Ewig­keitschemikalien Das Wichtigste zu PFAS

Ewig­keitschemikalien - Das Wichtigste zu PFAS

Im Alltag über­all. PFAS stecken in vielen Produkten, die wir täglich benutzen. Sie lassen Fett und Wasser abperlen. © Getty Images

Viele reden derzeit von PFAS. Was sind das für Chemikalien? Wie riskant sind sie? Lassen sie sich meiden? Und wie bewerten wir sie in unseren Tests? Unser Über­blick.

Chemikalie mit Tausenden Varianten

Was steckt hinter der Abkür­zung PFAS?

PFAS steht für per- und poly­fluorierte Alkyl­substanzen. Dabei handelt es sich um eine riesige Gruppe von Chemikalien, die seit den 1950er-Jahren hergestellt werden. Chemisch gesehen sind es Verbindungen aus Kohlen­stoff- und Fluoratomen, die sehr stabil sind. Das heißt, sie bauen sich nur sehr lang­sam ab und belasten daher lange die Umwelt. Deshalb werden sie auch Ewig­keitschemikalien genannt.

Chemiker unterscheiden zwischen kurz- und lang­kettigen PFAS. Je höher der Fluor­anteil im Molekül ist, desto stabiler und lang­samer abbaubar ist die Verbindung.

Bei welchen Produkten werden PFAS in der Herstellung einge­setzt?

Sie sind besonders da beliebt, wo man ihre fett- oder wasser­abweisenden Fähig­keiten braucht – also zum Beispiel in beschichteten Pfannen, Backpapier, Imprägniermitteln, Einwegverpackungen oder Regenkleidung. Sie stecken aber auch im Schaum von Feuerlöschern, in Batterien, Medizin­produkten und Kälte­mitteln.

Wie gelangen die Chemikalien in die Umwelt?

Die Wege sind vielfältig. Das kann durch Abluft und Abwasser bei der Industrie­produktion geschehen, durch Aerosole von Imprägniersprays, durch Abnut­zung der Beschichtung von Funk­tions­kleidung oder beim Löschen von Bränden.

Manche PFAS verändern sich, wenn sie in die Umwelt gelangen und können dadurch sogar schädlicher werden. Dazu gehört etwa die wasser­lösliche Trifluor­essig­säure (TFA), die beim Abbau von PFAS-haltigen Kälte­mitteln entsteht und sich über den natürlichen Wasser­kreis­lauf sehr schnell verbreitet. Sie gilt laut Umwelt­bundes­amt bislang als nicht in der Umwelt abbaubar und erschwert etwa die Trink­wasser­gewinnung.

Inzwischen sind per- und poly­fluorierte Alkyl­verbindungen welt­weit in Böden, im Wasser und in der Luft nach­weisbar - sogar im Meeresschaum. Auf diese Weise nehmen auch Pflanzen und Tiere sie auf, die wiederum vom Menschen verzehrt werden.

Wie riskant sind PFAS für den Menschen?

Sind PFAS im menschlichen Körper nach­weisbar?

Menschen und Säugetiere nehmen PFAS über die Nahrung, das Trink­wasser und die Luft auf. Lang­kettige Formen speichert der Körper bis zu mehrere Jahren im Blutplasma, in der Leber und in der Niere. Kurz­kettige PFAS hingegen werden schneller über Kot und Urin ausgeschieden, wie Forscher des Bundesinstituts für Risikobewertung im Selbstversuch heraus­fanden.

Sind sie gesund­heits­schädlich?

„Viele PFAS haben nachgewiesenermaßen gesundheitlich kritische Eigenschaften“, sagt Dr. Holger Brack­emann, Leiter des Bereichs Unter­suchungen bei der Stiftung Warentest.

Für einige PFAS sind gesundheitliche Risiken belegt, für viele steht eine Bewertung aber noch aus. Am besten erforscht sind die bereits verbotenen PFOA (Perfluoroctansäure) und PFOS (Perfluoroctansulfonsäure). Angereichert im menschlichen Körper können sie die Wirkung von Impfungen schwächen, die Neigung zu Infekten und den Gesamt­cholesterinspiegel erhöhen. Bei Schwangeren können sie zu einem nied­rigeren Geburts­gewicht des Kindes führen.

In Tier­versuchen zeigte sich, dass PFOA und PFOS das Gewicht der Leber erhöhten und den Schild­drüsenhormonspiegel senkten. Außerdem führten hohe Konzentrationen von PFOA zu Tumoren an Leber und Hoden bei Tieren. Welt­weit erforschen Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaftler im Perforce3-Programm, was in der menschlichen Leber passiert, wenn sich PFAS in verschiedensten Varianten im Körper ansammeln.

Auch andere Organe reagieren empfindlich auf PFAS. Sammeln sich die Chemikalien im Blut an, kann dies zu schlechteren Blut­fett­werten führen und mit einem höheren Risiko für Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen einhergehen, berichten Forschende des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen im Rahmen der Rheinland-Studie.

Wie sind PFAS derzeit reguliert?

Gibt es europa­weite Beschränkungen für PFAS?

