
Wer krank oder – präziser formuliert – arbeitsunfähig ist, muss nicht unbedingt im Bett liegen. Das Rausgehen ist häufig Pflicht und sogar Sport ist mitunter zulässig. Finanztest erklärt die Rechte erkrankter Arbeitnehmer.
Richter vertrauen dem „gelben Zettel“
So rückhaltslos wie Arbeitsrichter vertraut Medizinern kaum noch jemand. Ihnen ist das Wort des Arztes noch heilig. Wenn der Arzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, dann gilt das auch. Der „gelbe Zettel“, wie das Attest für den Chef im Volksmund heißt, hat vor Gericht Beweiskraft.
Was während der Krankschreibung erlaubt ist
Auch für das Verhalten während der Krankschreibung gilt, was der Arzt sagt. Wenn dieser zum Beispiel Kino, Theater, Einkaufen oder sogar eine Reise zulässt, muss der Chef das akzeptieren. Sogar Leistungssport wie die Teilnahme an Marathonläufen ist im Einzelfall zulässig. Das hat das Arbeitsgericht Stuttgart (Az. 9 Ca 475/06) zugunsten eines Ausdauersportlers mit gebrochenem Schulterblatt entschieden. Auch eine psychisch kranke Läuferin durfte trotz Arbeitsunfähigkeit Marathon laufen, urteilte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az. 14 Sa 15/11) Umgekehrt gilt: Wenn der Arzt Bewegung und frische Luft empfiehlt, dann ist sein Patient auch dem Chef gegenüber in der Pflicht. Er muss sich so verhalten, dass er möglichst schnell wieder fit wird.
Was während der Krankschreibung nicht erlaubt ist
Der Chef kann den Beweiswert des gelben Scheins im Einzelfall erschüttern. So in einem Fall, den das Landesarbeitsgericht Hessen zu entscheiden hatte: Ein Schweißer erkrankte, nachdem ihm sein Chef wegen Auftragsmangel betriebsbedingt mit sieben Monaten Frist kündigte. Das Unternehmen schaltete daraufhin einen Privatdetektiv ein. Der lockte den Schweißer mit dem Angebot, schwarz zu arbeiten: Wände einreißen, mauern, anstreichen. Der Schweißer nahm bereitwillig an und fragte, wann er anfangen könne. Der Detektiv informierte den Chef, und der schickte die fristlose Kündigung. Zu recht, urteilte das Landesarbeitsgericht in Frankfurt (Az. 6 Sa 1593/08).Die Kündigung wegen „genesungswidrigen Verhaltens“ erhielt ausgerechnet ein Gutachter des medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Der Arzt war an Hirnhautentzündung erkrankt und hatte Konzentrationsschwächen. Trotzdem nahm er an einem Skikurs teil. Prompt stürzte er und brach sich ein Bein. Das Bundesarbeitsgericht billigte die Kündigung. Das Risiko durfte der Mediziner nicht eingehen, fanden die Richter (Az. 2 AZR 53/05).
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