Katze und Hund aus dem Tierheim Was bei einer Tier­adoption zu beachten ist

Katze und Hund aus dem Tierheim - Was bei einer Tier­adoption zu beachten ist

Neues Zuhause. Insbesondere Hunde mit einer Tierheim-Vorgeschichte brauchen viel Aufmerk­samkeit. © Getty Images / Thanasis Zovoilis

Einsame Hunde, schnurrende Kätz­chen – sich in Tiere aus dem Tierheim zu verlieben, ist leicht. Wer eins nach Hause holt, sollte die recht­liche Lage kennen.

Sie heißen Kitty, Josy, Toni, Balu oder Coffee, Raphael oder Victoria. Einige von ihnen sind klein und wuschelig, andere groß und imposant, manche sogar furcht­einflößend. Was sie gemein­sam haben: Sie sind Haustiere ohne Zuhause und leben in einem der schät­zungs­weise 1  400 Tier­heime in Deutsch­land.

Wie viele Hunde, Katzen, Kleintiere, Reptilien und Vögel es genau sind, lässt sich kaum ermitteln. Nach Angaben des Tier­schutz­bunds nehmen Heime jähr­lich rund 350 000 Tiere auf. Klar ist leider: Es werden mehr. Inflation und steigende Energiekosten bringen Halte­rinnen und Halter zunehmend in finanzielle Not. Sie können die Kosten für Futter, tier­ärzt­liche Behand­lungen und Zubehör nicht mehr aufbringen und müssen ihre tierischen Mitbewohner abgeben. Dazu kommen viele Tiere, die leicht­fertig während des Lock­downs in der Corona­zeit ange­schafft wurden.

Die Tiere haben oft Schlimmes erlebt

In der Tier­schutz­szene spricht man von Tier­adoptionen, wenn Katzen und Co in ein neues Zuhause vermittelt werden. Wer sich dazu entschließt, sollte Zeit und Geduld mitbringen. Und sich gleich den Anspruch abschminken, dass er oder sie etwa einen mittel­großen, niedlichen Hund aus dem Tierheim holt, der zudem pflegeleicht ist. Viele der Bewohner haben eine traurige Vorgeschichte; sie wurden ausgesetzt, miss­handelt, zu früh von der Mutter getrennt oder wuchsen unter unwürdigen Bedingungen auf. „Mitunter kennen wir die Vita unserer Tiere, oft wissen wir allerdings nicht, was sie vorher erlebt haben“, sagt Ute Reinhardt vom Tierheim Berlin.

„Sorgenfell­chen“ – ein Hund möchte adoptiert werden

Und so kommt es, dass etliche Tierheimbe­wohner nicht gerade unkomplizierte Zeitgenossen sind. „Es besteht der Verdacht, dass der Rüde ein traumatisches Erlebnis hatte“ oder „Unser Ace ist ein richtiges Sorgenfell­chen“ steht etwa in den Steck­briefen zur Tier­vermitt­lung.

Die Heime erfüllen öffent­liche Aufgaben, indem sie neben Streunern und Tieren von Privatpersonen auch diejenigen aufnehmen, die von der Polizei beschlag­nahmt wurden. Das geschieht oft aus Tier­schutz­gründen, manchmal auch weil es zu einem sogenannten Biss­vorfall gekommen ist. „Es ist ein Riesen­problem, dass wir hier viele Hunde haben, die wir nur in die Hände von bereits erfahrenen Halte­rinnen und Haltern abgeben können“, sagt Ute Reinhardt. Ihrer Einschät­zung nach sind etwa 80 Prozent der Hunde und 50 Prozent der Katzen, die derzeit auf dem Gelände in Berlin-Hohen­schön­hausen leben, wegen ihres Verhaltens schwer vermittel­bar. Außer Hunden und Katzen leben auch zahlreiche Kleintiere, Exoten und auch Tiere von Bauernhöfen wie etwa Hühner und Ziegen in den Tier­heimen.

Anfrage vor Ort erhöht die Chancen

Auch wenn es in anderen Einrichtungen ähnlich aussieht: Unerfahrene Tierfreundinnen und -freunde haben durch­aus Chancen, in den Heimen neue Gefährten zu finden und mit ihnen glück­lich zu werden, siehe Checkliste. „Unpro­blematische Tiere können wir oft so schnell vermitteln, dass wir nicht dazu kommen, einen Internet-Steck­brief für sie zu erstellen“, erklärt Ute Reinhardt.

