Versicherungs­ombuds­mann

„Die meisten wollen eine unbürokratische Lösung“

Datum:
  • Text: Simone Weidner
  • Leitung Faktencheck: Dr. Claudia Behrens
Versicherungs­ombuds­mann - Ärger mit der Versicherung? Die Schlichtungs­stelle hilft

Sibylle Kessal-Wulf. Die ehemalige Richterin am Bundes­verfassungs­gericht leitet seit April 2024 die Schlichtungs­stelle Versicherungs­ombuds­mann. © Christian Lietzmann

Die Ombuds­frau für Versicherungen erklärt, was die Schlichtungs­stelle für Versicherungs­kunden tun kann.

Frau Kessal-Wulf, sind Sie gern Streit­schlichterin?

Ja, sogar sehr gerne. Als Richterin war ich jahre­lang mit der Streit­schlichtung befasst, aber immer eng an die recht­lichen Rahmenbedingungen gebunden. Das privat organisierte Schlichtungs­verfahren bietet mehr Gestaltungs­möglich­keiten und die Chance, unbürokratisch, schnell und effektiv zu einer Einigung zu kommen.

Was bedeutet Einigung?

Ein Schlichter­spruch kann zugunsten der Versicherten ausfallen. Ein Erfolg ist aber auch die gütliche Einigung in Form eines Kompromisses. Manchmal erklären wir Kunden verständlich die Rechts­lage, sodass sie die Entscheidung des Versicherers nach­voll­ziehen können. Das kann helfen, ein Prozess­risiko einzuschätzen. Es kommt vor, dass Versicherte sich für solche Erklärungen bei uns bedanken.

Sie sind nun knapp ein Jahr im Amt. Hat Sie etwas über­rascht?

Beacht­lich finde ich die hohe Erfolgs­quote der Schlichtungs­stelle. In gut 50 Prozent der Streitfälle kam es zu einer Einigung zwischen Kunden und Versicherern. Beim Streit über Lebens­versicherungen sind es rund 35 Prozent. Die gute Arbeit möchte ich fortführen.

Was könnten Versicherer verbessern, um Ärger zu vermeiden?

Kunden beschweren sich häufiger darüber, dass ihr Versicherer nicht erreich­bar ist. Eine Schadens­anzeige wird teils gar nicht oder mit großer zeitlicher Verzögerung bearbeitet. Lehnt der Versicherer die Regulierung dann ohne Erklärung ab, ist der Ärger programmiert. Das gilt übrigens sparten­über­greifend. Schwierig ist auch, wenn in einem Notfall, etwa nach einem Über­schwemmungs­schaden, das Wohn­gebäude gesichert werden muss und Kunden keine Auskunft erhalten, ob sie selbst Hand­werker beauftragen dürfen. Insgesamt wünschen sich Kunden eine zügigere Bearbeitung. Die Schlichtungs­stelle kann solche Prozesse aber nur anstoßen.

Versicherungen werden zunehmend online abge­schlossen. Gibt es dadurch neue Probleme?

Teils ja. Zum Beispiel kann ein günstig abge­schlossener Online-Tarif bei einem Direkt­versicherer bedeuten, dass Kunden auf die persönliche Betreuung im Schadens­fall verzichten. Melden sie später einen Schaden, ärgern sie sich dann über die rein digitale Schaden­bearbeitung. Versicherte sollten daher abwägen, ob ein Direkt­versicherer der richtige Vertrags­partner ist.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 23.05.2017 um 11:27 Uhr
    LV Tarif, Überschussbeteiligung nicht ermittelbar

    @JaHou: Für Alttarife werden in den (gekürzten) Geschäftsberichten mancher Versicherungen oft keine Überschussätze mehr genannt. In diesem Fall wenden Sie sich direkt an den Versicherer und fragen konkret nach, wie Sie an die gewünschte Information herankommen . (maa)

  • JaHou am 23.05.2017 um 11:07 Uhr
    LV Tarif, Überschussbeteiligung nicht ermittelbar

    Guten Tag, ich habe eine Generali Lebensversicherung. Diese läuft unter einem bestimmten Tarifkürzel, das die Veruinsung und Überschussbeteiligung ersichtlich macht.
    Nun wollte ich mich im Geschäftsbericht der Generali Lebensversicheurung über die Merkmale informieren, doch mein Tarif taucht dort nicht auf.
    Was kann ich tun?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 02.01.2017 um 16:39 Uhr
    Träger der Schlichtungsstellen

    @alle: Auch wenn nicht jeder Antrag auf Schlichtung für den Verbraucher zum Erfolg führt, gibt es auch die Verfahren, bei denen der Konflikt außergerichtlich zu Gunsten des Versicherten gelöst wird. Dass die Kosten der Ombudsmannes von den Versicherungen getragen werden, schließt eine Streitbeilegung zugunsten der Verbraucher nicht aus. Die meisten Schlichtungsstellen sind wirtschaftsgetragen. So sieht es auch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz vor, dass in 2016 in Kraft getreten ist und das Ziel hat, dass z.B. die Wirtschaftsverbände eine Schlichtungsstelle für ihre Branche gründen und diese finanziell (mit-)tragen. So ärgerlich ein erfolgloser Antrag ist, die Anrufung des Ombudsmannes versperrt nicht den Weg vors Gericht. Wer mit dem Schlichtungsspruch nicht einverstanden ist, kann seinen Streit weiterhin vors Gericht tragen. (maa)

  • Corelli am 02.01.2017 um 13:56 Uhr
    Bock zum Gärtner gemacht

    Versicherungen , die Mitglied im Verein Versicherungsombudsmann sind .. sagt schon alles.
    Unabhängige Entscheidungen kann man hier genauso gut erwarten wie vom Vorstandsmitglied Bayern München, dass er Hoeness wegen der Steuerhinterziehung anzeigen würde.
    Wir haben erlebt, dass nicht nur die Versicherungen untereinander sich verbünden gegen ihre Versicherten, sondern das auch noch weiter fortgeführt wird beim Ombudsmann, der nur Kenntnis nimmt von den Infos, die er haben will und die anderen einfach ignoriert. Von Ton im Umgang mal ganz zu schweigen. Mag andere Mitarbeiter geben , aber diese eine Erfahrung reicht schon aus.Und ein Einzelfall ist das offenbar auch nicht, wenn man mal googelt.