
Auch mal in die Ferne schauen. Auf Sicht zu fahren, ist auf die Geldanlage bezogen nicht unbedingt die beste Strategie. © Getty Images / Matthieu Spohn, Stiftung Warentest (M)
Anlegen für drei, vier oder fünf Jahre – immer wieder aufs Neue. Anleger lieben es. Tausende Bankprodukte sind darauf zugeschnitten. Schlecht ist es trotzdem.
„Wie lege ich mein Geld am besten an?“ Auf dem Weg zur Antwort auf diese Frage kann man sich leicht verlaufen, die falschen Leute nach dem Weg fragen oder die falschen Schlüsse aus den eigenen Beobachtungen ziehen.
In einer Rubrik zum Thema Missverständnisse bei der Geldanlage wollen wir in loser Folge auf solche Missverständnisse eingehen. Hier Teil 2: „Geldanlage mit überschaubarem Zeithorizont ist eine brauchbare Strategie“. Teil 1 war: „Fortgeschrittene Anleger brauchen mehr als einen Welt-ETF“.
Wer weitsichtig plant, hat mehr von seinem Geld
Es geht schon beim Festgeld los. Fünf Jahre anlegen? Besser nur zwei oder drei und dann mal weiterschauen, sagen sich viele. Anlegerinnen und Anleger scheuen sich oft, ihr Geld über längere Zeit fest anzulegen. Auch Aktieninvestments werden schwierig, wenn man nur auf Sicht fahren will. Das Ergebnis: Geringe Renditechancen.
Was bringt was?
Aktien zählen zu den höchsten Renditebringern, aber haben auch erhebliche Risiken. Langfristig konnte man mit weltweit gestreuten Aktien über 7 Prozent pro Jahr erzielen. Aber es waren auch Verlustphasen möglich, während denen breit gestreute Depots 60 Prozent ihres Wertes verloren. Eine ausführliche Analyse des Weltaktienmarktes lesen Sie im MSCI-World-Porträt.
Für Anleihen gab es in der Nullzinsphase bis Ende 2021 eben „Null“. Heute sind 3 bis 4 Prozent pro Jahr drin.
Immobilien erzielen in der Regel etwas mehr Rendite als Anleihen, aber dafür sind sie nicht so liquide und die Verwaltung verursacht Kosten.
Rohstoffe bringen keinen systematischen Ertrag, können aber als Beimischung das Risiko des Gesamtportfolios senken. Das Rendite-Risiko-Verhältnis verändert man dadurch langfristig kaum.
Wer Vermögen aufbauen möchte, kommt also um Aktien nicht herum. Das beißt sich aber mit dem so beliebten übersichtlichen Anlagehorizont von nur ein paar Jahren.
Aktienrenditen ernten – das geht mit geringem Risiko nur langfristig
Aktien haben mit ihrem hohen Ertragspotenzial auch immer ein hohes Kursrisiko. Aber eine Besonderheit von Aktien ist, dass die Renditen kurzer Anlageperioden zwar extrem schwanken, aber die Schwankungsbreite der erzielbaren Renditen mit zunehmendem Anlagehorizont immer weiter abnimmt.
Das verdeutlicht der „Renditetrichter“: Wer nur für ein Jahr in Aktien anlegt, kann extreme Renditen erzielen: In der Vergangenheit war zwischen minus 39 bis plus 66 Prozent alles möglich. Die Spreizung der Ergebnisse lag bei über 100 Prozentpunkten. Wer aber über 15 Jahre in Welt-Aktien investiert war, hat im schlechtesten Fall plus 2 und im besten Fall plus 16 Prozent pro Jahr erwirtschaftet – hier lagen die Ergebnisse nur noch 14 Prozentpunkte auseinander. Und in keinem Fall gab es einen Verlust.
Anhand der Grafik sieht man leicht: Je länger man in Aktien anlegt, desto mehr nähern sich die best- und schlechtestmöglichen Renditen an. Wer lange genug dabei geblieben ist, bekam im Schnitt eine Rendite zwischen 7 und 8 Prozent pro Jahr.
Tipp: Sie können sich nur die beste oder die schlechteste Zeitreihe anzeigen lassen, indem sie die anderen wegklicken.
{{data.error}}
{{col.comment.i}} {{comment.i}} |
---|
{{col.comment.i}} {{comment.i}} |
---|
- {{item.i}}
- {{item.text}}
Verstehen Sie Ihr Depot?
Leseraufruf. Für anstehende Untersuchungen bitten wir Sie um Ihre Unterstützung: Wir würden gerne wissen, wie es in realen Wertpapierdepots aussieht. Dazu brauchen wir konkrete Depotauszüge. Ihre Daten helfen uns bei der Analyse.
Das wollen wir wissen: Sind Sie zufrieden mit Ihrer Auswahl? Verstehen Sie die Kosteninformation? Haben Sie Fragen zu einzelnen Papieren? Schreiben Sie eine E-Mail an depotanalyse@stiftung-warentest.de. Ihre Daten behandeln wir vertraulich. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine Einzelfallberatungen anbieten können.
