Rechts­schutz­versicherung So wehren Sie sich gegen die Ausreden der Versicherer

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Rechts­schutz­versicherung - So wehren Sie sich gegen die Ausreden der Versicherer

Mehr als 2 000 Kunden haben sich 2013 über ihre Rechts­schutz­versicherung beim Versicherungs­ombuds­mann beschwert. Die Schlichtungs­stelle verhilft vielen zu ihrem Recht – und das umsonst.

Wer eine Rechts­schutz­versicherung abschließt, vertraut darauf, dass er im Zweifels­fall auf juristischen Beistand hoffen kann – und nicht auf den Kosten sitzenbleibt. Doch was tun, wenn die Versicherung den Schutz verweigert? Finanztest nennt typische Ausreden und sagt, wie sich Kunden wehren können.

Über 2 000 Beschwerden allein im Jahr 2013

Seit Jahren spielt die Rechts­schutz­versicherung ganz vorne mit: in der Beschwerde­statistik des Ombuds­manns für Versicherungen. Der Versicherungs­ombuds­mann ist die Schlichtungs­stelle für Versicherungs­kunden. Sie können sich dort zum Beispiel beschweren, wenn die Rechts­schutz­versicherung Anwalts­kosten – aus ihrer Sicht zu Unrecht – nicht über­nehmen will. Der Jahres­bericht des Ombuds­manns aus dem Jahr 2013 verzeichnet zur Rechts­schutz­versicherung die meisten Beschwerden seit Einführung der Stelle im Jahr 2003. 2 138 Kunden reichten 2013 eine zulässige Beschwerde ein. Wie sollen Betroffene reagieren, wenn ihr Versicherer ablehnt? Sie könnten gegen die Versicherung eine sogenannte Deckungs­klage einreichen. Falls sie verlieren, müssen sie selbst zahlen. Solche Kostenrisiken wollen Kunden mit Rechts­schutz ja gerade vermeiden. Deckungs­klagen sind daher selten. Was viele Versicherte nicht wissen: Sie können sich gegen die Entscheidung auch anders wehren. Wie am besten – das hängt davon ab, wie das Unternehmen die Ablehnung begründet. Finanztest nennt die Ausreden und sagt, was Kunden tun können.

Tipp: Welche Policen guten Schutz bieten, und was Sie von einer Rechts­schutz­versicherung erwarten dürfen, verrät der aktuelle Test Rechtsschutzversicherung.

Ausrede 1: „Ihr Fall ist von der Versicherung nicht gedeckt“

Häufig berufen sich Versicherer auf Ausschlüsse in den Versicherungs­bedingungen. Vor dem Ombuds­mann landete zum Beispiel der Fall eines Unternehmers mit einer Rechts­schutz­versicherung für den privaten Lebens­bereich. Wohn- und Firmensitz lagen in demselben Haus. Die Telefon­rechnung der Privatwohnung bezahlte die Firma. Als der Unternehmer aber für seinen Privat­anschluss die Horrorrechnung von rund 1 900 Euro bekam, wollte er mithilfe der Rechts­schutz­versicherung dagegen vorgehen. Doch die Versicherung lehnte ab. Das Telefon gehöre zum Betrieb, der Fall sei nicht vom „Privat-Rechts­schutz“ gedeckt. Der Unternehmer schaltete den Ombuds­mann ein. Dieser entschied für ihn. Da die Telefon­rechnung durch private Telefonate des Sohnes zustandege­kommen sei, falle die Sache eindeutig unter die private Rechts­schutz­versicherung, so der Schlichter. Der Ombuds­mann verpflichtete den Versicherer, den Fall zu über­nehmen.

Ausrede 2: „Ihr Fall liegt zeitlich vor Beginn des Versicherungs­schutzes“

Viele Versicherungs­nehmer beschweren sich beim Ombuds­mann, weil Versicherer behaupten, die Ursache des Streits liege vor dem Abschluss der Versicherung. Das erlebte ein Finanztest-Leser zum Beispiel nach dem Kauf einer gebrauchten Immobilie. Als er die Immobilie kaufte und den Kredit abschloss, hatte der Käufer noch keine Rechts­schutz­versicherung. Die schloss er erst später ab. Vor wenigen Monaten erfuhr er davon, dass seine Bank ihn damals – bei Abschluss des Kredit­vertrags – falsch über das Widerrufs­recht belehrt hatte. Der Käufer widerrief den Kredit und wollte das Darlehen rück­gängig machen. Seine Rechts­schutz­versicherung sollte seinen Anwalt bezahlen. Doch die lehnte ab, weil der Käufer noch nicht versichert war, als er den Kredit­vertrag unter­schrieben hatte. Auch in einem solchen Fall kann der Ombuds­mann helfen. Denn einige Versicherer ignorieren offen­bar das Urteil des Bundes­gerichts­hofs zu dieser Frage (Az. IV ZR 23/12). Entscheidend ist, ob der Kunde rechts­schutz­versichert war, als die Bank sich weigerte, den Widerruf zu akzeptieren. Der Rechts­schutz­versicherer muss die Kosten des Rechts­streits also über­nehmen.

