
Mieterprobleme. Mieterengel.de bietet Mietern Rechtsberatung von Anwälten, von denen 60 Prozent nach Darstellung des Unternehmens Fachanwälte für Mietrecht sind. © Adobe Stock / Igor Stevanovic
Das Internetportal Mieterengel.de vermittelt Anwälte zur Rechtsberatung und bietet Rechtsschutz. Die Stiftung Warentest hat das Angebot unter die Lupe genommen.
Angebot vom Mieterengel – Konkurrenz für Mieterverein

Mieterengel.de ist eine Online-Plattform zur Vermittlung von Rechtsanwälten. Mieter stellen ihre Fragen online und laden notwendige Dokumente (etwa Mietvertrag oder Betriebskostenabrechnung) hoch. Anwälte des Portals beantworten die Fragen je nach Wunsch der Kunden telefonisch oder per E-Mail innerhalb von 48 Stunden. Das Angebot existiert seit 2016. Da inzwischen auch viele Mietervereine Rechtsrat per Telefon oder E-Mail anbieten, ist Mieterengel.de eine Konkurrenz zum Angebot der örtlichen Mietervereine. Mieterengel sagt: 75* Prozent der Partneranwälte haben die Zusatzqualifikation „Fachanwalt für Mietrecht“ oder einen Doktortitel.
* Am 25.4.2022 korrigiert.
Mitgliedschaft kostet bis zu 149 Euro pro Jahr
Kunden können bei Mieterengel.de zwischen drei verschiedenen Mitgliedschaftsmodellen wählen. Die Vertragslaufzeit beträgt jeweils zwei Jahre.
Basis-Mitgliedschaft – eine Flatrate mit Einschränkungen
Kunden erhalten im Rahmen einer Basis-Mitgliedschaft (89 Euro pro Jahr) nur außergerichtliche Beratung für ihre mietrechtlichen Fragen. Der Rechtsanwalt beantwortet laut Werbung in der Regel innerhalb von 48 Stunden die Frage und gibt Tipps, wie sich Mieter oder Mieterin verhalten sollen. Eventuell notwendigen Schriftverkehr mit dem Vermieter müssen Anfragende allerdings selbst erledigen.
Keine Prozesskosten. Mündet der Streit mit dem Vermieter in ein Gerichtsverfahren, haben Kunden von Mieterengel.de im Basispaket keinen Prozesskostenschutz. Das heißt: Die Gerichts- und Anwaltskosten des Verfahrens tragen sie selbst. Und es gilt: Nur wenn der Mieter im Klageverfahren zu 100 Prozent gewinnt, muss der Vermieter alle Kosten übernehmen.
Flatrate Mietrechtsfragen. Die Basis-Mitgliedschaft kommt als Flatrate für Mietrechtsfragen. So kann der Basis-Kunde über Mieterengel.de etwa bei einem Umzug überprüfen lassen, ob er zur Renovierung der alten Wohnung verpflichtet ist. Dafür muss er den kompletten Mietvertrag einscannen oder abfotografieren und bei Mieterengel.de hochladen. Hat der Partneranwalt auf eine Frage des Kunden geantwortet, darf der Mieter zwei Nachfragen stellen. Allerdings: Mieterengel begrenzt sein Flatrateangebot. „Dennoch behalten sich MieterEngel GmbH und der Vertragspartner vor, eine unverhältnismäßige Nutzung zu versagen. Dies gilt insbesondere bei einer sehr hohen Anzahl an Fragen, mehr als zwei Rückfragen zum selben Mietrechtsproblem und Fragen, die nicht im Zusammenhang mit einem Mietverhältnis des Mitglieds stehen“, heißt es. Was das genau heißen soll, bleibt unklar.
Betriebskostenabrechnung. Die Basis-Mitgliedschaft erlaubt es Kunden auch, die Betriebskostenabrechnung überprüfen zu lassen. In der Praxiserprobung der Mieterengel-Mitgliedschaft Basis der Stiftung Warentest klappte die Beratung zu einer fehlerhaften Nebenkostenabrechnung nur mit Einschränkungen (siehe unten).
Pro-Mitgliedschaft – Frage-Flatrate und Kostenschutz für Prozess
Ein Kunde bekommt bei der Mieterengel-Pro-Mitgliedschaft zusätzlich zum Recht auf außergerichtliche Beratung den Schutz vor Prozesskosten, falls sein Streit vor Gericht geht. Das kostet 109 Euro pro Jahr. Der Prozesskostenschutz wird von der Allianz Versicherung gestellt (Versicherungsbedingungen). Pro Fall trägt der Kunde einen Selbstbehalt in Höhe von 150 Euro. Das ist üblich. Auch die Mitglieder der meisten Mietervereine haben im Rahmen ihrer Prozesskostenversicherung einen Selbstbehalt in dieser oder ähnlicher Höhe zu tragen. Für Rechtsstreitigkeiten, die sich in den ersten drei Monaten nach Abschluss der Mitgliedschaft ergeben, haben Pro-Mitglieder keinen Prozesskostenschutz. Auch diese sogenannte Wartezeit ist bei Rechtsschutzversicherungen üblich.
Premium-Mitgliedschaft – zusätzlich zwei Anwaltsschreiben
Am umfassendsten ist die Mieterengel-Premium-Mitgliedschaft. Sie kostet 149 Euro pro Jahr. Der Kunde hat das Recht auf außergerichtliche Beratung und die Prozesskostenversicherung wie bei der Pro-Mitgliedschaft. Zusätzlich hat er Anspruch auf bis zu zwei Anwaltsschreiben im außergerichtlichen Streit mit seinem Vermieter. Hat der Anwalt zum Beispiel einen Fehler in der Betriebskostenabrechnung gefunden, schreibt er im Namen des Mieters auf Anwaltsbriefbogen den Vermieter an. Ein solches Schreiben hat oft mehr Wirkung als ein von Mietern selbst formulierter Brief.
