Mutmacher Volle Solar­kraft voraus!

Mutmacher - Volle Solar­kraft voraus!

Matthias Weyland. Der wissenschaftliche Mitarbeiter aus Kiel hat die Installation einer Mini-Photovoltaikanlage erstritten. © Stefan Korte

In der Rubrik „Mutmacher“ stellen wir Menschen vor, die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Matthias Weyland. Er hat sich mit seiner Haus­verwaltung angelegt.

Strom für eine vierköpfige Familie

Wenn ein Sonnen­strahl auf die Paneele für Matthias Weylands Balkonkraft­werk fällt, entsteht ein diffuser, heller Schein auf der blanken schwarzen Fläche. So könnte Strom für den Haushalt seiner vierköpfigen Familie entstehen, den Zähler ausbremsen und die Strom­kosten senken.
Aber so weit ist es bei unserem Besuch im November noch nicht: Die Paneele lehnen noch an der Innenwand des Balkons und warten darauf, ange­schlossen zu werden. „Nächste Woche soll der Wechsel­richter kommen, dann geht es los“, berichtet Matthias Weyland. Dass er die Mini-Solar­anlage auf dem Balkon seiner Miet­wohnung installieren kann, ist nicht selbst­verständlich. Die Haus­verwaltung lehnte das Vorhaben lange ab, erst ein Urteil des Amts­gerichts Kiel brachte die Erlaubnis (Az. 106 C 134/23).

Persönlicher Beitrag zum Klima­schutz

Umwelt­schutz liegt Weyland am Herzen. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Umwelt­bundes­amt und erforscht dort Möglich­keiten, Energie zu sparen. „Uns ist es wichtig, auch privat dem Klimawandel Rechnung zu tragen und Beiträge zur Energiewende zu leisten“, sagt der Vater von zwei Kindern im Vorschul­alter. So verzichtet die Familie unter anderem auf ein Auto und erledigt alle Wege mit dem Lastenrad: „Man macht, was man kann – aber die Möglich­keiten für Mieter sind beschränkt.“

Anschaffung attraktiver als früher

Über ein Balkonkraft­werk – teils auch Mini-Photovoltaik-Anlage, Mini-PV, Plug-in-PV oder Stecker-Solargerät genannt – dachten Weyland und seine Part­nerin schon länger nach. Doch vor wenigen Jahren waren die Geräte noch viel teurer, ihr Strom­ertrag gering. „Mitt­lerweile sind sie güns­tiger und leistungs­stärker geworden, der Betrieb lohnt eher“, sagt der 44-Jährige. Rund 500 Euro hat seine 600-Watt-Anlage gekostet, die im Jahr bis zu 550 Kilowatt­stunden und rund ein Fünftel des benötigten Stromes für den Haushalt liefern soll.

Ablehnung kommt über­raschend

Nachdem sich das Paar entschieden hatte, das Geld zu investieren, bat Weyland die Haus­verwaltung um Erlaubnis. So ist es gesetzlich geregelt: Wer zur Miete lebt, benötigt das Einverständnis von Vermieterin, Vermieter oder einer Haus­verwaltung. „Ich dachte, das sei nur eine Lappalie“, sagt er. „Aber zu unserer Über­raschung kam eine Ablehnung.“ Wie die Haus­verwaltung das begründete, kommt vermutlich vielen mit ähnlichen Plänen bekannt vor: Die Paneele würden die Optik der Fassade stören.

Verzögerungs­taktik der Haus­verwaltung

Weyland und seine Part­nerin baten die Haus­verwaltung um ein Gespräch mit der Vermieterin und schlugen vor, eine große Anlage für alle Miet­parteien auf dem Dach zu installieren: keine Reaktion von der Verwaltung. Das Paar ließ sich von der Deutschen Umwelt­hilfe beraten, einem Verein, der unter anderem Privatleute unterstützt, die sich bemühen, erneuer­bare Energien einzusetzen.

Haus­verwaltung fordert Gutachten

In einer dritten Anfrage schilderte Weyland sein Vorhaben detailliert. Er beschrieb, welche Anlage es genau sein soll und dass seine Haft­pflicht­versicherung mögliche Schäden abdeckt. Die Haus­verwaltung forderte nun ein Statik- und ein Brand­schutz­gut­achten sowie die Prüfung der Elektrik des gesamten Miets­hauses. Allein die Gutachten­kosten wären um ein Vielfaches höher gewesen als die für die Mini-PV-Anlage. Die Umwelt­hilfe wertete die Forderungen als über­zogen. „Es ist erschre­ckend, mit welchem Aufwand Vermieter selbst kleine Anlagen verhindern wollen“, findet Weyland.

