
© Stiftung Warentest / René Reichelt
Die Banken müssen ihre Kunden beim Kontowechsel unterstützen. Sechs Onlinekunden haben es getestet. Bei vier von ihnen klappte es gut.
Es gibt einige Gründe, die Bank zu wechseln: steigende Gebühren, Wohnungswechsel, zu wenige Geldautomaten oder ungünstige Öffnungszeiten. Doch viele Bankkunden halten am alten Girokonto fest, weil sie wohl den Aufwand fürchten. Was mehr als die Hälfte der Bundesbürger nicht weiß: Sie können seit anderthalb Jahren beim Kontowechsel auf die Unterstützung der Bank pochen – egal, ob sie Online- oder Filialbankkunde sind.
Seit September 2016 sind die alte und die neue Bank verpflichtet zusammenzuarbeiten, damit der Kontowechsel für den Kunden einfacher wird und schneller geht. Für diese gesetzliche Kontenwechselhilfe muss die bisherige Bank eine Übersicht aller Buchungen der letzten 13 Monate liefern, die künftige Bank soll alle Zahlungspartner von der neuen Kontoverbindung schriftlich unterrichten. Beide Banken haften für Schäden, die aus einem fehlgeschlagenen Kontowechsel entstehen. Binnen zwölf Geschäftstagen soll der Kontowechsel erledigt sein. Leider hat der Gesetzgeber dafür ein völlig unverständliches Formular entwickelt.
Viele Kreditinstitute bieten zusätzlich einen eigenen, einfacheren Kontowechselservice an. Das komplizierte Formular entfällt, aber die gesetzlichen Vorgaben gelten nicht. Hier läuft alles digital (Onlinekonto wechseln in sechs Schritten).
In der Praxis
Finanztest wollte wissen, wie der Kontowechsel heutzutage funktioniert, und hat sechs Kunden beim Wechsel begleitet. Sie hatten ihre Onlinekonten bei den Sparkassen in Berlin, Hannover und Mainfranken Würzburg, der Postbank sowie der Hypovereinsbank. Sie haben neue Konten bei der ING-Diba, der DKB, der Evangelischen Bank und der Triodos Bank eröffnet. Ausgangspunkt für den Wechsel ist immer die neue Bank.
Die wichtigsten Ergebnisse unseres Tests: Die gesetzliche Kontenwechselhilfe ist in der Praxis sehr kompliziert. Wer sie benutzt, muss mit Komplikationen rechnen. Wir empfehlen, die von der Bank gesetzten Kreuze im Formular genau zu kontrollieren und die Kontoschließung auf einen deutlich späteren Zeitpunkt als den Kontowechsel zu legen.
Der bankeigene digitale Kontowechselservice dagegen verlief nahezu reibungslos. Aber auch er ist keine Garantie für gutes Gelingen. In einem Fall scheiterte die Testperson, weil die Technik der alten Bank nicht passte.
ING-Diba und DKB mit gutem Service
Den Kontowechsel hatten wir vor einem Jahr schon einmal mit drei Testpersonen ausprobiert (siehe PDF Finanztest 6/2017). Sie nutzten alle den bankeigenen digitalen Service. Damals lautete das Urteil: Selbst wenn nicht alles glatt läuft, fällt der Kontoumzug damit leichter und er geht schneller. Daran hat sich nichts geändert.
Den idealen Ablauf beschreiben wir in Onlinekonto wechseln in sechs Schritten.
Auch dieses Mal stießen unsere Tester auf einige Hürden und Auffälligkeiten:
Daueraufträge. Der Kontowechselservice der ING-Diba vermittelte anfangs den Eindruck, dass auch Daueraufträge automatisch übertragen werden können. Als sie dann aber in der Liste der zu benachrichtigenden Zahlungspartner nicht mehr auftauchten, griff unsere Testperson zum Telefon und erfuhr, dass das „ein Fehler im Programm ist“ und sie Daueraufträge bei der alten Bank löschen und bei der neuen Bank selbst einrichten muss.
