
Aufsicht. Die Bafin will bei Lebensversicherern strenger werden. © picture alliance / Daniel Kalker
Die Finanzaufsicht Bafin hat den Lebensversicherungen zu hohe Kosten vorgeworfen. Nicht alle Kunden hätten einen angemessenen Nutzen aus ihren Verträgen.
Altersvorsorgeverträge, die von Versicherern angeboten werden, sind häufig zu teuer. Das zeigt sich auch immer wieder in unseren Untersuchungen. In unserem Test zu fondsgebundenen Rentenversicherungen mit Beitragsgarantie gab es keinen einzigen günstigen Tarif, bei den meisten Produkten konnten wir die Kosten nur mit Ausreichend bewerten. Das gleiche Bild zeigt sich bei unserem Test von Indexpolicen: Die Kosten waren deutlich zu hoch. Ein Lichtblick nur im Test fondsgebundener Rentenversicherungen: Der Online-Versicherer Europa bietet eine Police mit sehr günstigen Konditionen an.
Bafin rügt Kosten von Lebensversicherungen
Die hohen Kosten sind nun auch der Finanzaufsicht ein Dorn im Auge. „Lebensversicherungen sollen den Absicherungsbedürfnissen und den Renditeerwartungen der Kundinnen und Kunden gerecht werden. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, ist es aber leider nicht“, kritisierte Bafin-Exekutivdirektorin Julia Wiens. Mehrere Versicherer müssten dringend nachbessern.
Dabei geht es der Bafin besonders um den Vertrieb und die Höhe der Effektivkosten. Diese geben an, wie stark die jährliche Rendite durch die Kosten gemindert wird. Bei den Produkten mehrerer Unternehmen betrugen sie zum Zeitpunkt, als die Hälfte der Versicherten ihre Verträge vorzeitig gekündigt hatte, demnach vier Prozent oder mehr. „Die Unternehmen müssten also mit den dazugehörigen Kapitalanlagen eine Rendite mindestens in derselben Höhe erwirtschaften, damit die Kundinnen und Kunden davon profitierten“, erläuterte Wiens weiter.
Hohe Stornoquoten sind ein Problem
Der Bafin sind zudem einige Lebensversicherungsprodukte mit sehr hohen Stornoquoten aufgefallen – speziell in den ersten Jahren nach Vertragsabschluss, in denen ein großer Teil der Kosten anfalle. Ein hohes Frühstorno könne ein Hinweis dafür sein, dass die Produkte außerhalb des für sie bestimmten Zielmarktes vertrieben wurden, hält die Bafin fest.
Eine aktuelle Untersuchung des Branchenmagazins Procontra zeigt große Unterschiede bei den Stornoquoten. So wurden beim Versicherer Targo im vergangenen Jahr 8,98 Prozent der Policen gekündigt. Der Anbieter Neue Leben kommt auf 4,82 Prozent der Verträge, die gekündigt werden. Auffällig: Beim Anbieter Europa, der sehr günstige Tarife anbietet, die Kundinnen und Kunden selbstständig im Internet abschließen, liegt die Stornoquote laut Procontra unter 1 Prozent der Verträge.
Der Verdacht liegt nahe, dass von Versicherern, die eher auf den Vertrieb durch Versicherungsvertreter setzen, Kunden Verträge empfohlen werden, deren Kosten und geringe Rendite die Kunden negativ überraschen. Kundinnen und Kunden, die selbstständig und bewusst einen Vertrag bei einem günstigen und guten Anbieter abschließen, bleiben eher dabei.
Finanzaufsicht droht mit Konsequenzen
„Wenn ein angemessener Kundennutzen fehlt, wenn ein Produkt also nicht den Bedürfnissen des Zielmarkts entspricht, dann ist das ein Missstand“, äußerte sich Wiens. Wenn die Bafin Missstände feststelle, dann werde sie auch einschreiten. „Wir können beispielsweise den Vertrieb von Produkten untersagen oder Maßnahmen gegenüber einzelnen Vorstandsmitgliedern verhängen, wenn deren fachliche Eignung angesichts von Missständen in Frage steht“, erläuterte Wiens.
Zeiten für Lebensversicherer rauer
Wir finden: Es wären gute Nachrichten für Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn die Finanzaufsicht tatsächlich konsequenter gegen zu hohe Kosten vorgehen würde. Unsere Untersuchungen zeigen, dass bei vielen Verträgen eine erfolgreiche Vorsorge für das Alter aufgrund der hohen Kosten kaum möglich ist.
(mit dpa)
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