
Claudia Ellert aus Wetzlar schrieb den Ratgeber „Wege zu neuer Stärke“ (ZS-Verlag). Long Covid setzt ihr immer wieder Grenzen. © 31Media GmbH, Elias Maria
Die Gefäßchirurgin Claudia Ellert ist seit 2020 an Long Covid erkrankt. Sie hat ein Reha-Angebot für Betroffene initiiert und einen Ratgeber zum Thema veröffentlicht.
Sie betreuen in Ihrer Klinik Reha-Sportgruppen für Long-Covid-Patienten. Sind Sie als Betroffene eine bessere Therapeutin?
Ich denke schon, denn ich habe die Einschränkungen durch Long Covid selbst erlebt und so einen Wissensvorteil. Bislang gibt es kaum Erfahrungen mit der Therapie des Krankheitsbilds. Unser Fokus liegt auf Entspannungstechniken sowie auf Atem- und Gleichgewichtsübungen. Klassischer Sport ist oft kontraproduktiv.
Kennen sich die Hausärzte mit Long Covid aus?
Viele noch nicht. Die Patienten erzählen, dass sie auf großes Unverständnis stoßen. Beschwerden werden oft als diffus oder psychosomatisch eingeordnet.
Ist Long Covid heilbar?
Nein. Bisher kann man Symptome lindern. Das Wichtigste ist das Krankheitsmanagement: Man sollte sich klarmachen, dass man mit einem reduzierten Energielevel auskommen muss.
Was halten Sie von alternativen Heilverfahren wie Blutwäsche?
Diese sogenannte Apherese ist eins von mehreren experimentellen Therapieverfahren: einigen hilft sie, anderen nicht. Sie muss meist privat bezahlt werden. Daten fehlen bisher leider.
Wenige Wochen nach Ihrer Covid-19-Erkrankung begannen Sie wieder als Chirurgin zu arbeiten. Wie ging es Ihnen damals?
Mir ging es von Tag zu Tag schlechter, nach zehn Tagen musste ich diesen Arbeitsversuch abbrechen.
Und dann?
Habe ich mich zu einer stationären Reha entschlossen und dabei einiges falsch gemacht. Ich habe etwa an Schneewanderungen und Krafttraining teilgenommen. Durch die Belastung bekam ich Herzrasen und Herzrhythmusstörungen. Ich brauchte ein halbes Jahr, bis ich mein Belastungsniveau gefunden hatte. In dieser Zeit, in der ich nicht arbeiten konnte, habe ich das Buch geschrieben.
Leiden Sie am Long-Covid-Symptom ME/CFS, bei dem Betroffene sehr schnell erschöpfen?
Ja. Ich bin jetzt bei zirka 50 Prozent meiner früheren Leistungsfähigkeit.
Sie waren Triathletin. Wo liegt heute Ihre Grenze?
Bei 30 bis 40 Minuten spazieren gehen. An manchen Tagen sind selbst kurze Wege zu viel.
Neben der Leitung Ihrer Reha-Gruppe: Arbeiten Sie heute wieder?
Ich musste meine Tätigkeit verändern. Ich erledige meist Computerarbeiten, teils im Homeoffice. Soziale Interaktion führt schnell zur Überforderung. Wenn ich mich stark konzentriere, merke ich mitunter, wie die Denkleistung irgendwann runterfährt – als hätte jemand auf „Aus“ gedrückt. Versuche ich, mich durch leichte Bewegung zu regenerieren, führt das erst recht zu Symptomen.
Was belastet Sie am meisten an Long Covid?
Die wiederkehrenden Verschlechterungen meines Gesundheitszustands. Teils sind sie selbst verantwortet, wenn ich zu viel von mir verlange. Das Pacing, strenges Einhalten der eigenen Grenzen, lässt sich nicht immer umsetzen. Schlechtere Phasen kommen aber auch ohne eigenes Zutun. Dass man die Krankheit nicht selbst beeinflussen kann, ist zermürbend.
Ihr wichtigster Rat für Betroffene?
Die Situation so annehmen, wie sie ist. Kontakt zu anderen Betroffenen suchen, etwa über Selbsthilfegruppen. Auch psychotherapeutische Unterstützung kann helfen.
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Hallo in die Runde,
Ich habe hier gelesen, dass "Long-Covid" auf die Impfung geschoben wird. Dazu wollte ich nur anmerken: Long-Covid gab es schon, bevor es die Impfungen gab. Und dass Laien sich erlauben, Menschen zu unterstellen, sie würden Long-Covid ausnutzen um in Rente gehen zu können, ist unverschämt.
Hallo in die Runde,
Meine Tochter ist seit einer Covid-19-Infektion arbeitsunfähig seit 03.2022.
Da AG den Verdacht nicht gemeldet hat, wie ich letztes Jahr erst herausgefunden habe und schriftlich gelogen hat nichts davon zu wissen, lief über die BGW auch keine Behandlung. Auch keine finanzielle Unterstützung. Ich hatte selbst melden müssen, da sogar der damalige Hausarzt keine Meldung gemacht hat. Wie ich jetzt weiß, hätte er das aber tun müssen. Das schlimmste ist aber: Nach mehreren Arztwechseln, wurde sie zu versch. Fachärzten überwiesen. Was fast ein Jahr durch Wartezeiten gedauert hat. Die Diagnosen: Enzephalitis, noch nicht ganz abgeklärt. Herzinsuffiziens, chron. C-Gastritis, Lunge: Dispnoe noch in Abklärung, Immumdysregulation: wird noch abgeklärt. Haarausfall andauernd, Verdacht auf POTS und PEM und Fatique, Brainfog bestätigt. Sie ist mittlerweile 36 Jahre.
Finanziell geht es bergab und keine Rechtsschutzversicherung. Anwälte zweifeln an Krankheit. Was tun?
@Thorsten.Maverick: Diese Veröffentlichung beschäftigt sich mit dem Thema: Was Betroffenen helfen kann.
Warum wird nicht erwähnt, daß die Long Covid Patienten fast ausschließlich mehrfach die modRNA-Spritzen vor der Infektion bekommen haben? Es gibt WWW-Seiten, auf denen man nachsehen kann, ob die eigene Charge auch bei anderen Leuten Probleme verursacht hat.
Dass man vermeintliche Long-Covid-Leiden auch zum eigenen Vorteil nutzen kann, erlebe ich gerade bei einem Mannschaftskollegen meines Tennisvereins. Dieser Mann, ein verbeamteter Lehrer in den 40ern, hatte Covid und setzte eine zeitlang mit dem Sport aus, war nach Abklingen der Beschwerden aber wieder voll aktiv, spielte in Mannschaftsbewerben, bei Turnieren und war auf jeder Feier dabei. Zugleich war er aber krankgeschrieben wegen seiner angeblichen Covid-Symptome (Schlafstörungen, Schwindelanfälle usw). Nach über einem Jahr fortgesetzter Krankschreibung wurde er jetzt auf Antrag frühpensioniert und kann sich nun ganz seiner sporlichen Karriere widmen.