Ja, für einige PFAS bestehen bereits Grenz­werte und Verbote. 2006 wurde die Verwendung von PFOS verboten, 2020 die von PFOA. Das regelt die Chemikalienverordnung der EU (REACH).

Für die vier häufigsten PFAS – PFOS, PFOA, PFNA (Perfluornonansäure) und PFHxS (Perfluor­hexansulfonsäure) – sind zudem seit 2023 Höchstgehalte für bestimmte Lebens­mittel definiert und werden von den Behörden über­wacht. Das betrifft Eier, Fischerei­erzeug­nisse, Muscheln, Fleisch von Rindern, Schweinen, Geflügel, Schafen und Wild sowie Trink­wasser.

Derzeit prüft die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) Vorschläge für weitere Beschränkungen bis hin zu einem allgemeinen Verbot.

Werden PFAS im Trink­wasser von den Wasser­behörden kontrolliert?

Im Trink­wasser dürfen chemische Stoffe nicht in gesund­heits­schädlichen Konzentrationen enthalten sein. Das schreibt die Trinkwasserverordnung vor. Allerdings gelten die Grenz­werte für PFAS, die 2023 erst­mals in die Trink­wasser­ver­ordnung aufgenommen wurden, verzögert: Sie treten erst 2026 bis 2028 in Kraft. Die Stiftung Warentest prüft auch Mineralwässer auf PFAS und orientiert sich dabei an den Vorgaben der Trink­wasser­ver­ordnung.

Können Klär­anlagen PFAS wieder entfernen?

Nach Auskunft des Umwelt­bundes­amts passiert dies momentan nicht. Es sei zwar bereits tech­nisch möglich, mithilfe von Aktivkohle lang­kettige PFAS effektiv aus dem Abwasser zu holen. Aber ein Groß­teil der Klär­anlagen in Deutsch­land habe diese Technik im Moment noch nicht installiert, so das Umwelt­bundes­amt.

So prüft die Stiftung Warentest auf PFAS

Wie suchen wir nach PFAS?

Die Unter­suchung auf PFAS ist fester Bestand­teil vieler unserer Tests, zum Beispiel bei Lebens­mitteln, Textilien und Gebrauchs­gegen­ständen. Im Prüf­programm definieren wir vorab, auf welche der rund 200 bereits in der EU regulierten PFAS wir testen werden und werten die Ergeb­nisse detailliert aus.

Wo haben wir sie bereits nachgewiesen?

Typischer­weise in früheren Tests von beschichteten Pfannen und Imprägnier­mitteln, über­raschender­weise auch in Textilienbezügen von Kinderbuggys und Kinderfahrradanhängern. Aber auch in Lebens­mitteln stoßen wir auf PFAS-Belastungen. Bereits 2007 entdeckten wir PFOA und PFOS bei einem Test von Pommes frites, 2023 fanden wir Perfluorpentansäure in Butter.

Wie bewerten wir PFAS?

Finden wir verbotene PFAS in kritischen Mengen in den Produkten, so erhalten diese im Schad­stoff­urteil sowie im Gesamt­urteil die Note Mangelhaft. Über­dies haben wir unsere Produkt­auswahl angepasst: So testen wir zum Beispiel keine Pfannen mehr, die mit PTFE (Poly­tetrafluore­thylen) beschichtet sind – besser bekannt unter der einge­tragenen Marke Teflon. Statt­dessen beschränken wir uns im Pfannen-Test auf PFAS-freie Alternativen.

Warum prüfen wir manchmal strenger als gesetzlich vorgeschrieben?

Das betrifft zum Beispiel Textilien. Die derzeit gültige Prüf­methode nach Din-Norm erkennt nur „frei verfügbare“ PFAS, das heißt, dass sie nicht an andere Substanzen gebunden sind. In der EU sind aber auch bereits so genannte „fest­gebundene“ PFAS reguliert.

Um auch solche PFAS aufzuspüren, prüfen wir jetzt schon nach einer neuen Din-Norm, für die es erst einen Entwurf gibt. Bei dieser neuen Prüf­methode werden die Ewig­keitschemikalien durch eine alkalysche Hydrolyse mit Natron­lauge gelöst. Dadurch können wir auch fest­gebundene PFAS finden. Das haben wir zum Beispiel beim Test von Fahrradanhängern gemacht.

Was hält die Stiftung Warentest vom vorgeschlagenen PFAS-Verbot?

„Das ist der richtige Ansatz, alles andere ein Hase-und-Igel-Spiel: Fluorcarbone werden verwendet, dann untersucht, verboten und durch andere ersetzt“, sagt Dr. Holger Brack­emann, Chemiker und Leiter des Bereichs Unter­suchungen der Stiftung Warentest. „Die Stoffe sind problematisch, weil sie sich in der Umwelt kaum abbauen und daher anreichern.“

Seit März 2023 existiert der weitreichende Vorschlag, in der EU alle Fluorcarbone zu verbieten. Ausnahmen könnten laut der Europäischen Chemikalien­agentur für essenzielle Verwendungen - etwa in der Medizin - möglich sein, wenn es noch keine alternativen Stoffe oder Technologien gibt, aber dafür gesorgt wird, dass sie weniger in die Umwelt gelangen.

