Naturkosmetik boomt – ihr Marktanteil liegt bei rund zehn Prozent. Aber woran ist echte Naturkosmetik zu erkennen? Und kann sie in Tests überzeugen?
Ein wachsender Markt
Schön soll es sein und natürlich. Eine wachsende Zahl an Verbraucherinnen und Verbrauchern setzen für die Haar- und Körperpflege auf natürliche Inhaltsstoffe. So hat sich der Umsatz der Naturkosmetikanbieter in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Im Jahr 2020 lag er laut dem Branchendienst Naturkosmetik Verlag bei rund 1,46 Milliarden Euro. Tendenz: weiter steigend. Der Marktanteil grüner Kosmetik am gesamten Kosmetikmarkt beträgt rund zehn Prozent.
Zu den größten und bekanntesten klassischen Naturkosmetikmarken in Deutschland zählen unter anderem Dr. Hauschka, Lavera und Weleda. Aber auch die Naturkosmetik-Handelsmarken wie Alverde von dm oder Alterra von Rossmann haben klar an Marktbedeutung gewonnen. Folge: Die Auswahl an preisgünstigen Naturkosmetikprodukten, die ähnlich viel kosten wie vergleichbare konventionelle Kosmetika, ist gewachsen.
Was genau ist Naturkosmetik?
Auf den ersten Blick ist sie nicht ganz einfach zu erkennen. Das Problem: Der Begriff „Naturkosmetik“ ist nicht geschützt, es gibt keine rechtsverbindliche Definition. Erster Anhaltspunkt beim Kauf können bestimmte Siegel auf den Verpackungen von Kosmetikprodukten sein. Hinter den Siegeln stehen meist Verbände und Hersteller, die gemeinsam Kriterien dafür festgelegt haben, was sie unter Naturkosmetik verstehen.
Welche Naturkosmetik-Siegel gibt es?
In Deutschland und auf dem internationalen Markt sind auf Naturkosmetikprodukten verschiedene Label zu finden. Was viele eint: Sie verbieten den Einsatz bestimmter Substanzen – zum Beispiel Inhaltsstoffe auf Mineralölbasis, Silikone, synthetische Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe oder organische Lichtschutzfilter.
Es sollen möglichst Naturstoffe – pflanzlichen, mineralischen, aber auch tierischen Ursprungs – verwendet werden, die chemisch unverändert oder nur leicht modifiziert sind. Auch zu den Verarbeitungs- und Herstellungsverfahren werden häufig Vorgaben gemacht. Oft gilt etwa, dass die eingesetzten Rohstoffe und fertigen Produkte nicht mithilfe ionisierender Strahlung sterilisiert, also entkeimt werden dürfen. Verboten ist auch der Einsatz gentechnisch veränderter Inhaltsstoffe.
Zu den bekanntesten Siegeln, die an strenge Auflagen gebunden sind, gehören NaTrue, BDIH-Kontrollierte Natur-Kosmetik und Ecocert.
NaTrue. Das Label wird seit 2008 von einem internationalen Herstellerverband vergeben. Zu den Gründungsmitgliedern gehören unter anderem Weleda und Lavera Naturkosmetik. Zertifiziert werden fertige Produkte und einzelne Rohstoffe. Seit Januar 2021 gibt es zwei Stufen: „Naturkosmetik“ und „Biokosmetik“, wobei die Anforderungen an Biokosmetika etwas strenger sind. So müssen die Inhaltsstoffe zu mindestens 95 Prozent aus kontrolliert biologischer Erzeugung und/oder aus kontrollierter Wildsammlung stammen.
BDIH-Kontrollierte Natur-Kosmetik/Cosmos. Der deutsche Bundesverband der Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel, kurz BDIH, zertifiziert seit 2001 Naturkosmetik. Seit 2017 ist er dem international einheitlichen Cosmos-Standard verpflichtet, einem Kriterienkatalog, den der BDIH und internationale Partner – etwa auch Ecocert (siehe unten) – entwickelt haben. Mit dem Cosmos-Natural-Siegel werden Naturkosmetika ausgezeichnet. Das Cosmos-Organic-Siegel erhalten Produkte, die zudem einen bestimmten Anteil an biologischen Bestandteilen enthalten. In der zweiten Jahreshälfte 2022 soll eine aktualisierte Version dieses Standards erscheinen.
