Miet­wohnung Ihre Rechte bei Schimmelbefall

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Miet­wohnung - Ihre Rechte bei Schimmelbefall

Schimmel an der Wand. Kein schöner Anblick – und vor allem gesund­heits­gefähr­dend. © Adobe Stock / amixstudio

Schimmel in der Wohnung führt oft zu Krach mit dem Vermieter. Wir sagen, welche Rechte und Pflichten Sie als Mieter haben.

Der erste Winter in der Energiekrise liegt bald hinter uns. In einigen Wohnungen ist die Heizung angesichts hoher Energiepreise häufiger als früher ausgeblieben. Das freut den Schimmel. „Wer die Heizung komplett abstellt, riskiert zu hohe Feuchte in den Wohn­räumen, die zu Schimmel an den Wänden und in den Raum­ecken führt“, warnt der Sach­verständigen­verband BVS. Und weiter: „Bei Raum­temperaturen unter 18 Grad sehen wir bereits die Gefahr von Schimmel­bildung.“ Sobald der ungebetene Gast im Haus ist, stellt sich die Frage, wer kümmert sich um die Beseitigung des Schimmels, wer bezahlt sie – und: Darf der Mieter die Miete kürzen? Üblicher­weise schieben sich Vermieter und Mieter gegen­seitig die Schuld am Schimmel zu: „Sie haben zu wenig geheizt und gelüftet“, heißt es oft von Vermieterseite. „Die Schimmel­ursache muss im Gebäude liegen“, entgegnen darauf viele Mieter. Stiftung Warentest stellt die Rechts­lage dar.

Unser Rat

Befall anzeigen. Haben Sie Schimmel in der Wohnung entdeckt, sollten Sie das umge­hend dem Vermieter melden. Fordern Sie ihn zur Beseitigung des Schimmels und der Schimmel­ursache auf – wenn Sie sicher sind, dass Sie selbst alles unternommen haben, um Schimmel vorzubeugen (So vermeiden Sie Schimmel in Ihren Räumen).

Miete mindern. Bei Schimmel in der Wohnung dürfen Sie die Miete kürzen. Lassen Sie sich vorher von einem Mieter­ver­ein oder Anwalt beraten. Mindern Sie auf eigene Faust, sollte der Gesamt­betrag aller Kürzungen die Summe einer Monats­miete nicht erreichen. Sonst droht eine Kündigung, falls Sie als Schimmel­ver­ursacher ermittelt werden. Wie Gerichte in der Vergangenheit entschieden haben, zeigt unsere Tabelle.

Schimmel entfernen. In unserem Schimmelentferner-Test erfahren Sie, welche Mittel gegen Schimmel helfen und wie Sie Schimmel vorbeugen

Mietrecht: Wann Schimmel als Mangel gilt

Entdecken Mieter Schimmelflecken, gelten diese recht­lich als Mangel der Wohnung. Für diesen Mangel haften Vermieter aber nur dann, wenn der Schimmel auf den Zustand des Gebäudes – etwa Risse in Wand oder Dach – zurück­zuführen ist, und der Mieter die Schimmel­bildung durch zumut­bares Heizen und Lüften nicht verhindern konnte.

Mieter müssen durch Heizen und Lüften Schimmel vorbeugen

Ob sich Schimmel in einer Miet­wohnung bildet, wird auch davon beein­flusst, wie Mieter heizen und lüften. Warme Luft nimmt Feuchtig­keit auf, durch die Lüftung gelangt diese nach draußen.

Es gibt viele Gerichts­entscheidungen zu der Frage, wie lange und wie oft Mieter lüften müssen. Diese Urteile können aber nur als grobe Richt­schnur dienen, denn der Lüftungs­bedarf hängt vom Einzel­fall ab: Wie viele Menschen und Tiere in der Wohnung leben, ob es dort viele Pflanzen oder zum Beispiel Aquarien gibt.

Wer mietet, ist in der Regel recht­lich auf der sicheren Seite, wenn er oder sie drei- bis viermal pro Tag jeweils für fünf bis zehn Minuten lüftet („Stoß­lüften“). Es reicht nicht, die Fenster bloß zu kippen (So vermeiden Sie Schimmel in Ihren Räumen).

Zur Vermeidung von Schimmel­bildung müssen Mieterin oder Mieter die Wohnung beheizen. Feste gesetzliche Temperatur­vorgaben gibt es nicht. Manchmal stehen solche zwar im Miet­vertrag. Aber aufgrund der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurz­fristig wirk­same Maßnahmen“ (Paragraf 3 EnSikuMaV) gelten diese derzeit nicht.

In der Vergangenheit hat die Recht­sprechung Mieter oft in der Pflicht gesehen, Wohn­räume tags­über auf mindestens etwa 20 Grad Celsius zu beheizen. Nachts darf die Temperatur in der Regel nied­riger sein, insbesondere im Schlaf­zimmer.