Kontokündigung. Das Schreiben für die Kündigung des alten Girokontos musste die Testperson selbst erstellen. Das ist bei anderen Banken Bestandteil ihres Wechselservices.
Gut war, dass die ING-Diba bereits eine Liste von Zahlungsempfängern erstellte, die aus ihrer Sicht nicht informiert werden müssen, da sie nicht regelmäßig Geld bekommen.
Unterschrift. Die ING-Diba verwies auch auf Zahlungsempfänger, die die Anschreiben der Bank voraussichtlich nicht akzeptieren werden, womöglich deshalb, weil die ING-Diba keine Kundenunterschrift im Zuge des Kontowechsels erstellt.
Die DKB und die Triodos Bank lassen Kunden eine Unterschrift erzeugen: per Maus am PC oder mit dem Finger auf dem Smartphone. Das war für unsere Testperson gewöhnungsbedürftig. Sie brauchte mehrere Versuche, bis sie mit dem Resultat zufrieden war.
Zeitraum. Unklar war in einem unserer sechs Testfälle, welchen Zeitraum die angezeigten Buchungen umfassen. Während bei dem Wechsel von der Postbank zur DKB explizit auf den Zeitraum hingewiesen wurde, gab es beim Wechsel von der Sparkasse Hannover zur DKB keine Information dazu.
Liste der Zahlungsempfänger. Hilfreich war für die Testperson, dass die DKB und die Triodos Bank eine übersichtliche Liste erstellten, wen sie über das neue Konto informieren.
Kontokündigung. Mit am besten klappte der Wechsel von der Sparkasse Mainfranken Würzburg zur Triodos Bank. Die Triodos Bank empfahl unserem Tester zum Beispiel, altes und neues Konto eine Weile parallel bestehen zu lassen. Sie schickte das Kündigungsschreiben für das alte Konto per E-Mail zum Ausdrucken und Versenden per Post, inklusive eines Hinweises, dass der Freistellungsauftrag bei der alten Bank reduziert werden kann.
Evangelische Bank hilft mit Betreuer
Unsere zwei Tester, die die gesetzliche Kontenwechselhilfe in Anspruch nahmen, hatten aus verschiedenen Gründen Probleme.
Die Evangelische Bank bietet auf ihrer Internetseite keine Informationen zu möglichen Hilfen beim Kontowechsel, auch nicht, als unsere Testperson sich in ihr Konto eingeloggt hatte. Wer nicht weiß, dass es das neue Gesetz gibt, hätte alles selbst gemacht.
Unsere Testperson war informiert, rief bei der Bank an und verlangte Unterstützung. Ihr wurde die Zusendung der Formulare für die gesetzliche Kontenwechselhilfe angekündigt. Sie sollte aber sofort einen Termin nennen, zu dem sie das alte Konto schließen will.
Formular zu kompliziert
Mit dem Formular für die gesetzliche Kontenwechselhilfe erfüllen die Banken die Forderung im Gesetz, den Kontowechsel für Kunden einfacher und schneller zu machen. Das ging gründlich schief. Der Gesetzgeber hat ein Formular entworfen, das in Umfang, Aufbau und Sprache vom Kontowechsel eher abschreckt.
Auf mindestens drei Papierseiten gibt es für die Bankkunden in drei Abschnitten über 50 Möglichkeiten, Kreuze zu setzen, damit alte Bank („übertragender Zahlungsdienstleister“) und neue Bank („empfangender Zahlungsdienstleister“) Daten austauschen und die Zahlungsvorgänge übertragen können („beauftragt und ermächtigt, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt wird ... und die Schritte nach Ziffer 1 sowie Ziffer 2 Buchstabe a und c vollzogen wurden“).