Ein Kampf, den Bankberater nicht oft kämpfen
Bankberaterinnen und -berater erleben Tag für Tag den Wunsch der Anleger, sich nicht zu langfristig festlegen zu wollen. Womöglich versucht es der eine oder andere, seine Kundinnen und Kunden von einer planvollen, langfristigen Anlage zu überzeugen. Doch oft befriedigen die Berater das Bedürfnis nach Geldanlage auf Sicht. Dafür haben sie ein ganzes Arsenal an Produkten in der Schublade, welches dem Wunsch nach überschaubarer Anlagedauer Rechnung trägt – aber um den Preis geringerer Renditen. Sie bieten hierfür beispielsweise Zertifikate an, Expresszertifikate etwa. Die versprechen Teilhabe am Aktienmarkt, bieten aber keinen Kapitalschutz. Neuerdings gibt es auch wieder Zertifikate mit vollem Kapitalschutz oder andere mit reduziertem Risiko. Hinzu kommt, dass Berater oft zusätzlich verdienen, wenn sie ein Produkt frisch verkaufen – dem Ausgabeaufschlag sei Dank. Natürlich ist es lukrativ, wenn der Anleger alle drei bis fünf Jahre sein Geld in neue Produkte anlegen muss.
Unser Fazit
Wer nur aus Bequemlichkeit und vermeintlicher Flexibilität immer „auf Sicht“ anlegt, lässt sehr viel Geld liegen. Wer wirklich Vermögen aufbauen möchte, sollte sich die Mühe machen und realistisch planen, welche Summen er wann benötigt. Sie werden es selbst schon festgestellt haben: Oft können Sie Ihre kurzfristigen Geldanlagen zwei, dreimal oder noch öfter verlängern, ehe Sie das Geld wirklich benötigen.
{{data.error}}
{{col.comment.i}} {{comment.i}} |
---|
{{col.comment.i}} {{comment.i}} |
---|
- {{item.i}}
- {{item.text}}
Tipps für eine gut aufgebaute Geldanlage
Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihr Geld gleichzeitig flexibel und trotzdem langfristig anlegen können.
- Teilen Sie Ihr Geld auf. Legen Sie eine bestimmte Summe als Notgroschen aufs Tagesgeld. Auf diese Weise bleiben Sie flüssig und kommen im Fall der Fälle in Ihr Geld heran. Den Rest Ihrer Ersparnisse legen Sie längerfristig fest – einen Teil in sichere Zinsanlagen, den anderen in Aktienfonds. Wie das funktionieren kann, zeigt unsere Anlagestrategie mit dem Pantoffel-Portfolio.
- Risikotyp realistisch einschätzen: Wählen Sie den Aktienanteil so, dass Sie die unvermeidlichen Kursschwankungen der Börsen aushalten. Ein Notverkauf im Aktientief, weil die Nerven reißen, ist noch schlechter, als auf Sicht anzulegen.
- Für den Renditebaustein wählen Sie am besten breit streuende Aktien-Welt-ETF, die von uns mit 1. Wahl ausgezeichnet sind.
- Wenn Sie mögen, können sie den sicheren Teil Ihrer Geldanlage mit Euro-Rentenfonds bestreiten. Nach der Zinswende können sich Euro-Rentenfonds wieder lohnen. Die Fonds laufen unbegrenzt, im Notfall können Sie sie aber jederzeit über die Börse verkaufen.
-
- Als Sicherheitsbaustein für das Pantoffel-Portfolio brauchen Anlegende sichere Zinsanlagen. Lange Zeit kam nur Tagesgeld infrage. Nun sind auch Renten-ETF wieder möglich.
-
- Sparpläne liegen auf Jahressicht im Minus, Einmalanlagen trotz Ukrainekrise im Plus. Mittel- und langfristig verzeichnen alle Pantoffel-Portfolios ein deutliches Plus.
-
- Das beliebte Pantoffel-Portfolio lässt sich problemlos mit nachhaltigen ETF umsetzen. Und es lohnt sich auch, wie unser Vergleich mit der klassischen Variante zeigt.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Hajub: Die Aussage, dass man zum Beispiel ab Renteneintritt sicherer und mit überschaubarerem Anlagehorizont anlegen sollte, gilt heute nicht mehr pauschal. Mit 70 hat man eine durchschnittliche Lebenserwartung von 14 Jahren. Und wer auch gerne sein restliches Vermögen vererbt, hat eventuell einen viel längeren Anlagehorizont. Eine Möglichkeit, seine Rente mit einem Fondsdepot zu gestalten, haben wir hier beschrieben: https://www.test.de/Anlagestrategie-pantoffelportfolio-auszahlphase-5754765-0/
Wie gesagt, wer sein Geld möglichst gewinnbringend anlegen will, kommt nicht darum herum, seine Anlagen und seinen Anlagehorizont individuell zu bestimmen. Es gibt keine Einheitslösung.
Wie legt man im Alter, z.B. bei Mitte 70, Geld an. Da kann man doch nur kurzfristig für 3-5 Jahre Geld anlegen und zwar so, das man jährlich an gleichbleibende fällige Beträge wieder ran kommt.