Das können Sie selbst tun

Wie finde ich Produkte ohne PFAS?

Für einige Lebens­bereiche lassen sich Tipps ableiten, aber längst nicht für alle:

Bei Pfannen gibt es inzwischen gute Alternativen mit Keramikbeschichtung. Auch Imprägniermittel ohne PFAS sind bereits erhältlich.

Beim Backen sind Sie auf der sicheren Seite, wenn Sie auf Back­matten und Back­papier verzichten und Ihr Blech statt­dessen einfach fetten.

Manche Hersteller von Outdoorkleidung werben ebenfalls mit „frei von PFAS“ und „frei von Fluor­verbindungen“. Das ist allerdings nicht immer zuver­lässig, wie unser Test von Funktionsjacken ergeben hat.

Wie soll ich mit PFAS-belastete Produkte entsorgen?

Outdoorja­cken oder Arbeits­kleidung sollten Sie nicht in den Altkleidercontainer, sondern in die Restmülltonne werfen, empfiehlt das Umweltbundesamt. Aber einen richtig guten Entsorgungsweg gibt es noch nicht. Denn für die Zerstörung der Ewig­keitschemikalien bedarf es einer Temperatur von 1 300 Grad Celsius. Das schaffe laut Umwelt­bundes­amt derzeit keine normale Müll­verbrennungs­anlage.

Leere Spraydosen von Imprägnier­mitteln gehören in die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack. Sind die Behälter noch gefüllt, bringen Sie sie zur Schad­stoff­annahme­stelle Ihres Entsorgers.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 03.03.2025 um 09:08 Uhr
    PTFE (Teflon)

    @SPro:Die Stiftung Warentest prüft keine PTFE (Teflon) beschichteten Pfannen mehr. Grund: Bei deren Produktion und Entsorgung können umwelt­schädliche PFAS in die Umwelt gelangen, einige davon stehen im Verdacht krebs­er­regend zu sein.

  • SPro am 01.03.2025 um 12:13 Uhr
    PTFE (Teflon) kritisch?

    Gibt es irgendwelche Erkenntnisse, dass PTFE kritisch ist?
    Meines Wissens nach wird es gerade bei Maschinen für Nahrungsmittel eingesetzt, da es praktisch nicht mit der Umgebung reagiert.
    Warum prüft test keine PTFE Pfannen mehr?
    Insgesamt nervt mich bei der ganzen Berichterstattung die fehlende Differenzierung.
    Im übrigen ist alleine der Hinweis auf Ewigkeit als Gefahr unfug: andere Chemikalien zersetzen sich praktisch auch nicht (Wasser, Sand, Gestein) und werden vom Körper aufgenommen, ohne dass daraus eine Gefahr abgeleitet werden kann.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 25.02.2025 um 11:50 Uhr
    Ewig­keitschemikalien - Das Wichtigste zu PFAS

    @dienachtwarlang: Die möglichen Zusammenhänge zwischen PFAS im menschlichen Körper und den Cholesterinwerten im Blut werden derzeit in unterschiedlichen Studien erforscht. Die Rheinland Studie hat die Blutproben von mehr als 2500 Frauen und Männern im Alter zwischen 30 und 89 Jahren im Bonner Stadtgebiet untersucht.

  • Trentino2017 am 21.02.2025 um 12:48 Uhr
    Korrelation vs. Kausalität

    @dienachtwarlang vom 20.02.2025 (15:50 Uhr)
    Die Problematik mit der Korrelation und der Kausalität sehe ich zwar ähnlich. Wenn es um die Gesundheit geht, dann sollten bei der Produktion aus prophylaktischen Gründen aber auch Stoffe vermieden werden bei denen die gesundheitsgefährdende Kausalität nicht zweifelsfrei feststeht.
    Asbest wurde auch jahrelang noch bis in die 1980er Jahre als "Baustoff der Zukunft" beworben. Jetzt muss es bei einer Sanierung/Renovierung als "Sondermüll" behandelt und dementsprechend entsorgt werden.

  • dienachtwarlang am 20.02.2025 um 15:50 Uhr
    Korrelation - nicht Kausalität

    Meiner Meinung nach zitieren Sie die Rheinland Studie falsch. Es wurde keine Kausalität nachgewiesen. Nur eine Korrelation.
    Für mich ist der Hype um PFAS typische FUD.
    Zitat aus Rheinland Studie:
    "„Unsere Daten zeigen einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen PFAS im Blut und schädlichen Blutfetten, die mit einem kardiovaskulären Risiko assoziiert sind Je hoher der PFAS-Spiegel, desto hoher ist die Konzentration dieser Fettstoffe.
    Strenggenommen ist das noch kein Beweis dafür, dass die PFAS-Chemikalien Verursacher der ungünstigen Blutfett-Profile sind. Doch die enge Korrelation stützt diesen Verdacht."