Werbeaussagen auf Kosmetika Fragwürdige Versprechen

Werbeaussagen auf Kosmetika - Fragwürdige Versprechen

Werbeaussagen hinterfragen. Bei manchen Claims auf Kosmetik­produkten lohnt es sich. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser

Ob klein gedruckt oder plakativ – Aussagen auf Kosmetik­packungen können die Kauf­entscheidung beein­flussen. Doch manche Claims sind fragwürdig: Unser Check deckt sie auf.

Welche Regeln für Kosmetik-Claims gelten

Es ist der kleine Unterschied, der immer mehr kritischen Verbrauche­rinnen und Verbrauchern wichtig ist: Beim Kauf von Kosmetik­produkten legen sie Wert auf Tier­wohl und Umwelt­schutz, setzen auf mehr Natürlich­keit. Laut einer Befragung durch das Onlineportal Statista im Jahr 2024 zählt für die Hälfte der Erwachsenen vor allem eine gute Haut­verträglich­keit von Körper­pfle­gepro­dukten. Für rund ein Drittel sind allerdings auch die enthaltenen Inhalts­stoffe ausschlag­gebend. 17 Prozent achten auf Tier­wohl­versprechen und auch der Verzicht auf umwelt­belastende Rohmaterialien und eine ressourcenschonende Produktion gelten als wichtige Kriterien beim Kosmetikkauf.

Werbeaussagen müssen stimmen

Was Anbieter auf ihren Verpackungen zu Inhalts­stoffen und Produkt­eigenschaften versprechen, muss stimmen. Das legt die seit 2013 in der EU geltende Claims-Verordnung für Kosmetikprodukte fest. Sie fordert, dass Werbeaussagen, auch Claims genannt, „für den durch­schnitt­lichen Endverbraucher klar und verständlich sein“ und es ihm ermöglichen müssen, „eine fundierte Kauf­entscheidung zur treffen“. Dabei dürfen die Kosmetik­anbieter vergleichs­weise frei formulieren. Im Lebens­mittel­bereich müssen gesund­heits­bezogene Werbeaussagen dagegen wissenschaftlich belegt und von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) zugelassen werden.

Zu hohe Erwartungen geweckt

Die Kosmetikbranche ist in ihren Aussagen zurück­haltender geworden, wie unsere Tests der vergangenen Jahre zeigen. Die meisten Claims entsprechen den geltenden Vorgaben – einige können aber falsche Erwartungen wecken. Wir haben zehn typische Claims ausgewählt und erläutern, warum wir sie kritisch sehen.

Frei von Fluorid

Ist auf Zahnpasten und Mundspüllösungen zu finden.

Im falschen Licht. Der Claim rückt Fluorid, das als sicher bewertet und zugelassen ist, in ein falsches Licht – als gebe es Gründe, doch besser darauf zu verzichten. Das gilt für viele „Frei-von“-Claims. Kritiker fürchten, Fluorid könne Krebs begüns­tigen. Wissenschaftliche Hinweise darauf fehlen.

Unbe­dingt mit Fluorid. Fluorid remi­neralisiert den Zahn­schmelz und schützt die Zähne so vor Karies. Das ist wissenschaftlich klar belegt. Alternativen mit gleicher Wirkung sind nicht bekannt. Wir bewerten fluoridfreie Zahnpasten im Test mit Mangelhaft.

99 % natürliche Inhalts­stoffe

Steht oft auf Kosmetika, die viel Wasser enthalten.

Kein Naturwunder. Kosmetika, die laut Werbung fast nur natürliche Inhalts­stoffe enthalten, treffen den Nerv der Zeit. Doch nicht zwangs­läufig strotzen sie vor wert­vollen, natürlichen Pfle­gestoffen.

Natürliches Wasser. Oft steht Aqua – also Wasser, als Lösungs­mittel einge­setzt – ganz vorn in der Inhalts­stoff­liste. Das heißt, es macht den größten Anteil im Produkt aus und wird als „natürliches Wasser“ mitberechnet. Übrigens: Je weiter hinten ein Stoff in der Liste der Inhalts­stoffe aufgeführt ist, desto geringer ist seine Konzentration im Produkt.

Ohne Tier­versuche

Der Claim findet sich auf Kosmetika fast aller Kategorien.

