Mit einem gerichtlichen Mahnverfahren können Verbraucher Druck bei Personen oder Unternehmen machen, von denen sie noch Geld bekommen. Das Mahnverfahren verdeutlicht dem Schuldner den Ernst der Lage. Der Mahnbescheid, den der Schuldner am Ende erhält, wird vom Amtsgericht zugestellt. Zahlt der Schuldner trotz Mahnbescheid nicht, kann aus dem Mahnverfahren leicht ein Klage vor Gericht werden. Das beeindruckt viele Schuldner eher als eine weitere vom Gläubiger einfach per Post verschickte Mahnung.
Geldforderungen per Mahnbescheid durchsetzen
Mit dem gerichtlichen Mahnverfahren können Verbraucher nur Geldforderungen in Euro durchsetzen. Es ist also etwa geeignet für einen Mieter, der von seinem alten Vermieter die Überweisung der Mietkaution verlangt. Für Konzertbesucher, denen nach einer Konzertabsage die Erstattung der Konzertkarten zusteht. Oder für Fluggäste, die nach einer Flugannullierung durch die Airline ewig auf die Rücküberweisung ihrer Ticketkosten warten. Ein Anwalt ist zur Beantragung des Mahnverfahrens nicht erforderlich.
Für Personen, die etwas anderes als Geld von ihrem Streitgegner wollen – etwa dass der Nachbar mit dem nächtlichen Lärm aufhört – ist das gerichtliche Mahnverfahren nicht geeignet. Auch wer etwa um das Sorgerecht seines Kindes kämpft, kann diesen Streit nicht über das gerichtliche Mahnverfahren austragen.
Welches Gericht für Mahnverfahren zuständig ist
Das gerichtliche Mahnverfahren ist ein weitgehend automatisiertes Verfahren. Es wird vom Amtsgericht, dem sogenannten Mahngericht, durchgeführt. Zuständig ist grundsätzlich das Amtsgericht am Wohnsitz des Antragstellers.
Einige Bundesländer haben zentrale Mahngerichte eingerichtet. Das für sie zuständige Mahngericht finden Verbraucher über die Internetseite mahngerichte.de (dort unter „Angelegenheit“ das Wort „Mahnverfahren“ auswählen und die Wohnort-Postleitzahl eingeben). Bequemer ist ein Online-Antrag über die Website online-mahnantrag.de.
Mahngericht prüft Geldforderung nicht
Auch wenn – übrigens unabhängig von der Höhe der Geldforderung – immer ein Amtsgericht für das gerichtliche Mahnverfahren zuständig ist: Dort prüft zunächst kein Richter, ob die Geldforderung überhaupt zu Recht erhoben wird. Der Rechtspfleger des Mahngerichts prüft nur, ob der Antrag formal korrekt ist und schickt den Mahnbescheid anschließend an die Adresse des Gläubigers. Das Mahngericht ist also im Prinzip nur Überbringer einer Botschaft.
Vor dem Mahnbescheid: Selbst Mahnung schicken
Sehr wichtig: Bevor Verbraucher das gerichtliche Mahnverfahren gegen ihren Schuldner beantragen, sollten sie diesen erst einmal selbst schriftlich zur Zahlung aufgefordert haben (Mahnung). In diesem Mahn-Brief sollte stehen:
- Grund und Höhe der Forderung (sogenannte Hauptforderung),
- Zahlungsfrist (meist sind zwei Wochen angemessen) und
- Bankdaten des Gläubigers.
Warum das Einschreiben wichtig ist
Damit der Gläubiger später nicht behaupten kann, es sei nichts angekommen, sollte diese Zahlungsaufforderung per Einschreiben mit Rückschein verschickt werden. Lässt der Schuldner sodann die Zahlungsfrist verstreichen, ohne das Geld zu überweisen, befindet er sich rechtlich „in Verzug“. Das ist wichtig. Denn die Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens (aber auch spätere Anwaltskosten) sind ab dann vom Schuldner zu tragen. Im Mahnbescheid werden dem Schuldner die Hauptforderung plus die Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens in Rechnung gestellt.
So beantragen Sie den Mahnbescheid
Sobald der Schuldner in Verzug ist, können Gläubiger das gerichtliche Mahnverfahren beantragen. Wir empfehlen, den Mahnantrag online zu stellen. Vorteil: Bei der Eingabe der Antragsdaten findet online eine grobe Prüfung hinsichtlich der Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben statt. Nach der Dateneingabe muss der Gläubiger das ausgefüllte Antragsformular ausdrucken und postalisch verschicken. Nur wer eine sogenannte Signaturkarte und ein entsprechendes Lesegerät hat, kann die Antragsdaten auch online an das Mahngericht übermitteln. Die wenigstens Privatpersonen dürften das derzeit haben.
