Mieter dürfen verlangen, dass sich die Wohnung auf 20 Grad heizen lässt. Fällt die Heizung aus, dürfen sie Nothilfe organisieren. test.de sagt, welche Regeln gelten – und wie deutsche Gerichte bislang entschieden haben.
Eigentlich müssen sich Mieter erst an den Vermieter wenden ...
Unpassender konnte der Zeitpunkt kaum sein: Ausgerechnet am Wochenende, ausgerechnet als eisiger Frost kam, streikte bei einer Mieterin im Münsterland die Gastherme. Und ausgerechnet jetzt konnte sie die Telefonnummer des Vermieters nicht finden. In ihrer Not rief sie einen Handwerker. Der reparierte die Heizung, kassierte aber 611 Euro. Viel Geld, das die Frau vom Vermieter zurückhaben wollte. Der lehnte ab. Die Mieterin hätte vorher Bescheid geben müssen, meinte er.
... doch in Notfällen dürfen sie selber einen Handwerker beauftragen
Damit hat er eigentlich recht: Ist im Haus etwas kaputt, müssen Mieter dem Vermieter Gelegenheit geben, den Schaden zu prüfen und selber zu beseitigen. Schließlich ist die Wohnung sein Eigentum. Doch in dem Münsteraner Fall war Soforthilfe nötig. In klirrender Kälte konnte die Frau nicht lange warten. Und wenn es schnell gehen muss, dürfen Mieter selber einen Handwerker beauftragen. Ein Ausfall der Heizung bei Frost ist nach Ansicht der meisten Gerichte ein Notfall. Daher musste der Vermieter die 611 Euro erstatten (Amtsgericht Münster, Az. 4 C 2725/09).
Welche Maßnahmen sind wirklich sofort nötig?
Dennoch empfiehlt es sich, als Mieter möglichst nicht eigenmächtig Handwerker zu rufen, sondern den Vermieter zu verständigen – schon aus praktischen Gründen. Denn erstatten muss der Vermieter nur die Ausgaben für unbedingt nötige Sofortmaßnahmen. Und welcher Laie kann schon kontrollieren, ob alles, was die Handwerker gemacht haben, wirklich sofort nötig ist? In der Wohnung in Münster zum Beispiel reparierte die Firma die Gastherme provisorisch. Dabei stellte der Monteur fest, dass das Abgasrohr aus Sicherheitsgründen erneuert werden musste. Daher rückte er ein paar Tage später erneut an. Die Mieterin zahlte weitere 456 Euro. Auf diesem Betrag blieb sie sitzen. Denn das waren keine sofort fälligen Arbeiten. Sie hätte Zeit gehabt, den Vermieter zu informieren.
Vermieter ist für die Heizung zuständig
Grundsätzlich gilt, dass der Vermieter für die Heizung zuständig ist. Solange im Mietvertrag nichts anderes steht, trägt er die Kosten für Wartung und Reparaturen, egal ob Zentralheizung oder Gastherme. Anders ist das bei Fernwärme: Da schließen Mieter einen Vertrag meist mit dem Heizwerk ab. Während der Heizperiode muss der Vermieter dafür sorgen, dass Mieter ihre Wohnung auf angenehme Temperaturen beheizen können. Das klingt deutlich, wirft aber Fragen auf.
Wie lang ist die Heizperiode?
Das ist gesetzlich nicht festgelegt. Viele Gerichte meinen, sie dauere von 1. Oktober bis 30. April. Andere setzen sie großzügiger an, von etwa Mitte September bis Mitte Mai.
Was ist in der Übergangszeit?
Außerhalb der Heizperiode muss der Vermieter die Heizung dann einschalten, wenn es besonders kalt ist. Das gilt, wenn die Innentemperatur unter 17 Grad fällt und in den nächsten Tagen keine Wetterbesserung zu erwarten ist. Fällt die Zimmertemperatur tagsüber unter 16 Grad, muss die Heizung sofort laufen, denn hier ist die Grenze der Gesundheitsgefährdung überschritten.
Wie viel Grad sind nötig?
Die meisten Gerichte sagen: Mindestens 20 Grad müssen schon sein. Einige Richter gehen noch weiter. Das Landgericht Berlin hält Temperaturen von 20 bis 22 Grad für angemessen (Az. 65 S 9/91). Das Oberverwaltungsgericht Berlin bezieht sich auf Vorgaben des Gesundheitssenators, wonach 20 bis 21 Grad ausreichend sind, in Bädern sollen es 23 Grad sein (Az. 2 B 40.79).
Was ist nachts?
Nachts darf die Raumtemperatur niedriger sein. Viele Gerichte meinen, dass 18 Grad zwischen 23 und 6 Uhr reichen (Landgericht Berlin, Az. 64 S 266/97). Noch weniger ist aber nicht erlaubt. Stehen im Mietvertrag niedrigere Temperaturen oder kürzere Zeiten, ist das in der Regel ungültig.
Vorsicht beim Mindern
Werden diese Vorgaben nicht erreicht, ist eine Minderung der Miete möglich. Mieter sollten aber vorsichtig sein. Übersteigt die einbehaltene Summe im Lauf der Zeit den Betrag einer Monatsmiete, kann das den Vermieter zu einer fristlosen Kündigung berechtigen (Bundesgerichtshof, Az. VIII ZR 138/11). Zwar behält der Mieter seine Wohnung, falls sich später vor Gericht zeigt, dass die Minderung okay war. Aber falls nicht, ist sie weg (Unser Rat).
Tipp: Antworten auf die zehn häufigsten Fragen zum Thema Mietrecht gibt unser FAQ Mietrecht.
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