Amts­gericht Leipzig, Az. 11 C 4919/03; Urteil im Volltext). Die Roll­laden­gurte hingegen werden vom Mieter in der Regel oft benutzt. Müssen diese repariert werden, können die Kosten dem Mieter in den genannten Grenzen aufgebürdet werden.

In einem Prozess vor dem Amts­gericht Stutt­gart versuchte jüngst ein Vermieter von seinem Mieter rund 770 Euro für die Reparatur eines defekten Roll­ladens zu erhalten. Über die Kleinre­paraturklausel im Miet­vertrag konnte er diesen Betrag schon wegen der Rechnungs­summe nicht verlangen. Also machte er einen normalen (verschuldens­abhängigen) Schaden­ersatz­anspruch geltend. Weil der Roll­laden aber schon 20 Jahre alt war, lag die Vermutung nahe, dass der Defekt durch normalen Verschleiß – also ohne Fehl­verhalten des Mieters – entstanden war. Da der Vermieter diese Vermutung vor Gericht nicht entkräften konnte, verlor er den Prozess (Az. 32 C 2844/19).

Auslaufventil eines Wasser­hahns und Dichtungen. Ein Mieter hat keinen unmittel­baren Einfluss auf das Verkalken eines Wasser­hahns. Daher ist ein wegen der Verkalkung notwendiger Austausch des Auslaufventils und der Dichtungen nicht vom Mieter zu bezahlen (Amts­gericht Gießen, Az. 40-MC 125/08).

Dusch­stange und Dusch­abtrennung. Eine Kleinre­paraturklausel, die den Mieter verpflichtet, „die Kosten für die Behebung von Bagatell­schäden“ zu über­nehmen, die an „Installations­gegen­ständen für Wasser“ entstanden sind, gibt keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob auch eine defekte Dusch­stange und Dusch­abtrennung zu den „Installations­gegen­ständen für Wasser“ gehört. Unklare Kleinre­paraturklauseln gehen im Zweifel zu Lasten des Vermieters. Der Mieter hat daher die Reparatur­kosten an Dusch­stange und Dusch­abtrennung nicht zu bezahlen (Amts­gericht Hamburg-Barmbek, Az. 822 C 55/10).

Dusch­pumpe. Die Ablaufpumpe für die Dusche ist kein Installations­gegen­stand (für Wasser) der Wohnung. Die Pumpe ist einge­baut und wird nicht unmittel­bar vom Mieter berührt. Der Mieter hat die Reparatur der Pumpe daher nicht zu bezahlen (Amts­gericht Berlin-Mitte, Urteil vom 5. Februar 2020, Az. 15 C 256/19).

Kalt­wasser­absperr­hahn. Steht im Miet­vertrag, dass der Mieter die Kosten für kleinen Instandhaltungen an den dem Mieter zugäng­lichen Installations­gegen­ständen für Wasser bezahlen muss, sind die Reparatur­kosten für einen defekten Kalt­wasser­absperr­hahn Mietersache. So sieht es jedenfalls das Amts­gericht Berlin-Schöne­berg (Az. 106 C 46/17). Ob andere Amts­gerichte auch so entscheiden würden, ist fraglich. Den Absperr­hahn berühren die meisten Mieter sicher nur selten, etwa wenn sie in Urlaub fahren. Das Amts­gericht Berlin-Schöne­berg ist hingegen der Ansicht, dass auch der Absperr­hahn dem „ständigen Zugriff“ des Mieters ausgesetzt ist. Manche Mieter stellten aus Angst vor Wasser­schäden das Wasser auch bei kürzeren Abwesenheiten aus, so das Gericht.

