
Flugärger. Nach der EU-Fluggastrechteverordnung stehen Fluggästen in vielen Fällen bis zu 600 Euro Entschädigung zu. © Getty Images / dardespot
Die Lufthansa-Piloten wollen streiken – möglicherweise schon in den Herbstferien. Wir erklären, welche Rechte Flugreisende haben, wenn wegen Streiks ihr Flug ausfällt.
Bei Lufthansa bahnt sich ein Streik der Pilotinnen und Piloten an. Grund dafür sind gescheiterte Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) und Lufthansa über die Verbesserung der Betriebsrenten. Eine deutliche Mehrheit der Pilotinnen und Piloten stimmte dafür, in den Streik zu gehen, um die Gewerkschaftsforderungen durchzusetzen. Wann der Streik stattfinden soll, ist noch unklar. Für Flugreisende bedeutet das Planungsunsicherheit – besonders, weil der drohende Streik in die Herbstferien fallen könnte.
Aber: Reisende sind nicht machtlos. Passagiere in Europa haben umfassende Rechte, wenn ihre Flugverbindung sich verspätet oder ganz ausfällt. Haben sie ihren Zielflughafen erst mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr erreicht, können ihnen je nach Strecke zwischen 250 und 600 Euro Entschädigung zustehen. Dasselbe gilt, wenn sie wegen Überbuchung nicht mitgenommen wurden oder ihr Flug annulliert wurde. Voraussetzung jeweils: Startflughafen oder Hauptsitz der Airline liegen in der EU.
Wir sagen, welche Regeln in welchen Fällen gelten, wie Sie Ihre Rechte durchsetzen können – und wie Gerichte in Streitfällen bisher entschieden haben. Außerdem erläutern wir, was es mit der geplanten Reform der europäischen Fluggastrechteverordnung auf sich hat.
Drohender Pilotenstreik bei Lufthansa: Das sind Ihre Rechte
Flugstatus. Bei vergangenen Lufthansa-Streiks wurden betroffene Kunden in der Regel per E-Mail oder in der Lufthansa-App über Flugstreichungen und Umbuchungsmöglichkeiten informiert. Pauschalurlauber müssen sich an ihren Reiseveranstalter wenden, um zu erfahren, wie sie nun ans Reiseziel kommen.
Ersatzbeförderung. Die Lufthansa ist verpflichtet, für eine Ersatzbeförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu sorgen. Erreicht die Information über einen Flugausfall einen Passagier erst am Flughafen und erfolgt der Ersatzflug zum Beispiel erst am darauffolgenden Tag, hat die Airline auch die Übernachtungs- und Verpflegungskosten in angemessenem Umfang zu übernehmen.
Ersatzfahrt mit der Bahn. Insbesondere bei innerdeutschen Flügen kommt als Ersatzbeförderung auch der Transport per Bahn infrage.
Ticketerstattung statt Ersatzbeförderung. Die von einem Flugausfall betroffenen Passagiere können sich statt der Ersatzbeförderung wahlweise auch den Ticketpreis erstatten lassen.
Entschädigung von bis zu 600 Euro. Bei Flugausfällen, die auf Streiks durch das eigene Personal der Fluggesellschaft – wie Piloten – zurückzuführen sind, haben Passagiere unter Umständen Anspruch auf eine Entschädigung. Bietet die Airline einen Ersatzflug an, hängt der Entschädigungsanspruch von der Abflug- und der Ankunftszeit dieses Fluges ab. Die Fluggesellschaft muss nur dann keine Entschädigung zahlen, wenn der Ersatzflug nicht früher als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegt ist und der Kunde sein Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunft erreicht. Für deutsche Inlandsflüge beträgt die Entschädigungszahlung 250 Euro pro Passagier.
Hilfe mit Flugärger-App. Die Flugärger-App der Verbraucherzentralen hilft Passagieren bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Wer sich um die Durchsetzung seines Anspruchs nicht selbst kümmern möchte und bereit ist, zwischen 30 und 50 Prozent der Entschädigungssumme als Provision abzugeben, kann auch Fluggastportale damit beauftragen.
Pauschalurlauber. Für Reisende, die mehrere Leistungen wie Hotel und Flug bei einem Pauschalreise-Veranstalter gebucht haben, ist der Veranstalter der Ansprechpartner bei Flugproblemen. Kümmert sich dieser nicht um einen Ersatzflug, können Urlauber vom Reisevertrag zurücktreten und die komplette Erstattung des Reisepreises zurückfordern. Alternativ können sie auf eigene Faust einen Anreise zum Urlaubsort organisieren. Aber Vorsicht: Der Reisende muss diese Ersatzbeförderung zunächst aus der eigenen Tasche bezahlen und später vom Veranstalter einfordern. In der Folge kommt es dann manchmal zu eine Rechtsstreit. Wichtig: Vor einem Rücktritt oder der selbst organisierten Anreise sollte diese Maßnahmen immer erst unter Nennung einer Frist (unter Umständen reicht auch eine Frist von wenigen Stunden) beim Veranstalter, etwa per E-Mail, angedroht werden. Organisiert die Airline einen nächstmöglichen Ersatzflug, der aber die Urlaubszeit am Reiseort verkürzt, kommt eine Reisepreisminderung in Betracht.
Ihre Fluggastrechte im Überblick
Das Wichtigste in Kürze
Entschädigung. Bei Flugannullierungen und Ankunftsverspätungen am Endziel einer Flugreise von mindestens drei Stunden haben Sie Anspruch auf eine pauschale Entschädigungszahlung von 250 Euro, 400 Euro oder 600 Euro pro Person – je nach Flugentfernung.
Ersatzbeförderung. Wurde Ihr Flug gestrichen oder verspätet er sich enorm, muss sich die Fluggesellschaft um eine zumutbare Ersatzbeförderung kümmern. Haben Sie eine Idee, wie Sie alternativ ans Ziel kommen? Machen Sie der Airline einen entsprechenden Vorschlag! Infrage kommt auch eine Zugfahrt. Sollten Sie keine Ersatzbeförderung wollen, fordern Sie den Ticketpreis zurück.
Verpflegung und Hotel. Solange Sie auf eine Ersatzbeförderung warten, ist die Airline dazu verpflichtet, sich um Ihre Verpflegung zu kümmern – gegebenenfalls auch um ein Hotel nebst Fahrt dorthin. Wenn Sie für Hotel und Verpflegung in Vorkasse treten müssen: Heben Sie alle Belege auf und reichen Sie diese später bei der Fluggesellschaft ein.
Verjährungsfrist. Ab Ende des Jahres, in dem der Flug lag, haben Sie drei Jahre Zeit, um Ihren Anspruch geltend zu machen. Bis Ende 2025 können Sie also noch Entschädigung und Erstattung für Flüge aus dem Jahr 2022 verlangen.
So kommen Sie zur Entschädigung. Wenden Sie sich zunächst an die Airline. Dabei helfen unsere Musterbriefe. Oft können Sie die Entschädigung aber auch über ein Online-Formular auf der Internetseite der Fluggesellschaft beantragen (Entschädigung beantragen – so gehts). Alternativ können Sie auch die Smartphone-App „Flugärger“ der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen nutzen. Sie hilft, Ihre Ansprüche gegen die Airline zu ermitteln und diese am Ende über eine von der App erzeugte E-Mail bei der Fluggesellschaft geltend zu machen (die App gibts im App Store und bei Google Play und als Browser-Version).
