Streik, Verspätung, Flug­ausfall Diese Entschädigungen stehen Flug­gästen zu

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Streik, Verspätung, Flug­ausfall - Diese Entschädigungen stehen Flug­gästen zu

Alles cancelled? Die EU-Flug­gast­rechte­ver­ordnung regelt die Passagierrechte bei Flug­ausfall, Verspätung und Über­buchung. © Getty Images / Image Source

Betroffene eines Flug­ausfalls können einen zeit­nahen Ersatz­flug oder Erstattung des Ticket­preises fordern. In bestimmten Fällen haben sie Anspruch auf Entschädigung.

Flugpassagiere haben in Europa umfassende Rechte, wenn ihre Flug­verbindung nicht klappt oder sich verspätet. Haben sie ihren Ziel­flughafen erst mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr erreicht, wurde ihr Flug annulliert oder wurden Passagiere wegen Über­buchung nicht mitgenommen, können ihnen je nach Strecke zwischen 250 und 600 Euro Entschädigung zustehen. Voraus­setzung: Der Start­flughafen oder der Haupt­sitz der Air­line müssen in der EU liegen. Manche Fluggesell­schaften führen Annullierungen oder Verspätungen einfach auf „außergewöhnliche Umstände“ zurück und zahlen nicht. Damit kommen die Airlines aber nicht immer durch. Auch bei Streiks wirkt diese gern verwendete General­ausrede, um Entschädigungs­ansprüche abzu­wehren, keinesfalls immer (Bis zu 600 Euro bei Streik?).

Das Wichtigste in Kürze

Flug­gast­rechte im Über­blick

Ersatz. Wenn Ihr Flug gestrichen wurde oder sich enorm verspätet, wenden Sie sich an die Fluggesell­schaft. Sie muss sich um eine zumut­bare Ersatz­beför­derung kümmern. Haben Sie eine Idee, wie Sie alternativ ans Ziel kommen, schlagen Sie diese vor. Möglich ist etwa auch eine Zugfahrt. Sollten Sie keine Ersatz­beför­derung wollen, fordern Sie den Ticket­preis zurück.

Verpflegung und Hotel. Solange Sie auf eine Ersatz­beför­derung warten, ist die Air­line dazu verpflichtet, sich etwa um Verpflegung und gegebenenfalls auch um ein Hotel­ sowie die Fahrt dorthin zu kümmern. Fordern Sie dies ein.

Frist. Sie haben ab Ende des Jahres, in dem der Flug lag, drei Jahre Zeit, um Ihren Anspruch geltend zu machen. Bis Ende 2023 können Sie also noch Entschädigung und Erstattung für Flüge aus dem Jahr 2020 verlangen.

Ansprüche bei Air­line stellen. Wenden Sie sich erst an die Air­line. Dabei helfen unsere Musterbriefe. Oft können Sie die Entschädigung aber auch über ein Online-Formular auf der Internetseite der Fluggesell­schaft beantragen (Links zu den Online-Anträgen der Air­lines finden Sie im Unter­artikel So fordern Sie Entschädigung). Alternativ können Sie auch die Smartphone-App „Flug­ärger“ der Verbraucherzentrale Nord­rhein-West­falen nutzen. Sie hilft, Ihre Ansprüche gegen die Air­line zu ermitteln und diese am Ende über eine von der App erzeugte E-Mail bei der Fluggesell­schaft geltend zu machen (die App gibts im App Store und bei Google Play).

Streik. Wurde Ihr Flug streikbe­dingt gestrichen, haben Sie Anspruch auf einen zeit­nahen Ersatz­flug oder Erstattung des Ticket­preises. Ob Sie zudem auch eine pauschale Entschädigung (250 bis 600 Euro pro Passagier) verlangen können, hängt insbesondere davon ab, ob der Streik aus Sicht der Air­line ein entschuldigender Umstand ist („außergewöhnlicher Umstand“). Faust­regel: Hat die Air­line den Flug annulliert, weil ihr eigenes Personal streikt (etwa Flug­begleiter oder Piloten), dann steht Ihnen eine Ausgleichs­zahlung zu. Streicht die Fluggesell­schaft Ihren Flug, weil der Streik von externem Personal den Abflug verhindert (etwa Boden­personal des Flughafens), steht Ihnen in der Regel kein Geld zu.

Schlichtung. Blockt die Air­line Ihre Forderungen ab, können Sie sich an einen Schlichter wenden. Ist die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) nicht zuständig, leitet sie Ihre Beschwerde an die Schlichter beim Bundesjustizamt weiter. Verläuft die Schlichtung erfolg­los, kann Ihnen ein Anwalt oder ein Inkasso­dienst helfen.

