
Zeitverzug. Muss ein Reisender zu lange am Check-in warten, sollte er dem Personal Bescheid geben. © picture alliance / dpa / Christoph Soeder
Wer wegen einer langen Schlange vor dem Check-in-Schalter oder bei der Sicherheitskontrolle seinen Flug verpasst, kann eventuell Ersatz für die Umbuchungskosten fordern.
Rechtzeitig am Check-in-Schalter sein
Bei der Buchung eines Fluges erhalten Passagiere in der Regel eine Zeitangabe, wie viele Minuten vor Abflug sie am Abfertigungsschalter sein sollen („Check-in“). Das ist der Schalter, wo Passagiere gegebenenfalls Gepäck aufgeben und ihre Sitzplätze von der Fluggesellschaft zugewiesen bekommen. Viele Airlines empfehlen zwischen 90 und 120 Minuten vor Abflug am Check-in zu sein. Die Zeiten können aber auch länger sein, etwa bei internationalen Flügen.
Aktiv werden, wenn es zeitlich eng wird. Hat ein Fluggast die zeitlichen Vorgaben seiner Fluggesellschaft eingehalten und kommt er wegen sehr langer Schlangen vor dem Check-in-Schalter nicht voran, sollte er sich beim Flughafenpersonal melden und auf eine zeitlich bevorzugte Abfertigung drängen. Wer seinen Flug verpasst hat, weil er brav und still in einer Schlange vor dem Abfertigungsschalter gewartet hat, bleibt unter Umständen auf den Kosten für Ersatzflüge sitzen, weil er sich eine Mitschuld am Verpassen des ursprünglichen Flugs vorwerfen lassen muss (Amtsgericht Düsseldorf, Az. 42 C 9584/14).
Nicht auf Aufruf über Lautsprecher warten. Nach Ansicht des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg sind die Fluggesellschaften zwar verpflichtet, Fluggäste auszurufen, wenn es zeitlich knapp wird (Az. 226 C 331/08). Aber blind vertrauen sollte man darauf nicht. In dem Berliner Fall war der Ausruf unterblieben. Weil der Flugreisende 45 Minuten vor Abflug noch immer in der Schlange vor dem Check-in-Schalter gestanden hatte, ohne sich zu melden, gab ihm das Gericht eine Mitschuld.
Zügig zur Sicherheitskontrolle
Wer sein Gepäck aufgeben hat und sein Flugticket (Bordkarte mit Sitzplatz) in den Händen hält, sollte sich zügig zur Sicherheitskontrolle begeben. Gerade zur Ferienzeit bilden sich dort oft lange Schlangen.
Lange Schlange – Bund muss Ersatzflüge bezahlen. Hat sich ein Passagier rechtzeitig bei der Sicherheitskontrolle angestellt und erreicht er wegen langer Schlangen dort seinen Flug nicht rechtzeitig, hat er eventuell einen Anspruch auf Kostenübernahme für die Ersatzflüge gegenüber der Bundesrepublik Deutschland. So hat es jedenfalls das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Januar 2022 gesehen. Zwei Fluggäste waren zwei Stunden und 50 Minuten vor Abflug am Check-in-Schalter gewesen und hatten sich 90 Minuten vor dem Ende der Einstiegzeit zur Sicherheitskontrolle begeben. Als sie am Gate ankamen, war der Einstieg („Boarding“) bereits beendet. Das Gericht sah die Bundesrepublik Deutschland, in deren Auftrag die Sicherheitskontrolle am Flughafen durchgeführt wird, zum Schadenersatz verpflichtet (Az. 1 U 220/20; Pressemitteilung des Gerichts).
Eine Stunde vor Abflug zur Kontrolle ist zu knapp. Allerdings gibt es auch Fälle, die zuungunsten von Passagieren ausgehen. Im Jahr 2017 verweigerte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main einem Fluggast den Ersatzanspruch, der sich 55 Minuten vor Abflug an der Sicherheitskontrolle angestellt hatte und seinen Flug verpasste, weil die Kontrolle seines Handgepäcks lange gedauert hatte. Die Sicherheitskräfte hatten sein Handgepäck wegen eines (sich später als falsch herausstellenden) Bombenverdachts intensiv untersucht (Az. 1 U 139/15). Anschließend hatte sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Fall zu beschäftigen. Im BGH-Beschluss heißt es: Jeder Passagier müsse einen ausreichenden Zeitpuffer für die Sicherheitskontrolle am Flughafen einkalkulieren. Wer erst knapp eine Stunde vor Abflug und eine halbe Stunde vor Boarding bei der Sicherheitskontrolle eintreffe, habe das Verspätungsrisiko selbst geschaffen und die Nachteile infolge des verpassten Flugs selbst zu tragen (Az. III ZR 48/17).