Streik. Wurde Ihr Flug streikbedingt gestrichen, haben Sie Anspruch auf einen zeitnahen Ersatzflug oder Erstattung des Ticketpreises. Ob Sie darüber hinaus noch eine pauschale Entschädigung (250 bis 600 Euro pro Passagier) verlangen können, hängt insbesondere davon ab, ob der Streik aus Sicht der Airline ein entschuldigender Umstand ist („außergewöhnlicher Umstand“). Faustregel: Hat die Airline den Flug annulliert, weil ihr eigenes Personal streikt (etwa Flugbegleiter oder Piloten), dann steht Ihnen eine Ausgleichszahlung zu. Streicht die Fluggesellschaft Ihren Flug, weil der Streik von externem Personal den Abflug verhindert (etwa Bodenpersonal des Flughafens), steht Ihnen in der Regel kein Geld zu.
Schlichtung. Blockt die Airline Ihre Forderungen ab, können Sie sich an einen Schlichter wenden. Ist die Schlichtungsstelle Reise und Verkehr in Berlin nicht zuständig, leitet sie Ihre Beschwerde an die Schlichter beim Bundesjustizamt weiter. Verläuft die Schlichtung erfolglos, kann Ihnen ein Anwalt oder ein Inkassodienst helfen.
Entschädigung bei Flugverspätung
Verspätet sich die Ankunft am letzten Zielflughafen um wenigstens drei Stunden, haben Fluggäste je nach Flugstrecke Anspruch auf bis zu 600 Euro Entschädigung. Rechtsgrundlage ist die Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union (EU). Juristen nennen diese Entschädigung „Ausgleichszahlung“.
Was gilt als Ankunftszeitpunkt?
Rechtlich entscheidend ist nicht, wann das Flugzeug auf der Landebahn aufsetzt oder der Passagier das Flugzeug am Zielflughafen verlässt. Maßgeblich ist der Moment, in dem mindestens eine Flugzeugtür geöffnet wird – sofern die Fluggäste das Flugzeug verlassen dürfen (EuGH, Az. C-452/13). Macht der Fluggast bei der Airline seinen Entschädigungsanspruch geltend (etwa mit dem Musterschreiben der Stiftung Warentest), reicht es aber aus, wenn er als Ankunftszeitpunkt den Moment angibt, in dem er persönlich das Flugzeug verlassen hat. Kommt es zum Rechtsstreit, muss die Airline belegen, wann die erste Tür geöffnet wurde.
Wie hoch ist die Entschädigung?
- Kurzstrecke (bis 1 500 Kilometer Entfernung): 250 Euro pro Person.
- Mittelstrecke (1 501 bis 3 500 Kilometer Flugdistanz): 400 Euro pro Person.
- Langstrecke (ab 3 501 Kilometer): 600 Euro pro Person. Ausnahme: Flüge innerhalb der EU (siehe unten).
Bei der Berechnung der Flugdistanz zählt die Luftlinie zwischen dem Start- und dem Zielflughafen. Sie lässt sich mithilfe der Seite luftlinie.org ermitteln. Keine Rolle spielt, wie viel das Flugticket gekostet hat. Wer also für einen Interkontinentalflug nur 500 Euro bezahlt hat, kann im Verspätungsfall dennoch 600 Euro Entschädigung bekommen.
Bei Langstreckenflügen gelten manchmal Ausnahmen
- Innereuropäische Flüge. Für Flüge innerhalb der Europäischen Union gibt es maximal 400 Euro, auch wenn die Flugstrecke mehr als 3 500 Kilometer beträgt.
- Verspätung unter vier Stunden. Bei mehr als 3 500 Kilometer Flugstrecke darf die Airline die Entschädigung halbieren, wenn die Ankunftsverspätung am Zielflughafen zwar drei Stunden oder mehr beträgt, aber unter vier Stunden bleibt.
Geplante Reform der EU-Fluggastrechte
Anfang Juni 2025 haben sich die Verkehrsminister der Europäischen Union auf eine Reform der Fluggastrechteverordnung (261/2004) geeinigt. Unter anderem soll die Drei-Stunden-Regel abgeschafft werden. Bleibt es bei den Plänen, verschlechtert sich die Rechtslage für Passagiere. Bevor die Pläne der Minister Gesetz werden, muss sich aber noch das EU-Parlament mit dem Gesetzentwurf beschäftigen. Für die kommende Urlaubssaison werden die Änderungen daher noch keine Auswirkung haben.
Was soll sich ändern?
- Voraussetzung für Entschädigung. Künftig soll es erst ab einer Ankunftsverspätung von vier Stunden Geld geben. Bisher waren es drei Stunden.
- Höhe der Entschädigung. Reisende sollen künftig für Flüge bis 3 500 Kilometer eine pauschale Entschädigung von 300 Euro erhalten. Das würde für Mittelstreckenflüge (ab 1 501 Kilometer) eine Verschlechterung bedeuten, da es im Verspätungsfall für diese Flüge bisher 400 Euro pro Fluggast gibt. Für Langstreckenflüge (Flugdistanz über 3 500 Kilometer) sieht der Gesetzesentwurf nur noch pauschal 500 Euro pro Fluggast statt bisher 600 Euro vor.
Wann besteht Anspruch auf Entschädigung?
- Start innerhalb der EU. Auf den Entschädigungsanspruch nach der europäischen Fluggastrechteverordnung können sich Fluggäste nur dann berufen, wenn ihre Flugreise auf einem Flughafen innerhalb der Europäischen Union begonnen hat.
- Airline sitzt in der EU. Bei Flügen, die von einem Flughafen außerhalb der EU starten und innerhalb der EU enden, gelten die Regeln nur dann, wenn die Fluggesellschaft ihren Hauptsitz in der EU hat.
Das heißt: Wer von Frankfurt am Main nach Dubai fliegt, hat bei Flugärger immer Ansprüche nach der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004 – egal, ob Lufthansa, Etihad oder eine andere Linie den Flug durchführen, und egal, ob er EU-Bürger ist oder nicht. Ein Flug von New York nach Amsterdam mit der niederländischen Fluggesellschaft KLM fällt ebenfalls unter EU-Recht. Der gleiche Flug, durchgeführt von einer amerikanischen Fluglinie, jedoch nicht.
Bei absehbar großer Verspätung Recht auf Rücktritt
Zeichnet sich bereits bei Abflug eine Verspätung von mindestens fünf Stunden ab, können Betroffene auf ihre Flugreise auch verzichten und eine vollständige Rückerstattung des Ticketpreises verlangen. Eine Entschädigungszahlung steht Passagieren dann zwar nicht zu, sie müssen aber auch keine Stornogebühren zahlen.
Wann liegen außergewöhnliche Umstände vor?
Fluggästen steht keine Entschädigung zu, wenn die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist und die Airline alles Zumutbare unternommen hat, um den Fluggast dennoch pünktlich ans Ziel zu bringen. Als außergewöhnliche Umstände gelten etwa
- ein Terroranschlag,
- ein Schneesturm am Flughafen,
- eine Zwischenlandung wegen eines medizinischen Notfalls an Bord.
Bei Streik kommt es drauf an: Ein Streik des Personals der Fluggesellschaft ist in der Regel kein außergewöhnlicher Umstand, der Streik von Fremdpersonal (Fluglotsen, Flughafenpersonal) oft schon (siehe unten „Urteile“).
Wann muss sich die Airline um Verpflegung oder ein Hotel kümmern?
Fluggäste haben bei Verspätungen stets Anspruch auf kostenfreie Betreuungsleistungen – sogar dann, wenn die Airline die Zahlung einer Entschädigung wegen eines außergewöhnlichen Umstands verweigern kann.
Essen und Trinken:
- Bei Flugstrecken bis 1 500 Kilometer: ab zwei Stunden Abflugverspätung
- Bei Flugstrecken 1 501 bis 3 500 Kilometer: ab drei Stunden Abflugverspätung
- Bei Flugstrecken über 3 500 Kilometern: ab vier Stunden Abflugverspätung
Unterkunft:
Ist eine Hotelunterbringung notwendig, muss sich die Airline nicht nur um die Unterkunft selbst, sondern auch um den Transport zwischen Hotel und Flughafen kümmern.