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266 Kommentare Diskutieren Sie mit

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film-mix am 12.08.2023 um 07:59 Uhr
Überarbeitete SÖP

Der hatte wohl schon mal Ärger mit Flugverspätungen, so wie ich auch im März mit der Fluglinie TAP (gute 4h Verspätung). Bisher habe ich das entweder mit der Airline direkt, mit Anwalt oder Online-Portal wie flightright geklärt. Dieses Mal versuchte ich es nach erfolgloser Kontaktaufnahme bei der TAP (die nur mit einem Standardschreiben, dass die Verspätung ja unter 3h gewesen sei, geantwortet hatte) mit der SÖP. Nach Antragstellung und Eingangsbestätigung mit dem Hinweis, man möge sich "bis zu 3 Monate" gedulden und von Nachfragen absehen, warte ich nun seit 4 Monaten. Nach 3 Monaten kam eine Mail, das man sich mit "ungewöhnlich hohem Aufkommen" befassen müsse und es deswegen länger dauere. Andere Mitreisende haben mittlerweile ihr Geld via Anwalt bzw. flightright erhalten, ich warte immer noch... Und es ist immer noch ungewiss, ob ich letztlich nicht doch klagen muss, weil keine Schlichtung klappt. Wer es also eilig hat, ist bei der SÖP nicht so gut aufgehoben...

Profilbild Stiftung_Warentest am 28.03.2023 um 17:31 Uhr
Eurowings - Check-In konnte nicht vollzogen werden

@OnniK12345. Machen Sie einfach Ihren Entschädigungsanspruch geltend. Wird die Entschädigung abgelehnt, können Sie sich nach einer erfolglosen Beschwerde an die Schlichtungsstelle wenden.

OnniK12345 am 28.03.2023 um 01:44 Uhr
Eurowings - Check-In konnte nicht vollzogen werden

Hat jemand Erfahrung mit Entschädigung bei folgendem Sachverhalt:
Die Fluggäste waren nachweislich rechtzeitig - vier Stunden vor Abflug - am Check-In. Es gab ein organisatorisches Problem beim Check-In (vermutlich Einsatz von zu wenig Personal, zwischenzeitlich Schließung des Schalters wegen Überforderung) und eine insgesamt schlechte Organisation. Es wurde seitens der Fluggäste versucht aktiv Kontakt mit dem Flughafenpersonal aufzunehmen: Es wurde keine alternative Möglichkeit für einen Check-In an einem anderen Schalter ermöglicht. Der Flug konnte nicht angetreten werden. Es gab nac weiten Stunden Wartezeit einen Eratzflug der 15 Stunden später als der ursprüngliche Flug am Zielflughafen eingetroffen ist.

Profilbild Stiftung_Warentest am 02.02.2023 um 15:04 Uhr
Fluggastrechte gegenüber ausländischer Airline

@Herbstblues: Wer Verträge mit Händlern oder Dienstleistern mit Sitz in Lettland einen Vertrag abschließt, hat immer das Problem, dass der Sitz im Ausland eine beträchtliche Hürde zur Geltendmachung der Verbraucherrechte darstellt. Verbraucher können sich der Hilfe der europäischen Verbraucherzentrale bedienen, die berät und hilft bei der Geltendmachung Ihrer Rechte:
www.evz.de

www.evz.de/reisen-verkehr/reiserecht/flugzeug/entschaedigung-nach-flugverspaetung-oder-flugausfall-wer-hilft-wirklich-wer-zockt-ab.html

Bitte berichten Sie uns, wenn Sie über die evz eine Klärung hinbekommen haben.

Herbstblues am 27.01.2023 um 18:29 Uhr
Fluggastrechte durchsetzbar ?

Das ist ja alles theoretisch schön und gut,was ihr schreibt, problematisch wird`s , wenn die Fluglinie im Ausland ansässig ist und nicht zahlt.
So geschehen im September 2022 auf dem Flug mit smartlynx, einer lettischen Linie. 12 Stunden Verspätung bei Abflug stellen Ansprüche auf Entschädigung nach EU-Recht.
Meine Anträge wurden sämtlich abgewimmelt, mit anderen Worten cool ausgesessen.
Nach anwaltlicher Beratung wurde deutlich gemacht. dass ein Anspruchstitel im Ausland nicht so vollstreckbar sei.
800,-€ kann ich in den Wind schreiben, trotz klarer Rechtsgrundlage,
Warentest, vielleicht mal eine Umfrage zur Durchsetzbarkeit von Fluggastrechten starten.
Mit besten Grüßen
W. Tauch