Entlüftung einer Fußbodenhei­zung. In einem Fall vor dem Amts­gericht Köln hatte ein Vermieter 46,65 Euro vom Mieter für die Entlüftung der Fußbodenhei­zung in der Wohnung verlangt. Die Fußbodenhei­zung war an die zentrale Heizungs­anlage im Haus ange­schlossen, so dass der Mieter keinen Einfluss auf die Heizungs­ventile hatte. Zur Entlüftung war ein Spezial­schlüssel erforderlich. Da der Mieter keinen Zugriff auf die Heizungs­ventile habe, sei die Entlüftung auch keine vom Mieter zu tragende Kleinre­paratur, so das Gericht (Az. 201 C 47/14; Urteil im Volltext).

Gast­herme/Heiz­therme. Eine Gast­herme zählt nicht zu den Kleinre­paraturen, weil sie nicht dem „häufigen“ Zugriff des Mieters ausgesetzt ist. Mit einer Warm­wasser­therme kommt ein Mieter so gut wie nie in Berührung, sagt das Amts­gericht Hannover (Az. 528 C 3281/07). So sieht es auch das Amts­gericht Köln (Az. 2010 C 324/10; Urteil im Volltext).

Sili­konfugen. Sili­konverfugungen im Bade­zimmer gehören nicht zu den Installations­gegen­ständen für Wasser. Lässt der Vermieter undichte oder verschimmelte Fugen erneuern, kann er vom Mieter daher keinen Kosten­ersatz unter Berufung auf eine Kleinre­paraturklausel im Miet­vertrag verlangen (Amts­gericht Berlin-Mitte, Az. 5 C 93/16 und Amts­gericht Berlin-Wedding, Az. 20 C 191/11). Gerade bei verschimmelten Fugen werden einige Vermieter unabhängig von der Kleinre­paraturklausel Schaden­ersatz mit der Begründung verlangen, der Mieter habe die Schimmelschäden durch ein Fehl­verhalten verursacht (etwa kein Abziehen der Badfliesen nach dem Duschen oder zu wenig Lüftung).

Wichtig: Bestreitet der Mieter, etwas falsch gemacht zu haben, muss der Vermieter erst einmal beweisen, etwa durch ein Gutachten, dass der Schimmel nicht aufgrund von Baumängeln entstanden ist. Erst wenn dieser Beweis gelingt, kommt eine Schaden­ersatz­pflicht des Mieters über­haupt in Frage. Näheres dazu in unserem „FAQ Schimmel im Haus“.

Soviel müssen Mieter zahlen, wenn sie zahlen müssen

Welche Höchst­grenzen darf der Vermieter für eine einzelne Reparatur setzen?

Das ist nirgends fest­gelegt, sondern wird von den Gerichten im Einzel­fall bestimmt. Orientierungs­punkt für die Höchst­grenze ist eine Hand­werk­erstunde plus Fahrt­kosten, Material und Mehr­wert­steuer. Im Jahr 1989 hat der Bundes­gerichts­hof eine Klausel gebil­ligt, wonach ein Mieter Reparaturen bis zu 50 Euro zu zahlen hatte (Az. VIII ZR 91/88). Im Laufe der Jahre erhöhten die Gerichte die zulässige Höchst­grenze:

1991: 75 Euro wirk­sam (Ober­landes­gericht Hamburg, Az. 5 U 135/90).

2005: 100 Euro wirk­sam (Amts­gericht Braun­schweig, Az. 116 C 196/ 05),

2010: 110 Euro wirk­sam (Amts­gericht Würzburg, Az. 13 C 670/10).

2013: 120 Euro unwirk­sam (Amts­gericht Bingen, Az. 25 C 19/13).

2017: 120 Euro wirk­sam (Amts­gericht Berlin-Schöne­berg, Az. 106 C 46/17).