Im Sommer und Herbst wird etwa in den Tier­heimen oft ein Wurf Kätz­chen abge­geben und kommt nach wenigen Tagen unter. Über die Tierheim-Websites erfährt man das nicht.

Verläuft die Suche erfolg­los, besteht natürlich die Möglich­keit, ein Tier zu kaufen. Oft wird der Handel heut­zutage übers Internet angebahnt. Was dabei zu beachten ist, erfahren Sie in unserem Artikel Tierkauf online.

Futter, Streu, Versicherung, Spenden

Katze und Hund sind die Lieblings­tiere der Deutschen. Tests, Tipps und Infos finden Sie auf unseren Themen­seiten Katze und Hund. Ein erheblicher Kosten­faktor sind die Tier­arzt­kosten. Hundekrankenversicherungen und Katzenkrankenversicherungen können vor ausufernden Kosten schützen. Wichtig ist auch die richtige Ernährung. Informieren Sie sich über Hundefutter und Katzenfutter mit den Test­ergeb­nissen der Stiftung Warentest. Hundehalter benötigen unbe­dingt eine Tierhalterhaftpflichtversicherung, denn Schäden durch ihre Vier­beiner sind über die Privathaftpflichtversicherung nicht abge­deckt.

Sie haben ein Herz für Tiere, möchten aber nicht unbe­dingt mit ihnen zusammenleben? Auch Spenden können viel Gutes bewirken. Wir haben ermittelt, welche Tierschutzorganisationen wirt­schaftlich mit den ihnen anver­trauten Spendengeldern umgehen.

Künftige Halter werden geprüft

In einen treuen Hundeblick oder in ein flauschiges Fell verliebt zu sein, qualifiziert aus Sicht der Tier­pfleger niemanden als Halterin und Halter. Sie prüfen genau, welche Interes­senten den Tieren ein angemessenes Zuhause bieten können und so für die Tier­vermitt­lung in Frage kommen.

Bei Online-Anfragen müssen Interes­senten üblicher­weise erst per Web-Formular Fragen beant­worten, bevor es zu einer Vermitt­lung kommt. Etwa, ob es bereits Tiere im Haushalt gibt und wie es um Wohnungs­größe, Frei­zeit­verhalten und familiäre Verhält­nisse steht. So wird etwa bei Vögeln die Abmessung der Voliere geklärt. Die Ansprüche an die künftige Haltung sind in der Regel hoch. Insbesondere für Hunde werden meist mehrere Kennen­lern­treffs angesetzt – oder Schnup­perbesuche in der neuen Umge­bung, bei denen Angestellte oder Ehren­amtliche dabei sind. Oft werden auch Kontroll­besuche nach der Vermitt­lung vereinbart.

Schutz­gebühr für die Tier­adoption

Stimmt die Chemie zwischen Mensch und Tier und spricht vonseiten des Tierheims nichts gegen den Umzug, zahlen die künftigen Besitze­rinnen und Besitzer eine Schutz­gebühr. Für Hunde werden beispiels­weise 200 bis 300 Euro verlangt, für Katzen etwa 100 Euro, für ein Meer­schwein 20 bis 40 Euro. Die Preise liegen meist deutlich unter denen für Zucht­tiere. Hunde und Katzen aus dem Tierheim sind oft bereits geimpft, gechippt und kastriert – die Kosten dafür sind in der Gebühr bereits enthalten. Falls nicht, ist es sinn­voll, das Thema anzu­sprechen. Vielleicht kann ja der Stamm-Veterinär des Heims noch vor der Über­gabe einen Eingriff über­nehmen.

Ungüns­tigere juristische Situation für neue Halter

Tier­heime geben meist Über­nahme- oder Schutz­verträge raus, keine Kauf­verträge. Der wichtigste Punkt für neue Besitze­rinnen und Besitzer: Sie haben kein Recht auf Gewähr­leistung. Stellt sich das Tier nach der Über­gabe als krank heraus, dann müssen sie für die Tier­arzt­kosten aufkommen. Bei einem Verkauf – etwa durch Züchter oder Zoohand­lungen – stehen Halter juristisch besser da. In den folgenden zwei Jahren können sie Tiere mit einem nachgewiesenem Mangel – etwa einer Krankheit oder einer Verhaltens­auffäl­ligkeit – sogar zurück­geben und ein neues verlangen. Da sich oft schon nach Tagen eine Bindung zwischen Mensch und Tier entwickelt, geschieht das aber sehr selten. Lesen Sie mehr dazu in unserem Interview mit dem auf Tierrechte spezialisierten Rechts­anwalt Andreas Ackenheil.