Ombuds­mann kann Versicherer zur Kosten­über­nahme verpflichten

Lehnt die Rechts­schutz­versicherung eine Über­nahme ab und haben Kunden Zweifel an dieser Entscheidung, sollten sie auf jeden Fall den Ombuds­mann einschalten. Denn schließ­lich ist das Schlichtungs­verfahren für sie kostenlos. Sollte der Ombuds­mann später gegen den Versicherungs­nehmer entscheiden, kann er immer noch gegen die Rechts­schutz­versicherung klagen. Der Versicherungs­ombuds­mann kann bis zu einem Beschwerde­wert von 10 000 Euro verbindlich gegen den Versicherer entscheiden. Dabei geht es um die zu erwartenden Anwalts- und Gerichts­kosten in der ersten Gerichts­instanz. Hat der Versicherer also abge­lehnt, eine Klage des Kunden zu finanzieren, die in der ersten Instanz nicht mehr als 10 000 Euro kosten würde, kann der Ombuds­mann die Versicherung verpflichten, die Kosten zu über­nehmen.

Ausrede 3: „Mutwil­ligkeit“ oder „mangelnde Erfolgs­aussichten“

Manchmal versuchen die Unternehmen den Versicherungs­schutz wegen „Mutwil­ligkeit“ oder „mangelnder Erfolgs­aussichten“ abzu­lehnen. Diese Ausrede zieht aber nur selten. Eine Rechts­sache ist nur dann nicht erfolg­versprechend, wenn das Ziel des Kunden recht­lich absolut nicht vertret­bar ist. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn der Mieter wegen einer vermeintlich unwirk­samen Reno­vierungs­klausel klagen will, obwohl der Bundes­gerichts­hof den Wort­laut dieser Klausel zuvor schon für recht­lich korrekt erklärt hat. Auf Mutwil­ligkeit berufen sich Rechts­schutz­versicherer mitunter, wenn Kunden wegen kleiner Beträge streiten wollen. Einen solchen Fall hat der Berliner Rechts­anwalt Carsten R. Hoenig 2014 erlebt. Seinem Mandanten wurde zu schnelles Fahren vorgeworfen. Gegen das „Verwarnungs­geld“ in Höhe von 25 Euro wehrte er sich. Als Hoenig für seinen Mandanten beim Rechts­schutz­versicherer Arag die Über­nahme des Falles einholen wollte, kam prompt das Nein. Die zu erwartenden Anwalts­kosten stünden in einem „groben Miss­verhältnis“ zu den 25 Euro Strafe. Damit lag die Arag aber falsch. „Allein die Tatsache, dass ein Rechts­schutz­kunde sich mit jemandem um eine kleine Summe streitet, recht­fertigt nach über­wiegender Recht­sprechung noch keine Ablehnung wegen Mutwil­ligkeit“, so Hoenig.

Kunden können Gutachter einschalten und Ablehnung über­prüfen lassen

Nennt die Versicherung eine dieser Ausreden, kann der Betroffene einen Gutachter einschalten. Dieser klärt dann, ob die Ablehnung in Ordnung war. Es gibt zwei Gutachter­verfahren. Welches für den Kunden gilt, steht in seinem Versicherungs­vertrag. Gutachter ist entweder der Anwalt des Kunden (Stich­entscheid) oder ein externer Anwalt, ausgesucht von der Rechts­anwalts­kammer am Wohn­sitz des Versicherten (Schieds­gut­achten). Der Stich­entscheid ist für Kunde und Versicherer bindend. Kommt der Anwalt im Stich­entscheid zu dem Ergebnis, dass doch Erfolgs­chancen bestehen oder keine Mutwil­ligkeit vorliegt, muss der Versicherer die Kosten des Rechts­streits tragen. An das Ergebnis des Schieds­gut­achtens ist nur der Versicherer gebunden. Der Kunde kann immer noch Deckungs­klage erheben, wenn der Schieds­gut­achter seiner Meinung nach falsch liegt.

Stich­entscheid ist für Rechts­schutz­versicherte besser

Für Versicherte ist der Stich­entscheid vorteilhafter. Die Versicherung bezahlt die Kosten des Entscheids, egal wie der Anwalt entscheidet. Das Schieds­gut­achten hingegen zahlt, wer laut Gutachten unterliegt. Einige Versicherungs­verträge lassen beide Verfahren zu. Wer die Wahl hat, sollte im Streitfall einen Stich­entscheid verlangen. Auch der Mandant von Rechts­anwalt Carsten R. Hoenig entschied sich für den Stich­entscheid. Hoenig wies den Versicherer in seiner Stellung­nahme auf die kundenfreundliche Recht­sprechung zur Mutwil­ligkeit hin. Die Rechts­schutz­versicherung Arag musste zahlen. Hoenig konnte seinen Mandanten anschließend erfolg­reich verteidigen.