Was ist, wenn ich in Vorkasse gehen muss?
Leider betreuen die Airlines ihre Passagiere nicht immer so wie vom Gesetzgeber vorgesehen. Manchmal werden Kunden mit Anschlussflug zum Beispiel einfach bei der Zwischenlandung allein gelassen, wenn der Zubringerflug zu spät ankam und dadurch der Anschluss verpasst wurde. Wer Hotel und Verpflegung dann selbst bezahlt, kann anschließend Erstattung von der Fluggesellschaft verlangen. Damit es bei der Erstattung der Auslagen später keinen Ärger gibt, sollten Betroffene eine kostengünstige Wahl treffen.
Wichtig: Die Erstattung der Hotel- und Verpflegungskosten gibt es in der Regel zusätzlich zu der pauschalen Verspätungsentschädigung für die Annullierung oder Verspätung (es sei denn, die Flugprobleme gehen auf einen außergewöhnlichen Umstand zurück).
Besonderheiten für Pauschalreisende
Auch wer eine Pauschalreise gebucht hat und mit dem Flugzeug an den Urlaubsort reist, hat bei einer Verspätung Anspruch auf Entschädigung. Bei großen Ankunftsverspätungen oft sogar in zweierlei Form:
- Gegenüber dem Veranstalter. Nach deutschem Pauschalreiserecht besteht ein Recht auf Minderung des Reisepreises, wenn etwa ein Flug um viele Stunden nach vorne oder hinten verlegt wird, so dass die Nachtruhe des ersten Urlaubstages erheblich beeinträchtigt ist (Flug verschoben? Das sind Ihre Rechte!).
- Gegenüber der Fluggesellschaft. Es besteht Anspruch auf Entschädigung nach der europäischen Fluggastrechteverordnung, wenn der ursprünglich angesetzte Flug annulliert oder der Flug erst mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden am Urlaubsziel angekommen ist.
Allerdings gilt: Erhält ein Pauschalurlauber für denselben Ärger sowohl vom Veranstalter als auch von der Airline Geld, findet eine Anrechnung statt. Hat der Urlauber schon eine Reisepreiserstattung vom Veranstalter erhalten, ist das bei der Forderung gegenüber der Airline zu berücksichtigen – und umgekehrt.
Entschädigung bei Flugannullierung und Flugausfall
Wird ein Flug von der Airline annulliert, können Betroffene eine Umbuchung auf den frühestmöglichen Ersatzflug einfordern oder ganz auf den Flug verzichten und die Erstattung ihrer Ticketkosten verlangen. Der Fluggast hat also ein Wahlrecht, ob er sich auf eine Umbuchung einlässt oder von der Flugreise lieber Abstand nimmt.
Die Vorverlegung eines Flugs um mehr als eine Stunde gilt als Annullierung des ursprünglichen geplanten Fluges (Europäischer Gerichtshof, Az. C 146/20 und andere). Das ist insbesondere für Urlauber wichtig, die bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise gebucht haben. Denn bei Flügen im Rahmen eines Reisepakets kommt es oft zu Änderungen der Abflugzeiten.
Wichtig: Wer sich nach der Annullierung seines ursprünglich gebuchten Flugs für die Umbuchung entscheidet, hat zusätzlich Anspruch auf eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechteverordnung wie im Fall einer großen Ankunftsverspätung (siehe oben). Das gilt auch für Passagiere, denen die Airline die Mitnahme verweigert, etwa wegen Überbuchung.
Wie hoch ist die Entschädigung?
- Kurzstrecke (bis 1 500 Kilometer Entfernung): 250 Euro pro Person.
- Mittelstrecke (1 501 bis 3 500 Kilometer Flugdistanz): 400 Euro pro Person.
- Langstrecke (ab 3 501 Kilometer): 600 Euro pro Person.
Ausnahmen: In diesen Fällen darf die Airline die Entschädigungssumme halbieren
- Kurzstreckenflüge. Nur die Hälfte gibt es, wenn die Airline es mit einem Ersatzflug schafft, den Kunden maximal zwei Stunden später als ursprünglich geplant an seinen Zielflughafen zu bringen.
- Mittelstreckenflüge. Bei Flügen innerhalb der EU mit einer Flugdistanz von mehr als 1500 Kilometern sowie bei sonstigen Flügen zwischen 1 501 und 3 500 Kilometern Entfernung ist eine Halbierung erlaubt, wenn der Ersatzflug maximal drei Stunden später ankommt als geplant.
- Langstreckenflüge. Die Airline darf den Anspruch des Kunden halbieren, wenn der Ersatzflug höchstens vier Stunden später als geplant das Ziel erreicht.
Wann besteht Anspruch auf Entschädigung wegen Flugausfall?
- Start innerhalb der EU. Auf den Entschädigungsanspruch nach der europäischen Fluggastrechteverordnung können sich Fluggäste nur dann berufen, wenn ihre Flugreise auf einem Flughafen innerhalb der Europäischen Union begonnen hat.
- Airline sitzt in der EU. Bei Flügen, die von einem Flughafen außerhalb der EU starten und innerhalb der EU enden, gelten die Regeln nur dann, wenn die Fluggesellschaft ihren Hauptsitz in der EU hat.
Das heißt: Wer von Frankfurt am Main nach Dubai fliegt, hat bei Flugärger immer Ansprüche nach der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004 – egal, ob Lufthansa, Etihad oder eine andere Linie den Flug durchführen und egal, ob er EU-Bürger ist oder nicht. Ein Flug von New York nach Amsterdam mit der niederländischen Fluggesellschaft KLM fällt ebenfalls unter EU-Recht. Der gleiche Flug, durchgeführt von einer amerikanischen Fluglinie, jedoch nicht.
Wann liegen außergewöhnliche Umstände vor?
Fluggästen steht keine Entschädigung zu, wenn ein Flugausfall auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist und die Airline alles Zumutbare versucht hat, um den Fluggast dennoch pünktlich ans Ziel zu bringen. Als außergewöhnliche Umstände gelten etwa ein Terroranschlag, ein Schneesturm am Flughafen oder eine Zwischenlandung wegen eines medizinischen Notfalls an Bord. Bei Streik kommt es drauf an: Ein Streik des Personals der Fluggesellschaft ist in der Regel kein außergewöhnlicher Umstand, der Streik von Fremdpersonal (Fluglotsen, Flughafenpersonal) oft schon (siehe unten „Urteile“).
Keine Entschädigung bei früher Information
Manchmal informieren Airline oder Reiseveranstaltung Kunden schon Wochen vor Abflug über eine Flugannullierung. Kommt diese Information mindestens 14 Tage vor dem planmäßigen Abflug, bleiben Fluggesellschaft oder Veranstalter zwar weiterhin verpflichtet, einen Ersatzflug zu organisieren, aber der Anspruch auf Entschädigung entfällt. Kommt die Nachricht über die Annullierung kurzfristiger, hängt der Anspruch von den Flugzeiten des Ersatzfluges ab.
Diese Fristen gelten
Information über Flugausfall |
Abflug- und Ankunftszeiten des Ersatzfluges |
Entschädigung |
7 bis 13 Tage vor Abflug |
Abflug maximal 2 Stunden früher und Ankunft maximal 4 Stunden später als annullierter Flug |
Nein |
7 bis 13 Tage vor Abflug |
Abflug mehr als 2 Stunden früher und/oder Ankunft mehr als 4 Stunden später als annullierter Flug |
Ja |
0 bis 6 Tage vor Abflug |
Abflug maximal 1 Stunde früher und Ankunft maximal 2 Stunden später als annullierter Flug |
Nein |
0 bis 6 Tage vor Abflug |
Abflug mehr als 1 Stunde früher und/oder |
Ja |
Erstattung des Ticketpreises
Entscheidet sich der Fluggast gegen die Umbuchung, also für die Rückerstattung des Ticketpreises, kann die Airline ihm einen Gutschein anbieten. Der Passagier muss das Angebot aber nicht annehmen. Besteht der Fluggast auf der Erstattung, muss die Fluggesellschaft den Flugpreis binnen sieben Tagen in bar durch Überweisung oder Scheck erstatten.