Ecocert/Cosmos. Seit 1991 gibt es Ecocert – eine in Frankreich gegründete Kontroll- und Zertifizierungsstelle, die inzwischen über ein weltweit agierendes Netzwerk an Unternehmen und Verbänden verfügt. Seit 2002 ist die Ecocert Group auch im Kosmetikbereich aktiv und will „zur Entwicklung einer verantwortungsvolleren Kosmetik“ beitragen. Ecocert gehört, genau wie der BDIH, zu den Gründungsmitgliedern des Cosmos-Standard. Das Ecocert-Label können nur Produkte tragen, die den international geltenden Kriterien entsprechen, die auch der BDIH berücksichtigt.
Wirklich Naturkosmetik oder doch nicht?
Viele Hersteller werben auf ihren Produkten mit natürlichen Inhaltsstoffen wie Olivenöl, Mandelmilch oder Aloe Vera. Um Naturkosmetik muss es sich dabei noch lange nicht handeln. Der Anteil natürlicher Zutaten kann in so beworbenen Deos, Cremes und Duschgelen gering und die Hauptbestandteile können konventionelle Inhaltsstoffe sein. Das belegt zum Beispiel ein Etiketten-Check des österreichischen Vereins für Konsumenteninformation (Handcremes: Wo Natur draufsteht, ist teils wenig drin) sowie der Verbraucherzentrale Hamburg (Schöner grüner Schein).
Auch Beschreibungen wie „auf pflanzlicher Basis“, „ausgewählte Naturwirkstoffe“ oder „hochwertige pflanzliche Öle“ stehen nicht zwangsläufig für Naturkosmetik. Viele derartig beworbene und aufgemachte Produkte lassen sich als „naturnahe Kosmetik“ einordnen. Den Standard zertifizierter Kosmetik erreichen sie oft nicht.
Übrigens
Es ist in der EU schon lange verboten, Kosmetik oder einzelne Inhaltsstoffe mithilfe von Tierversuchen zu erproben. Das gilt nicht nur für natürliche Kosmetika, sondern auch für konventionelle.
Für Kenner: Die Liste der Inhaltsstoffe
Ob etwa eine Creme oder ein Shampoo ohne Naturkosmetik-Siegel eher einem konventionellen oder doch einem Naturkosmetikprodukt entspricht, ist für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht leicht zu erkennen. Aufschluss gibt am Ende nur die Liste der Inhaltsstoffe. Die Bestandteile von Kosmetikprodukten müssen laut EU-Kosmetikverordnung auf der Verpackung stehen – und zwar in abnehmender Reihenfolge ihrer Konzentration.
Wichtig zu wissen: Rohstoffe, die aus kontrolliert biologischem Anbau oder aus zertifizierter Wildsammlung stammen, sind häufig mit einem Sternchen und einer Legende versehen.
Und was ist mit veganer Kosmetik?
Wer auf eine vegane Lebensweise Wert legt, sollte die Inhaltsstoffliste ebenfalls genau studieren. Denn bei zertifizierter Naturkosmetik handelt es sich zwar manchmal, aber nicht grundsätzlich auch um vegane Kosmetik.
Kann Naturkosmetik mit konventioneller Kosmetik mithalten?
In unseren Kosmetik-Tests berücksichtigen wir, wenn möglich, neben konventionellen Kosmetikprodukten stets auch Naturkosmetika. Oft können Produkte aus beiden Gruppen überzeugen. In unserem Make-up-Test lag ein zertifiziertes Naturkosmetikum mit einem konventionellen, deutlich teureren Produkt gleichauf an der Spitze.
Im Test von Gesichtscremes siegte eine konventionelle Creme knapp – dicht gefolgt von drei Naturkosmetik-Cremes. Und auch im Shampoo-Test schnitten Produkte aus beiden Gruppen gut ab, darunter sowohl feste als auch flüssige Shampoos.