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  • arrow1 am 26.07.2017 um 12:38 Uhr
    Fortuna/Generali Rechtschutzversicherung Schweiz

    Ich wohne in der Schweiz , war frueher bei Generali Schweiz fuer Hausrat versichert und machte den Fehler mich bei Fortuna Rechtschutz Generrali zu versichern .Bei Generali habe selber vor 4 Jahren in Schadenfall gekuendigt weil sie haben mir die Einbruch / Diebsthal Schaden gar nicht bezahlt , bei Fortuna habe nur 2 Rechtsauskunfte verlangt und ein einziges Schadenfall angemldet Gesamt Total Fr 75 welche Fortuna danach sich entschlossen hatte selber zu bezahlen , jedoch mir wurde danach die Versicherung gekuendigt. In alle Jahren als Rechtschutz Teilnehmer wurde mir noch nie eine Police gekuendigt. Laut andere Schweizer geschaedigte von Generali und Fortuna Rechtschutz beide Fimen handeln misbrauchlich mit Versicherungsnehmern. Vor 4 Jahe hatte ich meine Generali Hausrat und MFK Versicherungen gekuendigt . Fern bleiben von Generali und Fortuna Versicherungen !

  • Antefix am 11.03.2017 um 12:53 Uhr
    @MsDingels und die Anwälte

    Ihre Lage verstehe ich mit eigener Erfahrung gut. Empfehle in der Lage daher, zunächst die Haken des Falls zu suchen (hier: was hätten Arzt>Krankenhaus tun können, und zeigt sich daran u.U. ein "grober" Behandlungsfehler?). Nur mit Anfangsverdacht einen Fachanwalt [hallo: einen FACHanwalt] herausfiltern; seine eventuellen sog. 'Bewertungen' können allerdings nur ein Randmaß bilden. Mit seinem Sekretariat ein Telefonat führen und heraushören, ob es einer ist, der Beratungshonorar - wie hoch? - schon für den Termin erwartet, egal was dabei herauskommt. Je nachdem jetzt die Kernfrage des Problems erläutern, ob der RA sich das ohne Beratung kurzfristig ansehen möchte. An dieser Stelle entscheidet sich ganz ohne RSV, ob er fallinteressiert ist. Wenn nicht, erstmal mit einer anderen Adresse von vorn beginnen. Falls die ziemlich erste Frage die nach vorhandenem Rechtsschutz ist, soll das die halbe Miete für's Mandat werden, aber noch lange nicht für den rechtlichen Erfolg. . .

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 08.03.2017 um 16:02 Uhr
    Stichentscheid

    @MsDingels: Dies ist nicht der Ort für eine individuelle Beratung. Wir kennen weder den Inhalt Ihrer Kommunikation mit dem Versicherer noch andere Details zum angestrebten Verfahren. Bitte wenden Sie sich mit diesem Ansinnen an einen Rechtsanwalt.
    Wir können an dieser Stelle nur allgemeine Informationen dazu geben, wie der übliche Ablauf für den Erhalt einer Deckungszusage aussieht. Da geht man zuerst zum Anwalt, ..... (maa)

  • MsDingels am 08.03.2017 um 15:26 Uhr
    Stichentscheid

    Ich kann dem leider nicht ganz folgen.
    Die Rechtsschutz hat doch bereits definitiv abgelehnt? und den Weg für den Stichentscheid frei gegeben.
    Wenn ich nun erst zum Anwalt muss, welcher "vorab" auf meine Kosten die Deckungszusage prüfen muss, brauche ich doch keinen Stichentscheid mehr. Diese Prüfung ist doch nicht mit einem Beratungsgespräch abgetan, sondern es müssen Gutachten etc. gesichtet werden. Ich denke diese "Vorabprüfung" ist der Stichentscheid.
    Die Rechtsprechung lautet folgendermaßen:
    "Auf Kosten des Rechtsschutzversicherers verfasst der beauftragte Rechtsanwalt des Versicherten gegenüber dem Versicherungskonzern eine Stellungsnahme, ob das Verhältnis der Kosten in Relation zu dem angestrebten Erfolg steht."
    Weiterhin befindet sich auf der Seite , zum Thema Rechtsschutzversicherungen, von Stiftung Warentest folgendes:
    "Die Versicherung bezahlt die Kosten des Entscheids, egal wie der Anwalt entscheidet."

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 08.03.2017 um 14:52 Uhr
    Stichentscheid

    @MsDingels: Der Weg zum Ombudsmann ist an dieser Stelle des Verfahrens für Sie noch nicht frei. Im ersten Schritt wenden Sie sich an einen Anwalt und lassen von diesem prüfen, ob es für das Verfahren den Deckungsschutz gibt. Ist der Anwalt der Meinung, dass die Klage überhaupt keine Aussicht auf Erfolg hat, bleiben Sie auf den Kosten der Erstberatung sitzen.
    Ist Ihr Anwalt der Meinung, dass die Klage einen hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, beantragt dieser den Deckungsschutz. Lehnt der Versicherer daraufhin den Deckungsschutz ab, kommt es zum Stichentscheid. Die Kosten dieses Stichentscheides trägt der Versicherer. (maa)