Gericht fällt Anerkennt­nis­urteil

In einem letzten Anlauf bat der Familien­vater erneut, ihm die Mini-PV zu erlauben und drohte Rechts­mittel an. Da die Haus­verwaltung erneut nicht reagierte, klagte er. Im Oktober war die Gerichts­verhand­lung, die Vermieterseite ließ sich nicht blicken, erkannte aber die Klage an. So fiel ein Anerkennt­nis­urteil zugunsten der Kieler Familie. „Wir haben uns sehr darüber gefreut. Trotzdem: Es wäre mir lieber gewesen, wenn wir die Sache in einem Gespräch hätten klären können“, sagt Matthias Weyland, der das kleine Kraft­werk vor einigen Tagen erfolg­reich ans Stromnetz ange­schlossen hat.

Ihre Chance

Entscheidung. Es kann sich für Sie schon nach wenigen Jahren rentieren, ein Balkonkraft­werk zu installieren – insbesondere wenn Ihr Balkon Südlage hat. Auch für Garagen oder Vordächer kann die Anschaffung lohnen. Viele Informationen über Photovoltaikanlagen finden Sie unter Solaranlagen.

Erleichterungen. Zum 1. Januar 2024 sollen Hürden für die Installation von Balkonkraft­werken fallen. So sollen übliche Stromzähler für Mini-PV-Anlagen erlaubt sein und die oft komplizierte Anmeldung beim Netz­betreiber entfällt. Mehr unter Solar-Steckergeräte.

Erlaubnis. Als Mieterin oder Mieter haben Sie bislang keinen generellen Anspruch auf ein Balkonkraft­werk. Das soll sich bald ändern. Nach einem Gesetz­entwurf der Bundes­regierung dürfen Vermieter den Einbau künftig nur ablehnen, wenn er für sie unzu­mutbar ist.

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Kommentarliste

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  • atemlos am 02.01.2024 um 08:19 Uhr
    weitere Vereinfachung ersehnt

    Physikalisch gibt es kaum eine einfachere Lösung, weiter steigende Strompreise abzufedern.
    Wer aus optischen oder ideologischen Gründen darauf verzichten möchte, kann das gerne tun (und hat sparen vielleicht auch nicht nötig). Er sollte das dann aber nicht auch anderen aufzwingen (Ablehner möchten ja auch nicht eine fremde Meinung aufgezwungen bekommen und diffamiert werden).
    Da Physik/Elektrik universell funktioniert, Normen i.d.R. europaweit gelten, sollten weitere Hemmnisse (Schukostecker, Rücklaufsperre) ebenfalls fallen, besonders die, die es in anderen Ländern nicht gibt und die Anlagen dennoch sicher arbeiten.

  • Lynxxotronic am 16.12.2023 um 17:38 Uhr
    Entrechtung der Eigentümer ist Angstmacher

    Herr Weyland ist Mieter, kein Eigentümer. Wenn er eine Anlage unbedingt will, soll er sich Eigentum kaufen. Wie hier die Entrechtung der Eigentümer als Mutmacher gefeiert wird, ist erschreckend, liegt aber auf Linie der Entwicklung der Warentest zu einem links-grünen Magazin auf grüner Regierungslinie.
    Natürlich ist Herr Weyland auch ein Ökoaktivist, verzichtet aufs Auto und macht alles mit dem Lastenrad... ein echtes Propagandastück. Wurde es direkt von den Grünen beauftragt?
    Darüber hinaus wird im Artikel zwar gesagt, dass der Herr Weyland wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Umwelt­bundes­amt ist, aber es wird nicht erwähnt, für WAS Herr Weyland eigentlich steht... hier ist sein Lebenslauf: https://www.nachhaltigkeit-gerechtigkeit-klima.de/files/texts/MWeylandDiss1.pdf . Er schreibt auch für verschiedene Blogs wie "Postwachstum" oder "ausgestrahlt"... er ist also eindeutig politisch extrem links unterwegs... schade, dass so etwas ein Forum in der Warentest bekommt.