Welche Summe das im Einzel­fall zuständige Amts­gericht für angemessen hält, lässt sich schwer vorher­sagen. Als gesichert dürfte derzeit gelten, dass eine Höchst­grenze von 100 Euro angemessen ist. Ob auch 120 Euro noch in Ordnung sind, wird noch eine Weile lang umstritten sein. Auch die Eigentümer­verbände wissen das. Entsprechend vorsichtig formulieren sie die Miet­vertrags­vordrucke für ihre Mitglieder. Im Miet­vertrags­muster von Haus & Grund Landesverband Baden und Haus & Grund Westfalen steht die Höchst­grenze 100 Euro. Im Vordruck von Haus & Grund Rheinland-Pfalz 110 Euro. Mutiger ist der Grund­eigentums-Verlag in Berlin. Sein Miet­vertrags­formular bürdet Mietern Kleinre­paraturen bis zu 120 Euro auf. Das Amts­gericht Berlin-Schöne­berg hielt diese Grenze im August 2017 für wirk­sam (Az. 106 C 46/17).

Wichtig: Weil die Hand­werk­erpreise steigen, steigen im Laufe der Jahre zwar auch die Kosten­grenzen, die Vermieter in die Kleinre­paraturklauseln hinein­schreiben dürfen. Die Kosten­grenzen können Vermieter aber immer nur bei Neuvermietungen anpassen. Im laufenden Miet­verhältnis kann der Vermieter eine Kosten­grenze nicht einfach eigenmächtig auf den heute zulässigen Wert anheben. Die 50-Euro-Kosten­grenze pro Einzel­reparatur hat der Vermieter also selbst dann zu beachten, wenn heute bei Neuverträgen 100 Euro als Grenze zulässig ist.

Bis zu welchem Jahres-Höchst­betrag müssen Mieter Bagatell­schäden über­nehmen?

Neben einer Grenze im Einzel­fall muss der Miet­vertrag auch eine Jahres­höchst­grenze nennen. Denn es könnte ja sein, dass in einem Jahr sehr viele Kleinre­paraturen nötig werden. Müsste der Mieter diese alle bezahlen, könnte für ihn eine enorme finanzielle Belastung entstehen. Auch die Jahres­höchst­grenze steht nicht im Gesetz. Der Bundes­gerichts­hof hat dazu noch keine Grenze vorgeben. Miet­rechts­experten halten als Maximal­betrag bis zu 8 Prozent der Jahres­miete ohne Heiz- und sons­tige Neben­kosten für angemessen.

Wer zum Beispiel 500 Euro Miete pro Monat zahlt, muss demnach pro Jahr mit einer maximalen Belastung von 480 Euro für Kleinre­paraturen rechnen. Ein Mieter, der schon vier Einzel­reparaturen im Umfang von jeweils 100 Euro hatte, muss demnach die fünfte 100-Euro-Reparatur nicht bezahlen, weil dann die Jahres­höchst­grenze über­schritten wäre.

In manchen Miet­verträgen gibt es keine prozentuale Begrenzung, sondern eine Deckelung in Euro. Im Mustermiet­vertrag vom Landes­verband Haus & Grund West­falen heißt es etwa: „Sie [die Kleinre­paraturen; Ergän­zung von test.de] dürfen insgesamt 200 Euro je Kalender­jahr nicht über­steigen.“

Was passiert, wenn die Höchst­grenzen im Miet­vertrag zu hoch angesetzt sind?

Liegt der Vermieter bei der Einzel­fall­grenze oder bei der Jahres­höchst­grenze über den derzeit zulässigen Beträgen, ist die Klausel insgesamt unwirk­sam. Das bedeutet: der Vermieter muss die Reparatur allein bezahlen. Der Mieter zahlt nichts und muss auch nichts dazu­geben.

Tipp: Diese und viele weitere Miet­rechts­fragen klärt im Detail unser großes Mieter-Set.

Muss der Mieter einen Teil der Kosten über­nehmen, wenn eine Reparatur über der Grenze liegt?

Nein, leider glauben das immer noch viele Vermieter. Das Problem wird vor allem bei alten Miet­verträgen mit noch recht nied­rigen Kosten­grenzen relevant.