Wo die Grenzen der Naturkosmetik liegen
Manchmal können wir Naturkosmetika aber nicht in unsere Produktauswahl einbeziehen – weil bestimmte Inhaltsstoffe, die für eine Produktkategorie essenziell sind, in Naturkosmetika nicht eingesetzt werden dürfen, zum Beispiel:
Antitranspirantien. Sie sollen vor schlechtem Achselgeruch schützen und auch die Schweißmenge mindern. Naturkosmetikanbieter dürfen das dafür am häufigsten eingesetzte Aluminiumsalz Aluminiumchlorhydrat nicht verwenden. Ein ähnlich wirksamer natürlicher Inhaltsstoff steht ihnen bisher nicht zur Verfügung. Als Alternative gibt es gute Naturkosmetik-Deos.
Oxidationshaarfarben. Sie färben das Haar dauerhaft und sollen auch graues Haar zuverlässig abdecken. Dafür enthalten sie chemische Stoffe wie Oxidationsmittel und aromatische Amine, die in Naturkosmetikprodukten nicht zugelassen sind. Eine Alternative sind Naturhaarfarben. Sie können das Haar aber nicht aufhellen, sondern nur abdunkeln. Auch einen komplett ergrauten Schopf gleichmäßig umzufärben gelingt mit ihnen kaum.
Mascara. Wasserfeste Produkte fanden wir im Test ausschließlich bei konventionellen Anbietern. Denn: Auf synthetische Polymere, also bestimmte filmbildende Inhaltsstoffe, die in konventioneller Kosmetik zugelassen sind, müssen Naturkosmetik-Anbieter verzichten. Wasserfeste Wimperntusche kommt bisher nicht ohne diese Polymere aus.
Sonnenschutzmittel. Naturkosmetikprodukte dürfen ausschließlich mineralische UV-Filter, auch physikalische UV-Filter genannt, enthalten, etwa Titandioxid oder Zinkoxid. Naturkosmetik kann vor UV-Strahlung schützen, zeigen unsere Tests. Zuletzt fielen aber zwei von drei Naturkosmetik-Sonnenschutzmitteln mit der Note Mangelhaft durch.
Ist Naturkosmetik besser verträglich?
Ob ein Kosmetikprodukt gut vertragen wird, Hautreizungen oder gar eine allergische Reaktion hervorruft, ist individuell verschieden. Es kommt auf die Person an, die es verwendet und nicht darauf, ob es sich um ein konventionelles Produkt handelt, um ein naturnahes oder ein zertifiziertes Naturkosmetikum.
Es kommt auf den Einzelfall an
Inhaltsstoffe von Naturkosmetikprodukten – etwa ätherische Öle, Lorbeer, Kamille oder Teebaumöl – können im Einzelfall genauso zu Problemen führen wie synthetische Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe. Kritiker von Naturkosmetik argumentieren, dass Naturstoffe auf der Haut für den Körper ebenso Fremdstoffe sind wie chemisch-synthetische Substanzen.
- Ob klein gedruckt oder plakativ: Hinweise auf der Packung verleiten oft zum Kauf bestimmter Kosmetika. Manche Claims sind fragwürdig, wie unser Check zeigt.
- Der Verbrauch von Kuhmilch sinkt – der Absatz von Milchalternativen steigt. Pflanzendrinks gelten als gesund und nachhaltiger als Milch. Stimmt das? Ein Überblick.
- Was sagt der Fleischanteil im Futter aus? Warum ist die Schale Milch nicht so empfehlenswert? Und lässt sich eine Katze auch vegan ernähren? Antworten auf Ihre Fragen.
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Lisa_ingseil am 26.07.2022 um 18:20 Uhr
algen bringen viele gute eigenschaften mit...
@k_hahnenfuß algen spenden der haut feuchtigkeit und bringen viele nährstoffe aus dem Meer mit. also die haut wird gut versorgt. ich nutze im moment eine gesichtscreme, die algen enthält, auch von grey berlin und ich bin im moment sehr zufrieden mit meiner haut. ich habe kaum unreinheiten und einen schönen glow. kommt sicher auch ein bisschen von der sonne aber ganz bestimmt vorallem von der richtigen hautpflege.
