
„Kontoumzug in weniger als 10 Minuten“ oder „ohne Aufwand wechseln“. So oder ähnlich versuchen Banken, Kunden einen Wechsel des Girokontos schmackhaft zu machen. Wir haben ausprobiert, wie bequem der Kontoumzug wirklich ist – und wie lange er dauert. Sechs Kunden haben im Auftrag der Stiftung Warentest ein neues Online-Girokonto eröffnet und den Wechselservice ausprobiert. Nur bei vier Testern klappte das einigermaßen gut.
Alte und neue Bank müssen zusammenarbeiten
Mehr als die Hälfte der Bundesbürger weiß nicht, dass sie seit anderthalb Jahren beim Kontowechsel auf die Unterstützung der Bank pochen können – egal, ob sie Online- oder Filialbankkunde sind. Seit September 2016 sind alte und neue Bank verpflichtet zusammenzuarbeiten, damit der Kontowechsel für den Kunden einfacher wird und schneller geht. Für diese gesetzliche Kontenwechselhilfe muss die bisherige Bank eine Übersicht aller Buchungen der letzten 13 Monate liefern, die künftige Bank soll alle Zahlungspartner von der neuen Kontoverbindung schriftlich unterrichten. Binnen zwölf Geschäftstagen soll der Kontowechsel erledigt sein.
Kompliziertes Formular für Kontowechsel
Leider hat der Gesetzgeber für die gesetzliche Kontenwechselhilfe ein völlig unverständliches Formular entwickelt – das fand auch einer unser Tester, der selbst ein ausgebildeter Bankkaufmann ist. Auf mindestens drei Papierseiten gibt es für die Bankkunden in drei Abschnitten über 50 Möglichkeiten, Kreuze zu setzen, damit alte Bank und neue Bank Daten austauschen und die Zahlungsvorgänge übertragen können. Viele Kreditinstitute bieten zusätzlich einen eigenen Kontowechselservice an. Der ist einfacher. Das komplizierte Formular entfällt und die gesetzlichen Vorgaben gelten nicht. Hier läuft alles digital.
Das bietet unser Test Girokonto wechseln
Hintergründe. Wir erklären, welche gesetzlichen Regeln für den Kontowechsel gelten, wie alte und neue Bank zusammenarbeiten müssen und welche Rechte Bankkunden haben, wenn etwas schiefgeht.
Testbericht. Wir haben sechs Kunden beim Wechsel begleitet. Sie hatten ihre Onlinekonten bei den Sparkassen in Berlin, Hannover und Mainfranken Würzburg, der Postbank sowie der Hypovereinsbank. Sie haben neue Konten bei der ING-Diba, der DKB, der Evangelischen Bank und der Triodos Bank eröffnet. Unser Test zeigt, wie gut der Umzug in der Praxis klappt – und deckt Unterschiede zwischen dem gesetzlichen Wechselservice und bankenspezifischen Varianten auf. Außerdem nennen wir 13 Banken, die ein Gratis-Konto ohne Wenn und Aber anbieten. Tipp: Preise von über 200 Girokonto-Modellen zeigt unser Produktfinder Girokonto.
Anleitung. In sechs Schritten beschreiben wir den idealtypischen Ablauf eines Kontoumzugs – und sagen, wo Wechselwillige besonders gut aufpassen müssen.
Heft-Artikel. Wenn Sie das Thema freischalten, erhalten Sie Zugriff auf das PDF zur aktuellen Untersuchung aus Finanztest 5/2018. Die Vorgänger-Untersuchung aus Finanztest 6/2017 können Sie hier kostenlos herunterladen.
Postbank, Hypovereinsbank und drei Sparkassen im Test
Finanztest hat sechs Kunden beim Wechsel begleitet. Sie hatten ihre Onlinekonten bei den Sparkassen in Berlin, Hannover und Mainfranken Würzburg, der Postbank sowie der Hypovereinsbank. Sie haben neue Konten bei der ING-Diba, der DKB, der Evangelischen Bank und der Triodos Bank eröffnet. Die wichtigsten Ergebnisse unseres Tests: Wer die gesetzliche Kontenwechselhilfe nutzt, muss mit Komplikationen rechnen. Der bankeigene digitale Kontowechselservice dagegen verlief nahezu reibungslos. Aber auch er ist keine Garantie für gutes Gelingen, wie unser Test zeigt.