Oft bleibt das Tierheim Eigentümer

Eine weitere Besonderheit: Die neuen Halter sind im juristischen Sinne zwar Besitzer, die Tier­heime bleiben jedoch – manchmal nur für einen fest­gelegten Zeitraum, manchmal für immer – Eigentümer. Damit haben sie, vereinfacht gesagt, weiterhin Rechte an ihren ehemaligen Schützlingen und können diese etwa wieder in Obhut nehmen, wenn die Haltung nicht gut läuft. Um das auszuschließen, setzen sie Interes­senten im Vorfeld hohe Hürden, sich ein Tier aus dem Heim zu holen.

Tier­heime dürfen nicht eigenmächtig handeln

Eigenmächtig ein Tier wieder zurück­holen dürfen Tier­heime allerdings auch nicht. Eventuelle Ansprüche gegen­über den Halte­rinnen und Haltern vermittelter Tiere müssen sie gericht­lich durch­setzen, wie das Amts­gericht Hanau entschied (Az. 98 C 98/23). Geklagt hatte eine Frau, die von einem hessischen Tierheim einen Kater über­nommen hatte. Laut Über­lassungs­vertrag sollte sie ihren Balkon mit einem Fliegengitter sichern, zudem sollte der Kater abspe­cken. Weil die Frau sich nicht an die Regeln des Über­lassungs­vertrags gehalten hatte, nahmen zwei Mitarbeiter ihr den Kater weg. Diese Aktion war die Aktion laut Gericht nicht rechtens.

Ein Tier im Tierheim abgeben

Oft ist es der letzte Ausweg aus einer schwierigen Situation, doch manchmal müssen Menschen ihre tierischen Mitbewohner in einem Tierheim abgeben. Das kann etwa bei schweren Krankheiten der Fall sein oder wenn ein Umzug nötig ist und die neue Bleibe kein geeignetes Umfeld für Hund, Katze & Co ist.

Wichtig ist, dass man sich vorab mit dem Tierheim vor Ort in Verbindung setzt, um nach­zufragen, ob dort noch Tiere aufgenommen werden. Meist wird ein Termin zur Abgabe vereinbart, in der Regel wird auch eine Gebühr fällig. So kostet es meist 100 Euro und mehr, einen Hund abzu­geben, während für Kleintiere deutlich geringere Gebühren aufgerufen werden. Einige wenige Einrichtungen nehmen Tiere auch kostenlos entgegen. Oft wird verlangt, dass Besitzerin oder Besitzer bei der Über­gabe persönlich vorstel­lig werden und ihren Personal­ausweis vorzeigen.

Eine Scheidung kann auch ein Grund sein, dass ein Tier sein Zuhause verliert. Oder die Expartner streiten sich, bei wem es leben darf, teil­weise sogar bis vor Gericht.

Auch wenn Menschen sterben, kommen ihre Tiere mitunter ins Tierheim. Die Erben müssen die dadurch entstehenden Kosten tragen, wie das Verwaltungs­gericht Göttingen entschied (Az. 1 A 193/219). In dem verhandelten Fall ging es um zwei Katzen, die in der Wohnung eines Verstorbenen gefunden und in einem Tierheim unterge­bracht wurden. Die Allein­erbin wollte nicht für die Gebühren aufkommen und klagte dagegen. Vergeblich. Das Gericht befand, die Klägerin sei nach Paragraf 1922 des Bürgerlichen Gesetz­buch Eigentümerin der beiden Katzen geworden und damit verpflichtet, die Kosten zu tragen.

Diese 5 Punkte sind wichtig, bevor Sie ein Tier adoptieren

Egal ob Vier­beiner, Vogel oder Reptil, egal ob aus dem Tierheim, vom Züchter oder von nebenan – bevor Sie sich ein Tier ins Haus holen, gilt es wichtige Fragen zu klären.