Mieterengel.de und Mietervereine im Vergleich
Die Webseite von „Mieterengel“ macht einen guten und leicht bedienbaren Eindruck. Viele klassische Mietervereine sind im Netz noch nicht so weit. Eine bequeme Webseite ist für jene attraktiv, die von zu Hause aus eine schnelle Antwort auf mietrechtliche Frage suchen. Allerdings bieten die Mietervereine auch eine persönliche Beratung, die Mieterengel.de gar nicht im Angebot hat. Bei schwierigen Fällen oder solchen mit langer Vorgeschichte oder umfangreichem Schriftverkehr reicht eine Telefon- oder Onlinerechtsberatung oft nicht aus, damit der Anwalt den Fall vollständig und sachgerecht erfassen kann. Da dürfte eine persönliche Beratung beim Mieterverein oder in der Kanzlei eines Fachanwalts für Mietrecht nötig sein.
Das Angebot von Mieterengel.de ist nicht ganz billig
Mieterengel.de ist nicht billig. Die Mitgliedschaften der drei Pakete sind jeweils teurer als die Mitgliedschaften bei Conny.de. Allerdings ist das Mieterengel-Basispaket auch leistungsstärker als das von Conny.de, und bei den anderen Paketen unterscheiden sich die Leistungen von denen von Conny. Die Leistungen der Mieterengel-Premium-Mitgliedschaft entsprechen in etwa denen eines Mietervereins. Mietervereine kosten meist 80 bis 120 Euro pro Jahr. Die Mieterengel-Premium-Mitgliedschaft ist mit 149 Euro pro Jahr deutlich teurer. Ohnehin klar: Wer bereits eine Rechtsschutzversicherung inklusive Mietrechtsschutz abgeschlossen hat, braucht weder Mieterverein noch Mieterengel oder sonst einen zusätzlichen Mieterschutz. Er kann sowohl bei gerichtlichen wie bei außergerichtlichen Auseinandersetzungen einen Anwalt zu Rate ziehen, der dann notfalls auch Schreiben an den Streitgegner verfasst. Jede Rechtsschutzversicherung hat auch eine Hotline zur schnellen Beantwortung von Rechtsfragen. Stand 15. Februar 2022 bieten zehn Rechtsschutzversicherer auch einzelne Mietrechtsschutzpolicen an. Bereits für 47 Euro pro Jahr bietet die VGH diesen Schutz an. Weitere Einzelheiten dazu im Vergleich Rechtsschutzversicherungen.
Mängel bei praktischer Erprobung
Wir haben im Herbst 2021 eine Testerin mit einer fehlerhaften Mietnebenkostenabrechnung zu Mieterengel geschickt.* Als die Anwältin am Telefon war, gab sie wichtige Hinweise zur Abrechnung. Sie waren aber weder vollständig noch fehlerfrei. Keine Mängel fanden wir beim Datenschutz. Mieterengel.de verschlüsselt die Daten ordentlich. Gravierende Mängel allerdings gibt es in der Datenschutzerklärung: Es fehlen Angaben zur Rechtsgrundlage und Rechtfertigung der Datenverarbeitung. Mieterengel informiert zudem nicht über Regeln für die Übertragung von Daten ins Nicht-EU-Ausland. Weder die Dauer der Speicherung noch die Rechte Betroffener sind korrekt dargestellt. Sonst noch irritierend: Mieterengel bezeichnet seine Mieterschutzangebote als Mitgliedschaften, obwohl das Unternehmen kein Verein ist.
* Geändert am 3.2.2022
Tipp: Die Stiftung Warentest testet auch Rechtsschutzversicherungen (Vergleich Rechtsschutzversicherungen) und ordnet zahlreiche Rechtsangebote („Legal Techs“) für Sie ein (Günstig streiten mit Legal Techs), weitere Internetangebote gibt es von Conny und Mineko.
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- Das Internetportal Conny.de bietet außer Rechtsdurchsetzung auch Mieterschutz mit Beratung und Prozesskostenschutz. test.de hat das Angebot unter die Lupe genommen.
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- Das Internetportal Mineko.de bietet die Prüfung von Nebenkostenabrechnungen, Mustertexte und Tipps für den Streit mit dem Vermieter an.
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- Auffahrunfall, Flugverspätung oder Mieterhöhung: Internetanbieter und Schlichtungsstellen helfen dabei, Recht zu bekommen. test.de nimmt wichtige Angebote unter die Lupe.
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@Deee: Danke für Ihren Hinweis. Die Vermittlungsleistung von Schadenfix würden wir uns in Ihrem Fall gern einmal etwas genauer anschauen. Würden Sie sich noch mal direkt bei unserem Redakteur Michael Sittig melden: m.sittig@stiftung-warentest.de (maa)
Ich möchte dringend anregend, dass die Stiftung Warentest Anwaltsvermittlungen intensiver untersucht.
Im Falle von Schadenfix (hier geht es um Anwalt-Vermittlung bei Verkehrsunfällen) stellte mir der auf Schadenfix ausgesuchte Anwalt eine Rechnung von 120 Euro für die telefonische Auskunft, man könne wegen niedriger Schadenhöhe (~120 Euro) nichts für mich tun, ich solle selber tätig werden.
Mehr zu dem Fall habe ich in den Kommentaren hier geschildert:
https://www.test.de/Unfallheldende-Anwalt-Gutachter-Autowerkstatt-Hilfe-aus-einer-Hand-5342711-0/