
Sibylle Kessal-Wulf. Die ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht leitet seit April 2024 die Schlichtungsstelle Versicherungsombudsmann. © Christian Lietzmann
Die Ombudsfrau für Versicherungen erklärt, was die Schlichtungsstelle für Versicherungskunden tun kann.
Frau Kessal-Wulf, sind Sie gern Streitschlichterin?
Ja, sogar sehr gerne. Als Richterin war ich jahrelang mit der Streitschlichtung befasst, aber immer eng an die rechtlichen Rahmenbedingungen gebunden. Das privat organisierte Schlichtungsverfahren bietet mehr Gestaltungsmöglichkeiten und die Chance, unbürokratisch, schnell und effektiv zu einer Einigung zu kommen.
Was bedeutet Einigung?
Ein Schlichterspruch kann zugunsten der Versicherten ausfallen. Ein Erfolg ist aber auch die gütliche Einigung in Form eines Kompromisses. Manchmal erklären wir Kunden verständlich die Rechtslage, sodass sie die Entscheidung des Versicherers nachvollziehen können. Das kann helfen, ein Prozessrisiko einzuschätzen. Es kommt vor, dass Versicherte sich für solche Erklärungen bei uns bedanken.
Sie sind nun knapp ein Jahr im Amt. Hat Sie etwas überrascht?
Beachtlich finde ich die hohe Erfolgsquote der Schlichtungsstelle. In gut 50 Prozent der Streitfälle kam es zu einer Einigung zwischen Kunden und Versicherern. Beim Streit über Lebensversicherungen sind es rund 35 Prozent. Die gute Arbeit möchte ich fortführen.
Was könnten Versicherer verbessern, um Ärger zu vermeiden?
Kunden beschweren sich häufiger darüber, dass ihr Versicherer nicht erreichbar ist. Eine Schadensanzeige wird teils gar nicht oder mit großer zeitlicher Verzögerung bearbeitet. Lehnt der Versicherer die Regulierung dann ohne Erklärung ab, ist der Ärger programmiert. Das gilt übrigens spartenübergreifend. Schwierig ist auch, wenn in einem Notfall, etwa nach einem Überschwemmungsschaden, das Wohngebäude gesichert werden muss und Kunden keine Auskunft erhalten, ob sie selbst Handwerker beauftragen dürfen. Insgesamt wünschen sich Kunden eine zügigere Bearbeitung. Die Schlichtungsstelle kann solche Prozesse aber nur anstoßen.
Versicherungen werden zunehmend online abgeschlossen. Gibt es dadurch neue Probleme?
Teils ja. Zum Beispiel kann ein günstig abgeschlossener Online-Tarif bei einem Direktversicherer bedeuten, dass Kunden auf die persönliche Betreuung im Schadensfall verzichten. Melden sie später einen Schaden, ärgern sie sich dann über die rein digitale Schadenbearbeitung. Versicherte sollten daher abwägen, ob ein Direktversicherer der richtige Vertragspartner ist.
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- Bei Ärger mit einem Unternehmen ist eine Schlichtungsstelle erste Wahl. Bei Konflikten zwischen Nachbarn oder in der Familie eignet sich eine Schlichtung oder Mediation.
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- Kunden müssen Gesundheitsfragen vor Abschluss einer Versicherungspolice korrekt beantworten. Sonst können sie später ihren Schutz verlieren. So klappt die Beantwortung.
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- Verweigert der Versicherer mit fragwürdigen Argumenten die Deckungszusage für einen Rechtsstreit, sollten Kunden sich wehren. Die Aussichten sind nicht schlecht.
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@JaHou: Für Alttarife werden in den (gekürzten) Geschäftsberichten mancher Versicherungen oft keine Überschussätze mehr genannt. In diesem Fall wenden Sie sich direkt an den Versicherer und fragen konkret nach, wie Sie an die gewünschte Information herankommen . (maa)
Guten Tag, ich habe eine Generali Lebensversicherung. Diese läuft unter einem bestimmten Tarifkürzel, das die Veruinsung und Überschussbeteiligung ersichtlich macht.
Nun wollte ich mich im Geschäftsbericht der Generali Lebensversicheurung über die Merkmale informieren, doch mein Tarif taucht dort nicht auf.
Was kann ich tun?
@alle: Auch wenn nicht jeder Antrag auf Schlichtung für den Verbraucher zum Erfolg führt, gibt es auch die Verfahren, bei denen der Konflikt außergerichtlich zu Gunsten des Versicherten gelöst wird. Dass die Kosten der Ombudsmannes von den Versicherungen getragen werden, schließt eine Streitbeilegung zugunsten der Verbraucher nicht aus. Die meisten Schlichtungsstellen sind wirtschaftsgetragen. So sieht es auch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz vor, dass in 2016 in Kraft getreten ist und das Ziel hat, dass z.B. die Wirtschaftsverbände eine Schlichtungsstelle für ihre Branche gründen und diese finanziell (mit-)tragen. So ärgerlich ein erfolgloser Antrag ist, die Anrufung des Ombudsmannes versperrt nicht den Weg vors Gericht. Wer mit dem Schlichtungsspruch nicht einverstanden ist, kann seinen Streit weiterhin vors Gericht tragen. (maa)
Versicherungen , die Mitglied im Verein Versicherungsombudsmann sind .. sagt schon alles.
Unabhängige Entscheidungen kann man hier genauso gut erwarten wie vom Vorstandsmitglied Bayern München, dass er Hoeness wegen der Steuerhinterziehung anzeigen würde.
Wir haben erlebt, dass nicht nur die Versicherungen untereinander sich verbünden gegen ihre Versicherten, sondern das auch noch weiter fortgeführt wird beim Ombudsmann, der nur Kenntnis nimmt von den Infos, die er haben will und die anderen einfach ignoriert. Von Ton im Umgang mal ganz zu schweigen. Mag andere Mitarbeiter geben , aber diese eine Erfahrung reicht schon aus.Und ein Einzelfall ist das offenbar auch nicht, wenn man mal googelt.