Zwei Banken mit gutem Service
Selbst wenn mit dem bankeigenen digitalen Service nicht alles glatt läuft, fällt der Kontoumzug damit leichter und geht schneller. Aber unsere Tester stießen auf einige Hürden und Auffälligkeiten:
- Daueraufträge. Der Kontowechselservice bei einer Bank vermittelte anfangs den Eindruck, dass auch Daueraufträge automatisch übertragen werden können. Als sie dann aber in der Liste der zu benachrichtigenden Zahlungspartner nicht mehr auftauchten, griff unsere Testperson zum Telefon und erfuhr, dass das „ein Fehler im Programm ist“ und sie Daueraufträge bei der alten Bank löschen und bei der neuen Bank selbst einrichten muss.
- Kontokündigung. Das Schreiben für die Kündigung des alten Girokontos musste die Testperson im oben genannten Fall selbst erstellen. Das ist bei anderen Banken Bestandteil ihres Wechselservices. Gut war, dass die Bank bereits eine Liste von Zahlungsempfängern erstellte, die aus ihrer Sicht nicht informiert werden mussten, da sie nicht regelmäßig Geld bekamen. Bei einer Banken-Konstellation klappte der Wechsel besonders gut. Hier empfahl die neue Bank unserem Tester zum Beispiel, altes und neues Konto eine Weile parallel bestehen zu lassen und schickte das Kündigungsschreiben für das alte Konto per E-Mail zum Ausdrucken und Versenden per Post, inklusive eines Hinweises, dass der Freistellungsauftrag bei der alten Bank reduziert werden kann.
- Unterschrift. Die Bank verwies auch auf Zahlungsempfänger, die ihre Anschreiben der Bank voraussichtlich nicht akzeptieren würden, womöglich deshalb, weil im Zuge des Kontowechsels keine Kundenunterschrift erstellt wird. Zwei andere Banken lassen Kunden eine Unterschrift erzeugen: per Maus am PC oder mit dem Finger auf dem Smartphone. Das war für unsere Testperson gewöhnungsbedürftig. Sie brauchte mehrere Versuche, bis sie mit dem Resultat zufrieden war.
- Zeitraum. Unklar war in einem unserer sechs Testfälle, welchen Zeitraum die angezeigten Buchungen umfassen.
- Liste der Zahlungsempfänger. Hilfreich war für die Testperson, dass zwei Banken eine übersichtliche Liste erstellten, wen sie über das neue Konto informieren.
Probleme mit Liste der Zahlungspartner
In einem Fall verlief der Wechsel recht chaotisch. Unser Tester wählte zunächst den digitalen Service, bekam aber statt einer Liste der Zahlungspartner eine Fehlermeldung – auch beim zweiten Anlauf. Nach telefonischer Auskunft der neuen Bank unterstützte die alte Bank die technisch notwendige HBCI-Schnittstelle nicht – einen Standard für die sichere Übertragung von sensiblen Daten zwischen Banken. Deshalb sei der digitale Service nicht möglich und es müsse die gesetzliche Hilfe genutzt werden.
Informationen ohne Abstimmung
Eine Bank informierte ohne Abstimmung mit dem Tester alle möglichen Zahlungspartner über das neue Konto, darunter auch solche, die es gar nicht mehr gab und die es nicht hätten wissen müssen, zum Beispiel Geschäfte, in denen der Tester mit Girocard und Unterschrift bezahlt hatte. Ein wichtiger Zahlungspartner wurde gar nicht, zwei andere nicht rechtzeitig benachrichtigt, um laufende monatliche Abbuchungen noch zu korrigieren. So kam es zu Rücklastschriften und Gebühren. Die reklamierte der Tester und bekam von der Bank aus Kulanz 50 Euro gutgeschrieben – als Erstattung und Ausgleich dafür, dass er selbst tätig werden musste, um alles geradezurücken.
Nutzerkommentare, die vor dem 16. April 2018 gepostet wurden, beziehen sich noch auf die Vorgängeruntersuchung aus Finanztest 6/2017.