1. Sind Sie gut vorbereitet für den Einzug eines Haustiers?

Haben Sie genug Platz? Ist die Betreuung das ganze Jahr über gesichert? Diese Fragen sind besonders wichtig, wenn sich Ihr Kind zum Teil oder haupt­sächlich um Hund, Katze oder Vogel kümmern soll. Mehr zum Thema in unserem Special Kinder und Haustierhaltung.

2. Wie ist die Tierhaltung in Ihrem Miet­vertrag geregelt?

Die Haltung von Kleintieren in Käfigen dürfen Vermieter nicht verbieten, anders sieht es bei größeren Haustieren aus. Wie genau, erfahren Sie in unserem Artikel Haustiere in der Mietwohnung.

3. Gefällt Ihnen das Tierheim?

Welchen Eindruck macht die Einrichtung auf Sie? Ist es dort sauber? Werden die Tiere gut versorgt? Wenn Sie bei einem Besuch ein schlechtes Gefühl haben – nichts wie weg! Anzeichen für Vernach­lässigung sollten Sie dem zuständigen Veterinär­amt melden.

4. Wie engagiert sind die Pfleger?

In einem guten Tierheim werden sich Mitarbeite­rinnen und Ehren­amtliche intensiv um Tiere und Besucher kümmern. Befragt man Sie gründlich zu Ihren häuslichen Verhält­nissen, ist das ein Zeichen dafür, dass das Personal seine Aufgabe ernst nimmt.

5. Wie sieht der Vertrag aus?

Er sollte Angaben zu Alter und Gesund­heits­zustand des Tiers enthalten, auch zu eventuellen Chip­nummern. Lesen Sie den Vertrag in Ruhe, ehe Sie unter­schreiben. Lassen Sie ihn im Zweifel juristisch prüfen.

„Für Tierheim-Verträge gibt es keine Vorgaben“

Katze und Hund aus dem Tierheim - Was bei einer Tier­adoption zu beachten ist

Andreas Ackenheil lebt mit seiner Familie und drei Cavalier King Charles Spaniels in der Nähe von Mainz. Dort betreibt er seine Kanzlei, die insbesondere auf Pferderecht spezialisiert ist. © Ackenheil Anwaltskanzlei

Anwalt Andreas Ackenheil hat sich auf Rechte rund ums Tier spezialisiert. Im Interview mit test.de verrät er, worum es bei Verträgen mit Tier­heimen geht.

Worüber wird am häufigsten gestritten, wenn sich Tierfreunde und Tier­heime vor Gericht treffen?

Vonseiten der Halte­rinnen und Halter geht es oft darum, dass sie ein Tier über­nommen haben, das sich kurze Zeit später als krank erweist. Jetzt möchten sie eine Über­nahme der Behand­lungs­kosten durch das Tierheim erwirken. Tier­heime streiten dagegen oft um die Heraus­gabe von ehemaligen Schützlingen, die nicht gut gehalten werden.

Inhalt im Zweifel juristisch prüfen lassen

Würden Sie grund­sätzlich abraten, kranke Tiere aufzunehmen?

Nein. Ich würde allerdings dazu raten, dass der Gesund­heits­zustand des Tieres vor der Über­nahme untersucht und im Vertrag fest­gehalten wird.

Statt Kauf­verträgen geben Tier­heime etwa Schutz-, Über­lassungs- oder Abgabe­verträge heraus. Was regeln solche Verträge?

Verträge mit Tier­heimen und Tier­schutz­organisationen können frei gestaltet werden – und das werden sie auch. Unter der Über­schrift Abgabe­vertrag kann sich etwa ein Kauf­vertrag verbergen. Wichtig ist der Inhalt. Wer den nicht versteht, sollte den Vertrag prüfen lassen.

Wenn der Vertrag Vorgaben enthält

Oft enthalten die Verträge bestimmte Auflagen für die Adoptierenden. Wie sehen diese aus?

Typische Auflagen können etwa sein, dass ein Kater inner­halb der nächsten Wochen kastriert wird oder ein Hund eine Hundeschule besuchen muss.

Sind solche Auflagen sinn­voll?

Meiner Erfahrung nach wollen Einrichtungen mit Vertrags­auflagen lediglich sicher­stellen, dass es den Tieren weiterhin gut geht. Deshalb sind die Auflagen nicht über­zogen. Wer sich an sie hält, braucht nicht zu befürchten, dass das Tier ihm oder ihr weggenommen wird.

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