Wichtig: Auch wenn ein Kunde den annullierten Flug nicht direkt bei der Fluggesellschaft, sondern etwa über die Internetseite eines Flugvermittlers gebucht hat, kann er direkt von der Airline die Erstattung des Ticketpreises verlangen. Er muss nicht den Weg über den Vermittler gehen.
Nur Hinflug annulliert. Hat die Airline nur den Hinflug einer Hin-und-zurück-Buchung annulliert und der Kunde daraufhin kein Interesse mehr an der ganzen Flugreise, kann er die Erstattung des gesamten Ticketpreises für Hin- und Rückflug verlangen (Bundesgerichtshof, Az. X ZR 91/22).
Wann muss sich die Airline um Verpflegung oder ein Hotel kümmern?
Fluggästen haben bei Verspätungen stets Anspruch auf kostenfreie Betreuungsleistungen – sogar dann, wenn die Airline die Zahlung einer Entschädigung wegen eines außergewöhnlichen Umstands verweigern kann.
Essen und Trinken:
- Bei Flugstrecken bis 1 500 Kilometer: ab zwei Stunden Abflugverspätung
- Bei Flugstrecken 1 501 bis 3 500 Kilometer: ab drei Stunden Abflugverspätung
- Bei Flugstrecken über 3 500 Kilometer: ab vier Stunden Abflugverspätung
Unterkunft:
Ist eine Hotelunterbringung notwendig, muss sich die Airline nicht nur um die Unterkunft selbst, sondern auch um den Transport zwischen Hotel und Flughafen kümmern.
Was ist, wenn ich in Vorkasse gehen muss?
Leider betreuen die Airlines ihre Passagiere nicht immer so wie vom Gesetzgeber vorgesehen. Manchmal werden Kunden mit Anschlussflug zum Beispiel einfach bei der Zwischenlandung allein gelassen, wenn der Zubringerflug zu spät ankam und dadurch der Anschluss verpasst wurde. Wer Hotel und Verpflegung dann selbst bezahlt, kann anschließend Erstattung von der Fluggesellschaft verlangen. Damit es bei der Erstattung der Auslagen später keinen Ärger gibt, sollten Betroffene eine kostengünstige Wahl treffen.
Wichtig: Die Erstattung der Hotel- und Verpflegungskosten gibt es in der Regel zusätzlich zu der pauschalen Verspätungsentschädigung für die Annullierung oder Verspätung (es sei denn, die Flugprobleme gehen auf einen außergewöhnlichen Umstand zurück).
Besonderheiten für Pauschalreisende
Auch Urlaubern, die eine Pauschalreise von einem Veranstalter gebucht haben und mit einem Flugzeug an den Urlaubsort fliegen, kann bei Flugannullierungen eine Entschädigung von der Fluggesellschaft zustehen. Oftmals werden Flugänderungen, die rechtlich als Flugannullierung anzusehen sind, aber 14 Tage vor Abflug oder noch früher mitgeteilt, so dass der Passagier von der Airline doch kein Geld fordern kann.
Der eigentliche Vertragspartner des Pauschalurlaubers ist aber sein Reiseveranstalter. Und der ist bei einer Flugänderung oder Flugverschiebung keinesfalls vom Haken. Betroffene haben oftmals einen Anspruch auf Reisepreisminderung nach deutschem Pauschalreiserecht gegenüber dem Reiseveranstalter, wenn etwa ein Flug um viele Stunden nach vorne oder hinten verlegt wird, so dass die Nachtruhe des ersten Urlaubstages erheblich beeinträchtigt ist (Flug verschoben? Das sind Ihre Rechte!).
Wichtig: Wird der Flug eines Pauschalurlaubers annulliert oder verschoben, ist rechtlich der Reiseveranstalter der richtige Ansprechpartner für Beschwerden und Forderungen nach Ersatzbeförderung, nicht die den ausgefallenen Flug durchführende Airline.
Entschädigung beantragen – so gehts

Sitzengeblieben. Auch vom Ort der Airline hängt es ab, wie Fluggäste Entschädigung beantragen. © Getty Images / Hugh Whitaker
Die Stiftung Warentest empfiehlt Passagieren, die Forderung bei der Airline zunächst selbst einzufordern. Viele Fluggäste kommen so zu ihrer Entschädigung oder Erstattung.
Entschädigung über Airline-Website beantragen
Bequem ist es, wenn Passagiere ihren Anspruch auf Entschädigung online stellen können. Das ist vor allem dann praktisch, wenn die Airline ihren Sitz im Ausland hat. Ein Online-Antrag geht schnell. Und ein teurer Einschreibebrief ins Ausland entfällt. Im Folgenden nennen wir einige Fluggesellschaften, bei denen Ansprüche nach der europäischen Fluggastrechteverordnung online gestellt werden können.
Direkt zu den Antragsseiten der Airlines
- Lufthansa: Online-Antrag (Kategorie „Flugunregelmäßigkeiten“)
- Eurowings: Online-Antrag
- Easyjet: Online-Antrag
- Tuifly: Online-Antrag
- Condor: Online-Antrag
- Ryanair: Online-Antrag (auf Englisch) oder per E-Mail (auf Deutsch) an impressum.de@ryanair.com
- Air France: Online-Antrag
- KLM: Online-Antrag (auf Englisch)
- Wizz Air: Online-Antrag
Alternative 1: Ansprüche stellen über „Flugärger“-App
Wer sich die Suche nach der E-Mail-Adresse der Airline ersparen will, kann auch die Flugärger-App der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen nutzen, um seine Ansprüche nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung bequem und kostenlos zu berechnen und bei der Airline geltend zu machen.
Über die „Flugärger“-Website der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen können Verbraucher den Dienst auch am PC nutzen.
Alternative 2: Musterschreiben per Einwurfeinschreiben
Wer die Flugärger-App nicht nutzen möchte, kann das Musterschreiben der Stiftung Warentest verwenden. Dieses sollte aus Beweisgründen als Einwurfeinschreiben an die Airline gehen. Natürlich lässt sich der Text auch per E-Mail oder Fax schicken.
Hinweis: Ergänzen Sie den nachstehenden Text um Ihre persönlichen Daten. Im Text nennen wir die drei typischen Flugärger-Fälle (Ankunftsverspätung um mehr als drei Stunden, Flugausfall und Nichtbeförderung wegen Überbuchung). Wählen Sie die auf Sie zutreffende Variante und streichen Sie den nicht zutreffenden Text.
Musterbrief Entschädigung Fluggast
Name und Anschrift des Fluggastes
Datum
Einwurfeinschreiben
Fluggesellschaft
Straße
PLZ Ort
Entschädigung nach der europäischen Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004
Flugnummer
Abflughafen
Zielflughafen
Flugdatum
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit mache ich eine Ausgleichszahlung für die Passagiere
[Name, Adresse]
[Name, Adresse]
...
geltend.
[Verspätung] Der oben genannte Flug erreichte den Zielflughafen mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Rechtssache Sturgeon, Az. C-402/07 und C-432/07) steht mir/uns deswegen eine Ausgleichszahlung zu.
[Flugausfall] Der oben genannte Flug wurde annulliert. Nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c) der europäischen Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 steht mir/uns deswegen eine Ausgleichszahlung zu.