@k_hahnenfuß: Kosmetikprodukte auf Algenbasis haben wir bisher noch nicht untersucht. Wir geben Ihre Anfrage aber gerne als Testanregung für zukünftige Untersuchungen an die test-Redaktion weiter.
Ich achte bei der Auswahl meiner Pflegeprodukte schon seit langem auf die Inhaltsstoffe, habe es bislang aber nicht so genau genommen. Da nun einige Sachen in absehbarer Zukunft leer werden, überlege ich gleich ganz auf Naturkosmetik umzusteigen. Über Kosmetik aus Algen habe ich bislang noch nicht nachgedacht, aber ich habe in letzter Zeit häufiger und in verschiedenen Kontexten von der Kraft der Algen gelesen. Was genau bewirkt Algenkosmetik denn?
grundsätzlich bin ich naturkosmetik nicht abgeneigt, mir ist in erster linie aber wichtig, dass das produkt gut für meine empfindliche haut ist. das muss dann nicht unbedingt naturkosmetik sein, aber natürlich wäre es wünschenswert. also möglichst sanft und ohne viel schnick schnack sollten die produkte sein, die ich benutze. vor kurzem habe ich mal eine algengesichtspackung bei der kosmetikerin bekommen, das war extrem angenehm. lange weiß ich noch gar nicht darüber bescheid, dass algen gut für die haut sind, habe aber auch kleidung aus algenstoff von grey berlin, die sich pflegend auswirkt. ansonsten nehme ich auch mal aloevera pur, weil ich nun auch weiß, dass die meisten gels, die es zu kaufen gibt, immer irgendwie zusammengepanscht sind. auch hier lohnt sich ein blick auf die liste!
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@k_hahnenfuß algen spenden der haut feuchtigkeit und bringen viele nährstoffe aus dem Meer mit. also die haut wird gut versorgt. ich nutze im moment eine gesichtscreme, die algen enthält, auch von grey berlin und ich bin im moment sehr zufrieden mit meiner haut. ich habe kaum unreinheiten und einen schönen glow. kommt sicher auch ein bisschen von der sonne aber ganz bestimmt vorallem von der richtigen hautpflege.
@k_hahnenfuß: Kosmetikprodukte auf Algenbasis haben wir bisher noch nicht untersucht. Wir geben Ihre Anfrage aber gerne als Testanregung für zukünftige Untersuchungen an die test-Redaktion weiter.
Ich achte bei der Auswahl meiner Pflegeprodukte schon seit langem auf die Inhaltsstoffe, habe es bislang aber nicht so genau genommen. Da nun einige Sachen in absehbarer Zukunft leer werden, überlege ich gleich ganz auf Naturkosmetik umzusteigen. Über Kosmetik aus Algen habe ich bislang noch nicht nachgedacht, aber ich habe in letzter Zeit häufiger und in verschiedenen Kontexten von der Kraft der Algen gelesen. Was genau bewirkt Algenkosmetik denn?
grundsätzlich bin ich naturkosmetik nicht abgeneigt, mir ist in erster linie aber wichtig, dass das produkt gut für meine empfindliche haut ist. das muss dann nicht unbedingt naturkosmetik sein, aber natürlich wäre es wünschenswert. also möglichst sanft und ohne viel schnick schnack sollten die produkte sein, die ich benutze. vor kurzem habe ich mal eine algengesichtspackung bei der kosmetikerin bekommen, das war extrem angenehm. lange weiß ich noch gar nicht darüber bescheid, dass algen gut für die haut sind, habe aber auch kleidung aus algenstoff von grey berlin, die sich pflegend auswirkt. ansonsten nehme ich auch mal aloevera pur, weil ich nun auch weiß, dass die meisten gels, die es zu kaufen gibt, immer irgendwie zusammengepanscht sind. auch hier lohnt sich ein blick auf die liste!