Da meinten es beide Banken wohl gut, als sie das Formular für die Kontoschließung vorausgefüllt an die Testpersonen verschickten. Bei der Evangelischen Bank war sogar das Datum der Kontoschließung schon eingetragen.
Wichtig: Der Punkt Kontoschließung ist im Mittelteil des Formulars versteckt. Unter 2d sollten Bankkunden möglichst selbst ein Datum eintragen – am besten eines zwei bis drei Monate nach dem Wechsel.
Wechsel beobachten
Unser Tester vertraute auf die Bank und änderte nichts am Formular. Die Übertragung der Liste der Zahlungsempfänger dauerte so lange, dass der angegebene Tag der Kontoschließung unmittelbar bevorstand. Der Mitarbeiter der Evangelischen Bank meldete sich zwar bei der Testperson. Die musste dann aber zweimal bei der Postbank intervenieren, um die Schließung zu stoppen.
Als die Liste vorlag, hat die Evangelische Bank mit der Testperson abgesprochen, wer über die neue Kontoverbindung informiert werden soll und wer nicht. Ohne den Kontakt mit dem Kundenbetreuer der Evangelischen Bank hätte unsere Testperson den Wechsel kaum geschafft.
Probleme bei Hypovereinsbank
Nahezu chaotisch war der Wechsel von der Hypovereinsbank zur ING-Diba. Unser Tester wählte zunächst den digitalen Service, bekam aber statt einer Liste der Zahlungspartner eine Fehlermeldung – auch beim zweiten Anlauf.
Nach telefonischer Auskunft der ING-Diba unterstützt die Hypovereinsbank die technisch notwendige HBCI-Schnittstelle nicht – einen Standard für die sichere Übertragung von sensiblen Daten zwischen Banken. Deshalb sei der digitale Service nicht möglich und es müsse die gesetzliche Hilfe genutzt werden. Auch hier waren alle Kreuze im Formular schon gesetzt. Immerhin konnte der Tester das Datum der Kontoschließung selbst eintragen.
Informationen ohne Abstimmung
Nachdem er das Formular verschickt hatte, blieb lange unklar, in welchem Stadium der Kontowechsel war. Die ING-Diba informierte ohne Abstimmung mit dem Tester alle möglichen Zahlungspartner über das neue Konto, darunter auch solche, die es gar nicht mehr gab und die es nicht hätten wissen müssen, zum Beispiel Geschäfte, in denen der Tester mit Girocard und Unterschrift bezahlt hatte.
Ein wichtiger Zahlungspartner wurde gar nicht, zwei andere nicht rechtzeitig benachrichtigt, um laufende monatliche Abbuchungen noch zu korrigieren. So kam es zu Rücklastschriften und Gebühren. Die reklamierte der Tester und bekam von der ING-Diba aus Kulanz 50 Euro gutgeschrieben – als Erstattung und Ausgleich dafür, dass er selbst tätig werden musste, um alles geradezurücken.
Der Girokontowechsel kann nach wie vor auch ohne PC und Vordrucke in Eigenregie erfolgen. Dann aber muss der Bankkunde die Fleißarbeit leisten, die durch die gesetzliche Wechselhilfe überflüssig werden sollte: Kontoauszüge durchforsten, Buchungen sortieren und zahlreiche Briefe verschicken.
-
- Konten bei verschiedenen Banken lassen sich mit speziellen Banking-Apps gemeinsam verwalten. Wir haben 14 Apps für iOS und Android getestet. Nur zwei schneiden gut ab.
-
- Für den Umgang mit dem ersten eigenen Geld bieten Finanzexperten der Stiftung Warentest Teenagern eine Orientierung: Von Finanz-Apps über Girokonto bis Haushaltsbuch.
-
- Zwei Jahre später als von der EU gefordert gibt es seit August 2020 einen Tüv-zertifizierten Gratis-Girokontenvergleich. Betreiber Check24 vergleicht laut eigenen...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@alle: Bitte lassen Sie sich von den Ausführungen von Maureen.E nicht irritieren. Das Ausfüllen des Fragebogens zur Nutzung des gesetzlich vorgeschriebenen Kontowechselservice ist mühselig und kompliziert.