[Nichtbeförderung wegen Überbuchung] Bei dem oben genannten Flug wurde mir die Beförderung gegen meinen Willen verweigert, obwohl ich rechtzeitig zur Boardingzeit am Abflugterminal war. Nach Artikel 4 Absatz 3 der europäischen Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 steht mir/uns deswegen eine Ausgleichszahlung zu.
Die Flugstrecke betrug [bitte eine der drei folgenden Entfernungskategorien wählen]
[1] bis zu 1500 Kilometer
[2] bis zu 3500 Kilometer
[3] über 3500 Kilometer
Der Anspruch auf Ausgleichszahlung beträgt daher [bitte der entsprechenden Nummer zuordnen]
[1] 250 Euro pro Person
[2] 400 Euro pro Person
[3] 600 Euro pro Person
Bitte überweisen Sie mir die Summe von [Betrag einfügen] Euro innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieses Schreibens auf mein Konto [IBAN einfügen] bei der [Bankname einfügen]. Ich behalte mir vor, nach Ablauf der Frist ohne eine weitere Mahnung rechtliche Schritte einzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Ort, Datum, Unterschrift
Entschädigung durchsetzen, wenn Airline nicht reagiert
Nicht immer reagieren Fluggesellschaften auf die Forderung ihrer Kunden oder sie verweigern eine Zahlung. Dann brauchen Passagiere Hilfe, etwa vom Anwalt, einer Schlichtungsstelle oder von Fluggastportalen (Inkassodienst oder Sofort-Entschädiger). Welche Hilfe sie in Anspruch nehmen, hängt von ihren Vorlieben ab. Es gibt vier verschiedene Wege zum Geld. Im Folgenden beleuchten wir deren Vor- und Nachteile.
1. Der Weg über die Schlichtungsstelle
Vorteile: Die Berliner Schlichtungsstelle Reise & Verkehr, früher Söp, vermittelt bei Streit zwischen Passagier und Fluggesellschaft. Kunden haben hier die Chance auf volle Entschädigung ohne Kosten. Die Schlichtung ist für Verbraucher stets kostenfrei, auch bei erfolglosem Verfahren. An das Ergebnis ist nur gebunden, wer sich auf den Vorschlag des Schlichters einlässt. Sieht die Empfehlung weniger als 100 Prozent der Entschädigung vor, kann der Kunde ablehnen und zum Beispiel noch zum Anwalt gehen. Fluggäste können dort auch Ansprüche wegen Gepäckschäden nach dem Montrealer Abkommen geltend machen und die Erstattung von Hotelkosten fordern, die wegen einer Annullierung entstanden sind (Gepäck verspätet, verloren, beschädigt – Ihre Rechte). Die Schlichtungsstelle ist die Adresse für Kunden aller deutschen und vieler ausländischer Airlines wie Ryanair und Easyjet. Für alle übrigen ist das Bundesamt für Justiz zuständig.
Nachteile: Wer sich an die Stelle wenden will, muss vorher selbst das Unternehmen zur Zahlung aufgefordert haben. Das ist mit der Flugärger-App oder unserem Musterbrief zwar nicht schwer. Dennoch scheuen einige die Mühe. Für diese Gruppe ist ein Fluggastrechte-Portal oder ein Sofort-Entschädiger die richtige Adresse (siehe unten). Wer sich an die Schlichtungsstelle wendet, muss im Einzelfall auch etwas Geduld mitbringen. Angestrebt ist zwar eine maximal dreimonatige Verfahrensdauer. Gerade nach der Urlaubs- und Reisezeit dauert es aber auch mal länger. In seltenen Fällen zahlt eine Airline sogar dann nicht, wenn die Schlichtungsempfehlung zugunsten des Kunden ausgegangen ist. Weil der Schlichterspruch nicht wie ein Urteil per Gerichtsvollzieher vollstreckt werden kann, hat der Passagier dann ein Problem: Er muss einen Anwalt oder ein Fluggastportal beauftragen. Oder er beantragt bei Gericht einen Mahnbescheid, um seine Forderung durchzusetzen (Geldforderungen ganz leicht mit Mahnbescheid einfordern).
2. Der Weg über einen Rechtsanwalt
Vorteile: Mithilfe eines Reiserechtsexperten kann die Zahlung sehr schnell kommen. Manche Airlines wissen, dass Juristen nach dem Ablauf einer Frist sofort klagen und zahlen dann, um nicht auch noch Prozesskosten zahlen zu müssen. Fluggäste finden Profis etwa über die Anwaltsdatenbank der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht.
Nachteile: Wer einen Anwalt einschaltet, trägt immer ein Kostenrisiko. Auch zunächst ganz sicher scheinende Rechtsfälle können verloren gehen. Wegen dieses Risikos und weil es bei der Fluggastentschädigung nur um relativ geringe Beträge geht, kommt für viele dieser Weg nur infrage, wenn sie eine Rechtsschutzversicherung haben. Streit mit einer Airline ist stets versichert, es sei denn es handelt sich um eine Spezialpolice, die etwa ausschließlich Mietrecht-Fälle versichert. Der rechtsschutzversicherte Mandant muss bei einer Niederlage nur den mit dem Versicherer vereinbarten Selbstbehalt zahlen, das sind meist 150 Euro.
3. Der Weg über ein Inkasso-Portal
Vorteile: Fluggastportale wie EUclaim, Fairplane oder Flightright sind für Passagiere bequem. Denn sie streiten für den Kunden mit Airlines um die Entschädigung. Kunden müssen auf der Website des Portals meist nur ihre Flugdaten eingeben. Ein Rechner auf der jeweiligen Internetseite führt dann eine grobe Anspruchsprüfung durch. Beauftragt der Passagier anschließend das Portal, versucht der Anbieter, zunächst außergerichtlich eine Zahlung zu erreichen. Klappt das nicht, reichen die Partneranwälte der Dienste Klage ein.
Nachteile: Weil die Dienste die Entschädigung teilweise erst einklagen müssen, dauert es zum Teil mehr als ein Jahr, bis der Kunde das Geld auf seinem Konto hat – gekürzt um die Erfolgsprovision für das Portal. Außerdem sind die Dienste teuer. Die Erfolgsprovision liegt je nach Anbieter bei zwischen 23 und 52 Prozent der von der Fluggesellschaft gezahlten Entschädigung (siehe Marktübersicht unten).
Vorsicht: Einige Inkassoportale nennen auf ihren Internetseiten nur Nettopreise. Der Kunde muss dann lästigerweise die 19 Prozent Mehrwertsteuer selbst addieren, um die Erfolgsprovisionen vergleichen zu können. In unserer Marktübersicht unten geben wir stets die Preise der Anbieter inklusive Mehrwertsteuer an.
4. Der Weg über einen Sofort-Entschädiger
Vorteile: Wer sein Geld sofort und bequem bekommen will, fährt mit einem Sofort-Entschädiger wie Compensation2go oder EUflight am besten. Der Kunde gibt auf der Internetseite eines Portals seine Flugdaten ein. Der Dienst prüft, ob es sich lohnt, dem Passagier seinen Anspruch abzukaufen. Entschließt sich der Anbieter zum Kauf der Fluggastentschädigung, bekommt der Fluggast den Kaufpreis (Wert des Entschädigungsanspruchs minus Abschlag je nach Anbieter) in der Regel innerhalb wenige Tage ausbezahlt und kann die Sache abhaken. Geht die Fluggesellschaft später pleite, kann er das Geld dennoch behalten. Das Insolvenzrisiko trägt der Käufer der Forderung, also der Sofort-Entschädiger.
Nachteile: Sofort-Entschädiger prüfen streng, ob sie einen Flug überhaupt kaufen. Außerdem zahlen sie nur einen Teil der Entschädigung aus, die dem Kunden von der Airline zusteht. Je nach Anbieter betragen die Abzüge zwischen 25 und 50 Prozent (siehe Marktübersicht unten).