Melden, wenn es knapp wird. Steckt ein Fluggast in einer Warteschlange vor der Sicherheitskontrolle fest und besteht die Gefahr, dass er deshalb seinen Flug verpasst, sollte er beim Sicherheitspersonal auf sein Zeitproblem aufmerksam machen. In einem Fall vor dem Amtsgericht Erding gab das Gericht einem Passagier eine Mitschuld, weil dieser das nicht getan hatte. 20 Prozent seiner Umbuchungskosten hatte er am Ende selbst zu tragen (Az. 8 C 1143/16).
Auch Zeit für Passkontrolle einplanen
Auch für die Passkontrolle sollten Fluggäste Zeit einplanen. Diese wird nötig, wenn ein Fluggast aus dem außereuropäischen Ausland nach Deutschland fliegt oder von Deutschland aus ins außereuropäische Ausland (Länder außerhalb des Schengen-Raums).
Automatisierte Passkontrolle „EasyPass“. An einigen Flughäfen gibt es die automatisierte Passkontrolle EasyPass. Sie soll einen schnellen Grenzübertritt ermöglichen. Dabei wird der Reisepass oder der Personalausweis nicht von einem Grenzschutzbeamten kontrolliert, sondern vom Fluggast selbst über ein Lesegerät eingescannt. Schließlich muss der Passagier noch in eine Kamera schauen (So funktioniert EasyPass). EasyPass können nur Fluggästen nutzen, die im Besitz eines elektronischen Reisepasses (ausgegeben seit November 2005) oder des Personalausweises im Scheckkartenformat (ausgegeben seit November 2010) sind. Reisende müssen mindestens 12 Jahre alt sein. Familien mit Kleinkindern müssen sich daher dort in die Schlange anstellen, wo der Pass händisch kontrolliert wird. Erreicht eine Familie ihr Flugzeug nicht, weil sie sich zuerst fälschlicherweise in der EasyPass-Schlange angestellt hatte, trägt sie die Kosten für die Ersatzflüge selbst (Bundesgerichtshof, Az. III ZR 204/21).
Nach Pass- und Sicherheitskontrolle schnell zum Abflugsteig („Gate“)
Nach dem Passieren der Sicherheitskontrolle, sollten Passagiere nicht zu viel Zeit im Duty-Free-Shop vertrödeln. Auf dem Flugticket steht eine Einstiegszeit („Boarding-Time“). Oft beginnen die Airlines 30 Minuten vor dem Abflug mit dem Boarding. In der Praxis lassen Fluggesellschaften zwar oft auch noch solche Passagiere einsteigen, die erst nach Boarding-Beginn am Gate eintreffen. Aber darauf verlassen sollte man sich nicht. Nach Ansicht des Amtsgerichts München haben solche Nachzügler keinen Anspruch, noch ins Flugzeug einsteigen zu dürfen (Az. 275 C 17530/19). Im dem entschiedenen Fall war Boarding-Time 16.55 Uhr und Abflugzeit 17.25 Uhr. Um 17.13 Uhr beendete die Airline den Einstieg, um 17.14 Uhr traf der Fluggast ein. Nach Ansicht des Gerichts durfte dem Passagier die Mitnahme verweigert werden.
Nach Boarding-Beginn erkundigen. Steht auf dem Flugticket keine Boarding-Zeit, müssen sich Reisende im Zweifel selbst nach dem Einsteigebeginn erkundigen (Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 32 C 1560/18 (88)).
Ankunft am Gate. Da viele Airlines 30 Minuten vor Abflug mit dem Einstieg beginnen, sind Sie in der Regel auf der sicheren Seite, wenn sie 45 Minuten vor Abflug am Gate sind.
Fotos. Machen Sie Fotos, am beste Selfies auf denen Sie und im Hintergrund eine Uhrzeit-Anzeige zu erkennen ist! Das ist hilfreich, falls es zu Streit um Ihre Pünktlichkeit kommen sollte.
Überbuchung. Waren Sie pünktlich am Gate und lässt die Airline Sie wegen Überbuchung stehen, haben Sie Anspruch auf bis zu 600 Euro Ausgleichszahlung von der Airline (Fluggastrechte - Der Weg zur Entschädigung).
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- Betroffene eines Flugausfalls können einen zeitnahen Ersatzflug oder Erstattung des Ticketpreises fordern. In bestimmten Fällen haben sie Anspruch auf Entschädigung.
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