Schimmel an den Wänden

Grund­sätzlich dürfen Mieter ihre Möbel aufstellen, wo sie wollen. Aber natürlich spielt der Abstand zur Wand bei der Schimmel­bildung eine wichtige Rolle: Feuchte Luft hinter dicht an der Wand stehenden Schränken lässt sich durchs Lüften nur schwer nach draußen befördern. Die Gefahr von Schimmel an den Wänden besteht insbesondere, wenn Möbel direkt an einer ungedämmten Außenwand stehen. Im Zweifel sollten Möbel daher mit einem Abstand von etwa 10 Zenti­metern von der Wand abge­rückt sein.

Viele Vermieter händigen ihren Mietern bei Abschluss des Miet­vertrags ein Merk­blatt aus – mit konkreten Hand­lungs­vorgaben für „Richtiges Lüften, Heizen, Möbel platzieren“. Es ist umstritten, inwiefern solche vorformulierten Blätter für Mieter bindend sind. Aus Eigen­interesse an einer schimmelfreien Wohnung und um in einem künftigen Schimmel­streit gut dazu­stehen, ist es aber ratsam, solche Tipps zu berück­sichtigen.

Wichtig: Beweise sammeln und notieren

Um für einen möglichen Schimmel­streit vor Gericht gerüstet zu sein, sollten Mieter den Schimmelbefall mit Fotos und Videos dokumentieren. Um auch das eigene Heiz- und Lüftungs­verhalten beweisen zu können, ist es empfehlens­wert, etwa beim Besuch von Freunden zu lüften. Diese Personen könnten dann in einem Prozess als Zeugen aussagen.

Schimmel im Altbau

Mieter, die in einen Altbau ohne Wärmedämmung einziehen, müssen besonders schimmelsensibel sein. Oft existieren in diesen Gebäuden sogenannte baube­dingte geometrische Wärmebrü­cken, die Schimmel­bildung verursachen. Der Bundes­gerichts­hof (BGH) hat im Jahr 2018 entschieden, dass Vermieter für Schimmel durch solche Wärmebrü­cken dann nicht haften, wenn diese zur Zeit des Gebäudebaus typisch waren. Das gilt etwa für Gebäude, die zwischen 1947 und 1978 gebaut wurden.

Damals gab es keine Pflicht zur Wärmedämmung. Wärmebrü­cken an Außenwänden sind in diesen Gebäuden üblich. Der Bundes­gerichts­hof sprach dem Mieter in dem konkreten Fall daher das Recht zur Mietkür­zung wegen Schimmelbefalls ab. Altbau-Mieter müssen an Außenwänden also mit Schimmel rechnen und mit Heizen, Lüften und Möbel­abrücken gegen­steuern (BGH, Az. VIII ZR 67/18 und VIII ZR 271/17).

Ist der Schimmel auf andere Baumängel zurück­zuführen, etwa einen Riss in der Wand, haftet der Vermieter einer Altbau­wohnung oder eines alten Hauses freilich weiterhin. Dass Neubau-Vermieter auch für Schimmel durch geometrische Wärmebrü­cken verantwort­lich sind, hat auch das BGH-Urteil aus dem Jahr 2018 nicht verändert.

Miet­minderung bei Schimmel

Ein Mieter kann in solchen Fällen die Beseitigung des Schimmels und der Schimmel­ursache verlangen. Bis zur Schimmel­beseitigung darf er außerdem die Miete kürzen (Beispiele in unserer Urteilsliste). Von diesem Recht sollten Mieter allerdings mit Augen­maß Gebrauch machen. Führt so eine Kürzung doch oft zu einer „Eiszeit“ zwischen den Miet­parteien. Außerdem kann sich im Nach­hinein durch­aus auch einmal heraus­stellen, dass der Mieter selbst (mit) schuld am Schimmel ist.

Ist eine Wohnung stark von Schimmelpilzen befallen und führen diese zu einer erheblichen Gesund­heits­gefähr­dung des Bewohners, darf dieser den Miet­vertrag außer­ordentlich kündigen. Das Amts­gericht Saarbrücken hat eine solche Kündigung zum Beispiel im Fall einer schwangeren Mieterin bejaht, deren Wand in der Küche an mehreren Stellen groß­flächig mit Schimmel befallen war (Az. 4 C 348/16).

Gutachten hilft Ursache des Schimmelbefalls zu klären

Es empfiehlt sich also für Mieter und Vermieter, einen Rechts­streit zu vermeiden. In der Regel wird vor Gericht ein Sach­verständiger einge­schaltet, der ermitteln soll, ob ein Baumangel oder das Wohn­verhalten des Mieters die Schimmel­ursache ist. Der Verlierer des Prozesses muss das Gutachten und die Prozess­kosten bezahlen. Da können mehrere Tausend Euro zusammen­kommen. Werden sich Mieter und Vermieter nicht einig, können sie ein „selbst­ständiges Beweis­verfahren“ bei Gericht beantragen. Zwar sucht auch dann ein vom Gericht bestellter Gutachter nach der Schimmel­ursache. Dieses spezielle Verfahren ist aber kostengüns­tiger als ein normales Gerichts­verfahren.