Das kostet die Hilfe von EUclaim, Flightright & Co.
Passagiere, die keine Arbeit haben wollen und bereit sind, zwischen 20 und 50 Prozent ihrer Entschädigung abzugeben, können einen Fluggastportal wie EUclaim, Flightright oder Fairplane einschalten. Notfalls klagt der Dienst sogar vor Gericht. Portale kürzen die Entschädigung bei Erfolg um ihre Provision. Sofort-Entschädiger wie EUflight zahlen gleich Geld aus, gekürzt um ihre Provision.
Tabelle: Fluggastrechte-Portale (Inkasso)
So viel kostet die Hilfe der Entschädigungsdienste |
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Passagiere, die keine Arbeit haben wollen und bereit sind, zwischen 20 und 50 Prozent ihrer Entschädigung abzugeben, können einen Fluggast-Entschädigungsdienst einschalten. Notfalls klagt der Dienst sogar vor Gericht. Fluggastrechte-Portale kürzen die Entschädigung bei Erfolg um ihre Provision. Sofortentschädiger zahlen gleich Geld aus, gekürzt um ihre Provision. |
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Fluggastrechte-Portal (Gründungsjahr) |
Abzug von Entschädigung (Erfolgsprovision) |
Anmerkungen |
Airhelp.com (2013) |
35 bis 50 Prozent |
50 Prozent Provision, wenn gerichtliche Schritte nötig sind |
Aviclaim.de (2016) |
35 Prozent |
– |
Captain-frank.com (2017) |
30 Prozent |
– |
Claimflights.de (2014) |
26,78 Prozent |
– |
Complane.de (2017) |
28,56 Prozent |
– |
EUclaim.de (2007) |
31 Prozent plus 33 Euro pro Fluggast |
Kunden haben über EUclaim-Account Einblick in die gesamte Korrespondenz des Portals und der Anwälte mit der Airline (etwa Mahnschreiben, Urteile). |
Fairplane.de (2011) |
24 bis 35 Prozent |
Fairplane hat in der Vergangenheit eine hohe Anzahl höchstrichterlicher Gerichtsentscheidungen erwirkt und zählt damit zu den erfahrenen Anbietern. |
Flightright.de (2010) |
23,8 bis 52,36 Prozent |
Anwaltszuschlag: Die Provisionsspanne bei Flightright beträgt grundsätzlich 23,8 bis 35,7 Prozent. Hat Flightright zur Durchsetzung des Entschädigungsanspruchs einen externen Anwalt beauftragt, wird zusätzlich ein „Anwaltszuschlag“ in Höhe von 16,66 Prozent fällig. Flightright hat in der Vergangenheit eine hohe Anzahl höchstrichterlicher Gerichtsentscheidungen erwirkt und zählt damit zu den erfahrenen Anbietern. |
Flug-erstattung.de (2016) |
33,32 Prozent |
– |
Flugrueckerstattung.de (2012) |
30 Prozent |
– |
Flug-verspaetet.de (2011) |
35 bis 50 Prozent |
50 Prozent Provision, wenn gerichtliche Schritte nötig sind |
Flugrecht.de (2014) |
23,8 bis 52,36 Prozent |
Die Provisionsspanne bei Flugrecht beträgt grundsätzlich 23,8 bis 35,7 Prozent. Hat Flugrecht zur Durchsetzung des Entschädigungsanspruchs einen externen Anwalt beauftragt, wird zusätzlich ein „Anwaltszuschlag“ in Höhe von 16,66 Prozent fällig. Flugrecht setzt Forderungen gegenüber den Airlines gemeinsam mit Flightright durch. Daher profitieren Flugrecht-Kunden von der Erfahrung Flightrights. |
25 Prozent |
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Myflyright.com (2016) |
29,75 bis 41,65 Prozent |
Die Provision bei Myflyright beträgt grundsätzlich 29,75 Prozent. Hat Myflyright zur Durchsetzung des Entschädigungsanspruchs einen externen Anwalt beauftragt, wird zusätzlich ein „Anwaltszuschlag“ in Höhe von 11,9 Prozent fällig. |
Passengersfriend.de (2015) |
36 Prozent |
– |
Wirkaufendeinenflug.de (2015) („Inkasso“) |
41,65 Prozent |
– |
Stand: 14. April 2025 |
Legende
Tabelle: Sofortentschädiger
Sofortentschädiger (Gründungsjahr) |
Abzug von Entschädigung |
Anmerkungen |
Compensation2go.com (2016) |
34,5 Prozent |
– |
Ersatz-pilot.de (2017) |
25 bis 29 Prozent |
– |
EUflight.de (2016) |
33,32 Prozent |
– |
Flug-erstattung.de (2016) |
Wird individuell festgelegt |
Bis zu 400 Euro Auszahlung möglich (bei einem Entschädigungsanspruch in Höhe von 600 Euro ergibt das eine Provision von mindestens 33,3 Prozent). |
Fairplane.de (2011) (Fairplane Express) |
50 Prozent |
Fairplane hat in der Vergangenheit eine hohe Anzahl höchstrichterlicher Gerichtsentscheidungen erwirkt und zählt damit zu den erfahrenen Anbietern. |
Myflyright.com (2016) |
41,65 Prozent |
– |
Passengersfriend.de (2015) |
49 Prozent |
– |
Wirkaufendeinenflug.de (2015) („Cash“) |
41,65 Prozent |
– |
Stand: 14. April 2025 |
Legende
Gerichtsurteile: Wann müssen Airlines zahlen?
Wenn sie keine Entschädigung zahlen wollen, berufen sich Fluggesellschaften oft auf „außergewöhnliche Umstände“. Als außergewöhnlich im juristischen Sinn gelten Umstände, die nicht unmittelbar zum Luftverkehr gehören, aber seine ordnungs- und planmäßige Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Darunter fallen etwa politische Instabilität, Wetterbedingungen und Streiks. Hier erklären wir anhand von Beispielen und aktuellen Urteilen, wann sonst noch „außergewöhnliche Umstände“ eine Airline entschuldigen – und wann nicht.
1. Technische Probleme: Kommt drauf an
Technische Probleme, die sich bei der Wartung von Flugzeugen zeigen oder infolge einer unterbliebenen Wartung auftreten, stellen nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs keine außergewöhnlichen Umstände dar (Az. C 549/07). Schäden an Flugzeugen, die auf Sabotageakte oder terroristische Handlungen zurückgehen, zählen jedoch als höhere Gewalt.
Geht aber eine Kraftstoffpumpe vor der durchschnittlichen Lebensdauer kaputt und der Flug verspätet sich um 29 Stunden, kann sich die Fluggesellschaft nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen – sie muss auch für unerwartete Defekte Vorsorge treffen (Europäischer Gerichtshof, Az. C-257/14).
2. Streik: Kommt auch drauf an
Pilotenstreik. Innerbetriebliche Streiks wie ein Pilotenstreik stellen in der Regel keinen außergewöhnlichen Umstand dar (EuGH, Az. C-28/20). Mit anderen Worten: Bei streikbedingten Flugausfällen oder Ankunftsverspätungen von mindestens drei Stunden haben Betroffene Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250 bis 600 Euro. Durch dieses Urteil hat sich die Rechtslage für Passagiere erheblich verbessert. Im Jahr 2012 hatte der Bundesgerichtshof noch einen Pilotenstreik bei der Lufthansa als außergewöhnlichen Umstand angesehen (Az. X ZR 138/11; X ZR 146/11).
Streik bei der Security. Dass ein Streik jedoch keine Generalausrede für eine Airline ist, zeigt ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 4. September 2018. Hier entschied das Gericht, dass von einer streikbedingten Flugannullierung betroffene Passagiere durchaus einen Entschädigungsanspruch haben können.