Beispiel: Im alten Miet­vertrag des Mieters steht, dass er Kleinre­paraturen bis 75 Euro bezahlen muss. Austausch und Reparatur eines defekten Fens­tergriffs kosten 100 Euro. Der Vermieter verlangt vom Mieter eine Kostenbe­teiligung in Höhe von 75 Euro. Das ist nicht korrekt. Alle Reparaturen, die die Kosten­grenze über­schritten haben, sind vom Vermieter allein zu tragen (Ober­landes­gericht Düssel­dorf, Az. 24 U 183/01; Amts­gericht Berlin-Lichten­berg, Az. 10 C 389/05).

Kleinre­paraturen – ganz spezielle Fälle

Ich habe ein Kleinre­paratur bezahlt und erfahre jetzt, dass die Klausel unwirk­sam ist. Was nun?

Das Geld für Reparaturen, die Sie eigentlich nicht hätten bezahlen müssen, weil die Klausel unwirk­sam ist, können Sie vom Vermieter zurück verlangen (Amts­gericht Köln, Az. 214 C 527/03).

Tipp: Diese und viele weitere Miet­rechts­fragen klärt im Detail unser großes Mieter-Set.

Kann der Vermieter den Mieter auch dazu verpflichten, den Hand­werker selbst zu beauftragen?

Nein. Solche „Vornahme­klauseln“ gibt es noch in sehr alten Miet­verträgen. Sie sind aber unwirk­sam (Bundes­gerichts­hof, Az. VIII ZR 129/91; Urteil im Volltext). Eine unzu­lässige Vornahme­klausel macht auch die dazu­gehörige Kostentragungs­pflicht unwirk­sam. Wer eine solche Klausel im Miet­vertrag hat, kann vom Vermieter verlangen, dass er sich um die Instandset­zung des defekten Wohnungs­gegen­stands kümmert und muss die Reparatur­arbeiten auch nicht bezahlen.

Ist es ratsam als Mieter Kleinre­paraturen in der Wohnung selbst zu erledigen?

Nein. Das Mietrecht verpflichtet Mieter, Schäden an Gegen­ständen, die zur Wohnung gehören, sofort zu melden. Nur in Notfällen ist der Mieter ausnahms­weise berechtigt, eigenmächtig zu handeln und eine Reparatur selbst zu veranlassen – wenn beispiels­weise im Winter am Wochen­ende die Heizung ausfällt und weder Vermieter, noch Haus­verwalter oder Hausmeister erreich­bar sind.

Selbst wer hand­werk­lich begabt ist und sich die Reparatur zutraut, sollte Kleinre­paraturen in der Wohnung nicht selbst erledigen. Entsteht durch eine unsachgemäße Reparatur eines Wasser­hahns zum Beispiel ein Wasser­schaden, hat der Mieter nicht nur für den Wasser­hahn, sondern auch die Folgeschäden einzustehen.

Muss der Mieter auch Schäden an Wohnungs­inventar wie Teppich oder Parkett bezahlen?

Diese Dinge fallen zwar nicht unter die Kleinre­paraturklausel. Sofern der Mieter Schäden an solchen Gegen­ständen schuldhaft (also durch ein persönliches Fehl­verhalten) verursacht hat, kann er vom Vermieter aber dennoch in Anspruch genommen werden. Viele Schäden sind aber normale Gebrauchs­spuren und damit gerade keine Mietersache.

Kleine Kratzer im Parkett zum Beispiel lassen sich auch bei behut­samer Nutzung einer Wohnung kaum vermeiden. Der Mieter hat für solche Schäden nach seinem Auszug daher nicht einzustehen. Auch normale Abnut­zungs­spuren am Teppich gehören zum normalen Verschleiß einer Wohnung. Mehr zum Thema in unserem Special „Wohnungsübergabe: Wann Mieter für Kratzer im Parkett zahlen müssen“.

