
Einfach in den Mund schieben? Besser nicht, Nikotin-Pouches können es in sich haben. © Adobe Stock / Andrey Popov
Nikotingenuss ohne Tabak und Rauch, dafür stehen Nikotinbeutel. Das spricht auch Jugendliche an. Die Produkte bergen aber Risiken, können etwa süchtig machen.
Nikotinbeutel werden offenbar bei jungen Menschen immer beliebter. Bei den 16- bis 17-Jährigen in Deutschland hat sie bereits jeder siebte Junge und jedes zehnte Mädchen ausprobiert. Das zeigt eine Umfrage unter 12 655 Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Präventionsradars der Krankenkasse DAK.
Die auch unter Namen wie Nikotin-Pouches, Nikopods oder White Snus bekannten Produkte enthalten Zutaten wie Pflanzenfasern, Feuchthaltemittel, Aromen und Nikotin. Sie werden zwischen Lippe und Zahnfleisch geschoben und führen so dem Körper Nikotin zu. Erhältlich sind sie beispielsweise über Online-Shops.
Nichts für Herzkranke, Schwangere und Jugendliche
Auch wenn die Beutel keinen Tabak enthalten, sind sie nicht harmlos. Das zeigen Auswertungen und Studien, darunter eine im Jahr 2022 veröffentlichte Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Demnach kann das Nikotin aus den Beuteln süchtig machen und dem Herz-Kreislauf-System sowie der kindlichen Entwicklung schaden – auch schon im Mutterleib. Daher warnt das BfR verschiedene Personengruppen vor dem Konsum:
- Schwangere und Stillende,
- Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
- Nichtraucherinnen und Nichtraucher,
- Kinder und Jugendliche.
Behörde fand teils hohe Nikotingehalte
Das BfR hat für seine Stellungnahme 44 Produkte chemisch untersucht. Ergebnis: Der Nikotingehalt der Beutel schwankt stark. Die BfR-Untersuchung stellte zwischen 1,79 Milligramm und 47,5 Milligramm Nikotin fest, im Mittel lag der Nikotingehalt bei 9,48 Milligramm pro Beutel.
Mit solchen Gehalten können die Beutel den Nikotinspiegel im Blut auf Werte treiben, die beim Rauchen herkömmlicher Zigaretten entstehen – teils sogar noch höher. Das zeigen zusätzliche Untersuchungen des BfR mit Forschenden vom Universitätsklinikum München.
Vergiftungsfälle mit Pouches kamen vor
Laut BfR sind einige Vergiftungsfälle mit leichten Verläufen und Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen durch Nikotinbeutel bereits bekannt. Was noch ausstehe, seien Langzeitstudien, die die Folgen eines regelmäßigen und langfristigen Gebrauchs von Nikotinbeuteln untersuchen.
Diskret, rauchfrei und mit Geschmack erhältlich
Nikotinbeutel sind in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Minze, Zitrone oder Wassermelone erhältlich. Das kann gerade für Kinder und Jugendliche verlockend sein – genau wie die diskrete Anwendung. Denn: Im Gegensatz zu Zigaretten erzeugen Pouches keinen Rauch, sind also unauffällig verwendbar, ob zu Hause, auf Busfahrten, beim Kinobesuch oder in der Schule. Zudem werden sie oft positiv beworben – etwa als „tabakfrei“ –, was sie harmloser erscheinen lassen könnte als sie eigentlich sind.
Risiken offen benennen
In Deutschland existiert bisher keine spezifische gesetzliche Regelung für Nikotinbeutel, wie die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags in einem im Herbst 2024 veröffentlichten Schreiben ausführen. Hiesige Behörden stuften die Produkte derzeit als neuartige Lebensmittel ein. Nikotin sei jedoch in der EU nicht als Lebensmittel oder -zutat zugelassen – und der Verkauf von Nikotinbeuteln damit verboten. Dennoch sind sie beispielsweise in Online-Shops erhältlich.
Bleibt abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt. Bis dahin sollten Eltern und Lehrkräfte die Risiken kennen und offen mit Kindern und Jugendlichen darüber sprechen – um möglichen Verlockungen etwas entgegenzusetzen.
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"die rechtliche Bewertung des Verkaufs ist komplex, er ist aber nicht wie hier dargestellt grundsätzlich verboten. (...)"
Und worauf berufen sie sich dabei? Die Stiftung Warentest verweist auf den wissenschaftlichen Dienst und der sagt es ist ein nicht zugelassenes Lebensmittel und damit verboten. Das haben auch einige Gerichte bereits so bestätigt.
@TD001: Danke für den Hinweis. Was Sie anregen, ist keine redaktionelle Recherche, sondern ein Produkttest von Nikotinbeuteln - sprich Laborprüfungen, ob die angegebenen und gemessenen Nikotingehalte verschiedener Produkte übereinstimmen. Gerne leiten wir Ihre Anregung an die zugehörige Abteilung weiter.
Der Artikel wirkt leider als wären einfach ein paar Stichpunkte aus den Fazits der zitierten Quellen zusammengeworfen worden anstatt hier eine ernsthafte Recherche zu betreiben.
Beispiele: Natürlich schwankt die Nikotinstärke drastisch, man kann die Pouches im Gegensatz zu Zigaretten ja auch in verschiedensten Stärken kaufen. Spannend wäre, ob die angegebenen Stärken den tatsächlichen entsprechen. Natürlich ist ein süchtigmachender Stoff ungesund, interessant wäre, wie viel schädlicher/unschädlicher das Snus gegenüber Zigaretten ist. Die rechtliche Bewertung des Verkaufs ist komplex, er ist aber nicht wie hier dargestellt grundsätzlich verboten. (...)
nicht gesünder"
Etwas merkwürdig diese Aussage. Oben im Artikel wird ja gerade eine hohe Nikotinmenge als besonders gefährlich war. Schon Paracelsus wusste "Die Dosis macht das Gift"
Vielleicht habt ihr auch eine andere Definition von gesünder. Aber zumindest scheint eine geringere Nikotinmenge weniger gefährlich.
Wie vereinzelt schon in den Kommentaren gesagt, sind sowohl Dampfer als auch Nikotinbeutel natürlich ein großer Gewinn gegenüber echtem Zigarettenrauchen. Das gilt selbstverständlich nur dann, wenn ein Zigarettenraucher auf diese Alternativen umsteigt. Selbstverständlich ist es am gesündesten überhaupt nicht zu rauchen oder zu dampfen oder Nikotinbeutel zu benutzen. Darüber herrscht sicherlich Einigkeit bei allen. Aber es geht ja nicht um schwarz-weiß. Und insbesondere Zigarettenrauchern fällt das Aufhören bekanntlich schwer. Hier bieten sich all diese Dinge als ein gesündere – nicht gesunde – Alternative an.