Konkret ging es um einen Fall im Jahr 2015, wo die für Passagierkontrollen zuständigen Beschäftigten am Hamburger Flughafen in den Streik getreten waren. Ein Ehepaar wollte mit Easyjet von Hamburg nach Lanzarote fliegen. Trotz der Streiks an der Sicherheitskontrolle schaffte es das Paar rechtzeitig zum Abflug-Gate. Doch die Fluggesellschaft strich den Flug – mit dem Hinweis auf Sicherheitsbedenken – und ließ das Flugzeug ohne Passagiere nach Lanzarote fliegen.
Andere Airlines führten ihren Flugbetrieb trotz des Streiks normal weiter. Beide Fluggäste forderten als Entschädigung 400 Euro pro Person, die Easyjet aber nicht zahlte. Die Sache landete vor Gericht. Dort verteidigte die Airline sich insbesondere damit, dass wegen des Streiks die Gefahr bestanden habe, dass die Passagiere nicht mehr ordentlich kontrolliert würden.
Dem BGH reichte das als Begründung jedoch nicht aus. Die abstrakte Gefahr, dass wegen des Streiks vielleicht nicht mehr gründlich kontrolliert werde, rechtfertige die Annullierung nicht (Az. X ZR 111/17, Pressemitteilung des Gerichts).
Warnstreik des externen Abfertigungspersonals. Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage von Passagieren auf eine Ausgleichszahlung wegen einer streikbedingten Flugannullierung im Dezember 2017 abgewiesen. Gestreikt hatte nicht das Personal der Airline, sondern ein Subunternehmen, das sie zum „Check-in“ der Passagiere eingesetzt hatte.
Der gewerkschaftlich organisierte Warnstreik eines solchen externen Abfertigungsdienstleisters stellt nach Ansicht des Gerichts einen außergewöhnlichen Umstand dar, der die Airline von der Pflicht zur Entschädigung befreit (Az. 2–24 S 280/18).
Plötzliche Erkrankungswelle („wilder Streik“). Kündigt eine Fluggesellschaft (im konkreten Fall: Tuifly) ihren Piloten und Flugbegleitern überraschend Umstrukturierungen an und reagiert die Belegschaft darauf mit unüblich vielen Krankmeldungen, durch die es zu Flugausfällen und Ankunftsverspätungen kommt, kann sich die Airline nicht auf „außergewöhnliche Umstände“ berufen – darf also die Entschädigungszahlungen nicht verweigern.
Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kommen nur solche Ereignisse als außergewöhnliche Umstände in Frage, die von der Fluggesellschaft tatsächlich nicht beherrschbar sind. Der wilde Streik sei aber ein Folge der Unternehmenspolitik gewesen und damit beherrschbar gewesen. Das zeige die Tatsache, dass der hohe Krankenstand endete, nachdem sich Airline und Betriebsrat geeinigt hatten (Az. C-195/17 und andere).
3. Außergewöhnlicher Umstand – keine Entschädigung
Zwischenlandung wegen Randalierer. Kommen Passagiere mit großer Verspätung an ihrem Zielflughafen an, weil ein Passagier randaliert hat und die Maschine zwischenlanden musste, um den Störer von Bord zu bringen, kann darin ein außergewöhnlicher Umstand liegen, der die Airline zur Ablehnung von Entschädigungsforderungen berechtigt (Europäischer Gerichtshof, Az. C-74/19).
Fremdkörper auf Rollbahn. Beschädigt ein Fremdkörper auf der Fahrbahn einen Flugzeugreifen und kommt es wegen der Reparaturarbeiten oder des Austausches des Reifens dann zu einer Ankunftsverspätung um drei Stunden oder mehr, kann die Airline die Zahlung eines Ausgleichsleistung möglicherweise verweigern (Europäischer Gerichtshof, Az. C-501/17). Wichtig: Muss ein Reifen aus normalen Verschleißgründen ausgetauscht werden und führt dieser Reifenaustausch zu einer großen Ankunftsverspätung, liegt kein „außergewöhnlicher Umstand“ vor. Verschleißprobleme sind durch regelmäßige Wartung lösbar. Die Wartung der Flugzeuge fällt in den Zuständigkeitsbereich der Airlines.
Systemausfall am Flughafenterminal. Die Technik am Flughafen ist Sache des Flughafenbetreibers, sie gehört nicht zum Aufgabenbereich einer Fluggesellschaft. Verursacht ein mehrstündiger kompletter Systemausfall am Abfertigungsterminal des Startflughafens eine Verspätung am Zielflughafen, liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor (Bundesgerichtshof, Az. X ZR 15/18 und X ZR 85/18).
Aschewolke. Die Aschewolke aus dem isländischen Vulkan Eyjafjallajökull, die im Jahr 2010 in Europa den Flugverkehr lahmlegte, ist ein klassischer außergewöhnlicher Umstand. Entschädigungen mussten die Airlines daher nicht zahlen. Weil Passagiere wegen der Flugausfälle aber tagelang in Hotels festsaßen, hatten die Fluggesellschaften die Hotel- und Verpflegungskosten ihrer Kunden zu bezahlen. Ein außergewöhnlicher Umstand entbindet Airlines nämlich nicht von der Pflicht, ihre Fluggäste zu betreuen (Europäische Gerichtshof,Az. C-12/11).
Vogelschlag. Verspätet sich ein Flug wegen eines Vogelschlags (Kollisionen mit Vögeln, die gegen die Maschinen prallen oder in Triebwerke geraten) um mehr als drei Stunden oder fällt er ganz aus, liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor (EuGH, Az. C-315/15).
Treibstoff auf der Startbahn. Ist Grund für die Verspätung eines Fluges ausgelaufener Treibstoff auf der Startbahn, schulden Fluggesellschaften dem EuGH zufolge Passagieren keine Entschädigung. Muss die Rollbahn geschlossen werden, stelle dies einen „außergewöhnlichen Umstand“ dar, wenn der ausgelaufene Treibstoff nicht vom Flugzeug der Airline stamme. Darüber hinaus hätte die Fluggesellschaft die Verspätung auch nicht durch „zumutbare Maßnahmen“ vermeiden können. Die Instandhaltung des Rollfelds falle nicht in ihre Zuständigkeit. Die Entscheidung der Flughafenbehörden, ein Rollfeld zu schließen, sei für die Airline zudem verbindlich (Az. C-159/18).
4. Kein außergewöhnlicher Umstand – Entschädigung fällig
Schlechte Wetterprognose. Eine Airline darf nicht bloß auf Basis einer schlechten Wetterprognose einen Flug kurzfristig absagen und dann Entschädigungsansprüche der Passagiere mit dem Hinweis auf „außergewöhnliche Umstände“ ablehnen, wenn es zum Zeitpunkt der Annullierung (in diesem Fall: ein Tag vor Abflug) noch keine wetterbedingten Anordnungen der Flugsicherung gab. Der bloße Verdacht der Airline, dass es am Abflugtag Einschränkungen am Flughafen durch ein Unwetter geben könnte, stellt noch keinen außergewöhnlichen Umstand dar (Landgericht Berlin, Az. 67 S 49/19).
Gepäckwagen beschädigt Flugzeug. Knallt vor dem Start ein ungesicherter Gepäckwagen gegen ein Flugzeug, ist das kein außergewöhnlicher Umstand. Muss eine Ersatzmaschine kommen und verspätet sich der Flug, haben Passagiere Anspruch auf Entschädigung (Bundesgerichtshof, Az. X ZR 75/15).