Den Schuldner klar benennen
Ganz wichtig ist bei Antragstellung eine präzise Angabe des Streitgegners (Schuldner). Wenn der Schuldner eine Internetseite hat, sollte Antragsteller Unternehmensnamen und -adresse aus dem Impressum nehmen. Ist der Streitgegner keine natürliche, sondern eine juristische Person (etwa eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH), muss auch der gesetzliche Vertreter dieser juristischen Person genannt werden (bei einer AG etwa der Vorstandsvorsitzende; bei einer GmbH etwa der Geschäftsführer).
Auch der Anspruchsgrund sollte möglichst genau bezeichnet werden.
Wichtig: Beim Online-Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gibt es gegen Ende die Formulierung „Im Falle eines Widerspruchs beantrage ich die Durchführung des streitigen Verfahrens.“ Wer dort ein Häkchen setzen, landet automatisch im gerichtlichen Klageverfahren, sobald der Schuldner Widerspruch erhebt. test.de empfiehlt, diesen Haken erst einmal nicht zu setzen. Klage einreichen können Gläubiger später immer noch, wenn der Schuldner Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhoben hat.
Mahnbescheid: Wie reagiert der Schuldner?
Hat das Mahngericht einen formal korrekten Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids erhalten, schickt es den Mahnbescheid an die Adresse des Schuldners. Der ist dann am Zug: Widerspricht er nicht innerhalb von zwei Wochen, kann der Gläubiger gegen Gebühr bei Gericht einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Auch der kann in einer Zwei-Wochen-Frist angefochten werden.
Der Schuldner regt sich nicht? Gerichtsvollzieher!
Geschieht wiederum nichts, schreitet auf Antrag der Gerichtsvollzieher zur Tat und pfändet beim Schuldner Geld oder Wertgegenstände, die zugunsten des Gläubigers versteigert werden. Ob dies zu Recht geschieht, spielt nach abgeschlossenem Mahnverfahren dann keine Rolle mehr.
Aber auch dann, wenn der Schuldner Einspruch erhebt, kann der Gerichtsvollzieher losgeschickt werden. Eine solche Vollstreckung gilt aber nur vorläufig. Der Einspruch des Schuldners bewirkt, dass aus dem Mahnverfahren automatisch ein Gerichtsverfahren wird. Stellt sich dann heraus, dass der Schuldner gar nicht zahlen musste, bekommt er das Geld wieder zurück.
Wenn der Schuldner Widerspruch einlegt
Hat der Schuldner Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt und für diesen Fall nicht den automatischen Übergang ins streitige Verfahren angekreuzt, passiert erst einmal gar nichts. Der Schwarze Peter liegt wieder beim Gläubiger. Er muss dann entscheiden, ob er Klage erheben will.
Kleine Summen (bis 5 000 Euro) können Verbraucher zwar ohne Anwalt vor dem Amtsgericht (meist ist das Gericht am Wohnort des Schuldners zuständig) einklagen. Weil vor Gericht aber viele Fristen und Formalitäten einzuhalten sind, ist das in der Regel für juristische Laien nicht empfehlenswert. Das heißt: Wer glaubt, dass der Schuldner wahrscheinlich Widerspruch einlegen wird, lässt besser die Finger vom Mahnbescheid und geht gleich zum Rechtsanwalt.
Beispiel: Ticketerstattung nach Flugabsage wegen Corona
Reiserechtsanwälte berichten, dass große Airlines wie die Lufthansa routinemäßig Widerspruch einlegen – auch wenn Anspruch des Kunden auf Erstattung der Ticketkosten eigentlich klar gegeben ist. In solchen Fällen ist das gerichtliche Mahnverfahren nicht der richtige Weg. Betroffene sollten in diesem Fall die Erstattung bei ihrer Airline erst selbst anmahnen, anschließend zur Schlichtungsstelle zu gehen und dann – wenn auch das nichts gebracht hat – einen Anwalt mit dem Geldeintreiben beauftragen oder ein Fluggastportal einschalten (Fluggastrechte: Der Weg zur Entschädigung).
Das europäische Mahnverfahren
Das deutsche gerichtliche Mahnverfahren ist nur für Fälle geeignet, in denen der Schuldner einen Sitz in Deutschland hat. Nur dort kann der deutsche Mahnbescheid auch zugestellt werden. Sitz der Streitgegner im EU-Ausland, ist das Eintreiben des Geldes über das europäische Mahnverfahren möglich. Für die Bearbeitung solcher Verfahren ist das Amtsgericht Berlin-Wedding zuständig.
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