Wer diesen Weg scheut und den bankeigenen, zusätzlichen Wechselservice nutzt, sollte genau checken, ob der Umzug der Daueraufträge wunschgemäß geklappt hat.
Wie ich soeben in Ihrer E-Mail geantwortet habe, geht es um die Rechtsgrundlage für Ihre Behauptung, dass die gesetzlichen Vorgaben dann nicht gelten! Diese sind Sie noch immer schuldig ;)
Ihre Behauptung ist schlicht falsch. Siehe: https://www.bafin.de/DE/Verbraucher/Bank/Kontenwechsel/kontenwechsel_node.html
Gibt es Ausnahmen von der Verpflichtung zur gesetzlichen Kontenwechselhilfe?
Nur weil die Bank eigene Prozesse anbietet, kann dadurch nicht das ZAG umgangen werden!
Nur weil sich eine Bank einem (Agenten) bedient, wie z. B. einem KID (der lt ZAG auch ein Zahlungsdienstleister ist und bei der Bafin eine Erlaubnis braucht), entbindet ihn das nicht von seiner gesetzlichen Pflicht gem. ZKG!
Rechtsgrundlagen:
https://www.gesetze-im-internet.de/zag_2018/__1.html Abs. 1 Satz 2 Nr. 8
Und Abs. 9 (Agenten)
iVm https://www.gesetze-im-internet.de/zag_2018/__25.html
Sowie ZKG §§ 20-25
https://www.gesetze-im-internet.de/zkg/BJNR072010016.html#BJNR072010016BJNG000500000
Und nun?
Sie schreiben:
"Viele Kreditinstitute bieten zusätzlich einen eigenen, einfacheren Kontowechselservice an. Das komplizierte Formular entfällt, aber die gesetzlichen Vorgaben gelten nicht."
Wo steht das? Ich habe nämlich bisher nach einer Rechtsgrundlage gesucht, die die Banken berechtigt, den Wechselservice an Dritte zu übertragen.
Gesetzeslücke, da Banken anscheinend nicht verpflichtet sind, sich eine Genehmigung als Kontoinformationsdienst bei der BaFin zu holen? Die Gesetzeslage finde ich völlig unklar, zumindest aber unübersichtlich. Denn die Banken sind ja laut ZKG zur Wechselhilfe verpflichtet. Dann müssen sie gesetzlich auch "automatisch" hierzu legitimiert sein. Die Genehmigung könnte vielleicht in der Zulassung als Kreditinstitut inkludiert sein? Nur, wo ist das geregelt? Evtl. im ZAG ?
@Maureen.E: Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen, recht komplizierten Kontowechselservice bieten die Kreditinstitute zusätzlich einen eigenen, einfacheren Kontowechselservice an. Das komplizierte Formular nach dem Zahlungskontengesetz entfällt hier zwar, aber die gesetzlichen Vorgaben gelten dann ebenfalls nicht mehr.
Wer den bankeigenen, einfachen Kontowechsel-Service nutzt, muss also genau kontrollieren, ob der Wechselservice auch alle Aufträge so behandelt, wie gedacht.
Das Musterformular ist eine Katastrophe. Nicht verbraucherfreundlich formuliert. Die Juristen können anscheinend nicht anders. :(
Aber man sollte es dennoch richtig lesen ;) Dann muss sich Stiftung Warentest auch nicht wundern, wenn die Daten auch an "Geschäfte, in denen der Tester mit Girocard und Unterschrift bezahlt hatte." übermittelt werden ;)
Da wurde wohl versäumt, das Formular korrekt auszufüllen.
Schade, dass hier nicht sorgfältig vorgegangen wurde und zu Irritationen und auch Falschauskünften führt.