Lieber nicht zu viel Miete kürzen

Solange es kein Gutachten zur Schimmel­ursache gibt, sollten Mieter beim Mindern der Miete vorsichtig sein. Es ist schwer, ohne anwalt­liche Hilfe oder Beratung vom Mieter­ver­ein, die angemessene Minderungs­quote zu finden. Kleine Schimmel­stellen, die nur unschön aussehen, können eine Mietkür­zung um 5 Prozent recht­fertigen. Ist die ganze Wohnung befallen und die Gesundheit des Mieters gefährdet, darf er die komplette Miete einbehalten. Unsere Urteilsübersicht kann allenfalls grobe Anhalts­punkte fürs Miete kürzen geben. Da jedes Urteil eine Einzel­fall­entscheidung ist, können Mieter alte Fälle nicht einfach auf sich über­tragen.

Tipp: Um eine Kündigung wegen ungerecht­fertigter oder zu üppiger Miet­minderung zu vermeiden, sollten Sie mit dem Kürzen spätestens dann aufhören, wenn die Summe eine Monats­miete zu über­steigen droht. Die frist­lose Kündigung droht Mietern zwar erst ab zwei Mieten (ungerecht­fertigten) Mietrück­stands. Vermieter dürfen aber bereits ab einem Rück­stand einer Monats­miete ordentlich, also unter Einhaltung der Kündigungs­frist, kündigen.

Alternative: Miete unter Vorbehalt weiterzahlen

Wer das Risiko, sich bei der Miet­minderung zu verkalkulieren, gar nicht erst eingehen will, kann alternativ auch dem Vermieter mitteilen, dass er die Miete zunächst einmal voll weiter bezahlen wird, sich aber eine spätere Rück­forderung des Minderungs­betrags vorbehält.

Schimmel wächst ziemlich schnell

Wie rasch sich Schimmel ausbreiten kann, zeigen die Bilder unten auf Basis einer Probe in einem Fitness­raum eindrucks­voll. Schon nach fünf Tagen war die Hälfte der Probe von Schimmel über­wuchert. Ausdüns­tungen der Sportler sorgten hier allerdings auch für eine sehr hohe Luft­feuchte. Die Lüftungs­anlage reichte gleich­zeitig nicht aus, um diese feuchte Luft abzu­trans­portieren.

Miet­wohnung - Ihre Rechte bei Schimmelbefall

© Nando Reichert, Linh Nguyen

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Profilbild Stiftung_Warentest am 08.12.2021 um 10:16 Uhr
Hausrat Schadenersatz

@Georg4712: Wir bitten um Verständnis, hier ist nicht der Ort für eine individuelle Rechtsberatung. Eine Hausratversicherung zahlt hauptsächlich für Schäden, die durch Leitungswasser, Sturm, Einbruch oder Feuer entstehen. Schimmelbefall gehört nicht dazu. Ob und in welchem Umfang der Vermieter für Schäden an den Möbeln des Mieters haftet, kommt immer auf den Einzelfall an. Eine Rechtsberatung hierzu bekommt man beim örtlichen Mieterverein oder in der Mieterberatung der Verbraucherzentrale.

Georg4712 am 07.12.2021 um 15:57 Uhr
Hausrat Schadenersatz

Wenn der Schimmelbefall so heftig ist, dass der gesamte Hausrat befallen ist, aber keine Hausratversicherung existiert, zahlt dann der Vermieter, falls den Mieter keine Schuld trifft?

Jacck am 30.04.2021 um 21:17 Uhr
Bitte sachlich bleiben

Der Fairness halber sollten hier zusätzlich die aktuellen Urteile zu diesem sehr komplexen Themenkreis publiziert werden.
Urteile vom 5. Dezember 2018 - VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18

CFaßbender am 14.11.2018 um 19:54 Uhr
Wenn ein Streit unausweichlich erscheint

Regelmäßig melden sich Mieter bei mir mit der Frage wie sie mit der Situation des Schimmelbefalls in ihrer Wohnung umgehen können. Grundsätzlich obliegt dabei die medizinische Bewertung den Medizinern. Bezüglich der gutachterlichen Tätigkeit wird darüber hinaus darauf hingewiesen, dass eine sachgemäße Untersuchung der Ursachen und des Umfangs regelmäßig kostenintensiv ist. Ich rate einem Mieter daher zunächst den Weg zum Fachanwalt für Mietrecht. Dieser sollte klären, ob eine privat in Auftrag gegebene Begutachtung in dem jeweiligen Fall notwendig und der richtige Weg ist.
Faßbender Bausachverständiger