Selbst­verständlich. Tragen Kosmetika diesen Claim, ziehen wir im Test Punkte ab. In der EU sind Tier­versuche zur Herstellung von Kosmetika für fertige Produkte wie auch für einzelne Inhalts­stoffe seit 2013 verboten. Kosmetika, die in anderen Ländern an Tieren erprobt wurden, dürfen in der EU nicht verkauft werden.

Altlasten. Vor 2013 an Tieren getestete Stoffe und solche, die für Arznei­mittel an Tieren erprobt wurden, sind nicht verboten. Wir finden: Wer mit Tier­versuchs­freiheit wirbt, sollte diese Stoffe nicht verwenden und das auch nach­weisen können. Bei unseren Tests fordern wir Belege ein.

Augen­ärzt­lich getestet

Der Claim bewirbt vor allem Mascara und Augencremes.

Keine Regeln. Zwar hat sich die Kosmetikbranche auf einige Stan­dards für auf diese Weise beworbene Tests geeinigt – etwa, dass ein Augen­arzt dabei sein muss. Die Tests sind aber nicht einheitlich geregelt. Die Anforderungen legen Anbieter selbst fest. Sie können dementsprechend stark variieren.

Nicht garan­tiert verträglich. Auch augen­ärzt­lich auf Verträglich­keit geprüfte Kosmetika können vereinzelt Juck­reiz oder Rötungen verursachen.

Vegan

Kosmetika fast aller Produktkategorien werben damit, auch viele Kinder­produkte.

Selbst­auskunft. Als vegan beworbene Kosmetika sollen keinerlei tierische Bestand­teile enthalten. Doch der Claim ist gesetzlich nicht geregelt. Anbieter legen selbst fest, wie genau sie vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt kontrollieren. Für die Kund­schaft ist das nicht ohne Weiteres erkenn­bar. Zuver­lässige Prüf­methoden, tierische Stoffe in Produkten nach­zuweisen, sind uns nicht bekannt.

Besser mit Siegel. Einfacher nach­voll­zieh­bar sind Kriterien für Vegan-Siegel, hinter denen größere Organisationen stehen – etwa das V-Label der European Vegetarian Union oder die Sonnenblume der britischen Vegan-Society.

Hypoal­lergen

Früher vor allem auf Cremes weit verbreitet, heute nur noch vereinzelt.

Irreführend. Den Hinweis, dass ein Produkt hypoal­lergen ist, bewerten viele Fachleute als irreführend: Er kann zur falschen Annahme verleiten, es könnte keine allergischen Reaktionen auslösen. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung rät davon ab. Auf Produkten ist der Claim heute kaum mehr zu finden, in Internetforen wird aber nach wie vor darüber diskutiert.

Allergien immer möglich. Zwar dürfen hypoal­lergene Produkte keine Inhalts­stoffe enthalten, die bekann­termaßen häufig Allergien hervorrufen können. Doch trotz allen Verzichts sind einzelne allergische Reaktionen immer möglich und für keinen kosmetischen Inhalts­stoff grund­sätzlich ausschließ­bar.

Wasser­fest

Ist vor allem auf Sonnenschutzmitteln zu finden.

Schutz nimmt ab. Wer seine Haut mit Creme, Lotion und Spray vor schädigender UV-Strahlung schützt, sollte den Begriff „wasser­fest“ nicht wörtlich nehmen. Wasser und Schweiß können die Schutz­wirkung beein­trächtigen. Anbieter dürfen Produkte bereits dann als wasser­fest bezeichnen, wenn diese nach zweimal 20 Minuten Baden nur noch die Hälfte ihres ursprüng­lich gemessenen Schutzes bieten.

Besser nach­cremen. Wir bewerten den Claim kritisch: Er kann zu viel Sicherheit vermitteln. In unseren Tests von Sonnenschutzmitteln über­prüfen wir ihn nicht mehr. Wir raten grund­sätzlich: regel­mäßig und groß­zügig nach­cremen.

Frei von Parabenen

Steht auf Kosmetika fast aller Produktkategorien, oft für Kinder.

In Verruf. Parabene sind Konservierungs­mittel. Sie gerieten in Verruf, als Studien den Verdacht nährten, sie könnten über Kosmetika in den Körper gelangen und das Hormon­system beein­flussen. Einige wurden wegen fehlender Daten verboten. Für Kinder­kosmetik gelten teils strengere Vorgaben. Zugelassene Parabene gelten als sicher und gut verträglich. Daher ziehen wir in unseren Tests für diesen Claim Punkte ab.