Erkrankung eines Crewmitglieds. Ein Condor-Flug aus den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Frankfurt am Main hatte 14 Stunden Verspätung. Dafür hätten die Passagiere von der Fluggesellschaft jeweils 600 Euro als Ausgleich erhalten müssen. Condor berief sich auf außergewöhnliche Umstände und erklärte, dass ein Crewmitglied plötzlich erkrankt sei und die Maschine deshalb nicht starten konnte. Eine Krankheit sei aber kein außergewöhnlicher Umstand, befand das Landgericht Darmstadt (Az. 7 S 122/10).
Enteisung (1). Wird ein Flug annulliert, weil nicht genug Enteisungsmittel da ist, haben Fluggäste einen Entschädigungsanspruch. Dass im Winter Enteisungsmittel benötigt wird, ist vorhersehbar und kein außergewöhnlicher Umstand (Oberlandesgericht Brandenburg, Az. 2 U 3/13).
Enteisung (2). Verzögert sich in den Wintermonaten der Start einer Maschine und muss das Flugzeug vor Flugbeginn deshalb erneut enteist werden, liegt kein außergewöhnlicher Umstand vor (Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 32 C 1014/16). Kommt der Passagier wegen der notwendigen neuen Enteisung schließlich mehr als drei Stunden zu spät am Zielflughafen an, muss die Fluggesellschaft eine Entschädigung (Ausgleichsleistung) zahlen.
Treppenfahrzeug kollidiert mit Flugzeug. Eine Fluggesellschaft kann sich nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen, wenn einer ihrer Flüge verspätet startet, weil zuvor ein Treppenfahrzeug mit dem Flugzeug in Parkposition zusammenstieß (EuGH, Az. C-394/14).
Fehlender Passagier. Kommt es zu mehr als drei Stunden Flugverspätung, weil das Gepäck eines Passagiers wieder ausgeladen wird, der nicht zum Boarding erschienen war, steht anderen Fluggästen eine Ausgleichszahlung zu (Amtsgericht Frankfurt/Main, Az. 29 C 1685/15 [21]).
Flugzeugtoilette verstopft. Die Verstopfung einer Flugzeugtoilette ist kein außergewöhnlicher Umstand. Verzögert sich der Abflug einer Maschine, weil die Verstopfung erst beseitigt werden muss, und verpasst der Fluggast durch den verspäteten Abflug seine Anschlussmaschine, so dass er schließlich mehr als vier Stunden zu spät an seinem Endziel ankommt, hat er einen Anspruch auf eine Entschädigung (Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 29 C 2454/15 [21]).
Müll auf Rollfeld. Eine Verspätung wegen Mülls auf dem Rollfeld ist kein außergewöhnlicher, unvermeidbarer Umstand, der die Airline von der Zahlung der Entschädigung befreit (Amtsgericht Hannover, Az. 556 C 511/16).
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Flugänderung Flug verschoben? Das sind Ihre Rechte!
- Manchmal ändern Veranstalter nach Buchung einer Reise die Flugzeiten oder Flughäfen. Stiftung Warentest sagt, welche Rechte Reisende dann haben.
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Streit über Reise-Entschädigungen Rekord bei Schlichtungsfällen
- Bei der Schlichtungsstelle Reise und Verkehr sind 2024 so viele Anträge eingegangen wie nie zuvor. Bei einem Verkehrsmittel gab es besonders oft Ärger um Entschädigungen.
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Fahrgastrechte Bahn Was Zugreisenden bei Verspätung zusteht
- Bahnfahrende haben Anspruch auf eine Entschädigung, wenn sie am Ziel mindestens 60 Minuten zu spät ankommen – auch bei Streik. Der ist erstmal vorbei.
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@Anke: Über Ihre Rechte sollte die Airline Sie informiert haben. Dazu ist sie verpflichtet. Bietet die Airline keine anderweitige Beförderung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt an, hat die Airline die Mehrkosten, die der Kundin entstehen, zu übernehmen, soweit die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der EU-Fluggastrechteverordnung erfüllt sind.
Ein Flug ist als annulliert zu betrachten, wenn eine Airline die Abflugzeit für mehr als eine Stunde vorverlegt. Eine Annullierung liegt ebenfalls vor, wenn die Airline die Planung des ursprünglichen Flugs in dem bereits ein Platz reserviert war, aufgibt und den Fluggast einen Platz in einem anderen Flugzeug, das aber unabhängig vom ursprünglich gebuchten Flug, den Ort anfliegt.
Bei der Annullierung muss die Airline dem Kunden eine der folgenden Möglichkeiten zur Verfügung stellen:
• Erstattung der Flugscheinkosten und, im Fall von Umsteigeverbindungen, ein Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
• anderweitige Beförderung zum Endziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
• anderweitige Beförderung zum Endziel zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Kommt das Luftfahrtunternehmen seiner Verpflichtung, eine anderweitige Beförderung oder einen Rückflug unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt anzubieten, nicht nach, so hat es die dem Fluggast entstandenen Kosten für einen Alternativflug zum Endziel des Fluggastes oder einen Rückflug zu erstatten. Die Beweislast dafür, dass die anderweitige Beförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgt ist, liegt beim ausführenden Luftfahrtunternehmen. (Leitlinien für die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, Punkt 4.2.)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=OJ:C_202405687
Der Artikel ist recht informativ. Zwei Fragen bleiben allerdings für mich.
1. Welche Rechte habe ich, wenn mich die Airline auf einen anderen (zeitlich ungünstigen) Flug umbucht (weit über 14 Tage vor Abflug), obwohl der gebuchte Flug stattfindet. Aktuell wurde ich von ITA vom Flug 12.25 Uhr von Palermo auf 6 Uhr morgens umgebucht.
Diesen Fall hatte ich bereits mehrfach mit KLM, Lufthansa, Turkish Airline
2. Sie schreiben, bei Flugannullierung (14 Tage oder länger) habe man Anspruch auf Erstattung oder Ersatzflug zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Muss die Airline den Ersatzflug nur mit Ihren eigenen Verbindungen leisten oder habe ich auch Anspruch auf einen Ersatzflug mit einer anderen Airline?
Vielleicht kann mir jemand zu diesen beiden Fragen Auskunft geben.
Anke
Mein Fall wird in Ihrem Artikel nicht erwähnt: Ich habe bei British Airways Busines-Flüge von München nach London und dann weiter nach Edinburgh gebucht, einschließlich der Rückflüge. Wegen eigenem Verschulden konnten wir den gebuchten Hinflug nicht antreten und mussten einen neuen Hinflug buchen. Als wir gestern zurückfliegen wollten, mussten wir feststellen, das British Airways unsere bezahlten Business-Rückflüge storniert hatte. Ist dieses Vorgehen von Britsh Airways zulässig? Wir haben dann natürlich auch neue Rückflüge buchen müssen.
Im November letzten Jahres fiel die Zugverbindung von Stuttgart nach Frankfurt (gebucht über Lufthansa als Zubringer) wegen Streicks aus. Obwohl die Übernahme möglicher Aufwände in einer E-Mail angeboten wurde, verweigerte Lufthansa die Kostenübernahme (Fahrtkosten und Parkkosten) mit dem Argument, dass es kein Flug wäre. Nach Einschlten der Schlichtungsstelle wurden wenigstens die km-Kosten angeboten. Da ich wegen 120 € Parkkosten keinen weiteren Aufwand betreiben wollte, habe ich den Vergleich angenommen.
Fazit: wenn ein zeitlich passender Zubringerflug möglich ist, nicht die Bahn nehmen.
Ich habe meine Forderungen erst mit einem Rechtsanwalt durchsetzen können.
Lufthansa hat die Rückzahlung meines Upgrades (Upgrade auf Gebot), der dann doch nicht erfolgte, verweigert. Nach Anzeige beim Luftfahrtbundesamt bekam ich (einen Tag später!) einen Teilbetrag zurück. Die Restzahlung konnte ich mit Verzugszinsen und Rechtsanwaltkosten erfolgreich einfordern.