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Profilbild Stiftung_Warentest am 30.05.2022 um 15:01 Uhr
Kostengrenze im Vertrag noch in DM

@zeyton: Steht in einem Mietvertrag noch eine Kostengrenze von z.B. 50 DM, dann gilt diese auch weiterhin. Die Umrechnung nach dem offiziellen Kurs stattzufinden (1 Euro = 1,95583 DM).
Dem Urteil des BGH aus dem Jahr 1988 lag natürlich eine Klausel zugrunde, in der es um die Grenze von 100 DM ging). Aus Gründen der besseren Lesbarkeit hatten wir die Darstellung in Euro gewählt und den DM-Betrag vereinfacht mit zwei multipliziert.

zeyton am 14.05.2022 um 12:08 Uhr
Soviel müssen Mieter zahlen, wenn sie zahlen müsse

Warum wird Ihrerseits hier nicht auch der link des Grund­eigentums-Verlag in Berlin angegeben.
Ich hoffe, dieser war damit gemeint:
https://grundeigentum-verlag.de/

zeyton am 14.05.2022 um 11:58 Uhr
Finanztest 06/2022 Seite 57, letzter Absatz

Wichtig....Im laufenden Mieverhältnis ist das nicht möglich. Steht in einem etwa 1990 abgeschlossenene Mietvertrag eine 50-Euro Kostengrenze pro Einzelreparatur, gilt diese Selbst wenn heute bei Neuverträgen eine 100-Euro-Grenze zulässig ist....
Das stimmt leider so nicht.
In einem etwa 1990 abgeschlosseneen Mietvertrag steht sicher keine 50-Euro Kostengrenze, sondern ein 50-DM Kostengrenze. Zu unserer aller Erinnerung, der Euro wurde erst zum 01.01.2002 eingeführt.
Da kommt dann meine Frage auf: Gilt die 50-DM Kostengrenze dann auch noch heute?
Dies entspricht 31,38 €uro.

Profilbild Stiftung_Warentest am 19.01.2022 um 10:38 Uhr
absurdes Sammelsurium der Urteile

@j-m.s: Bei der Frage "War der verschlissene/defekte Wohnungseinrichtungsgegenstand dem unmittelbaren Zugriff des Mieters ausgesetzt?" handelt es sich um ein Prüfkriterium, welches der Bundesgerichtshof (BGH) aufgestellt hat. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Mieter zur Bezahlung von kleineren Reparaturen an Wohnungseinrichtungen nur dann herangezogen werden, wenn der Einrichtungsgegenstand seinem häufigen unmittelbarem Zugriff ausgesetzt ist. Der Mieter soll mit dieser Regel zu pfleglichem Umgang mit dem Eigentum des Vermieters angehalten werden. Wo der Mieter die Einrichtungsgegenstände aber nicht unmittelbar berührt (Abflussrohr, Elektrik, etc.), hat er auch nur begrenzt Einfluss auf die Lebensdauer der Einrichtungsgegenstände. Folge: Für den Verschleiß solcher (nicht dem Zugriff des Mieters) ausgesetzter Gegenstände haftet der Mieter nicht (Paragraf 538 BGB: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__538.html). Es greift dann die gesetzliche Grundregel, dass der Vermieter für die Instandsetzung und -haltung der Wohnung verantwortlich ist und die Kosten von Reparatur bzw. Neuanschaffung zu tragen hat (Paragraf 535 Absatz 1 Satz 2 BGB: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__535.html). Die Urteilsliste zeigt, dass über die Frage des unmittelbaren Zugriffs zwischen den Mietparteien häufig gestritten wird, die Rechtsprechung diesen Zugriff (und damit die Haftung des Mieters) aber häufig verneint. Daran können sich Mieter und Vermieter orientieren, so dass es vielleicht gar nicht erst zu einem Streit vor Gericht kommt.

j-m.s am 19.01.2022 um 09:38 Uhr
absurdes Sammelsurium der Urteile

Was soll uns dieses absurde Sammelsurium von Urteilen sagen? Nur weil ein Mieter nicht direkt mit der Hand an eine Stelle kommt heisst das noch lange nicht, dass diese nicht dem intensiven Verschleiß durch den Mieter unterliegt.