All­ergene Alternativen. Ersatz­stoffe sind rar. Zudem lösen etwa Methylisothiazolinon und Methyl­chlorisothiazolinon recht häufig Allergien aus.

48, 72 oder 96 Stunden Schutz vor Achselgeruch und -nässe

Steht häufig auf Antitranspirantien.

Über­triebene Wirk­versprechen. Schlechter Achselgeruch und dunkle Schweiß­flecken auf der Kleidung sind unangenehm. Davor schützen sollen Anti­transpirantien. Viele Anbieter versprechen, dass ihre Produkte 48, 72 oder sogar 96 Stunden wirken. Damit wollen sie den Anwende­rinnen und Anwendern ein Gefühl von hoher Sicherheit vermitteln und besonders anschaulich darstellen, dass die Produkte zuver­lässig und extrem wirk­sam sind.

Realistisch bleiben und regel­mäßig waschen. Wir gehen davon aus, dass Erwachsene sich in der Regel täglich waschen. So lange sollte unserer Meinung nach ein gutes Deo oder Anti­transpirant durch­halten. Deshalb bleiben wir realistisch und prüfen die Wirk­samkeit einheitlich 24 Stunden nach dem Auftragen – unabhängig davon, was die Anbieter auf ihren Produkten versprechen.

Riff­freundlich oder Korallenfreundlich

Damit beworben werden vor allem Sonnenschutzmittel.

Gut gemeinter Verzicht. Bei Angaben wie „Riff­freundlich“ oder „Korallenfreundlich“ handelt es sich nicht um offizielle Umwelt-Label. Die Anbieter von Sonnen­cremes, -lotionen und -sprays bewerben damit häufig Produkte, die auf die UV-Filter Octinoxat und Octocrylen verzichten. Laut bisherigen Erkennt­nissen ist es offen­bar im Sinne von Riffen und Meeren, die Filter zu meiden. Der Grund dafür: Sie werden etwa mit dem Phänomen in Verbindung gebracht, dass Korallen groß­flächig ausbleichen und absterben.

Kaum erforschter Ersatz. Zu bedenken bleibt, dass die beiden genannten UV-Filter durch andere ersetzt werden müssen, damit Sonnen­cremes schützen. Für andere Filter ist aber nicht unbe­dingt klar belegt, dass sie aus Umwelt­sicht besser sind. Die Daten­lage hierzu ist vielfach noch lückenhaft und es muss weiter geforscht werden.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 16.07.2025 um 07:11 Uhr
    Dermatologisch getestet

    @Badenser: Unserer Artikel bezieht sich auf - wie der Titel besagt - "Fragwürdige Versprechen". Daher werden Naturkosmetiksiegel hier nicht aufgeführt.
    Laut Kosmetikverordnung der EU lautet die Definition des Begriffs "dermatologisch getestet", dass ein Produkt unter Aufsicht eines Dermatologen am Menschen getestet wurde. Hierbei werden keine standardisierten Verfahren vorausgesetzt. Die genaue Durchführung liegt damit im Ermessen des vom Kosmetikhersteller beauftragten Instituts. Die Aussage "dermatologisch getestet" sagt also nichts über die Wirksamkeit oder die Verträglichkeit eines Produkts aus, sondern nur, dass ein Test stattgefunden hat.

  • Badenser am 15.07.2025 um 08:11 Uhr
    Chance verpasst

    Liebe Stiwa,
    leider hat die Redaktion hier eine große Chance verpasst. Statt mit der groben Kelle auszuteilen, hätte man hier auch hilfreiche Tipps geben können (wie z.B. bei Thema vegan passiert). So hätte man beim Thema Natürlichkeit auf die Naturkosmetiksiegel verweisen können. Ebenso hätte man beim Thema augenärztlich getestet klar stellen können, dass die meisten Anbieter das tatsächlich mit Sinn und Verstand machen, aber es eben nicht bis ins Detail geregelt ist. Warum man hier "augenärztlich getestet" herauszieht, obwohl exakt das gleiche auch für den viel häufigeren Claim "dermatologisch getestet" gilt, zeigt, dass man man sich mit den Themen nicht ernsthalft beschäftigt hat sondern nur den schnellen Clickbait wollte...
    Sehr schade, wie sich die Institution Stiftung Warentest immer mehr der Aufmerksamkeithascherei unterwirft.